Einleitung

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Die radikale Prostatektomie (von altgriechisch προστάτης prostátēs = ‚Vorsteher‘, sowie ἐκτομή ektomē ‚Abschneiden, Ausschneiden‘) [1] ist eine große chirurgische Operation. Sie hat das Ziel, die Prostata bei Männern vollständig zu entfernen, die an Prostatakrebs erkrankt sind. Diese schwierige Operation umfasst neben der Entfernung der Prostata auch die der beiden Bläschendrüsen und des inneren Blasenschließmuskels. Das Ziel der radikalen Prostatektomie ist es, den Krebs vollständig zu entfernen R0-Resektion und die weitere Ausbreitung der Krankheit zu verhindern.

Medizinische Indikation

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Grundlagen

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Aufgrund der weitreichenden Folgen der radikale Prostatektomie für den Patienten ist eine besondere Sorgfalt bei der Überprüfung der medizinischen Indikation geboten. Hierzu gehört eine zuverlässige Beurteilung für die Prognose des diagnostizierten Tumors. Es sollten das PSA-Wert, der Gleason-Score, das Ausmaß des Tumors in Biopsien und das klinische Stadium in Betracht gezogen werden [2].

Klinisches Stadium des Tumors

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Die radikale Prostatektomie wird von der Leitlinie Prostatakarzinom [3] hauptsächlich bei Patienten mit lokalisiertem Prostatakrebs (Stadium T1 oder T2) empfohlen, bei denen der Krebs auf die Prostata beschränkt ist. Sie kann laut der Leitlinie Prostatakarzinom auch bei bestimmten Fällen von lokal fortgeschrittenem Prostatakrebs (Stadium T3) in Erwägung gezogen werden, wenn der Tumor auf nahegelegene Strukturen übergreift.

Aggressivität des Tumors

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Die ideale Konstellation für die radikale Prostatektomie ist ein noch nicht weit fortgeschrittener, aber aggressiver Prostatakrebs. Der Tumor sollte sich nicht über die Prostata ausgebreitet haben, aber die Wahrscheinlichkeit hinreichend groß sein, dass das passiert.

Prinzipielle Durchführung der Operation

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Vollnarkose

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Die Operation kann zwischen 2 und 4 Stunden dauern und findet unter Vollnarkose statt.

Zugang für die Instrumente

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Der Zugang für die Instrumente ist abhängig von der Operationsart. Bei einer offenen Operation geschieht sie zum Beispiel über einen Längsschnitt im Unterbauch vom Nabel bis zur Schambeinfuge (Symphyse). Bei einer roboterassistierten Operation wird der Zugang für die Instrumente hingegen durch mehrere kleinen Schnitte im Bauch hergestellt.

Mobilisierung der Harnblase

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Ist der Zugang für die Instrumente gelegt, mobilisiert der Chirurg zunächst die Harnblase, damit die Prostata später entnommen werden kann.

Lösen der Verankerungen der Prostata am Becken

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Im nächsten Schritt müssen die Verankerungen der Prostata an der Beckenwand und der Beckenmuskulatur gelöst werden. Hierbei kann es erforderlich sein, die venösen Blutgefässe an der Vorderseite der Prostata zu unterbinden.

Mobilisierung der Prostata

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Danach durchtrennt der Chirurg die Harnblase oberhalb der Prostata, so dass die Prostata samt dem inneren Blasenschließmuskel von der Harnblase getrennt wird. Danach löst er die Verbindung der Prostata zwischen Samenblasen sowie Samenleiter. Im nächsten Schritt mobilisiert er die Prostata, indem er die Verbindung vom Enddarm löst, an dem sie direkt anliegt.

Behandlung der Gefäßnervenstränge

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Nun erfolgt die Behandlung der beiden Gefäßnervenstränge, die die Prostata umgeben. Die Behandlung ist abhängig vom Befund und hat Auswirkungen auf die spätere Fähigkeit des Patienten eine Erektion zu bekommen. Sollten die beiden Gefäßnervenstränge, die für die Erektion notwendig sind, komplett tumorfrei sein, schiebt sie der Chirurg im nächsten Schritt vorsichtig von der Prostatakapsel. Diese Technik kann auch nur einseitig durchgeführt werden, wenn ein Gefäßnervenstrang vom Tumor befallen ist. Bei einem Tumorbefall beider Gefäßnervenstränge können diese samt den umgebenden Blutgefässen nicht erhalten werden.

