Deutzer Schiffbrücke

Von 1822 bis 1915 hat die Deutzer Schiffbrücke die Rheinufer zwischen Deutz und Köln miteinander verbunden.[1]

Vorgeschichte

Noch aus römischen Zeiten (im Jahr 315) wird eine feste Brücke, die Konstantinbrücke in der Nähe der Salzgasse zum gegenüberliegenden Deutzer Kastell in der Literatur erwähnt. Ab dem 5. Jahrhundert verfiel diese Brücke, so dass der Kölner Erzbischof Bruno (935-965) den Abbruch der Brücke veranlasste. Der Verkehr zwischen den rechts- und linksrheinischen Ufern konnte deshalb nur noch mit Booten betrieben werden. Seit 1670 war Köln dann mit der anderen Rheinseite mit einer Fährverbindung, einer fliegenden Brücke („Gierponte“) verbunden.[2]

Schiffbrücke von 1822 bis 1915

Auf Order des preußischen Königs Friedrich Wilhelms III wurde eine stehenden Rheinbrücke, die Schiffbrücke errichtet und am 16. November 1822 feierlich mit militärischen Ehren eingeweiht. Sie war nach 900 Jahren die erste Brücke, die die neuen Landesteile Rheinland und Westfalen miteinander verband. Endpunkte der Schiffbrücke waren auf der Kölner Seite die Markmannsgasse und auf der gegenüberliegenden Seite die Deutzer Freiheit. Der Vorteil solch einer Schiffbrücke gegenüber einer konventionellen Brücke war, dass der Verkehr ohne die üblichen Auf- und Abfahrten direkt zu den Stadtteilen führte, nachteilig war dagegen, dass die Brücke zeitweise für die Passanten wegen des Schiffsverkehrs gesperrt wurde. Die Brücke war 400 Meter lang und bestand aus 42 Nachen, wobei jeweils zwei Nachen zu einem Brückenjoch verbunden waren. Mit zwei - später mit vier Ausfahrjochen - konnte die Brücke für den Schiffsverkehr geöffnet werden, anfänglich auf mechanischem Weg, später mit Hilfe von Gasmotoren. Die Brücke wurde täglich dreimal, in den Folgejahren bis zu 30 mal am Tag geöffnet. Fußgänger zahlten ein Brückengeld von 2 Pfennigen, die Fuhrwerke und die Schiffe entsprechend mehr. Auf Grund des zunehmenden Schiffsverkehrs und dementsprechend häufigen Schließungen der Brücke, nutzten die Passanten später stattdessen gern die parallel verlaufenden Fährverbindungen mit Dampfschiffbooten.

Von 1913 bis 1915 wurde 50 Meter weiter südlich die „Deutzer Hängebrücke“, später Hindenburgbrücke genannt, errichtet. Weil die alte Schiffbrücke unnötig wurde, baute man sie 1915 ab und verkaufte sie an die Stadt Linz.

Rund um die Brücke

Kölner Ufer

Die Schiffbrücke mündete auf der Kölner Seite an der Markmannsgasse, die nur 3 Meter breit war, aber 1824 verbreitert wurde. Über Heumarkt, Obenmarspforten gelangte man dann weiter zur Hohe Straße. Aus Dankbarkeit der Zugehörigkeit zu Preußen wurde 1878 am Heumarkt ein Denkmal Friedrich Wilhelms III eingeweiht. So hatte man nach Verlassen der Schiffsbrücke stets das Denkmal in Sichtweite.[3]

Deutzer Ufer

Der Bau der Schiffbrücke beeinflusste nicht unerheblich den wirtschaftlichen Aufschwung von Deutz. Zum Beginn des 19. Jahrhunderts war Deutz ein idyllischer Ausflugsort. Gern spazierten die Kölner über die Schiffbrücke und amüsierten sich auf der Deutzer Seite, wo sich beliebte Gaststätten und Hotels befanden, wie das Bellevue und die Gaststätte Prinz Carl, die einen unverstellten Blick auf das Köln-Panorama erlaubten.

Deutzer Eisenbahnjammer

Blick auf Deutz, Wilhelm Scheiner

Die schöne Aussicht nach Köln wurde leider 1882 durch den sogenannten Deutzer Eisenbahnjammer zerstört, denn die Bergisch-Märkische Eisenbahngesellschaft baute eine Eisenbahntrasse mit einer Bogenbrücke, die die Stadt Deutz vom Rheinufer trennte. Direkt am Ende der Deutzer Freiheit wurde das ehemalige Hotel Bellevue in den Bahnhof Schiffbrücke umgewandelt.

