Der kleine Ort Böttstein im schweizerischen Kanton Aargau beherbergte in seiner fast tausendjährigen Geschichte eine Vielzahl von wassergetriebenen, handwerklichen Kleinbetrieben. Zwei Getreidemühlen, eine Ölmühle, sowie eine Sägerei sind nachgewiesen. Es soll aber auch eine Hammerschmiede existiert haben. Ermöglicht haben das der Bruggbach und der künstlich angelegte Mühlebach. Derweil der Bruggbach in einem etwa dreissig Meter tiefen, natürlich entstanden Graben der Aare zufliesst, plätschert der Mühlebach, etwas höher gelegen, als künstlich erstellter Kanal dem Abhang des Böttebergs entlang, durchfliesst Böttstein und stürzt sich dann den steilen Abhang hinunter in die Aare.
Vorgeschichte
BearbeitenMühlen gab es in Böttstein offenbar schon im 13. Jahrhundert, oder gar früher. Doch man weiss nicht, wo sie gestanden haben. Wurden sie unten im Graben durch den Bruggbach angetrieben, oder drehte bereits der Mühlebach, oben im Dorf, deren Wasserräder?
Jedenfalls schienen die Mühlen einen entscheidenden Faktor der Herrschaft Böttstein dazustellen. Böttstein selber, 1087 erstmals erwähnt, schien wohl auch wegen dieser Mühlen, ein gesuchtes „Anlageobjekt“ zu sein und wechselte dementsprechend häufig den Besitzer.
Man geht davon aus, dass die „Freiherren von Böttstein“ die Begründer des Ortes und damit Namensgeber des Ortes seien, wobei Zweifel angebracht sind, denn es gibt Hinweise, wonach bereits im 9. und 10. Jahrhundert in Böttstein eine Pfarrei existiert haben soll. Dann hätte der Ort „Böttstein“ wohl eher den Freiherren den Namen gegeben.
Nach dem Niedergang der „von Böttstein“, letztmals wurden sie 1226 bei der Einweihung einer Kapelle in Einsiedeln erwähnt, gelangte die Herrschaft, mit den Ländereien der heutigen Dörfer Burlen, Eien und Kleindöttingen, in die Hände der „Freien von Tiefenstein“, ein Süd Schwarzwälder Geschlecht. 1239 wurde die «Vogtei von Böttstein» von diesen an die Johanniter von Bubikon im Kanton Zürich verkauft. In Dokumenten aus jener Zeit wurde dabei mehrfach von Mühlen in Böttstein als „wertvolles Gut“ geschrieben.
Erste konkrete Erwähnung finden die Mühlen aber erst am 4. September 1317. Ein Schriftstück dokumentiert die Übernahme einer Mühle durch das Kloster Bernau von den verschuldeten Johannitern in Klingnau. Ob sich besagte Mühle bereits am Standort einer der heutigen Mühlen befand, ist nicht nachzuweisen.
Dass es zu jener Zeit nicht viel anders zu und her ging als heute, beweist ein weiteres Schriftstück, das am 25. August 1389 die Schlichtung eines Streites zweier Müller um Wasserrechte in Böttstein festhält. Leider sagt auch dieses Dokument nichts über die Lage des Streitobjekts aus.
Die Herrschaft Böttstein musste noch manchen Besitzerwechsel über sich ergehen lassen, bis dann am 5. Juni 1606 die Gebrüder von Roll, aus Altdorf im Kanton Uri, die Besitzungen inklusive der niederen Gerichtsbarkeit erwarben. Die reichen Brüder schienen sich hier langfristig einrichten zu wollen, jedenfalls rissen sie 1615 die alte Burg kurzerhand ab und errichteten das heutige, prächtige Herrenhaus und die Kapelle. Damit bekam Böttstein sein markantes, heutiges Aussehen.
In Leibstadt war ebenfalls ein Zweig des Geschlechts der „von Roll“ heimisch geworden, auch hier rissen sie die alte Burg ab und errichteten das heutige Schloss Bernau. Doch sie waren zu leichtfertig mit ihrem Vermögen umgegangen. Keine siebzig Jahre später, 1674, heiratet die Letzte der „Böttsteiner von Roll“, Maria Magdalena, den Landammann von Uri, Hans Martin Schmid. Damit ging das Schloss mitsamt der Herrschaft, also auch der Mühlen, an die „Schmids“ über. Fast 200 Jahre lang waren sie Garant einer geordneten, gerechten und modern wirtschaftenden Autorität.