Entfernung der Bläschendrüsen

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Bei der radikalen Prostatektomie werden neben der Prostata auch beide Bläschendrüsen entfernt. Dies ist notwendig, um sicherzustellen, dass alle potenziell krebsbefallenen Gewebe entfernt werden.


Die Harnröhre, die durch die Prostata verläuft, wird getrennt und nach der Entfernung der Prostata wieder zusammengenäht, um die Urinableitung wiederherzustellen (Anastomose). Weiterhin müssen beide Samenleiter durchtrennt, gekürzt und danach verödet werden. Wenn die Nerven, die die Prostata umgeben, bereits vom Tumor befallen sind, ist es nötig, diese ebenfalls zu entfernen. Das gleiche gilt für die Lymphknoten. Wichtig bei dieser schweren Operation ist, dass der Chirurg den äußere Schließmuskel nicht verletzt oder dessen Lage sich ändert, da sonst unweigerlich permanente Inkontinenz eintritt (siehe Risiken).

Operationsarten

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Offene Operationsarten

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Bei den offene Operation wird ein großer Schnitt (Inzision) durch die Haut, das darunter liegende Gewebe und oft auch durch die Muskulatur gemacht, um einen direkten Zugang zu der Prostata und dem umliegenden Gewebe zu bekommen. Die Verfahren haben den Vorteil einer klaren und direkte Sicht auf den Operationsbereich, aber den Nachteil einer längeren Erholungszeit des Patienten im Vergleich zu Schlüsselloch-Operationsarten.

3.1.1 Retropubische radikale Prostatektomie (RRP): Diese Methode erfolgt über einen Schnitt im Unterbauch und ermöglicht einen direkten Zugang zur Prostata.

3.1.2 Radikale perineale Prostatektomie (RPP): Der Zugang erfolgt durch einen Schnitt zwischen Anus und Skrotum. Diese Methode wird seltener verwendet.

3.2 Schlüsselloch-Operationsarten Bei diesen Operationsarten erfolgt der Zugang zu der Prostata und dem umliegenden Gewebe durch kleine Schnitte („Schlüsselloch“) und speziellen Instrumenten, was zu weniger Gewebeschaden führt. Diese Methoden bieten schnellere Erholungszeiten des Patienten im Vergleich zu den vorgenannten offenen Operationsmethoden und werden daher auch als minimal-invasiv bezeichnet.

3.2.1 Laparoskopische transperitoneale radikale Prostatektomie (LRPE): Die Prostata wird samt den angrenzenden Gewebe durch kleine Schnitte im Bauchraum entfernt. Die Instrumente und die Kamera werden durch den Bauchraum eingeführt, und die Prostata wird durch das Peritoneum (die Membran, die die Bauchhöhle auskleidet) hindurch erreicht.

3.2.2 Endoskopische extraperitoneale radikale Prostatektomie (EERPE): Die Instrumente und die Kamera werden durch kleine Einschnitte im Bereich des Unterbauchs eingeführt, ohne die Bauchhöhle zu öffnen. Die Prostata samt den angrenzenden Gewebe wird durch einen Raum zwischen der Bauchdecke und dem Peritoneum entfernt.

3.2.3 Roboterassistierte radikale Prostatektomie (RARP): Bei dieser Operationsart ist der Zugang transperitoneal, ähnlich wie bei der laparoskopischen Methode, aber mit der Unterstützung eines robotischen Systems wie dem Da-Vinci-System. Der Chirurg steuert bei dieser Operationsart die Roboterarme von einer Konsole aus. Diese Arme führen die Instrumente mit hoher Präzision durch kleine Einschnitte in den Bauchraum ein. Im Gegensatz zu den vorgenannten anderen Schlüsselloch-Operationsarten hat die RARP den Vorteil der größeren Präzision. Vergrößerung!

4. Nebenwirkungen der Operation Die Entfernung der Prostata, der beiden Samenblasen, des inneren Schließmuskels, die Verödung der beiden Samenleiter sowie Verkürzung der Harnröhre hat weitreichende Nebenwirkungen auf den Körper des Patienten.

