Benutzer:Artikelstube/Lothar Schmidt (Unternehmer)

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Lothar Schmidt (* 1949 in Neunkirchen) ist ein deutscher Ingenieur und Unternehmer. Seit 1994 ist er Inhaber der Firma Sinn Spezialuhren GmbH in Frankfurt am Main, einem Hersteller von mechanischen und Quarz-Armbanduhren. Zuvor war er in leitenden Positionen beim Uhrenhersteller IWC in Produktion und Entwicklung beschäftigt, zuletzt als Prokurist. Anfang der 1990er Jahre war er daran beteiligt, den Traditionshersteller A. Lange & Söhne in Glashütte neu zu gründen.

Beruflicher Werdegang

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Schmidt machte eine Handwerksausbildung zum Werkzeugmacher und studierte später in Saarbrücken das Fach Maschinenbau [1] mit Abschluss als Diplom-Ingenieur. Er arbeitete zunächst ab 1975 in einer Schweizer Maschinenbaufabrik und wechselte danach als Konstrukteur und Technischer Direktor zu einem Unternehmen, das Uhrengehäuse produzierte. Er nahm 1981 das Angebot des Schaffhausener Uhrenunternehmens IWC[2] zum Aufbau einer Gehäuse- und Bänderproduktion an, gemäß seinem Wunsch nach selbständiger Betätigung als freier Mitarbeiter. Später wurde er bei dem Unternehmen Produktionsleiter.[3] Bei IWC baute er eine neuartige Gehäuse- und Armbandproduktion auf und erarbeitete Problemlösungen im Umgang mit den sehr schwierig zu bearbeitenden, im Uhrenbau ungewöhnlichen Werkstoffen Titan, Platin und Keramik. Schmidt war bei IWC unter anderem für die ersten Porsche Design-Modelle, das Zirkonoxidgehäuse der Da Vinci und das Gehäuse der Grande Complication verantwortlich. Zuletzt war er Prokurist.[4][5]

Inhaber der Firma Sinn Spezialuhren

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1994 kaufte Schmidt die seit 1961 existierende Firma Helmut Sinn Spezialuhren und benannte sie in Sinn Spezialuhren GmbH um. Das Unternehmen war von dem Piloten und Fluglehrer Helmut Sinn gegründet und als spezialisierter Hersteller von Fliegeruhren, insbesondere Flieger-Chronographen etabliert worden. Ein wesentliches Alleinstellungsmerkmal war traditionsgemäß der Direktvertrieb vom Hersteller direkt an den Kunden. Mit dem Kauf leitete Lothar Schmidt eine Neuorientierung des Unternehmens ein, die einer Neugründung gleichkam. Sein Ziel war es, das Unternehmen technologisch und strategisch neu aufzustellen, unter Nutzung seiner Qualifikationen und Erfahrungen als Ingenieur und Manager bei IWC. [6][7][1]

Firmenstrategie und Rezeption in der Wirtschaftspresse

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Mit der Übernahme durch Schmidt wandte sich Sinn vom sogenannten Private-Label-Sektor ab, der Name wurde in Sinn Spezialuhren GmbH geändert. Sukzessive wurde die gesamte Modellpalette technisch renoviert, unter Wechsel der Zulieferer und der Materialien. Die Firma übernahm das Regulieren der Werke und die Montage selbst. Die Anzahl der Mitarbeiter wuchs von 14 im Jahr 1994 auf etwa 120 Mitarbeiter 2019.[4][1] Das seit Firmengründung 1961 verwendete Direktvertriebskonzept von Helmut Sinn wurde beibehalten, Schmidt erweiterte es aber um ausgesuchte, sogenannte Depot-Händler, damit die Uhren auch direkt vor Ort betrachtet und gekauft werden können.[4]