Mit den „von Rolls“ und den späteren „Schmids“ werden endlich die ersten konkreten Spuren von Mühlen in Böttstein sichtbar!
Grobe Definition Mühlen
BearbeitenNur allzu gern bezeichnen wir eine Installation mit Wasserrad als „Mühle“. Dies trifft in unserer Region zwar häufig zu, übersieht aber die Vielfalt an technischen Lösungen, die unsere Vorfahren mittels Wasserkraft zu erschließen verstanden. Hier ein paar sehr rudimentäre Definitionen von Nutzungsbeispielen der Wasserkraft:
- Die Getreide-Mühle zerkleinert Getreide in ein mehr oder weniger feines Mehl. Die Grösse und Feinheit des Mühlsteins entscheidet über die Qualität des erzeugten Mehls, die Art und Stärke Antriebskraft über die Produktivität der Anlage. Allgemein wird diese Art von Mühlen „Getreidemühlen“ genannt.
- Die Ölmühle, wie sie in Böttstein existiert und funktioniert, ist in diesem Sinne keine Mühle, sondern eine Presse. Kerne und Nüsse werden ausgepresst, um das kostbare Öl zu gewinnen.
- Die Sägerei (Sägewerk) existiert in Böttstein im selben Gebäude wie die Ölmühle. Hier wird die Wasserkraft genutzt, um für die Säge eine kontinuierliche „auf und ab“ – Bewegung zu erzeugen. Gleichzeitig muss der Baumstamm, Richtung Sägeblatt, vorwärtsgetrieben werden.
- Die Hammerschmiede ist erstaunlicher Weise ähnlich aufgebaut wie die Presse einer Ölmühle. Die Wasserkraft wird zum Heben der schweren Hämmer genutzt. Das Eigengewicht der Hämmer liefert dann die eigentliche Kraft zum Schmiden.
- Der Blasebalg. Eine weitere Anwendung eines wassergetriebenen Betriebes. Auch er ist durch ein Mühlrad angetrieben.
Von den oben aufgeführten „Variationen einer Mühle“ finden wir in Böttstein alles, ausser den Blasbalg. Selbst eine Hammerschmiede soll existiert haben, ist aber noch nicht lokalisiert. Gemäss verschiedenen Hinweisen soll sie im Graben des Bruggbachs gestanden haben.
Die Müller
BearbeitenZurück zu den landesüblichen „Getreide-Mühlen“ und derer Betreiber. Die Müller jener Zeit waren geachtete und in der Regel auch reiche Lehensleute ihrer Herrschaft. Ihr Tun wurde in erstaunlich vielen Dokumenten der Vergangeheit erwähnt und damit für uns fassbar gemacht. So bezahlten sie die Pacht meist in Mehl und/oder Getreide. Diese Abgaben an ihre Herren, fein säuberlich verbucht, belegen die Existenz von Mühlen. Eine weitere, gute Quelle stellten Rechtsstreitigkeiten dar, meist ging es um Wasserrechte, diese Urteile wurden ebenfalls exakt dokumentiert. Eine dritte Quelle stellen die Handänderungen der Mühlen dar, auch sie wurden akribisch genau festgehalten. So war es gut möglich und sogar üblich, dass die Herrschaft gut laufende Mühlen an Dritte verkaufte, verpachtete oder gar verschenkte. Damit konnte die Herrschaft finanzielle Engpässe überbrücken, ohne gleich alles zu verlieren, oder sich auch das Seelenheil sichern, indem man die Mühle an ein Kloster verschenkte. Auch diese Transaktionen wurden fein säuberlich dokumentiert. Ob bei solchen Transaktionen der Müller auch Teil des Deals war, ist uns nicht bekannt.
