Portal
Wappen

Die Abtei Sankt Felizitas zu Münsterschwarzach liegt an der Mündung der Schwarzach in den Main, rund 23 km östlich von Würzburg, in Schwarzach am Main und gehört zu den wichtigsten Klöstern der Benediktiner in Deutschland.

Geschichte

Bearbeiten

Gründung als karolingisches Eigenkloster

Bearbeiten

Das St. Salvator, der Heiligen Maria und St. Felizitas geweihte Kloster wurde um 780 von Fastrada, der dritten Gattin Karls des Großen als Frauenkloster gegründet. Der Bau der Klosterkirche erfolgte 788. Die Abtei Münsterschwarzach war ein Eigenkloster des karolingischen Herrscherhauses. Die Äbtissinnen waren Töchter der kaiserlichen Familie.

Als die letzte karolingische Äbtissin Bertha starb, gaben die Nonnen 877 die Abtei auf und zogen nach Zürich. Es wurde von den Benediktinern von Megingaudshausen übernommen. Im 11. Jahrhundert erlebte Münsterschwarzach eine Blütezeit unter Abt Walter. Der Bamberger Bischof Hermann I. (1065-1075) verbrachte die letzten Jahre seines Lebens im Kloster, wo er auch verstarb.

Äbtissin von bis Anmerkungen
Theodrada (* vermutl. 785; † 844/853) vor 814 844/853 Tochter von Karl dem Großen und seiner Frau Fastrada
Hildegard (* 826; † 23. Dezember 856) 853 856 Tochter Ludwigs des Deutschen
Bertha († 26. März 877) 853/856 877 Tochter Ludwigs des Deutschen

Arbeiten von Balthasar Neumann

Bearbeiten

Um 1700 ist Burkard Bausch Verfasser einer Chronik des Klosters und seines Umlandes.

 
Modell der Basilika Münsterschwarzach, nach Angaben von Balthasar Neumann, 1725/1726 (Bayerisches Nationalmuseum)

Im 18. Jahrhundert errichtete Balthasar Neumann eine barocke Basilika. Die Kuppelfresken stammten von Johann Evangelist Holzer. 1743 erfolgte die Einweihung durch den Würzburger Bischof Friedrich Karl von Schönborn.

Säkularisation und Verfall

Bearbeiten

Das Kloster wurde 1803 im Zuge der Säkularisation aufgelöst. Die Klostergebäude wurden versteigert. 1805 wurde die Klosterkirche verkauft und profaniert. Nach einem Blitzeinschlag und Brand 1810 kam es 1821 bis 1827 zum vollständigen Abbruch der Kirche und von Teilen des Klosters.

Wiederaufbau durch Missionsbenediktiner

Bearbeiten

Erst 1913 wurden die Überreste des alten Klosters samt entsprechendem Grundbesitz von 130 ha von den Missionsbenediktinern von St. Ottilien erworben. Pater Plazidus Vogel hatte zunächst in St. Ludwig im Sinne der Missionierungstätigkeit, vorrangig in Deutsch-Ostafrika, eine Gemeinschaft von Laienbrüdern aufgebaut, die sich 1913 aufgrund ihrer gewachsenen Größe zur Neugründung eines Klosters entschloss. Die Wahl fiel auf die Überreste in Münsterschwarzach. 1914 wurde die Wiedererrichtung der Abtei beschlossen und Pater Plazidus Vogel am 16. April 1914 zum ersten Abt geweiht. Trotz Rückschlägen in der Missionierungstätigkeit, denn als Verlierer des 1. Weltkrieges war die Entsendung von Missionaren in die ehemaligen deutschen Kolonien untersagt, wurde die Klosteranlage in den folgenden Jahrzehnten immer weiter ausgebaut. Die monumentale Abteikirche mit vier Türmen, der größte während der NS-Zeit in Deutschland errichtete Kirchenbau,[1] wurde 1935 bis 1938 erbaut und 1938 geweiht. Der Architekt war Albert Boßlet.

Abt von bis Anmerkungen
P. Plazidus Vogel 1914 1937 Geboren 1871 in Rehau
P. Burkhard Utz 1937 1959 Stammte aus Sommerach; Bayerischer Verdienstorden verliehen 1959
P. Bonifaz Vogel 1959 1982 Neffe des Abtes Placidus; Bayerischer Verdienstorden verliehen 1972
P. Fidelis Ruppert 1982 2006 Bundesverdienstkreuz verliehen 2007
P. Michael Reepen 2006 Wahl am 20. Mai 2006, Benediktion am 26. Juni 2006

Klostersturm in der NS-Zeit

Bearbeiten

Im Mai 1941 wurde das Kloster im Rahmen eines sogenannten Klostersturmes von den Nationalsozialisten enteignet; im Zweiten Weltkrieg wurde es dann als Lazarett genutzt. Erst nach der Befreiung von der NS-Diktatur erhielt der Orden seinen beschlagnahmten Besitz zurück, 1945 wurde das Kloster wieder eröffnet.