Als technologiegetriebener Ingenieur[7][1] ließ Schmidt in den nächsten Jahrzehnten eine Reihe von technischen Neuerungen entwickeln. Dazu zählen etwa synthetische Uhrenöle für extragroße Temperaturbereiche, eine Trockenhaltetechnik mittels Kupfersulfat-Kapseln und das Befüllen der Uhrgehäuse mit dem Edelgas Argon. Weitere technische Neuheiten waren die nahezu unbegrenzt wasserdichte, da mit Silikonöl befüllte Taucheruhr sowie kratzfeste Uhrengehäuse aus nickelfreiem, eisgehärtetem Edelstahl.[4][8] Die verbauten mechanischen Basis-Uhrwerke mit Handaufzug oder Automatik stammen branchentypisch aus Schweizer Produktion und werden mit den von Sinn eigenentwickelten Technologien modifiziert. Dazu zählen etwa Materialpaarungen in Lagern des Werks, die im Gegensatz zu Teilen in anderen mechanischen Werken nicht geölt werden müssen, sondern ganz ohne Schmierung auskommen.[2]

Der Branchenexperte und Fachbuchautor Gisbert Brunner sagte 2019 gegenüber dem Handelsblatt über die Firmenstrategie: „Mehr und mehr Eigenentwicklungen beispielsweise auf dem Sektor der Gehäusematerialien, der Uhrentechnologie und hilfreicher Zusatzfunktionen für bestimmte Berufsgruppen“ seien „der richtige Weg“. Auf diese Weise werde das Unternehmen dem Zusatz „Spezialuhren“ im Namen völlig gerecht. Thomas Tuma schrieb in dem Porträt über Schmidt im Handelsblatt, dass es das mittelständische Unternehmen Sinn in der von internationalen Konzernen dominierten Branche für Luxus-Uhren „eigentlich gar nicht geben“ dürfe. Der Eigentümer habe trotzdem ein Erfolgsmodell daraus gemacht.[1]

Die FAZ bezeichnete die Firma Sinn im Jahr 2012 als „Rarität in der hessischen Wirtschaft“ und als „Innovationsführer“.[6]

Erweiterung des Modellspektrums (Auswahl)

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EZM 9
857 LHC
EZM 10
Nach dem von Lothar Schmidt angeregten TESTAF-Standard zertifizierte Fliegeruhren von Sinn.

Der langjährige IWC-Manager Schmidt erweiterte die Modellpalette, die bis 1994 hauptsächlich Fliegeruhren und Chronographen umfasste. Als erste Neuentwicklung entstand das Modell 244 mit einem Gehäuse aus reinem Titan, Schutz gegen Magnetfelder und zur Stoßsicherung freischwingend aufgehängtem Uhrwerk.[8] Ab 1996 kamen Sinn-Taucheruhren mit der Hydro-Technologie auf den Markt. Durch eine komplette Füllung der Uhr mit Spezialöl wurde eine verspiegelungsfreie Ablesbarkeit unter Wasser aus jedem Winkel, absolute Beschlagsicherheit und extreme Druckfestigkeit für jede erreichbare Tauchtiefe erzielt. Der Brechungsindex der Füllflüssigkeit ist an den Brechungsindex des Saphirkristall-Uhrenglases angeglichen. Als Folge davon wird das Licht, das von Zifferblatt und Zeigern ausgeht, beim Eintritt in das Uhrenglas nicht mehr gebrochen.[8][9]

1999 wurde mit der Finanzplatzuhr – in Anspielung auf Frankfurt am Main, das auch auf dem Zifferblatt steht – der erste Schritt weg von rein technischen Uhren gemacht. Schmidt hielt den Namen für kompliziert und war überrascht, dass die Uhr jahrelang die erfolgreichste der ganzen Kollektion wurde. Die Uhr mit der Referenz 6000 wurde Ausgangspunkt einer ganzen Modellfamilie.[3]