Aber die Müller hatten auch Pflichten. Die Pacht einer Mühle beinhaltete zwingend auch die Wasserrechte über den Bach, der die Mühle antrieb. Das alleine genügte aber noch nicht, denn wenn die Mühle wärend der Tageszeit mit gleichbleibender Geschwindigkeit laufen sollte, dann bedingte dies eine gleichbleibend grosse Wassermenge zum Betrieb des Wasserrades. Um dies zu erreichen, waren Ausgleichsbecken, meist Mühleweiher genannt, notwendig. Der Müller war für die Instandhaltung des Baches, wie auch des Mühleweihers, zuständig.
Das Wasser als Antriebskraft
BearbeitenDer Mühlebach
BearbeitenBevor wir uns den Mühlen zuwenden können, ist ein kurzer Exkurs zur treibenden Kraft der Böttsteiner Mühlen notwendig. Der Mühlebach war über Jahrhunderte die eigentliche Lebensader Böttsteins. Ohne ihn lief buchstäblich nichts in diesem Dorf! Der rund einen Kilometer lange, künstliche Wasserlauf hielt sämtliche wassergetriebenen Werkstätten in Gang und versorgte dazu noch sämtliche böttsteiner Brunnen mit Trinkwasser, denn sein Wasser stammte aus Quellen, den "Nünbrünne".
Da stellt sich schon die Frage, wie und wann wohl die Böttsteiner auf die Idee kamen, diesen künstlichen Kanal anzulegen? Nachforschungen zeigen, dass künstliche Wasserläufe im nahen Südschwarzwald des 12. Jahrhunderts keine Seltenheit waren. Sie besassen sogar einen eigens dafür bestimmten Namen: „Wuhr“ oder im Plural „Wühren“ wurden sie genannt. Warum also sollte nicht auch in Böttstein eine solche „Wuhr“ gebaut worden sein? Immerhin stammten die „von Tiefenstein“ genau aus jener Süd Schwarzwälder Gegend, wo diese künstlichen Wasserläufe für die Erzverhüttung zu Hauf angelegt wurden. 12 Wühren können noch heute im Hotzenwald besichtigt werden. Die Wahrscheinlichkeit erscheint somit recht hoch, dass der Mühlebach durch die "von Tiefenstein" anfangs des 12. Jahrhunderts erbaut wurde. Genaueres zum Mühlebach finden Sie in dem Artikel "Böttsteiner Mühlebach".
Der Mühleweiher
BearbeitenDer Mühleweiher ist ebenfalls von entscheidender Bedeutung für den reibungslosen Betrieb von wasserbetriebenen Werkstätten. Der heutige Weiher wurde erst 1874 angelegt und diente zur Regulierung der notwendigen Wassermenge für die Mühlen. Erstellungskosten und Unterhalt mussten durch die Inhaber der Wasserrechte aufgebracht werden, also in erster Linie den Müllern. Der Bau des Weihers wurde notwendig, weil der frühere, weiter oben liegende Weiher verlandet war. Die Karte der Schweiz von 1882 zeigt westlich der „Nünbrünne“, am unteren Ende der „Weiermatt“ noch den besagten Weiher. Heute existiert er nicht mehr, nur eine sumpfige Stelle neben der Strasse lässt seinen damaligen Standort erahnen. Der böttsteiner Brunnenmeister, der 1902 die "Nünbrünne" fassen liess und das heutige Reservoir für die Trinkwasserversorgung baute, erzählte noch die Geschichte, dass jeden Abend von Böttstein jemand zum alten Weiher hoch musste, um den Schieber zu schliessen. Anderntags musste der Schieber wieder geöffnet werden, damit die Mühlen betrieben werden konnten.
Die Mühlen
BearbeitenDie „untere Mühle“ (Getreidemühle)
BearbeitenEs waren die „von Rolls“, die 1607 den Auftrag zum Bau einer Getreidemühle unterhalb der späteren Schlosskapelle erteilten. Das Baujahr 1607 belegt sich am Türsturz zum Keller der Mühle. Offenbar existierte kein Vorgängerbau, zumindest ist nichts Entsprechendes erwähnt. Diese Mühle bekam bald einmal den Beinamen „untere Mühle“, war sie doch die unterste der durch den Mühlebach angetriebenen Mühlen. Somit darf gefolgert werden, dass der Mühlebach im Jahre 1607 bereits existiert haben muss.