Orgel der Abteikirche

Bearbeiten

Die Geschichte der Orgeln in der Abteikirche reicht zurück in das Jahr 1546, in dem erstmals eine Orgel erwähnt wurde.

Das heutige Instrument der Orgelbaufirma Johannes Klais (Bonn) wurde in den Jahren 1935–1938 unter schwierigen Rahmenbedingungen erbaut, da dem Orgelbau damals von staatlicher Seite Restriktionen auferlegt waren.[2] Das Instrument ist zu beiden Seiten des Chorraumes in jeweils drei Nischen untergebracht, ohne Orgelgehäuse (Freipfeifen-Prospekt). Es hat insgesamt 60 Register (4.338 Pfeifen) auf vier Manualen und Pedal. Die Trakturen sind elektrisch. Nachträglich wurde eine 96-fache elektronische Setzeranlage hinzugefügt.[3]

Disposition der Orgel

Bearbeiten
I Hauptwerk C–g3
1. Prinzipal 16′
2. Oktave 8′
3. Rohrflöte 8′
4. Gemshorn 8′
5. Rohrquinte 51/3
6. Superoctave 4′
7. Koppelflöte 4′
8. Quinte 22/3
9. Flachflöte 2′
10. Rauschpfeife IV
11. Cornett III-V 8′
12. Bombarde 16′
13. Trompete 8′
II Oberwerk C–g3
14. Prinzipal 8′
15. Spitzflöte 8′
16. Singendgedeckt 8′
17. Violflöte 8′
18. Octave 4′
19. Zartflöte 4′
20. Gemsquinte 22/3
21. Schwegel 2′
22. Sifflöte 1′
23. Mixtur IV-VI
24. Scharff III-IV
25. Kropftrompete 8′
26. Trichterregal 4′
III Unter-Schwellwerk C–g3
27. Quintadena 16′
28. Geigendprinzipal 8′
29. Bordunalflöte 8′
30. Octave 4′
31. Querflöte 4′
32. Waldflöte 2′
33. Progressio III-V
34. Dulcian 16′
35. Trompette harm. 8′
IV Brust-Schwellwerk C–g3
36. Holzflöte 8′
37. Salicional 8′
38. Vox coelestis 8′
39. Prinzipal 4′
40. Blockflöte 4′
41. Octave 2′
42. Nasard 11/3
43. Sesquialter II 2′
44. Cymbel IV
45. Krummhorn 8′
46. Schalmey 4′
Pedal C–f1
47. Untersatz 32′
48. Prinzipalbass 16′
49. Subbass 16′
50. Zartbass 16′
51. Octavbass 8′
52. Gedacktbass 8′
53. Choralbass 4′
54. Bassflöte 4′
55. Nachthorn 2′
56. Hintersatz V
57. Dulcian 16′
58. Posaune 16′
59. Basstrompete 8′
60. Clarine 4′

Das heutige Geläut der Abteikirche wurde nach dem Zweiten Weltkrieg gegossen – 1947 drei kleine Glocken, und 1950 drei große Glocken. Im Gebrauch ist ferner eine historische Glocke aus dem Jahr 1361/62, die nach dem Krieg wieder nach Münsterschwarzach gelangte. Im Jahr 2011 wurde der stählerne Glockenstuhl durch einen neuen hölzernen Glockenstuhl ersetzt. Im Zuge der Umbauarbeiten wurde eine neue Horenglocke gegossen, welche die historische Glocke aus dem 14. Jahrhundert entlastet und nun an Werktagen zum Stundengebet ruft.[4]

Nr. Name Gussjahr Gießer Ø (cm) Masse (kg) Nominal Inschrift, Anmerkung
1 Christus Salvator 1950 189 3650 a0
2 St. Benedikt 1950 157 2100 c1
3 Ave Maria 1950 140 1700 d1
4 St. Felizitas 1947 120 1050 e1
5 St. Josef 1947 100 650 g1
6 St. Placidus 1947 80 470 a1
7 Evangelisten 1361/62 Mittagshore, Komplet (an Sonn- und Feiertagen, sowie in der Oster- und Weihnachtszeit)
8 Egbert 2012 Mittagshore, Komplet (an Werktagen)

