Folgendes selbstverfasstes Weihnachtsgedicht habe ich am 7. Dezember 2013 auf dem alljährlichen Kölner Raymolaus-Stammtisch vorgetragen. Es kam sehr gut an und einige Benutzerinnen wünschten sich, dass ich es ihnen zuschicken sollte. Deshalb hier für alle Interessierten das Gedicht.
Vorab noch ein paar Kleinigkeiten, die ich auf dem Stammtisch vergessen hatte zu erwähnen: Zu den tradionellen Bestandteilen der Weihnacht hierzulande gehört (zumindest wenn man Kind ist oder Kinder hat) das Hexenhaus aus Lebkuchen. Wie so ein Hexenhaus von Außen aussieht wissen wir alle. Aber was geht an Weihnachten darin vor? Das ist die spannende Frage, der sich dieses Gedicht widmet. Neben der Anspielung auf ein allseits bekanntes deutsches Märchen enthält dieses Gedicht auch eine klitzekleine Anspielung auf ein bekanntes Goethe-Gedicht. (Wer findet sie? :-)
Hexenweihnacht
Weihnachten im Hexenhaus
Die Stube sieht schon festlich aus
Girlandenschmuck aus Spinneweben
Mit Fledermäusen, die noch leben
Der Baum, ’ne krüppelige Fichte
Strahlt in ’nem seltsam grünen Lichte
Totes Getier hängt im Geäst
Was diesen so erstrahlen lässt
Im Sumpf, wo man es hat gefunden
Ein Kernkraftwerk hat einst gestunden
Welches hochging mit lautem Knall
Vor langer Zeit bei ’nem Unfall
Die Hexe macht sich hübsch und fein
Sie cremt sich mit ’ner Creme ein
Aus Krötenblut und Spinnenbein
Aus Molchgedärm und Schlangenwein
Und schwupps! Schon sind die Falten weg
Der Buckel und der Altersspeck
Glatt hundert Jahre sind passé
Mei, bin i wiader jung und schee!
Ein Tag wie dieser heftig schreit
Nach Luxushexenmiederkleid
In Ultraschwarz aus Fliegenleder
So was, das hätte gern a jeder
Zumindest wenn man Hexe ist
Und hexenmodisch kein Purist
Dazu die Schuh aus Schleimaalhaut
Ein Haarkranz noch aus Bilsenkraut
Der Tisch für zwei gedecket ist
Auch wenn der Zweite noch vermisst
Notfalls muss halt die Katze ran
Die man zur Not verwandeln kann
Ja, das Geschirr ist edel gar
Im Alter drei-, viertausend Jahr
Aus einem Pharaonengrab
Wo’s jede Menge davon gab
Aus Mumienbinden voller Fluch
Genäht ist hier des Tisches Tuch
Giftefeu ranket um den Tisch
Wo Käfer umher tummeln sich
Im Ofen schmort die Gretel
Das dicke, fette Mädel
Der Hänsel noch was mästen tut
Doch morgen ist auch er dann gut
Nicht mehr zu lang, dann ist sie gar
Und wird verzehrt mit Haut und Haar
Wenn nur der Gast es nicht verpennt
Weil sonst die Gretel mir verbrennt
Ein eisig Schneesturm fegt herbei
Durch wilde Wetterhexerei
Denn passend soll die Stimmung sein
Fiel grade so der Hexe ein
Die Hexe wartet auf den Gast
Hat er das Fest dies Jahr verpasst?
Was mach ich mit dem Braten nur?
Ich reduzier die Temp’ratur!
Doch weiter schreitet Stund um Stund
Wo bleibt er nur? Was ist der Grund
Dann muss eben die Katze her
Sonst gibt das hier gleich gar nichts mehr
Grad als sie will beginnen
Ein Dämon kommt von hinnen
Mit Schwefelrauch und Blitzeschein
Der Gast, er trifft jetzt endlich ein
Inkubus, alter Teufelsbube!
Kommt doch herein in meine Stube
Wo wart ihr denn die ganze Zeit?
Hab alles längst für euch bereit
Hatt heute eine Extraschicht
Konnt deshalb leider eher nicht
Musst in der Hölle quälen
Zehntausend arme Seelen
So setzt euch doch und speist mit mir
Hab einen feinen Braten hier
Weine aus tiefen Gruften
Die alt und modrig duften
Man plaudert, trinkt und schmauset fein
Im Kerzen- und Plutoniumschein
Die Kerze hält ’ne Knochenhand
Die einst man auf ’nem Friedhof fand
Nachdem man satt und Durst gestillt
Man jetzt zu anderem gewillt
Bescherung heißt es jetzt, hurra!
Geschenke sind jetzt endlich da
Die Hexe vom Inkubus kriegt
’Nen Besen, der viel besser fliegt
Als der kaputte, olle Besen
Der’s früher einmal war gewesen
Jetzt der Inkubus wird beschenkt
Was ich wohl kriege, er sich denkt
’Nen Superdreizack mit Funktionen
Die richtig sich zum Quälen lohnen!
Das Kätzchen tritt jetzt auch herbei
Spricht: He, was ist mit mir, ihr Zwei!
Ist niemand da, der mich beschert
Läuft hier nicht irgendwas verkehrt
Hex und Inkubus schaun sich an
Und beide so beschließen dann
Das Kätzchen soll bescheret sein
Mit Bratenrest und etwas Wein
Zufrieden sitzen alle drei
Nach Schlemmen und Beschenkerei
Unter des Baumes fahlem Schein
Ja, so soll Hexenweihnacht sein
Und weil die Hex sich schön gemacht
Und der Inkubus liebt die Nacht
Gehn jetzt zu Bette diese zwei
Die Nacht ist lang noch nicht vorbei
Nur Kätzchen legt sich müde hin
Einzig zu schlafen ist sein Sinn
Ganz friedlich schläft es endlich ein
Ja, so soll Hexenweihnacht sein
Düsseldorf, 20. Oktober 2013
Duschgeldrache2
Lizenzhinweis: Dieses Gedicht steht unter der freien Lizenz CC-by-sa-3.0.