Offenbar hat die Getreidemühle über mehr als 200 Jahre gut funktioniert und zu keinerlei Klage Anlass gegeben. Jedenfalls liessen die Schmids, Nachfolger der „von Rolls“, 1821 eine Scheune unterhalb der „unteren Mühle“ errichten. Das Baudatum ist heute noch über dem Tennstor ersichtlich. Dann hingegen schien sich etwas geändert zu haben. In einem Dokument von 1835 wurde festgehalten, dass die „beiden verlotterten Mühlen“ (obere und untere Mühle), offenbar waren sie seit längerer Zeit nicht mehr, oder nur noch teilweise in Betrieb, an Jakob Geissberger aus Riniken verkauft wurden. Dieser war zu jener Zeit Wirt in Mandach. Wohl darum liess er die „obere Mühle“ noch im gleichen Jahr zum Gasthaus „Kreuz“ umbauen und führte den dortigen Mühlbetrieb nur noch als Nebengeschäft weiter.
Erst 1847 liess Geissberger die „untere Mühle“ von Grund auf umbauen und renovieren. Das heutige Mühlgebäude entspricht vom Aussehen her dem Umbau von 1847, da er auf den Kellerwänden der alten, von 1607 stammenden Mühle basiert. Darum ist das Datum 1607 am Türsturz über dem Kellerabgang immer noch ersichtlich. Kurz nach der Renovation der „unteren Mühle“ entstand hinter dem Mühlgebäude, längs dem Hang, eine Bäckerei und 1863 wurde die 1821 erstellte Mühle-Scheune hangabwärts um einen Stall erweitert. Die hier aufgezählten Gebäude existieren noch heute, dienen aber einer andern Nutzung.
Ein weiteres Dokument von 1880 besagt, dass bei einem weiteren Umbau zwei kleine Mühlräder durch ein neues, grosses Mühlrad ersetzt wurden. Mit unserem heutigen Wissenstand ist schwer verständlich, wie eine Mühle durch zwei Mühlräder angetrieben werden konnte.
1905 übernahmen die Ringgelis von den Erben Geissbergers die untere Getreidemühle zusammen mit der Mühlescheune und der Bäckerei. 1886 hatten sie bereits die „Öli“ und „Sagi“ von Karl von Schmid gekauft.
Erst 1931 wurde das heutige, 9.64m durchmessende, oberschlächtige Wasserrad eingebaut und in Betrieb genommen. Damit betrieb eine Böttsteiner Mühle eines der grössten Mühlräder Europas, wenn nicht gar das Grösste! Rund 40 Jahre später neigte sich das Zeitalter der wasserbetriebenen Mühlen auch in Böttstein dem Ende zu. 1973 musste Ringgeli den Mühlbetrieb in der „unteren Mühle“ definitiv einstellen. Gegen die modernen, elektrisch betriebenen Mühlen kam das alte, wassergetriebene Mahlwerk nicht mehr an. In den 1990iger Jahren wurde die Einrichtung der Getreidemühle (wohl aus dem 19.Jahrhundert stammend) ausgebaut, um Wohnraum für Ringgeli und seine Familie zu schaffen. Dabei musste die vertikale Transmission, die vom Keller bis ins Dachgeschoss reichte, ausgebaut werden. Teile dieser Einrichtung gelangten nach Zurzach in die Barzmühle und wurden dort eingebaut.
Das grosse, fast 10m durchmessende Wasserrad besteht noch heute, ist aber in einem desolaten Zustand. Zum Glück hat man es die letzten Jahrzehnte im Trockenen gehalten, sonst wäre es wohl längst verfault und zerfallen. Um das hölzerne Rad vor Nässe zu schützen, wird das Wasser des Mühlebachs mit grossen Kunststoffrohren an ihm vorbeigeführt. Das ehemalige Mühlegebäude, die Scheune und ehemalige Bäckerei sind noch heute im Besitz der Tochter des letzten Müllers von Böttstein. Die ehemalige Getreidemühle dient heute als Wohnhaus. Ausser der Jahreszahl 1607 über dem Türsturz zum Keller weist nichts mehr auf die ehemalige Mühle hin. Der Zugang zu den traurigen Resten des Mühlrades ist heute aus Sicherheitsgründen versperrt.
