Benutzer:Artikelwerkstatt/Proteste in Bulgarien 2020

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Ab dem 9. Juli 2020 kam es in Bulgarien zu Protesten gegen die Regierung unter Ministerpräsident Bojko Borissow. Sie brachen fast zeitgleich in mehreren Städten Bulgariens aus, prangerten anfangs nur die Korruption an und forderten den Rücktritt der Regierung. In der Folge traten vier Minister zurück.

Verlauf

Ein Auslöser der Proteste war eine Aktion des Politikers Christo Iwanow der Partei Da, Bulgaria (Ja, Bulgarien), der mit einem Schlauchboot an einem Schwarzmeerstrand, nahe des Ölhafens der Stadt Burgas landete und nach einer Auseinandersetzung mit Sicherheitskräften darauf hinwies, dass das Gelände der Villa des Politikers Ahmed Dogan an einen öffentlichen Strand angrenzt und dieser abgesperrt sei. In den kommenden Tagen kam es auch zu einer Durchsuchung des Büros des Präsidenten Rumen Radew und die vorläufige Festnahme zweier Mitarbeiter. Dieser schloss sich im Anschluss den Demonstranten an.

Nach der anfangs reinen Forderung nach einem Rücktritt Bojko Borissows wurde später auch der Wunsch nach Direkter Demokratie, Ökologie, Armutsbekämpfung und Pressefreiheit laut. Auch gegen den amtierenden Generalstaatsanwalt Iwan Geschew richtenten sich die Proteste. Die Proteste waren weitestgehend friedlich, allerdings versuchten Demonstrierende in der einstigen Zentrale der früheren BKP einzudringen, wo jetzt Arbeitsräume der Parlamentsabgeordneten untergebracht sind. Auch wurde die Polizeigewalt gegen Demonstrierende diskutiert.

Die Proteste erregten nach kürzester Zeit internationale Aufmerksamkeit.. Landesweit solidarisierten sich größere Teile der Bevölkerung mit dem Protest. Laut Gallupp Organization seien 300.000 Menschen also 6 Prozent der Bevölkerung Bulgariens teilgenommen haben. International fanden auch Kundgebungen statt, darunter in London, Brüssel, Wien und Berlin.

Am 19. Juli 2020 baten die ersten drei Minister der Regierung Borissow III ihren Rücktritt an, was einen Misstrauensantrag gegen die Regierung aber nicht verhinderte.

Auch im Narodno Sabranie, dem bulgarischen Parlament, waren in der Folge die „Ostawka“-Rufe (bulg. Rücktritt) zu vernehmen. Ein Misstrauensantrag gegen Bojko Borissow gestellt durch Michail Mikow, Nationalrat der BSP, am 21. Juli 2020 wurde mit den Stimmen der GERB, der Ataka (Partei) und der Patriotischen Front verworfen. Darauf zog die Bulgarische Sozialistische Partei (BSP) mit lauten "Ostawka"-Rufen vor laufender Kamera aus dem Parlament aus. Borissow selbst lehnte einen Rücktritt bis dahin noch ab.

Trotz der Zusage der EU am 22. Juli 2020 an Bojko Borissow und seiner Regierung auf 27 Milliarden € Kredite aus Gründen der Covid-19-Pandemie zu vergeben, kühlte sich die Stimmung nicht ab. Für die Demonstranten handelte es sich hierbei um Geld, welches man zurückzahlen müsse und welches nur den Einfluss ausländischer Investoren auf die Korruption der bulgarischen Regierung erhöhen würde. Dabei verschwinde das Geld in "schwarze Kanäle", somit in korrupte Geschäfte, die man der Regierung Borissow III sowieso in den Protesten bereits nachgesagt hatte.

Am 23. Juli 2020 traten vier Minister der Regierung zurück, nachdem Borissow erklärte er werde die Rücktritte annehmen und das Kabinett umbilden. Dies führte jedoch zu keinem Abbruch der Proteste führte.

Am 27. Juli 2020 stellte Bojko Borissov ein 1 Milliarden schweres Hilfspaket für Tourismusunternehmen, Rentner und Künstler, sowie Ärzte und Pfleger vor.

In Sofia fand am 29. Juli 2020 eine weitere Großkundgebung und Blockaden statt. Im Laufe des Protests kam es in Sofia zu Besetzungen durch Protestcamps auf der Adlerbrücke (Orlov Most), der Universität und vor dem Präsidentenpalast. Fünf Demonstrierende traten in einen Hungerstreik. Eine Person musste ins Krankenhaus eingeliefert werden. Landesweit kam es zu weiteren Aktionen, wie zum Beispiel eine Blockade mit Zelten in Warna am Schwarzen Meer, eine ähnliche Barrikade in Plowdiw und eine von Demonstranten in Südbulgarien gesperrte Überlandstraße. Trotz Räumungen durch die Polizei wurden die Barrikaden für die Blockaden in Sofia wiederaufgebaut. Zudem errichteten Krankenschwestern ebenfalls ein Zeltlager vor dem Gesundheitsministerium.

Mitte August 2020 stellte Borissow das erste Mal seinen Rücktritt in Aussicht, allerdings erst nach einer Entscheidung des Parlaments für die Wahl einer verfassungsgebenden Volksversammlung. Diese hätte jedoch frühestens im November 2020 stattfinden können.

Nach fast vier Monaten ließen die Proteste im November nach. Gründe seien unter anderem die Pandemie.

Orte

Die Proteste fianden in den größeren Städten Sofia, Warna und Plowdiw, Burgas und Russe statt, aber auch in kleineren Orten, wie Chaskowo und Stara Sagora. Die US-Botschaft in Sofia und die EU-Kommission äußerten sich in Bezug auf den Protest positiv. Die Demonstrationen swaren dabei vor allem durch Slogans und Ausrufe wie „Ostawka!“ (Rücktritt) und „Mafia!“ geprägt.

Politischer Hintergrund

Die Teilnehmer der Proteste stammen aus Angehörigen und Unterstützern der Parteien Bulgarische Sozialistische Partei, Grüne Bewegung, da! bulgaria und Demokratia, aber auch vielen Menschen, die sich keiner Partei zugehörig fühlen. Die Protestierenden kommen aus vielen unterschiedlichen Gesellschaftsschichten und politischen Lagern, darunter auch eine größere Anzahl von Bulgaren die sonst im Ausland arbeiten. Einige der Organisatoren nennen sich das ''Gift Trio'', darunter der Anwalt Anwalt Nikolaj Chadschigenow.

Nach den Wahlen in Bulgarien 2021 verlor die Partei GERB mit Bojko Borissow an Stimmen, blieb jedoch stärkste Kraft.

Einzelnachweise

Kategorie:Bulgarische Politikgeschichte Kategorie:Demonstration Kategorie:Konflikt 2020 Kategorie:Bulgarische Geschichte (21. Jahrhundert)