Kindheit und Jugend: Eckhard Siepmann wurde 1942 in Schwelm/Westfalen geboren und absolvierte eine Nachkriegskindheit bei liberalen Christeneltern zwischen gehamsterten Lebensmitteln, Kriegsruinen und bald aufkommendem Wirtschaftswunder. Langweiligen Sonntagsspaziergängen mit Reden des Vaters über die Bergpredigtun folgten aufregendere Sommertage im Schwimmbad an der Höhe.
Nach schlußendlich 1961 erreichtem Abitur und einer anregenden Zeit selbstgemachter, von den Eltern im eigenen Haus akzeptierter Feten und Jazzgenusses mit Freunden studierte er in Tübingen Theologie, Kunstwissenschaft und Philosophie. Frühe Freundschaft mit dem Exil-Iraner Bahman Nirumand, seinem Schwager, und Affinität zu kleidungsmäßig ungewöhnlichen Auftritten in der Uni bei gleichzeitiger Verehrung der alten Meister Hegel, Hölderlin und Schelling kulminierten in Festen für alle begeisterbaren Jungtübinger im Blauen Gartenhaus am Philosophenhügel.
Dieses improvisierte Wohndomizil von Siepmann und seinen Freunden Tepass und Prumus gegenüber von Ernst Blochs Wohnhaus in dieser Zeit wurde für 2 Jahre zum Feten-Treffpunkt für etliche Studenten und andere Augenblicksinteressierte.
Erwachsenwerden und irgendwann Geldverdienen: Es folgte ein halbes Jahr Studien-Aufenthalt in Rom-Trastevere inclusive Betteln an der Piazza di Spagna und Verliebtheit in eine unerreichbare Schönheit. Dann 1966 Übersiedelung nach Berlin/West mit seiner Jugendreundin Ina Trautwein, jetzt verheiratete Siepmann, und deren Sohn Fritz. Unterstützung von Bahman Nirumand bei der Übersetzung dessen Schah-kritischen Rowohlt-Buches. Einstieg in die aktive 67/68er Phase samt Auszug aus der Kleinfamilie und Einzug in die Wieland-Kommune. Die Straßen- und die Kommuneerfahrungen veränderten Siepmanns theoretisierende Weltsichten radikal hin zur Politisierung und zur Straße.
Dann die Verliebung in Maruta Schmidt und die Mitgründung des Elefanten-Express-Verlags für politische und antifaschistische Publikationen. In der TU-Berlin betrieb Siepmann weiterhin das Studium der Kunstwissenschaft hin zu einer Veränderung der Bedingungen und Sichtweisen der als unveränderlich anerkannten alten Studiums-Realitäten des Historizismus. Ein Berufsverbot (wegen Auffindung einer Bombe in seiner Wohngemeinschaft, die von dem Verfassungsschutzangestellten Peter Urbach dort plaziert wurde) beendete seine als recht sicher geltende Universitätslaufbahn und ermöglichte andererseits seit 1976 eine Geschäftsführertätigkeit im Werkbund-Archiv e.V. Berlin.
Dieses Archiv der Historie des lebensreformerisch und baulich-revolutionären Veränderungswillens der ambitionierten Architekten und Designer des frühen 20. Jahrhunderts erweiterte er in 3 Jahrzehnten durch beständiges Besuchen von Flohmärkten und anderen Orten der Residuen gelebten Lebens um mehr als 20000 "unbekannte" Objekte der Alltagskultur, die zeitgenössische Alltagserfahrungen widerspiegeln. Siepmann sah immer in diesen Gegenständen die - zwar nicht vom Hochdesign abgesegneten, aber trotzdem realen - Fantasmen des Zeitalters verwirklicht. Und so spiegeln sich in diesen Objekten, heute zu sehen im "Museum der Dinge", Oranienstraße..., Berlin, die Obsessionen und Begierden der Jahrzehnte des letzten Jahrhunderts wider und werden mit Begeisterung von den Besuchern - egal welchen Alters - als ihre wiedererkannt. Aber es waren nie nur die materiellen Überbleibsel der Zeiten, die Siepmanns Interesse erweckten, sondern er arrangierte in seinen Ausstellungen des "Museums für Alltagskultur" Objekte und Ideen zu begehbaren Räumen, die sich in den Sinnen und Köpfen der Besucher zu neuen Bedeutungszusammenhängen zurecht fanden.
Im Gehen erschließen sich die Räume, arrangieren sich die Gedanken für jeden aufs Neue, Einmalige. Der Raum eröffnet neue unbekannte Horizonte über die Koordination des begehbaren utopischen Sinn- und Fühlgehalts der Dinge. Mit diesem neuen Museumskonzept, realisiert mit seinem ausdauerndem Mitarbeiter Jochen Dannert, fand Siepmann in den 80ern und 90ern viele Fans, das Museum durfte von den kleinen Zimmern in der Nähe des Schloß Charlottenburgs in die weiten weißen und großen Räume des Martin-Gropius-Baus umziehen. Mittlerweile befindet sich das "Museum der Dinge" gerettet vom Sparzwang der Berlin-Kultur in einem Fabrikgebäude in Kreuzberg 36 und viele, oft zufällig, dort hin geratene Fans verunsichern sich dort ihrer eigenen Geschichte.
Freiheit und Älterwerden: Eckhard Siepmann lebt mittlerweile freelancing ohne festen Job in Berlin-Kreuzberg, schreibt hin und wieder ein Buch oder choreographiert Räume und Szenen - wie zuletzt - zu Wilhelm Buschs 100. Todestag. Zwei kleine Söhne wollen auch noch ins große Leben begleitet werden, die früher vernachlässigte Natur bekommt einen immer größeren Stellenwert im Alltag. Schönheit, Revolution, Liebe, Langsamkeit - that´s it?