Der Puppenspieler Millowitsch

Wenn die Deutzer Schiffsbrücke geschlossen war, vertrieb der Puppenspieler Franz Andreas Millowitsch mit seinem kleinen, ambulanten Theater am Deutzer Ufer der Schiffsbrücke den Passanten die Zeit, bis ein Schiff vorbeigefahren war und die Brücke wieder für den Verkehr geöffnet wurde. Später eröffnete die Familie Millowitsch ein festes Theater in Köln.[4]

Brückenkonzerte

Beliebt waren auf der Schiffbrücke an Sonntagen die sogenannten Zweipennings Kunzääte. So konnte man für nur zwei Pfennig Brückenzoll die Nachmittagskonzerte der Preußischen Garnison aus Deutz hören.

Kaisergeburtstag

Alljährlich zum Kaisergeburtstag war die Brücke zollfrei. Viele Bürgerinnen und Bürger nutzten die Gelegenheit sozusagen umsonst, Köln oder Deutz zu besuchen. Auch die Jugend links- und rechtsrheinisch traf sich an diesem Tage mitten auf der Brücke, um ihre Rivalitäten hautnah auf der Brücke auszufechten, so dass es manchmal für die anderen Passanten gefährlich war, die Brücke zu passieren.[5]

Deutzer Schützenfest

Sehr beliebt bei den Kölnern war der Besuch des Deutzer Schützenfestes auf der Festwiese Vogelsrut am toten Rheinarm Schnellert. Der Betrieb auf der Schiffbrücke war an diesen Tagen so hoch, dass die Brückenzoll-Kassierer sogar auf sechs Mann verstärkt wurden.

Badeanstalten

Im Jahre 1824 wurde ein fest verankertes Badeschiff an die Schiffsbrücke angebaut. Im Innern befanden sich 16 Wannen mit Umkleide- und Aufenthaltsräumen. Später wurden weitere Badeschiffe errichtet, in denen Herren und Damen getrennt baden konnten.[6]

Brauerei Sünner

Brauerei Sünner, Deutzer Freiheit, Wilhelm Scheiner

Die Brauerei Sünner, die älteste Kölschbrauerei der Welt, lag an der Deutzer Freiheit direkt am Anleger der acht Jahre zuvor errichteten Schiffsbrücke. Grund für die Wahl des Standortes war, dass sich das Brückenzoll-Häuschen und das Fluß-Schwimmbad ganz in der Nähe befanden. Die Brauerei wurde anfangs Zum Schiffgen genannt. 1882 wurde der Bahnhof Schiffbrücke der Bergisch-Märkischen Eisenbahn-Gesellschaft direkt vor dem Brauhaus eröffnet, so dass sich wegen der verkehrsgünstigen Lage sich der Umsatz des Gasthauses ständig steigerte.[7]

Denkmal Bahnhof Deutz-Schiffbrücke

Leider ist von der Deutzer Schiffbrücke heute nichts mehr zu sehen. Zwei Bögen der alten Bahndamm-Mauer des Bahnhofs „Deutz Schiffbrücke“ der Bergisch-Märkischen Eisenbahn kann man aber in der Nähe der Deutzer Brücke im Historischen Park Deutz besichtigen.[8]

Literatur

Kruppa, Hubert; Ein Kölner Vorort mit großer Geschichte: Deutz, Köln 1978

Kruppa, Hubert; Deutz: Ein Kölner Stadtteil mit großer Geschichte, neu bearbeitet von Carl Dietmar, Köln 2001

Pfennig, Jörg; Über – Brücken, Köln und der Rhein, Köln 1994

Schäfke, Werner, Carsten Laschet; Brückenstadt Köln, Fotografien von 1900, Köln 2014

Weblinks

https://www.millowitsch.de/zur-familien-historie

https://fhpd.de/historischer-park-deutz/

http://koelnisches-stadtmuseum.de/Schael-Sick

https://digit.wdr.de/entries/101846

Deutzer Brücke

Einzelnachweise

  1. ↑ Pfennig, Jörg.: . ConMedia, 1994, ISBN 3-929972-06-9 (worldcat.org [abgerufen am 5. August 2019]).
  2. ↑ Esch, Hans Georg, 1964- Ill. Schäfke, Werner, 1944-: . Bachem, 2014, ISBN 978-3-7616-2483-8 (worldcat.org [abgerufen am 5. August 2019]).
  3. ↑ Pfennig, Jörg.: . ConMedia, 1994, ISBN 3-929972-06-9 (worldcat.org [abgerufen am 5. August 2019]).
  4. Familien Historie - VOLKSTHEATER Millowitsch. Abgerufen am 5. August 2019.
  5. ↑ Kruppa, Hubert.: . Bachem, 1978, ISBN 3-7616-0466-1 (worldcat.org [abgerufen am 5. August 2019]).
  6. ↑ Pfennig, Jörg.: . ConMedia, 1994, ISBN 3-929972-06-9 (worldcat.org [abgerufen am 5. August 2019]).
  7. ↑ . In: . 4. Juni 2019 (wikipedia.org [abgerufen am 5. August 2019]).
  8. Historischer Park Deutz – Förderverein Historischer Park Deutz e.V. Abgerufen am 5. August 2019 (deutsch).

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