Wenn es die Kameralistik nicht gäbe, müsste man sie erfinden
ist ein wirtschaftswissenschaftliches Sachbuch von Walter Lutz.“
In seinem Buch beschäftigt er sich mit dem Begriff der Kameralistik, der Intention, die sich dahinter verbirgt und dem Leistungsvermögen der Kameralistik. Abschließend geht er auf die derzeitige Diskussion dieses Themas ein.
1 Begriff der Kameralistik
Der Begriff Kameralistik gilt als veraltet. Er klingt nach Absolutismus, nach Amtsstuben, nach „Ärmelschonern“.
In Wirklichkeit verbirgt sich dahinter sowohl hinsichtlich seiner Intention
als auch hinsichtlich seiner Ausgestaltung ein „geniales“ System. Man muss die Kameralistik nur verstehen, so der Autor.
2 Intention der Kameralistik
Ziel der Kameralistik ist es, die Wirtschaft durch „staatliche“ Aktionen so zu beeinflussen, dass der Wohlstand einer „Nation“ gemehrt wird. Kann der Staat, können die Kommunen (Städte, Gemeinden oder Landkreise) ein größeres Ziel haben, als den Wohlstand ihrer Bürger zu mehren?
Es geht also nicht, wie bei der Doppik (doppelten kaufmännischen Buchführung) um die Erzielung maximaler Gewinne, sondern es geht um maximale Aufgabenerfüllung, es geht darum den Wohlstand, die Lebensqualität der Bürger zu mehren. Dies zeigt er anhand eines Beispiels auf.
Gemeinden (auch kleine Gemeinden) betreiben Grundschulen. Diese betreiben sie mit mehr oder weniger Verlust. Es gibt keine Gemeinde, keine Stadt, kein Landkreis, die Schulen mit Gewinn betreiben. Sie können dies nicht und sie dürfen dies nicht. Wäre dies ein Ziel, so würde dies bedeuten, dass nur noch Kinder „reicher“ Eltern Schulen besuchen können. Kinder „armer“ Eltern hätten keine gleichen Bildungschancen.
Wenn Kaufleute Schulen betreiben (Privatschulen), dann ist es so, dass die Kinder bzw. deren Eltern Schulgeld für den Besuch bezahlen müssen, so der Autor weiter.
3 Leistungsvermögen der Kameralistik-
Hinter der Kameralistik, so wie sie die Städte, Gemeinden und Landkreise seit der letzten großen Reform im Jahre 1974/1975 anwenden, verbirgt sich nach Meinung von Walter Lutz ein sehr modernes, flexibles, geniales System das mehrere Dinge gleichzeitig abbildet.
a.) Mit Hilfe der Kameralistik werden die demokratischen Prozesse, die der Buchhaltung zugrunde liegen in idealer Weise abgebildet. So steht im Mittelpunkt der Kameralistik der Haushaltsplan, das zentrale Gestaltungsinstrument der demokratisch gewählten Vertreter der Bürger. Während der Haushaltsplan dokumentiert wie sich die Vertreter der Bürger die finanzielle Entwicklung der Gemeinde vorstellen, was ausgegeben werden darf, was eingenommen werden soll, zeigt die Jahresrechnung wie die Planung realisiert wurde. Abweichungen sind klar zu erkennen. Die demokratischen Beschlüsse, die mit den Finanzen der Kommune etwas zu tun haben, werden exakt dargelegt. Die Kameralistik ist somit ein dienendes Werkzeug der Demokratie.
b.) Mit Hilfe der Kameralistik kann der Ressourcenverbrauch bei den einzelnen Kostenstellen abgebildet werden. Dies geschieht, in dem man Abschreibungen des Vermögens verbucht, oder über interne Leistungsverrechnungen die angefallen Kosten den entsprechenden Kostenstellen zuordnet. Dabei ergeben sich die Kostenstellen aus der Gliederung der Buchungsstellen. Gebührenkalkulationen sind somit auf Grund der vorhandenen Gesamtkosten leicht zu erstellen. Dass dies derzeit in der Regel nur bei den Kostenrechnenden Einrichtungen erfolgt hängt damit zusammen, dass der Gesetzgeber dies nicht anders fordert. Ob es bei den anderen Bereichen überhaupt Sinn macht, ist nicht abschließend diskutiert.
c.) Dem kameralistischen System ist mit dem Rechnungsquerschnitt eine einfache Kostenstellenrechnung ( bzw. eine einfache Kostenträgerzeitrechnung) sowie mit der Gruppierungsübersicht eine einfache Kostenartenrechnung implementiert. Ohne Nebenrechnung kann man einfache Informationen einer Kosten- und Leistungsrechnung erhalten. Durch Erweiterung der Gliederung und Gruppierung auf 5 – 6 Stellen könnte man den Rechnungsquerschnitt und die Gruppierungsübersicht noch aussagekräftiger gestalten.
4 Diskussion
Hauptproblem bei der derzeitigen Diskussion ist, dass die Kämmerer in aller Regel die Doppik nicht kennen und die Kaufleute die Kameralistik nicht kennen, so Lutz abschließend. Nur so ist es zu erklären, dass Halbwahrheiten und Unwahrheiten die Diskussion bestimmen. Auch wurde ein Klima geschaffen, das besagt, dass alle diejenigen, die sich für die Abschaffung der Kameralistik ausgesprochen haben, als modern und reformfähig gelten. Diejenigen, die sich für die Beibehaltung der Kameralistik bzw. der Reform des materiellen Rechts in einzelnen Punkten aussprechen gelten als rückschrittlich und reformunwillig. Im Rahmen des Diskussionsprozess werden sie außen vor gehalten. Die Politiker nehmen sich der Problematik, wenn überhaupt, nur halbherzig an. Kommunen werden gezwungen mit einem immensen Aufwand Zahlen zu produzieren, die als Informationen wertlos sind die jedoch zu Steuerverschwendung in Milliardenhöhe führen. (deutschlandweit gesehen
--Annerose88 19:51, 21. Okt. 2008 (CEST)