- Corazzas Samurai-Buch
Heinz Corazzas[1] Buch Die Samurai - Ritter des Reiches in Ehre und Treue macht deutlich, in welchem Ausmaße die Samurai als Leitmotiv für Himmlers Elite dienen sollten. Das Werk erschien zunächst 1936 in der SS-Zeitschrift Das Schwarze Korps und enthielt ein persönliches Vorwort Heinrich Himmlers. Darin unterstreicht Himmler, dass die Gemeinsamkeiten der deutschen Väter und der Samurai gravierend gewesen sein sollen.
Auch Himmler versucht das japanische Volk rassenspezifisch einzuordnen, verfällt jedoch nicht in eine rassistische Abwertung, wie Adolf Hitler in Mein Kampf. Entgegen Hitler zeigt Himmler eine deutliche Bewunderung für die Japaner und deren Nation, die seinem Urteil zufolge auf gleicher Ebene mit den deutschen Ariern stehen. Für Himmler waren die Samurai Minderheiten von höchstem Wert, die einem Volk ein für irdische Begriffe ewiges Leben verleihen, somit gab es nach Himmlers Überzeugung eine Elite innerhalb einer Rasse, die für das Fortkommen ihresgleichen verantwortlich waren.
Den Stand der bushi und damit die Samurai als Orden zu bezeichnen, lässt darauf schließen, dass Corazza in den Samurai eine japanische SS des Mittelalters sah. Auffallend ist, dass von Corazza bewusst nationalsozialistische Definitionen und Geschichts-inhalte mit der japanischen Geschichte vermischt werden. Der im Titel und auch an Schlüsselstellen vorkommende Terminus Reich steht für einen nach NS-Muster strukturierten Staat, welchem die Samurai bedingungslos gedient haben sollen. Damit soll ausgedrückt werden, dass die Samurai, ähnlich der SS, Vasallen eines Systems waren und diesem nach dem SS-Motto »Meine Ehre heißt Treue« gedient haben sollen.
Im Kapitel Der Samurai Hideyoschi einigt das Reich beschreibt Corazza den Wandel Japans von der Sengoku-Zeit bis zur Einigung unter Tokugawa Ieyasu und setzt diese geschichtliche Entwicklung mit den deutschen Bauernkriegen des 16. Jahrhunderts gleich.
Der Autor will dem Leser deutlich machen, dass Japan als auch Deutschland in fast gleicher Epoche, sich innerer wie äußerer Probleme gegenüber gestellt sah. Es finden sich Passagen innerhalb des Kapitels, die das antichristliche Denken der SS wiedergeben. Nach Corazza sind die christlichen Ausländer ein dunkles Schicksal, welches bald Japan erreichen wird. Die SS setzt die schwarze Internationale, die sowohl die römisch-katholische Kirche, als auch den Jesuiten-Orden umfasst, mit den Komintern gleich - also mit den Erzfeinden der NS-Ideologie.
Corazza impliziert die deutsche Dolchstoßlegende geschickt in die japanische Geschichte. Diese soll im Falle Japans die Niederlage Hideyoshis in Korea erklären. Auch ein großer Feldherr, wie Toyotomi Hideyoshi scheitert, Corazza zufolge, an Entbehrungen, wie Pest und Hunger. Das Gefühl von einem gleichen Schicksal innerhalb der deutschen, wie auch japanischen Geschichte soll hier deutlich gemacht werden.
In den Kapiteln die das Tokugawa Shōgunat und die Edo-Zeit behandeln, bezieht sich Corazza auf die soziale Stellung der Samurai. Der Argumentation von Heinz Corazza zufolge, war das Tokugawa Shōgunat in seinen Augen ein SS-Staat. Der Samurai soll innerhalb der Sozialordnung der Edo-Zeit den höchsten Rang bekleidet haben und bildet so, nach Meinung des Autors die elitäre Spitze der Gesellschaft. Darunter folgen drei Gesellschaftsebenen: die Bauern, die Handwerker und an vierter Stelle die Händler. Außerhalb dieses Systems soll sich noch die Gruppe der unreinen Menschen befinden, zu denen Scharfrichter, Gerber, Geishas, Schauspieler und Ausländer gezählt werden.
Corazza betont damit noch einmal, dass ein perfekter Staat und eine sich darin befindliche Elite nur mit Hilfe eines Ständesystems und der damit verbundenen Diskriminierung an der Macht halten kann. Das Buch Die Samurai - Ritter des Reiches in Ehre und Treue versucht nicht die japanische Geschichte objektiv zu betrachten, sondern passt bewusst die einzelnen Passagen an die Ideologie der SS an. Man muss annehmen, dass Corazza die Quellen zu den Samurai nicht im japanischen Original las, sondern in der Transkription. Auch das Fehlen von Literaturangaben und sonstigen Querverweisen unterstreicht, dass das Werk in den Bereich der Belletristik einzuordnen ist und nicht in den Bereich der Japanforschung. Die japanischen Samurai-Mythen, die Corazza als Beispiel in seinem Buch anführt, waren auch durch die japanische Propaganda beeinflusst. Das Samurai-Bild der Meiji-Zeit, was stark romantisiert wurde, wirkte sich hier besonders auf das Japanverständnis Corazzas aus.
Auch andere zeitgleiche NS-Werke mit Japan thematisierendem Inhalt, wie Banzai! - Japanische Heldengeschichten aus alter und neuer Zeit von Rolf Italiaander spiegelten nicht nur den Wunsch nach Gemeinsamkeit wieder, sondern besonders auch das japanische Selbstbild. Die abschließende Meinung Corazzas, dass Japan keinen Samurai-Orden mehr besitzt, lässt die Schlussfolgerung erahnen, dass der SS-Orden ein geistiger, wie auch ideologischer Nachfolger sein muss.
- ↑ Heinz Corazza bei DNB