Mit diesem ganz einfachen Trick kann man ein „b“ aussprechen, ohne die Lippen zu bewegen.
Als nasale Freigabe oder nasale Lösung bezeichnet man in der Phonetik eine besondere Aussprachevariante für Verschlusslaute (Plosive). Der entstehende Laut wird auch manchmal als faukaler Explosiv bezeichnet. Das Phänomen tritt im Deutschen häufig auf, um die Aussprache eines Verschlusslauts vor einem Nasalkonsonanten zu vereinfachen, z. B. in den Kombinationen „-bm“, „-tn“ oder „-kn" am Wortende. Dabei erfolgt die Öffnung des Verschlusses nicht wie sonst üblich oral, also im Mund, also z. B. durch Öffnung der Lippen für „b“ – sondern die Luft wird stoßartig durch die Nase abgeleitet. Dies ist eine Aussprachevereinfachung, da ein Luftstrom durch die Nase bei einem anschließenden Nasallaut („m“, „n“) sowieso anfällt.
Es gibt nur behelfsmäßige Notationen für diesen Laut im Internationalen Phonetischen Alphabet, da er nur in äußerst wenigen Sprachen eine systematische Funktion (also Phonem-Status) hat.
Beispiel im Deutschen
BearbeitenDie Aussprache des Verbs „haben“ wäre in der vollen Wiedergabe der geschriebenen Form in phonetischer Notation [Schwa. Diese vollständige Aussprache wird im Deutschen aber eher als auffällig empfunden (sie ist typisch für manche rheinländischen Varianten des Deutschen). Je nach Sprechtempo und Stilniveau ist folgende Skala von vereinfachten Aussprachen von „(wir) haben“ möglich:
]. Hierbei ist [ə] ein reduzierter Vokal, der sogenannte „Murmelvokal“0: [] → 1: [ ] → 2: [ ] → 3: [ ]
- Variante 1: Das Schwa wird weggelassen. Das Ergebnis ist zunächst eine zweisilbige Aussprache, wobei in der zweiten Silbe der Laut [n] als Vokal und Silbenkern benutzt wird, notiert als [n̩]. In dieser Form des Wortes kann nun eine weitere Reduktion erfolgen, bei der der Artikulationsort des „n“ an den des vorausgehenden [b] angeglichen (assimiliert) wird, nämlich:
- Variante 2: Beide Laute sind jetzt labial, also an den Lippen artikuliert („m“ ist wiederum vokalisch, es bildet die zweite Silbe des Wortes). Diese Variante erzeugt ein neues Ausspracheproblem, das durch die nasale Freigabe gelöst wird, siehe gleich im Folgenden.
- Variante 3: Eine noch weitergehende Vereinfachung, bei der der Verschlusslaut [b] völlig verschwindet, allerdings seinen labialen Artikulationsort dem vormaligen [n] aufgeprägt hat.
Das Problem an Variante 2 ist, dass für den Laut [b] der Verschluss der Lippen geöffnet werden müsste, fürs [m̩] aber an derselben Stelle der Verschluss der Lippen benötigt wird, ohne dass ein Vokal die Artikulationsbewegung überbrückt.<--ODER? BELEG? – eine Aussprache [hɑːbəm] findet sich im Deutschen nämlich nicht.--> Wenn dennoch (im Unterschied zu Variante 3) die Qualität eines Verschlusslauts beibehalten werden soll, ist die natürlichste Artikulation folgende: Das [b] wird nicht durch Öffnung der Lippen freigegeben, sondern die Lippen bleiben vom [b] zum [m] einfach in der derselben geschlossenen Position; stattdessen lässt man beim Übergang zum [m̩] die durch den labialen Verschluss gestaute Luft stoßartig aus dem hinteren Rachenraum direkt durch die Nase entweichen. Man hört bei diesem Übergang dann also ein Stoßgeräusch und spürt eine Bewegung hinten im Mundraum. Bei dem bewegten Körperteil handelt es sich um das Velum (Gaumensegel).
Artikulation
BearbeitenNasale Konsonanten sind Laute, bei denen der Weg des Luftstroms durch den Mundraum blockiert wird und der Weg durch den Nasenraum geöffnet ist. Dies wird durch das Gaumensegel, das Velum, geregelt, in der Abbildung als die Zone von Nr. 8 bis 9 eingezeichnet. In der Abbildung ist der Weg durch den Nasenraum als offen gezeichnet, allerdings der durch den Mundraum zugleich auch. Bei nicht-nasalen (oralen) Lauten hebt sich das Velum aber in Wirklichkeit zur hinteren Wand der Pharynx (Nr. 10) hin, um den Weg durch die Nase mehr oder weniger zu verschließen, bei nasalen Konsonanten schiebt es sich nach unten/vorn, um den Weg durch den Mundraum zu verschließen.
Diese Öffnung des Weges durch die Nase erfolgt bei der Artikulation von [hɑːbm̩] stoßartig, also in der Art eines Plosivs, dies ist dann die nasale Freigabe des Verschlusslauts [b].
Notation
BearbeitenIn der phonetischen Notation wird ein gar nicht freigegebener Verschlusslaut durch ein hochgestelltes Winkelsymbol bezeichnet, vor allem für Sprachen, die Verschlusslaute am Wortende nicht mehr öffnen (etwa Koreanisch): bap (koreanisch für „Reis“).
Quellen
BearbeitenWeblinks
Bearbeitenhttps://www.sciencedirect.com/science/article/pii/B9780123603807500181
https://escholarship.org/content/qt36h0b019/qt36h0b019.pdf
(( Interwiki ))
als:Faukaler Explosiv
en:Nasal release
ru:Фаукальный взрыв