Visueller Stil

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Neben dem Bestreben Camerons, durch Kulissen, Kostüme und CGI eine perfekte Illusion des Handlungsortes zu erschaffen, setzt der Regisseur inszenatorische Mittel bevorzugt ein, um in seinen beiden Hauptfiguren Identifikationsobjekte für den Zuschauer zu erschaffen. Diesem Zweck dienen die vielfach eingesetzten POV-Einstellungen, etwa als Jack bei seinem Besuch in der 1. Klasse den Blick über den Prunk des Treppenhauses schweifen lässt oder als die Kamera beim Sinken der Titanic buchstäblich mit den Protagonisten in die Tiefe gerissen wird.[1]

In der Farbgestaltung setzt Cameron immer wieder die Farben Rot und Blau ein. Marschall analysiert: „Rot und Blau wechseln sich szenisch ab wie die emotionalen Höhepunkte des Films: Liebe und Hass, Wärme und Kälte, Zugehörigkeit und Distanz, Anteilnahme und klassenspezifische Überheblichkeit“[2] Dieses Herausstellen von Dualitäten wird besonders in der Liebesszene am Bug des Schiffes sichtbar. Die Farbe des Meeres ändert sich mehrmals von Rot in Blau und wieder zurück. Laut Marschall eine „an Kitsch grenzende Schönheit des Farbenspiels“, die Roses Kampf um Freiheit und Unabhängigkeit und gleichzeitig die darin liegende Gefahr visualisiert.[2]

Dramaturgie

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Marschall sieht in der Dramaturgie des Films „eine ausgeklügelte Kombination von Katastrophe und Liebesgeschichte, die bis in die feinsten Verästelungen auf der motivischen Ebene durchgehalten wird“[1] In einer „sorgfältig komponierten Exposition“[1] bekommt jeder Handlungsstrang eine eigene Auftaktszene. Die parallele Erzählweise wird konsequent bis zum ebenso erzählerisch gestaffelten Schluss beibehalten.

Durch eine in der Gegenwart angesiedelte, dokumentarisch anmutende Rahmenhandlung werden die Zeit- und Erzählebenen immer wieder gezielt durchbrochen. Die Off-Stimme der alten Rose suggeriert dem Zuschauer dabei, so Töteberg, „an einem persönlichen Bericht teilzuhaben“[3] Die Rahmenhandlung dient nach Marschalls Meinung „der Relativierung des schrecklichen Schlusses“[1], indem sich der Zuschauer stets gewiss sein darf, dass die Heldin überlebt. Gleichzeitig schlägt der Regisseur dadurch eine Brücke in die Gegenwart und zeigt im Motiv der Wracksuche, dass die verhängnisvollen Ursachen der Katastrophe – der blinde wissenschaftliche Ergeiz und die Geldgier – auch in der Jetztzeit noch vorhanden sind.

Themen und Motive

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Töteberg nennt den Film „eine Romeo-und-Julia-Variante, bei der nicht familiäre, sondern soziale Hürden der Liebe entgegenstehen“[3] Als Hintergrund für die Liebesgeschichte dient somit eine starre Klassengesellschaft, die durch die beiden Liebenden in rebellischer, fast revolutionärer Weise überwunden werden muss, um zueinander zu finden. Cameron nimmt dabei eindeutig Stellung gegen die durch die Schiffsklassen repräsentierte hierarchische Struktur und für die Rechte der Unterprivilegierten. Töteberg stellt fest, Cameron kritisiere „die überlebten Hierarchien einer […] Oberschicht und sympathisiert mit irischen Einwanderern wie Jack, die in Amerika auf Chancengleichheit hoffen.“[3]

Rose muss hierbei einen aktiven Akt der Selbstbefreiung leisten. Marschall führt aus: „Immer wieder muss sich Rose aktiv zwischen Liebe und Wohlstand entscheiden, zwischen Wagnis und sicherer Rettung, zwischen der gefährlichen Unabhängigkeit und ihrer Rolle als Zuckerpüppchen unter dem Joch der bürgerlichen Prostitution durch Geldheirat“[1] Dieser Befreiungsprozess ist für Töteberg auch ein Hauptgrund, warum der Film besonders für junge Mädchen so attraktiv ist. Alle Themen der weiblichen Pubertät werden durch die Figur der Rose aufgenommen: auf der Jungfernfahrt eines Schiffes durchlebt sie die Abnabelung von den Eltern und die Entdeckung einer eigenen, selbstbewussten Sexualität.[3]

Gerade dieses Thema der erwachenden Sexualität findet nach Tötebergs Meinung Niederschlag in der Symbolik der narrativen Elemente des Films. Tötberg stellt fest: „Die Ikonographie und Metaphorik des Films ist eindeutig sexuell konnotiert“[3] Das Aufbrechen des Schiffskörpers durch den Eisberg steht nach seiner Meinung für die Verletzungsangst des Mädchens ein, das Eintauchen des Schiffrumpfs in die Tiefe für die Penetrationsangst des Jungen.

Den Kontrast zur romantischen Liebesgeschichte bildet das Thema der verhängnisvollen Technologiegläubigkeit, der die männlichen Protagonisten anhängen. Marschall analysiert: „Auf der Titanic, dem Symbol männlicher Allmachtsphantasie und des technologischen Traumes einer modernen Welt, die in wahnhafter Selbstüberschätzung geglaubt hat, jedem Naturphänomen gewachsen zu sein, vollzieht sich filmisch das Phantasma eines weiblichen Befreiungsakts.“[4] In der Kombination all dieser Themen sieht Marschall das Erfolgsrezept des Films: „Katastrophe, individuelle Revolte und Neubeginn des Lebens gehen Hand in Hand.“[1]

  1. a b c d e f Susanne Marschall: Titanic in: Koebner: S.168
  2. a b Marschall: S.240
  3. a b c d e Töteberg: S.633
  4. Susanne Marschall: Titanic in: Koebner: S.166

Literatur

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