4.1 Harninkontinenz Unter gewissen Belastungen wie zum Beispiel Aufstehen, schnellen körperlichen Bewegungen oder Sex kommt es anfänglich daher zum unwillkürlichen Harnverlust (Inkontinenz). Die meisten Patienten erlangen durch Beckenbodentraining wieder ihre Kontinenz. Hierbei lernt der Patient, die unbewusste Funktion des inneren Schließmuskels durch eine bewusste Steuerung des äußeren Schließmuskels zu ersetzen.

4.2 Sexualfunktionen 4.2.1 Erektile Dysfunktion Die Fähigkeit nach der Operation wieder eine Erektion zu bekommen, ist primär von der Fähigkeit des Chirurgen und dem Grad des Tumorbefalls abhängig. Werden bei einer Operation die Nerven nicht erhalten, tritt eine bleibende erektile Dysfunktion ein. Der Verlust der Fähigkeit zur Erektion kann in diesem Fall auch nicht ausgeglichen werden. Anders sieht es aus, wenn die Nerven einseitig oder beidseitig erhalten werden können. In diesem Fall ist ein Teil der Patienten wieder fähig, eine Erektion zu bekommen. 4.2.2 Orgasmus Sofern der Patient nach der Operation noch einen Orgasmus bekommen kann, ist dieser durch die Entfernung von Prostata und Samenblasen und des inneren Schließmuskels physiologisch verändert (Abbildung). Äußerlich zeigt sich der veränderte Orgasmus an dem Fehlen von Samenflüssigkeit (Aspermie oder trockener Orgasmus). 4.2.3 Zeugungsunfähigkeit Patienten sind nach einer radikalen Prostatektomie nicht mehr auf natürliche Weise zeugungsfähig. Zwar produzieren die Hoden weiterhin Spermien. Diese lassen sich jedoch zur Fortpflanzung nicht mehr verwenden. Hat der Patient den Wunsch, weiterhin Kinder zu bekommen, muss er sein Ejakulat vor der radikalen Prostatektomie einfrieren lassen (Kryokonservierung). 4.2.4 Hormonhaushalt Laut wissenschaftlichen Studien zeigt sich, dass insbesondere der Spiegel des Dihydrotesterons (DHT) nach einer radikalen Prostatektomie abnimmt. Wie stark er abnimmt, ist abhängig von individuellen Unterschieden und der Restaktivität der 5α-Reduktase in anderen Körpergeweben. DHT spielt eine wichtige Rolle bei der Aufrechterhaltung der Libido und der sexuellen Funktion. Ein signifikanter Rückgang von DHT kann zu einer verminderten Libido und zu einer erektilen Funktion führen, selbst beim Erhalt der Nerven, die die Prostata umgeben. 4.2.5 Verkürzte Penislänge Abhängig von der Operationstechnik, der Größe der Prostata und der Elastizität des Gewebes kann es dazu kommen, dass der Penis äußerlich gering verkürzt erscheint. Das kommt durch die notwendige Kürzung der Harnröhre bei der Operation zustande. Bei dieser Maßnahme ist es erforderlich, Blase und Penis näher zusammenzubringen, um die Harnröhre wieder zusammenzunähen (https://de.wikipedia.org/wiki/Anastomose). Durch die natürliche Elastizität des Gewebes kann sich die äußerliche Penisverkürzung mit der Zeit wieder geben. Eine Beschleunigung der Wiederherstellung der Penislänge ist zusätzlich durch Penispumpen möglich.

5. Risiken Neben den oben erwähnten obligaten Nebenwirkungen, gibt es zusätzlich auch weitere Risiken der Operation.

5.1 Inkontinenz Bei einem kleinen Teil der Patienten besteht lebenslange Inkontinenz. Das Risiko hierfür ist jedoch sehr klein. Eine Inkontinenz beim Orgasmus (Klimakturie) tritt Berichten zufolge bei 20 bis 93 % der Patienten nach einer radikalen Prostatektomie auf.

5.2 Sexualfunktionen 5.2.1 Erektion Bei einem sehr großen Teil der Patienten besteht das Risiko einer bleibenden erektilen Dysfunktion. Das Risiko ist abhängig vom Grad der Nervenerhaltung und dem Können des Operateurs. 5.2.1.1 Operation ohne Nervenerhaltung Werden die Nerven beidseitig bei der Operation verletzt, ist eine erektile Dysfunktion die Folge. Sie kann nicht behoben werden. 5.2.1.1 Operation mit teilweiser Nervenerhaltung Werdem die Nerven während der Operation einseitig verletzt, kann nur ein Teil der Patienten Geschlechtsverkehr ohne Hilfsmittel ausführen. 5.2.1.2 Operation mit vollständiger Nervenerhaltung Aber auch bei vollständiger Nervenerhaltung ist eine bleibende erektile Dysfunktion ein großes Risiko.

