Internationale Gesellschaft für Tiefenpsychologie Lindau

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Basisdaten
Durchschnittliche

Teilnehmerzahl:

500
Fachrichtungen: Ärzte

Theologen

Pfarrer

Psychologen

Kinder-/Jugendlichenpsychotherapeuten

(Sozial-)Pädagogen

Tagungsort: Lindau (Bodensee)
Wiss. Leitung: Renate Daniel,

Johanna Haberer

Veranstalter: Internationale Gesellschaft für Tiefenpsychologie e.V.
Vorstand der Vereinigung: Konstantin Rößler (Vorsitzender),

Gideon Horowitz (stellvertretender Vorsitzender), Margarete Leibig (stellvertretende Vorsitzende)

Adresse: Postfach 701080 - 81310 München
Website: https://www.igt-lindau.de/index.php

Gründung und historische Entwicklung

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Die Internationale Gesellschaft für Tiefenpsychologie (IGT) ist eine interdisziplinäre und internationale Organisation, die sich auf die Begegnung verschiedener wissenschaftlicher Disziplinen mit der Tiefenpsychologie spezialisiert hat. Gegründet im Jahr 1949 unter dem Namen „Erweiterte Gemeinschaft Arzt und Seelsorger“, entstand sie aus dem Bedürfnis heraus, nach den Schrecken des Zweiten Weltkriegs neue Formen des humanistischen Dialogs und der Heilung der Kriegstraumata zu fördern.

Die Initiatoren, unter ihnen Wilhelm Bitter, ein Arzt, Psychotherapeut, Volkswirt und Jurist, sowie die beiden Theologen und Seelsorger Rudolf Daur und Hermann Breucha, strebten eine Integration verschiedener psychotherapeutischer Schulen an und setzten sich für eine Zusammenarbeit über konfessionelle und berufliche Grenzen hinweg ein. Als erste Vorsitzende hat die jungianische Analytikerin Verena Kast über 24 Jahre (1989-2013) die IGT besonders geprägt. Auch die Theologin, Religionspsychologin und jungianische Analytikerin Ingrid Riedel hat die IGT nachhaltig beeinflusst und gehörte drei Jahrzehnte der wissenschaftlichen Leitung der IGT an.

Zu den Teilnehmern und Teilnehmerinnen sowie Referenten und Referentinnen der jährlichen Herbsttagungen in Lindau gehören seit 1949 namhafte Vertreter aus Theologie, Medizin und Psychologie, die ein gemeinsames Interesse an der Erforschung und Anwendung tiefenpsychologischer Prinzipien teilen.[1]

Struktur und Mitgliedschaft

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Die jährlichen Tagungen der IGT bilden eine Plattform für den Austausch zwischen verschiedenen Fachrichtungen wie Psychologie, Theologie, Medizin, Pädagogik, Philosophie und weiteren Disziplinen, die sich um die Entwicklung des Menschen kümmern. Die Tagungen zeichnen sich durch Vorträge, Workshops und künstlerische Beiträge aus. Die IGT ist als gemeinnütziger Verein organisiert. Sie fördert den Dialog und die interdisziplinäre Vernetzung. Die Mitgliedschaft steht Fachleuten aus verschiedenen Schwerpunkten offen, aber auch allen, die an der Arbeit der IGT interessiert sind.

Heute besteht der Vorstand aus folgenden drei Psychoanalytiker:innen: Gideon Horowitz, Margarete Leibig und Konstantin Rößler. Die wissenschaftliche Leitung haben die Psychoanalytikerin Renate Daniel und die Theologin Johanna Haberer inne.[2]

Wissenschaftliche und gesellschaftliche Beiträge

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Die IGT hat sich im Laufe der Jahre als wichtige Stimme in der Diskussion über die Integration von psychologischen, theologischen und medizinischen Perspektiven etabliert. Sie hat maßgeblich dazu beigetragen, das Verständnis für die Bedeutung der Tiefenpsychologie in der modernen Wissenschaft und Praxis zu vertiefen. Ihre jährlichen Herbsttagungen finden traditionell während der bayerischen Herbstferien auf der Insel Lindau statt. Sie bieten regelmäßig Raum für innovative Ansätze und Diskussionen über aktuelle gesellschaftliche und individuelle Herausforderungen. Daneben veranstaltet die IGT in größeren Abständen Symposien zu ähnlichen Fragestellungen. Von Beginn an werden die Tagungen in Sammelbänden dokumentiert und erscheinen jährlich im Patmos Verlag.

