Die Angemessene Wohnfläche ist ein Begriff aus dem deutschen Sozialrecht, hier insbesondere aus dem Bereich der Kosten der Unterkunft, und den Wohnraumförderungsbestimmungen.

Der Staat muss auf der einen Seite über das Sozialrecht das menschenwürdige Existenzminimum garantieren, auf der anderen Seite nicht „jedwede Unterkunft“ im Falle einer Bedürftigkeit finanzieren und die Mietkosten nicht unbegrenzt erstatten.[1] Die Höhe der Aufwendungen für die Unterkunft wird wesentlich durch die Wohnfläche bestimmt.

Richtwerte

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Bundesweit einheitliche Kriterien für die Wohnfläche bestehen nicht. Orientierung bieten neben § 22 SGB II die Nebennormen der Länder.

Bundesland Nebennormen
Bayern Ziffer 5.8 der Verwaltungsvorschriften zum Vollzug des Wohnungsbindungsrechts (VVWoBindR)[2]
Ziffer 20.2 der Wohnraumförderungsbestimmungen 2008 (WFB 2008)[3]
Nordrhein-Westfalen § 18 Gesetz zur Förderung und Nutzung von Wohnraum für das Land NRW (WFNG NRW)
Ziffer 8.2 der Wohnraumnutzungsbestimmungen (WNB)

Ab 1. Januar 2018 gelten folgende Richtwerte (Fallbeispiel Wuppertal, Nordrhein-Westfalen):[4]

Haushaltsgröße Angemessener Wohnraum
1 Person 1 Raum, bis zu 50 m²
2 Personen 2 Räume, bis zu 65 m²
3 Personen 3 Räume, bis zu 80 m²
4 Personen 4 Räume, bis zu 95 m²
jede weitere Person + 1 Raum, + 15 m²

In einem Fall entschied das Schleswig-Holsteinische Landessozialgericht 2011, dass Beziehern von Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II auch die Anmietung von 25 m² kleinen Wohnungen „zumutbar“ sei.[5]

In einem anderen Fall entschied das Bundessozialgericht 2012, dass es hinsichtlich der Angemessenheit bei den Unterkunftskosten auf die landesrechtlichen Bestimmungen des Wohnraumförderungsgesetzes (WNG) ankomme. Bei der Bestimmung der abstrakten Angemessenheit der Wohnungsgröße sei für einen Bezieher von ALG II in NRW von 50 m² für eine und von weiteren 15 m² für jede weitere Person in der Bedarfsgemeinschaft auszugehen. Es bestätigte somit seine Rechtsprechung aus dem Jahr 2009.[6]

Sonderfälle

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Umgang mit den Kindern

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Das Sozialgericht Dortmund sprach 2010 einem Vater, dessen Kind regelmäßig für den Umgang zu Besuch kam, eine größere Wohnung zu.[7] Das Sozialgericht Kiel sprach 2014 einem arbeitslosen Vater, welcher an 55 Tagen im Jahr sein Umgangsrecht mit seinen beiden Kindern ausübte, einen Anspruch auf eine größere Wohnung und damit auch höhere Leistungen für die Unterkunft zu.[8] Kinder, die sich nicht ausschließlich, aber regelmäßig an den Wochenenden und während der Ferien im elterlichen Haushalt aufhalten, sind nach einer Entscheidung des Verwaltungsgerichts München 2017 unter bestimmten Voraussetzungen bei der Vormerkung auf eine größere Sozialwohnung zu berücksichtigen.[9]

Bedarf für Menschen mit Behinderungen

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Eine zusätzliche Wohnfläche ist für Menschen mit Behinderungen zu gewähren, die wegen ihrer Behinderung oder Erkrankung auf einen zusätzlichen Raum oder zusätzliche Fläche angewiesen sind.

Eigentumswohnung und Eigenheim

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Abweichend zu den Wohnungsgrößen bei Mietwohnungen gelten bei selbstgenutztem Wohneigentum separate angemessene Größen, bei denen es keiner Prüfung der Angemessenheit bedarf (Bundessozialgericht 2006).[10][11][12] Dabei handelt es sich allerdings nicht um feste Werte; es kommt auf den Einzelfall an.

Anzahl der im Haushalt
lebenden Personen
Eigentumswohnung Eigenheim
1–2 80 m² 90 m²
3 100 m² 110 m²
4 120 m² 130 m²
für jede weitere Person + 20 m² + 20 m²

Einzelnachweise

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  1. Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 10. Oktober 2017, Az. 1 BvR 617/14. Bundesverfassungsgericht, abgerufen am 20. Juni 2019. PDF (80 KB).
  2. Verwaltungsvorschriften zum Vollzug des Wohnungsbindungsrechts, Bayern
  3. Wohnraumförderungsbestimmungen 2008, Bayern (PDF; 128 KB)
  4. Jobcenter Wuppertal (Memento des Originals vom 24. Mai 2018 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@2Vorlage:Webachiv/IABot/jobcenter.wuppertal.de Abgerufen am 24. Mai 2018.
  5. Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht, Urteil vom 11. April 2011, Az. L 11 AS 123/09. Bayerisches Landessozialgericht, abgerufen am 20. Juni 2019. und L 11 AS 126/09.
  6. Bundessozialgericht, Urteil vom 22. September 2009, Az. B 4 AS 70/08 R.
  7. Sozialgericht Dortmund, Urteil vom 28. Dezember 2010, Az. S 22 AS 5857/10 ER. Bayerisches Landessozialgericht, abgerufen am 20. Juni 2019.
  8. Sozialgericht Kiel, Beschluss vom 9. April 2014, Az. S 38 AS 88/14 ER. (PDF; 62 KB) Sozialberatung Kiel, abgerufen am 20. Juni 2019.
  9. Verwaltungsgericht München, Urteil vom 19. Januar 2017, Az. M 12 K 16.1209. Bayerische Staatskanzlei, abgerufen am 20. Juni 2019.
  10. Was zählt als Vermögen?, hartziv.org.
  11. Anrechnungsfreiheit von Eigentum siehe § 13 Abs. 3 Nr. 4 SGB II.
  12. Bundessozialgericht, Urteil vom 7. November 2006, Az. 7b AS 2/05 R beim openJur e. V. bzw. bei sozialgerichtsbarkeit.de, Website der Präsidenten der Landessozialgerichte der Bundesländer.

Kategorie:Sozialleistung (Deutschland)