5.2.2 Orgasmus Dazu zählt die versehentliche Verletzung der Nerven, Blutgefäße, benachbarter Organe oder Muskeln. Aufgrund der räumlichen Nähe kann es zum Beispiel passieren, dass der Enddarm oder der äußere Schließmuskel verletzt wird. Postoperative Komplikationen können Infektionen, Blutungen und Narbenbildung umfassen.

5.3 Rezidive Eine vollständige Entfernung des Krebses (R0-Resektion) kann nicht garantiert werden, wenn die Operation zu spät kommt und die Schnittränder nicht krebsfrei sind. Biochemische Rezidive erscheinen, wenn

6. Erholungszeit Die postoperative Erholungszeit variiert je nach Operationstechnik und Konstitution des Patienten zwischen wenigen Tagen und mehrere Wochen, während derer der Patient körperlich eingeschränkt ist. Narbenbildung und postoperative Schmerzen sind üblich.

7. Kritik Die radikale Prostatektomie wird aufgrund ihrer hohen Invasivität und den Auswirkungen auf die Lebensqualität des Patienten in einigen Fällen als Übertherapie kritisiert. ist eine sehr komplizierte und schwere urologische Operation. Das ist bei Patienten der Fall, bei denen ein sehr langsam wachsender oder nicht aggressiver Tumor vorliegt oder bei Patienten, bei denen der Krebs bereits zu weit fortgeschritten ist. Ebenfalls als Übertherapie ist diese Operation bei sehr alten Patienten anzusehen.

8. Alternativen Es gibt laut der Leitlinie Prostatakarzinom mehrere Alternativen zur radikalen Prostatektomie, die je nach Stadium und Aggressivität des Krebses sowie den individuellen Präferenzen des Patienten in Betracht gezogen werden können:

8.1 Perkutane Strahlentherapie: Zielt auf den Krebs mit hochenergetischen Strahlen ab.

8.2 Brachytherapie: Setzt radioaktive Seeds direkt in die Prostata ein.

8.3 Fokale Therapien: Es gibt mehrere fokale, also lokal begrenzte Therapien wie die Hochintensitäts-Fokussierte Ultraschalltherapie (HIFU) oder Irreversible Elektroporation (IRE), die gezielt den Tumor zerstören.

8.4 Aktive Überwachung: Regelmäßige Kontrollen, um das Fortschreiten des Krebses zu beobachten, ohne sofortige Behandlung.

9. Historie


Literatur

Heidenreich, A., et al. (2014). EAU Guidelines on Prostate Cancer. European Urology. Walsh, P.C., et al. (2008). Radical Prostatectomy: Anatomical Foundations and Surgical Techniques. Elsevier. Quellen

European Association of Urology (EAU) American Urological Association (AUA) RadiologyInfo.org: Prostate MRI

Weblinks

Einzelnachweise [1]:

Operateur https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/15538220/

Verkürzte Penislänge https://www.aerztezeitung.de/Medizin/Penis-nach-Prostatektomie-nur-voruebergehend-verkuerzt-299546.html

DHT-Verlust https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/19760638/ https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0022534701629227 https://www.auajournals.org/doi/10.1016/S0022-5347%2801%2962922-7


DHT-Verlust und ED: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/24836599/

Veränderter Orgasmus: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC5419114/


Harninkontinenz https://www.ndr.de/ratgeber/gesundheit/Inkontinenz-nach-Prostata-OP-Was-hilft,inkontinenz103.html

Harninkontinenz Neal DE, Metcalfe C, Donovan JL et al.: Ten-year Mortality, Disease Progression, and Treatment-related Side Effects in Men with Localised Prostate Cancer from the ProtecT Randomised Controlled Trial According to Treatment Received. Eur Urol. 2020 Mar;77(3):320-330.


Klimakturia https://www.maennergesundheit.info/maennergesundheit/prostata/krebs/operation.html