Initiierung der DIN für Fliegeruhren

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Der Maschinenbau-Ingenieur Schmidt regte auch die Schaffung einer technischen Norm für Fliegeruhren an. Die Fachhochschule Aachen stellte mit Sinn Spezialuhren am 19. Juli 2012 am Hauptsitz von Eurocopter (heute Airbus Helicopters) den ersten Technischen Standard Fliegeruhren (TESTAF) vor. Dieser Standard diente als Grundlage für die spätere DIN-Norm 8330 für Fliegeruhren von 2015.[8] Sinn stellte bereits kurz nach Verabschiedung des Standards 2012 TESTAF-konforme bzw. zertifizierte Fliegeruhren vor.[8]

Militär und Spezialeinheiten als Testpartner

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Schmidt führte ein, dass die Erprobung technischer Neuerungen häufig in Kooperation mit Einheiten des Militärs, der Bundespolizei (bis 2005 Bundesgrenzschutz) sowie der Spezialeinheit GSG 9 erfolgt.[4] Daraus resultierte etwa das Modell UX GSG 9, die offizielle Dienstuhr der Maritimen Einheit der GSG 9 ist.[10]

Schwierigkeiten im Zuge der Übernahme 1994

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Nach eigenen Worten wollte Lothar Schmidt sich „schon immer“ selbständig machen, stieß aber dann beim Start mit Sinn Spezialuhren 1994 auf völlig unerwartete Schwierigkeiten – obwohl die Übergabemodalitäten geklärt waren. Geplant war eine zeitlich versetzte Übernahme wegen der Finanzierung.[3] Trotzdem kam es zu einem Streit um wichtige Sach- und Rechtsfragen mit dem Alteigentümer Helmut Sinn, der in einem Rechtsstreit mündete. Schmidt meinte 2019 rückblickend: „Wenn ich gewusst hätte, was mit der Selbstständigkeit alles auf mich zukommt, hätte ich den Schritt wohl nie gewagt.“ Schmidt gewann den Rechtsstreit, musste aber schließlich, anders als ursprünglich vereinbart, den Kaufpreis auf einen Schlag an Sinn auszahlen. Dazu musste er ungeplant einen hohen Kredit aufnehmen.[1] Die Übernahme erfolgte zum 1. September 1994 komplett, und Schmidt wurde „(…) über Nacht so eine Art »Schuldenmillionär«, wie ich das heute mit einem Lächeln sagen kann.“[3]

Weitere unternehmerische Tätigkeiten

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Ab 1990 war Lothar Schmidt mitverantwortlich für den Neuaufbau der wiederbelebten Traditionsfirma A. Lange & Söhne in Glashütte, die in der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) zu dem Volkseigenen Betrieb VEB Glashütter Uhrenbetriebe (GUB) gehört hatte. Die Neugründung war durch die Unterstützung seitens des Mutterkonzerns LMH möglich, zu der IWC und Jaeger-LeCoultre gehörten.[4]

1999, vier Jahre nach seiner Übernahme von Sinn Spezialuhren, gründete Schmidt zusammen mit Walter Fricker, dem Inhaber der Pforzheimer Gehäusefirma Fricker, und Ronald Boldt, dem ehemaligen Leiter Technologie und Qualitätssicherung des Glashütter Uhrenbetriebs, den Gehäusehersteller SUG Sächsische Uhrentechnologie GmbH in Glashütte.[3] Er war ursprünglich mit 24 Prozent Minderheitsbeteiligter und Abnehmer der Gehäuse und wollte aus dem Unternehmen wieder aussteigen. Dann sei die Hochwasserkatastrophe 2002 gekommen, und Schmidt sah vor Ort, „wie die Leute versuchten, die Gehäuse aus dem Schlamm zu retten. Ich war voller Bewunderung über das Engagement und entwickelte selbst den Ehrgeiz zu helfen.“ Er übernahm die Anteile von Walter Fricker und ist seitdem mit 74 Prozent beteiligt. Die Fabrik wurde neu aufgebaut, und zur reinen Herstellung kamen eigene Konstruktion, Montage und Oberflächenveredelung hinzu.[3]