Ziele der IGT sind das Erreichen von offener und weiter Wahrnehmungsfähigkeit sowie Interdisziplinarität. In den Konferenzen kommen Analytiker:innen oder Therapeut:innen oder Theolog:innen zu Wort. Weiterhin treten neben Jurist:innen und Politiker:innen, Ärzt:innen und Schriftsteller:innen auch junge Forscher:innen aus verschiedenen Wissensgebieten auf. Die Arbeitsmethoden sind nicht nur diskursiv-sprachlich, sondern auch körperlich, künstlerisch, tanz-, gesangs- und theaterbasiert (performativ) – ganz im Einklang mit den Prinzipien des analytischen Psychologen Carl Gustav Jung (1875-1961): „Jede Zeit hat ihre Einseitigkeit, ihre Voreingenommenheit und ihr seelisches Leiden. Eine Zeitepoche ist wie die Seele eines Einzelnen, sie hat ihre besondere, spezifisch beschränkte Bewusstseinslage und bedarf daher einer Kompensation, die dann eben durch das kollektive Unbewusste dermaßen geleistet wird, dass ein Dichter oder ein Seher dem Unausgesprochenen der Zeitlage Ausdruck verleiht…“ [3]

Bedeutung und Zukunft

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Heute steht die IGT nicht nur für die Förderung tiefenpsychologischer Ansätze, sondern auch für ihr Engagement in der ethischen Reflexion und der kritischen Auseinandersetzung mit zeitgenössischen Problemen und kollektiven Umbrüchen.

Die Gesellschaft passt ihre Strukturen und Themen kontinuierlich an die sich wandelnden Bedürfnisse und Fragestellungen der Gesellschaft an, um auch in Zukunft ein relevanter Akteur im wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Diskurs zu bleiben.

Die IGT feiert 2024 ihr 75-jähriges Bestehen als ein Zeichen der Langlebigkeit und der fortwährenden Bedeutung ihrer Gründungsprinzipien. Mit einer klaren Vision für die Zukunft und einem festen Fundament in einer reichen Tradition der Gelehrsamkeit und des Austauschs bleibt die IGT ein zentraler Bezugspunkt für alle, die an der Schnittstelle von Tiefenpsychologie und anderen wissenschaftlichen Disziplinen arbeiten.[4]

Themen der letzten Herbsttagungen:

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Die Themen der letzten Herbsttagungen sowie die Tagungsprogramme sind auf der Website der Gesellschaft abrufbar.[5]

Literatur

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  • Daniel, Renate, Johanna Haberer, und Christiane Neuen (Hrsg.): Leibhaftigkeit: Von Genuss, Vergänglichkeit und Vitalität. Patmos Ostfildern, 2022.
  • Daniel, Renate, Johanna Haberer, und Christiane Neuen (Hrsg.): ÜberLebensBilder – Quellen innerer Kraft. Patmos Ostfildern, 2021.
  • Daniel, Renate, Johanna Haberer, und Christiane Neuen (Hrsg.): Vertrauen schaffen – Von Verunsicherung, Verrat und Verbundenheit. Patmos Ostfildern, 2020.
  • Daniel, Renate, Johanna Haberer, und Christiane Neuen (Hrsg.): Respekt – Von Grenzen, Gräben und Brücken. Patmos Ostfildern, 2019.

Einzelnachweise

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  1. Internationale Gesellschaft für Tiefenpsychologie e.V.: Geschichte der IGT Lindau. In: Website der IGT Lindau. Internationale Gesellschaft für Tiefenpsychologie e.V., abgerufen am 19. Juli 2024.
  2. Internationale Gesellschaft für Tiefenpsychologie e.V.: Vorstand IGT Lindau. In: Website der IGT Lindau. Internationale Gesellschaft für Tiefenpsychologie e.V., abgerufen am 19. Juli 2024.
  3. Balmer, Heinrich H.: Die Archetypentheorie von C. G. Jung. Eine Kritik. Springer Verlag, Berlin / Heidelberg / New York 1972, ISBN 978-3-540-05787-1, S. 18.
  4. Dr. Konstantin Rößler,Gideon Horowitz,Margarete Leibig: Newsletter Nr. 16 – Januar 2024. Internationale Gesellschaft für Tiefenpsychologie e.V. München Januar 2024.
  5. Internationale Gesellschaft für Tiefenpsychologie e.V.: Tagungsarchiv. In: Website der IGT Lindau. Internationale Gesellschaft für Tiefenpsychologie e.V., abgerufen am 19. Juli 2024.