Frank Egel (* 7. Februar 1970 in Hamburg, † 16. Dezember 2021 ebenda) war ein deutscher Fotograf, DJ und Aktivist.

Egel wuchs in Schenefeld (Kreis Pinneberg) auf. Nach dem Abitur 1990 und dem Zivildienst absolvierte er eine Ausbildung zum Fotografen im Hamburger Highlight Studio von Gerd Meyer im Hagen, das vor allem auf Werbung und Pack Shots (Produktverpackungsfotografie) spezialisiert war. Im Anschluss war Egel noch einige Zeit als fester freier Mitarbeiter für Meyer im Hagen tätig. Parallel dazu entstanden erste Titelfotos für das Stadtmagazin Szene Hamburg.

In den Folgejahren arbeitete er regelmäßig als Assistent für die Fotografen Jens König in Bargteheide und Bernd Slotta in Hamburg. Aufträge, vor allem für Katalogfotografie, führten ihn unter anderem nach Portugal, Miami, Dubai, auf die Bahamas oder nach Südafrika und boten meist auch Raum für freie Arbeiten. Eigene gewerbliche Aufnahmen erschienen in zahlreichen Zeitschriften, darunter Laura, Maxi und Tina.

Eine zweite Leidenschaft Egels galt der Anfang der 1990er Jahre in Deutschland entstehenden Reggae-Szene, in die er nicht nur fotografisch eintauchte. Nach dem Vorbild mobiler jamaikanischer Diskotheken gründete er 1994 mit Ingo Schepper, Claudia Sörens und Franziska Schriefer das Love Tank Sound System, das regelmäßig Veranstaltungen wie die Reihe Palm Dance Hall organisierte, bei denen Egel alias Franky Lion oder Franky Dee als Plattenaufleger, als sogenannter Selector auftrat, gemeinsam mit Deejays genannten Sprechgesangskünstlern wie Mystic Dan.[1]

Fasziniert war Egel auch von Rock & Wrestling, einer äußerst energetischen Veranstaltungsreihe zwischen Trash und gesellschaftspolitischen Statements im linksalternativen Milieu auf St. Pauli, die seit 2003 Rock ’n’ Roll-Musik mit US-amerikanischem Wrestling und mexikanischem Lucha Libre kombiniert. Wie im professionellen Wrestling werden Charaktere entworfen, die paarweise in vorab choreografierten Kämpfen gegeneinander antreten. Shows und Akteure wurden von Egel, seit 2004 Haus- und Hoffotograf der Bewegung, umfassend fotografisch begleitet.

Überregionale Aufmerksamkeit erreichte Egel vor allem durch seine per Filter-App in digitale, den Polaroid-Look imitierende Sofortbilder verwandelte Aufnahmen, die er seit 2011 täglich als Catch of the Day auf seiner virtuellen Pinnwand bei Tumblr veröffentlichte.[2] Mit diesen Schnappschüssen traf Egel den Nerv St. Paulis, seine Catches gingen mitunter viral. Innerhalb kurzer Zeit entwickelten sich die Fotos zu Symbolen des Lebensgefühls oder des Widerstands, die von einer Fan-Gemeinde minutenschnell geteilt wurden. In den folgenden Jahren sind diese Fotografien nicht nur mehrfach im Selekta Reggae Records Shop ausgestellt worden, sondern füllten 2014 auch einen neunzig Meter langen Bauzaun als Open-Air-Ausstellung. Unter dem Titel Sofortbild Hamburg sind sie 2017 auch in Buchform erschienen. Enthalten war eine Auswahl von 180 Fotos azs 5000 Bildern. Neben „Schnappschüssen von Straßenszenen auch fast poetische Bilder von Lichtreflexen nach einem Regen, von Kindern in Hinterhöfen oder einfach kleine, stille Beobachtungen wie die einsame Gitarre am Eingang zur Sparkasse - der Straßenmusiker ist wohl gerade was essen gegangen“.[3] Im Laufe des Jahres 2020 musste Egel diese erfolgreiche Serie aus gesundheitlichen Gründen jedoch abbrechen. Er verstarb am 16. Dezember 2021 in Hamburg.