Der Verein „Kultur am Mühlebach Böttstein“ engagiert sich seit 2017 dafür, das Wasserrad wieder zu reaktivieren, aber dazu müsste wohl eine grosse Summe aufgebracht werden.
Bei(n)mühle (unterhalb der „unteren Mühle“)
BearbeitenDer Mühlebach fliesst unterhalb der „unteren Mühle“ durch einen letzten, etwa dreissig Meter langen, knapp mannshohen Tunnel zum Abhang zur Aare. Offenbar stand vor 1880 dort noch eine „Beimühle“.
„Beimühle“? Niemand konnte in Böttstein mit diesem Begriffe etwas anfangen, bis eine Kollegin das Wort leicht ergänzte: „Bein-Mühle“! Jetzt dämmerte es schlagartig. Ersetzt man nämlich „Bein“ durch Knochen, dann ergäbe dies eine „Knochenmühle“. Tatsächlich nutzte man lange Zeit Knochenmehl als Düngemittel und sogar als Futterzusatz. Übrigens erlebt das Knochenmehl momentan grad wieder ein Revival als Bio-Dünger. Die Lage der Bein-Mühle, ganz unten am Mühlebach und ausserhalb der Häuser, unterstützt diese Vermutung, denn Tier-Gebeine hat man kaum ohne Gestank mahlen können.
Spärliche Mauerreste am vermuteten Standort lassen mit viel Phantasie die Überreste eines Bauwerks erahnen. Verbrieft ist, dass im Jahre 1880 eben diese Beinmühle am Aareabhang abgerissen wurde.
Die „Öli“ (Oelmühle) mit der Sägerei
BearbeitenDie Oelmühle, im Volksmund „Öli“ genannt, befindet sich wenige Schritte oberhalb der Getreidemühle. Die Bezeichnung „Oelmühle“ ist eigentlich falsch, sie ist vielmehr eine Oel-Presse.1886 verkaufte Karl von Schmid die „Sagi“ (Sägerei) und „Öli“ an Josef Ringgeli, der die beiden Werke bereits einige Jahre als Pächter betrieben hatte. 1945 übergabt Eduard Ringgeli, Sohn von Josef, das Haus mit Sägerei und Ölmühle an das Ehepaar Keller gegen eine kleine Leibrente und das Wohnrecht. Die Kellers arbeiteten bereits viele Jahre für den ledigen und kinderlosen Besitzer. Ruedi Keller, Sohn des besagten Ehepaars verfügt heute als Einziger noch über die Kenntnisse des Ölpressens und die Bedienung der Sägerei, die sich im selben Gebäude befindet. Die Sägerei wird seit 1943 mit Strom betrieben und nicht mehr, wie früher, über das gemeinsame Wasserrad. Genaueres über die „Öli“ und die Ölproduktion finden sie in dem separaten Artikel "Böttsteiner Ölmühle".
Die „Obere Mühle“ (Getreidemühle)
BearbeitenIn alten Dokumenten wird immer wieder die „obere Mühle“ erwähnt. Sie besteht heute leider nicht mehr, doch der unter dem 1968 erbauten Gästehaus des Schlosshotels Böttstein durchfliessende Mühlebach verrät ihren ehemaligen Standort. Die Entstehungsgeschichte der „oberen Mühle“ ist nicht bekannt. Geläufig ist hingegen, dass diese Mühle 1835 durch Jakob Geissberger zum Gasthaus „Kreuz“ umgebaut wurde. Den Mühlbetrieb hielt man, als Nebenerwerb, noch bis 1943 aufrecht.
Ende der 1960er Jahre wurde das „Kreuz“ abgerissen. An seiner Stelle errichteten die NOK (Nordostschweizer Kraftwerke) ein Gästehaus des Schlosses. Das Tavernenrecht wurde auf das Schloss übertragen. Ein kleiner, amüsanter Vermerk zu besagtem Tavernenrecht: Es stand darin geschrieben, dass ausschliesslich Böttsteiner Wein ausgeschenkt werden dürfe, den der Wirt beim Schlossherrn zu einem vorgegebenen Preis zu beziehen hatte! Diesen Teil des Tavernenrechts hat man offenbar nicht ins Schlosshotel übertragen.
