Das Salzburger Acheloos-Mosaik ist ein antikes römisches Mosaik aus dem frühen 3. Jahrhundert, das als Schmuck einer Villa der Römerstadt Iuvavum diente und zwei Darstellungen des griechischen Flussgottes Acheloos enthält.
Auffindung und Kontext
BearbeitenDas Mosaik wurde im Jahr 1841 aufgefunden wurden, nachdem man am heutigen Mozartplatz zur Errichtung des Mozart-Denkmals einige Erdschichten abgetragen hatte. Da man auf antike Befunde stieß, wurde mit archäologischen Ausgrabungen begonnen. Dabei kamen zwei Wohngebäude ans Licht, die vom 2. bis zum 4. Jahrhundert benutzt wurden und im Zentrum der antiken Stadt lagen. Insgesamt neun der Räume waren mit Mosaiken geschmückt. Das Acheloos-Mosaik fand sich in einem Raum, der zunächst als Vestibulum (Eingangsraum des Hauses) oder als Atrium (Zentralraum mit Dachöffnung) gedeutet wurde, mittlerweile aber Tablinum (Empfangsraum) oder Salon angesehen wird. Es handelte sich um das einzige Zimmer, in dem zwei Mosaiken übereinander gefunden wurden: Ein oberes und damit jüngeres, das als „Felicitasmosaik“ beziehungsweise als „Mosaik mit der Haussegens-Inschrift“ bezeichnet wird, und ein unteres, das eben den Gott Acheloos zeigt.
Da das Kunstwerk nach seiner Auffindung lange nicht restauriert wurde, ist es heute in mehrere Felder zerfallen, die aneinander auch nicht mehr genau anschließen. Es existiert allerdings eine Zeichnung aus der Entdeckungszeit, aus der sich die ursprüngliche Darstellung und auch manch anderes Charakteristikum des antiken Originals erkennen lässt.
Beschreibung
BearbeitenDas Mosaik besteht aus einem komplexen Muster, das sich aus Rechtecken, Dreiecken und Hexagonen zusammensetzt und aus rötlich-braunen, weißen und schwarzen Steinen gebildet wird. Innerhalb der geometrischen Formen finden sich feinere geometrische Darstellungen und Muster. Das ursprünglich im Zentrum befindliche Mittelbild war bereits vor der Ergrabung zerstört. Oberhalb und unterhalb davon befanden sich die zwei Sechsecke, denen das gesamte Mosaik seine Bezeichnung verdankt. In ihnen ist vor einem weißen Hintergrund jeweils der Kopf des Flussgottes Acheloos dargestellt. Auf der linken und rechten Seite des Mittelfeldes waren zwei weitere Sechsecke aufgefunden worden, die aber heute nicht mehr erhalten sind. In ihnen war jeweils das Gesicht einer Amazone dargestellt. Da sowohl diese mythischen Kriegerfrauen als auch Acheloos dem „Sagenkreis“ um den Helden Herakles zugerechnet werden, wird vermutet, dass im bereits in vormoderner Zeit zerstörten Zentralbild des Mosaiks dieser abgebildet war.
Die beiden Abbildungen des Acheloos unterscheiden sich zwar in einigen Kleinigkeiten, entsprechen sich aber in den Grundzügen weitgehend. Er trägt jeweils langes Haar und einen langen Bart, die beide in Strähnen hinabfallen. Aus seiner Stirn wachsen zwei Hörner, von denen das linke abgebrochen ist. Um seinen Hals ist eine Schlange gelegt, die ihre Zunge nach dem Blut ausstreckt, das aus dem abgebrochenen Horn tropft. Dieses Motiv spielt auf den Kampf zwischen Acheloos und Herakles um den Besitz der schönen Königstochter Deïaneira an, der durch den Abbruch des Horns zu Ungunsten des Flussgottes ausging.
Nachträglich wurden, wohl zur Reparatur beschädigter Stellen, drei weitere Bildszenen in das Mosaik eingefügt, von denen das ursprünglich rechte jedoch seit der Ausgrabung verloren gegangen ist. Sie zeigten drei Phasen eines Kampfes zwischen zwei Athleten.
Archäologische Einordnung
BearbeitenAufgrund kunstgeschichtlicher Analysen werden die beiden Darstellungen des Acheloos in das beginnende 3. Jahrhundert, etwa in die Zeit von 200 bis 220, datiert. Wann die Reparatur stattfand, in deren Rahmen die Athletenbilder eingefügt wurden, ist weniger klar. Norbert Heger sprach sich zunächst für eine Einordnung noch in die erste Hälfte des 3. Jahrhunderts aus, Werner Jobst dagegen vermutete allerdings eher die zweite Hälfte des 3. oder den Anfang des 4. Jahrhunderts. Wilfried K. Kovacsovics sprach sich aufgrund des lokalgeschichtlichen Kontextes und der Tatsache, dass das über dem Acheloos-Kunstwerk gelegene Mosaik mit der Haussegens-Inschrift ebenfalls noch in das 3. Jahrhundert eingeordnet wird, dafür aus, die Abbildung des sportlichen Wettkampfes kurz nach der Mitte des 3. Jahrhunderts zu verorten.
Die auf Hexagonen basierende Gestaltung des Gesamtmosaiks war bereits seit dem 1. Jahrhundert bekannt, ihre hohe Komplexität im Acheloos-Mosaik sowie dessen sonstige Ausschmückung und Vielfarbigkeit machen eine deutlich spätere Entstehung deutlich. Interessant ist die spätere Einfügung der Athleten-Bilder mitten in die mythologische Motivik des restlichen Kunstwerks, zu der sie keinerlei inhaltlichen Zusammenhang aufweisen. Vermutlich handelte es sich einfach um Versatzstücke, die aufgrund der generellen Bedeutung sportlicher Wettkämpfe im öffentlichen Leben wie auch im Kaiserkult in großer Zahl Eingang in die bildliche Ausschmückung antiker Wohnräume fand.
Aus Stein/Marmor
Literatur
Bearbeiten- Wilfried K. Kovacsovics: Das römische Acheloosmosaik vom Mozartplatz.
Literatur aus Iuvavum. In: Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft (RE). Supplementband XIII, Stuttgart 1973, Sp. 183.:
- H. Latin: Die römischen Mosaiken aus Österreich. Ungedruckte Dissertation, Wien 1966, S. 210–280.
- H. Kenner: Römische Mosaiken aus Österreich. In: La mosaique gréco-romaine. Colloque international Paris 1963. 1965, S. 86 f. und S. 91.
- H.-J. Kellner, in: Germania. Band XLI, 1963, S. 18 ff.