Künstlerisches Profil

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Bemerkenswert ist an der Fotografie Frank Egels vor allem der interventionistische Ansatz, der ihn als Fotografen und Aktivisten zu einer zentralen Persönlichkeit des Hamburger Underground machte, und der beispielhaft für fotografische Praxen in sozialen Netzwerken stehen kann. Egel ist ist protestaffin und in der linksalternativen Szene als Demofotograf bekannt. Viel von dem, was es in Hamburg an Intervention gab, hat er hautnah miterlebt.[4]

Die Bilder aus Catch of the Day zirkulierten im Alltagsleben, dem sie entsprangen. Sie bestachen durch ihre Unvollkommenheit und bezogen nicht selten Stellung zu aktuellen Debatten. Die Fotos zeigen ein Kiez, das tagsüber zum Dorf wird, bemerkte Christoph Schäfer in der Buchausgabe. Nur die Spuren zeugen von den Menschenmassen auf St. Pauli und ihren nächtlichen Exzessen und Dramen. Obwohl sie kaum darauf abgebildet sind, geht es in diesen Bildern stets um Menschen. Es sind „Momentaufnahmen vom Leben eines Stadtteils, der aussieht wie ein Lieblingsplüschtier am Ende der Kindheit: viel benutzt und abgenutzt, ramponiert und fast totgeliebt“.[3] In Egels Bildern, so Schäfer weiter, pocht ein utopischer Puls. Sie sind krasse Vorboten, die aus all dem Gegenwartsschrott das verdrängte Versprechen auf eine bessere Stadt freilegen. Sie sind weit mehr als visual field recordings: Sie haben eine tiefe Komplizenschaft mit ihren Motiven.

Werkbestand

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Der 2022 auf Initiative der Erbengemeinschaft, der Mutter Rosemarie Egel und des Bruders Jan Ralf Egel, in die Deutsche Fotothek übernommene Bestand umfasst 150 Abzüge, 10.000 Diapositive und Negative, zehntausende Digitalaufnahmen sowie Druckbelege.

Ausstellungen

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Einzelausstellungen

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  • 2014: Frank Egel. [Catch of the day]. Bauzaunausstellung, Hamburg
  • 2014: Frank Egel. Catch of the day. Selekta Reggae Records Shop, Hamburg, 06. September–31. Oktober 2014
  • 2014: Catch of the Day. Best of 2013. Galerie toonzaal, Hamburg[5]
  • 2012: Rock & Wrestling Ahnengalerie, Kulturraum Projektor, Hamburg

Gruppenausstellungen

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  • 2016: Tree of yArt. Frank Egel, Niculai Constantinescu, Julian Thoman. Selekta Reggae Records Shop, Hamburg, 19.–30. November 2016
  • 2008: Rock & Wrestling. Gegen Gewalt. Fotos von Anne Gabriel-Jürgens und Frank Egel, Galerie Linda, Hamburg

Publikationen

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Einzelnachweise

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  1. Robert Matthies: Alles aus Liebe Vinylspezialist. In: Die Tageszeitung. taz Verlags u. Vertriebs GmbH, 28. November 2015, S. 59, abgerufen am 7. Juli 2024.
  2. Christoph Twickel: Auf der Zeterbahn. In: Die Zeit. Zeitverlag Gerd Bucerius GmbH & Co. KG, 21. Juni 2018, S. 3, abgerufen am 7. Juli 2024.
  3. a b Irnene Jung: Ein Foto-Band über St. Pauli − ohne Klischees. In: Hamburger Abendblatt. FUNKE Medien Hamburg GmbH, 25. Juli 2017, S. 17, abgerufen am 7. Juli 2024.
  4. Moritz Herrmann: Sie meinen es ernst. In: Die Zeit. Zeitverlag Gerd Bucerius GmbH & Co. KG, 25. April 2019, S. 10, abgerufen am 7. Juli 2024.
  5. Momentaufnahmen vom Kiez in Zeiten des Umbruchs. In: Hamburger Abendblatt. FUNKE Medien Hamburg GmbH, 26. Februar 2014, abgerufen am 7. Juli 2024.


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