Wasserrechte
BearbeitenEin „Urbar“ aus dem Jahr 1615 gibt die Wasserrechte und damit auch die Pflichten für die beiden Bäche, Bruggbach und Mühlebach, dem Herrenhaus von Böttstein. Bis heute sind der Bruggbach und der Mühlebach Eigentum (Privatbesitz) des Schlossbesitzers, obwohl der kleine Kanal heute durch das Land von mindestens 15 verschiedenen Privatbesitzern fliesst. Dies ist einmalig im ganzen Kanton Aargau.
Über Jahrhunderte stellten die Böttsteiner, insbesondere die Wassernutzer, den ungehinderten Fluss des Baches sicher. Der Letzte der sich dieser uralten Regel zu unterwerfen hatte, war auch der letzte Müller auf dem Platz: Karl Ringele musste bis 1973, als er schlussendlich den Mühlbetrieb der „unteren Mühle“ einstellte, für das Funktionieren der Wuhr und des Mühleweihers sorgen. Mit Abgabe des Wasserrechts 1991, wurde er von dieser Wartungspflicht entbunden.
Heute ist Ruedi Keller der letzte Böttsteiner, der noch aktiv in der „Öli“ und der „Sagi“ gearbeitet hat und ist, als Besitzer der Sägerei, der Einzige, der heute noch über das Recht verfügt, den Bach nutzen zu dürfen. Paradox, dass Keller die Wasserrechte gar nicht nutzen kann, da die „Sagi“ im Jahre 1943 auf Strom umgestellt wurde und vom Wasserrad abgekoppelt ist! Nicht genug der Absurditäten: Die voll funktionsfähige „Öli“ im selben Gebäude und an dasselbe Wasserrad gebunden und heute im Besitz der „Historischen Vereinigung des Bezirkes Zurzach“, verfügt über kein Wasserrecht zur Nutzung des Mühlebachs, sondern nur über eine mündliche Zusage der Gemeinde zur Nutzung der Wasserkraft bei Bedarf.
Gedanken zur Zukunft des Mühlebachs und der Mühlen
BearbeitenWs tut sich viel um den Mühlebach und seine Mühlen, ab ob es genügen wird? Bis 2017 liess die Axpo, als Schlossherrin und Besitzerin des Mühlebachs, jährlich einmal die unterirdischen Kanäle des Mühlebachs durchputzen. Ruedi Keller geht wöchentlich einmal dem Bach nach und befreit ihn von Blättern und störendem Bewuchs. Doch er ist auch nicht mehr der Jüngste, wie er selber sagt.
Die Zukunft des Böttsteiner Mühlebachs und damit auch der Mühlen, sieht wahrlich nicht sehr rosig aus! Den Mühlebach stört das nicht, denn wenn wir sein Bachbett nicht pflegen, dann wird er sich eines Tages einen neuen Weg suchen und sich wieder mit dem Bruggbach unten im Graben vereinen. Von den Mühlen ist, ausser der Ölmühle, nicht mehr viel zu sehen und die jeweiligen Eigentümer sind nicht unbedingt erpicht, das wenig Vorhandene frei zugängig zu machen.
Zum Glück engagieren sich der Verein „Kultur am Mühlebach Böttstein“, der im 2019 das Bachbett sanieren und den Fussweg gefahrloser begehbar machen will. Sowie die Historische Vereinigung Bezirk Zurzach, welche auch weiterhin die Ölmühle für Besichtigungen betriebsbereit halten will und aktiv junge Leute sucht, die von Ruedi Keller den Betrieb der Öli erlernen wollen.
Literatur
Bearbeiten- „Kurzinventar“ der kantonalen Denkmalpflege AG, Autorin / Inventorin: Edith Hunziker, 1999.
- Jahresschrift 1968/69, Nr. 9, „Geschichtliches über Böttstein“ der Historischen Vereinigung des Bezirkes Zurzach, Autor: Hans Erne, Kleindöttingen.
- „Böttstein AG“, Schweizerische Kunstführer, von der Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte, Autorin: Romana Anselmetti.
- "Böttstein 1987, Ansichten - Beiträge - Skizzen", Redaktoren: Hans Kellenberger, Hanna Vögeli, Theo Minikus. Herausgeber: Gemeinde Böttstein