Unternehmerische Grundsätze

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Der 2017 bezogene neue Hauptsitz von Sinn Spezialuhren in Frankfurt am Main. Das Gebäude ist bei späterem Bedarf um zwei Stockwerke aufstockbar.[1]

Sinn gebe laut Schmidt absichtlich „weniger als 10 Prozent“ der Erlöse für Werbung aus, anders als andere, namhafte Uhrenmarken, bei denen die Anteile wesentlich höher seien. Stattdessen setze man auf den Direktvertrieb und Mundpropaganda.[6]

Schmidt plante wegen Platzmangel für die damals rund 100 Mitarbeiter im Jahr 2014[11] einen Neubau der Firmenzentrale mit 7.000 qm Fläche, der 2017 fertiggestellt war. Statt im günstigeren benachbarten Eschborn, wo etwa die Deutsche Börse sitzt, ließ Schmidt als Wahlfrankfurter in Frankfurt bauen. Er ließ unter anderem eine zentrale Kaffeestelle einrichten, die er „Dorfbrunnen“ nennt, und meint dazu: „(…) da trifft sich heute jeder mit jedem zu einem guten Gespräch“.[1]

In einem Interview wurde Schmidt gefragt, was für ihn „Made in Germany“ bedeuten würde. Er antwortete, dass dazu ein gewisser Perfektionismus gehören würde, und der Hang, etwas qualitativ Hochwertiges herzustellen. Auch die Pflege der deutschen Sprache gehöre für ihn dazu, was man etwa an dem Uhren-Katalog von Sinn sehe, wo mit sehr wenig Leihwörtern gearbeitet werde.[3]

In dem thüringischen Ort Schweina hat sein Unternehmen eine kleine Firma für Montagen und Reparaturen, deren heutige Geschäftsführerin bereits die Ausbildung und den Meister im Unternehmen gemacht hat. Laut Schmidt sei auch dies für ihn echtes „Made in Germany“.[3]

Privatleben

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Lothar Schmidts Ehefrau stammt aus der französischsprachigen Westschweiz (Romandie), was nach seiner Aussage einer der Gründe für seinen Berufsstart in der Schweiz war.[3]

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Einzelnachweise

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  1. a b c d e f g h Thomas Tuma: Wie sich eine Uhrenfirma aus Frankfurt auf dem Luxusmarkt behauptet. Handelsblatt, 22. August 2019, abgerufen am 21. November 2020
  2. a b Thorsten Winter und Frank Röth: Sinn Spezialuhren wird 50: Rödelheimer Zeitzeichen. FAZ, 13. Juli 2011, abgerufen am 4. Dezember 2020
  3. a b c d e f g h i Martina Richter: Interview mit Sinn-Spezialuhren-Geschäftsführer Lothar Schmidt. watchtime.net, 20. Juli 2019, abgerufen am 20. November 2020
  4. a b c d e f Review Sinn 157 ST bei watchtime.ch (Memento vom 13. Februar 2004 im Internet Archive)
  5. Lothar Schmidt. Eintrag bei uhren-wiki.de, abgerufen am 21. November 2020
  6. a b c Thorsten Winter: Uhrenfabrik Sinn: Rödelheimer setzen Maßstäbe für Fliegeruhren. FAZ, 31. Oktober 2012, abgerufen am 4. Dezember 2020
  7. a b Tom Wanka: Sinn Spezialuhren: 25 Jahre unter Leitung von Lothar Schmidt. zehnvorzwei.de, 4. September 2019, abgerufen am 21. November 2020
  8. a b c d e SINN Spezialuhren: Entstehungsgeschichte und Philosophie. Deutsches Uhrenportal, abgerufen am 22. November 2020
  9. HYDRO. Webseite von Sinn zur Hydro-Technologie, abgerufen am 22. November 2020
  10. Sinn-Webseite zu Modell UX GSG 9. abgerufen am 23. November 2020
  11. Thorsten Winter: Uhrenhersteller Sinn will neue Fabrik bauen. FAZ, 5. November 2014, abgerufen am 4. Dezember 2020


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