Die Missionsarbeit der Abtei, als Missionsbenediktiner gliedert sich wie folgt:

Mission in Afrika

Bearbeiten

Schwerpunktmäßig betreiben die Missionsbenediktiner von Münsterschwarzach in Tansania den missionarischen Dienst. Dort sind mehrere Abteien in Kooperation mit Münsterschwarzach. Weitere Länder mit Beteiligung der Missionsbenediktiner sind Südafrika, Kenia, Uganda, Sambia und Togo.[5]

Mission in Asien

Bearbeiten

In Asien finden sich Benediktinermönche aus Münsterschwarzach in Südkorea und auf den Philippinen. Weiterhin unterstützt die Abtei die Klöster in Indien und Kasachstan.[6]

Mission auf dem amerikanischen Doppelkontinent

Bearbeiten

Auf dem Nordamerikanischen Kontinent finden sich Benediktinermönche allein in den Vereinigten Staaten. Dort unterhält die Abtei Münsterschwarzach ein eigenes Priorat in Nebraska (Christ the King Priory). Weitere Benediktiner finden sich in Latein- und Südamerika in Venezuela, Kolumbien und auf Kuba.[7]

Mission in Europa

Bearbeiten

Auch auf dem europäischen Kontinent befinden sich Missionsbenediktiner. Schwerpunktmäßig im deutschsprachigen Raum, v.a. in Deutschland, aber auch in der Schweiz und in Österreich. Zudem sind Mönche in Spanien zu finden.[8]

Bibliothek

Bearbeiten

Die Abteibibliothek verfügt über etwa 270 000 Bände. Besonders im Bereich geistlicher Literatur ist sie hervorragend ausgestattet. Für die Öffentlichkeit ist die Bibliothek vormittags zugänglich und es können auch Bücher ausgeliehen werden. Seit 2006 wird der Bestand, der bis dahin nur auf Papier katalogisiert ist, zunehmend in eine Datenbank digitalisiert. [9]

Heutige Nutzung

Bearbeiten

Die benediktinische Gastfreundschaft ist für alle offen, die auf der Suche nach Stille und Einkehr sind. In ihrem Gästehaus bieten die Mönche Exerzitien, Gesprächsbegleitung und Kurse zur Lebensorientierung und Glaubensvertiefung an.

Zur Abtei gehört das Kloster mit Semiar- und Tagungshaus in Damme.

In der Abtei wirkt unter anderem Anselm Grün, der bis zum 15.10.2013 Cellerar der Abtei war.[10] Grün ist Autor zahlreicher Bücher, Kursleiter, Referent und geistlicher Begleiter. In regelmäßigem Abstand erscheinen die Münsterschwarzacher Kleinschriften im klostereigenen Vier-Türme-Verlag. Ein weiterer bekannter Theologe und Autor ist Wunibald Müller, der seit 1991 Leiter des Recollectio-Hauses in Münsterschwarzach ist. Die Abtei unterhält eine Reihe von Werkstätten und Betrieben, in denen die Mönche und Mitarbeiter Klosterprodukte herstellen und auch Lehrlinge ausbilden: Goldschmiede, Druckerei Benedict Press, Vier-Türme-Verlag, Buch- und Kunsthandlung, Bäckerei, Metzgerei, Fairhandel uvm. Ebenso besteht für junge Menschen zwischen 18 und 27 Jahren die Möglichkeit ein Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) in der Abtei Münsterschwarzach zu leisten.[11] Ferner führt sie ein staatlich anerkanntes Gymnasium, das Egbert-Gymnasium Münsterschwarzach. Es erfreut sich in der Umgebung großer Beliebtheit und wurde 2010 für den Deutschen Schulpreis nominiert.

Die Abtei Münsterschwarzach ist durch ihr Energieprojekt seit 2009 CO2-neutral und in der Kategorie „Lokale oder regionale Vereine und Gemeinschaften als Förderer von Projekten für Erneuerbare Energien“ mit dem Deutschen Solarpreis 2008 ausgezeichnet worden.[12]

 
Panorama Portal und Alte Pforte


Klosterstudie

Bearbeiten

Das Kloster nahm an der Klosterstudie teil. Nach den Ergebnissen leben Nonnen und Frauen der Allgemeinbevölkerung annähernd gleich lang, dicht gefolgt von Mönchen die eine im Schnitt ein bis zwei Jahre kürzere Lebenserwartung haben als beide Frauengruppen. Deutlich abgeschlagen Männer der Allgemeinbevölkerung, die im Schnitt sechs Jahre kürzer leben als Nonnen und Frauen der Allgemeinbevölkerung und bis zu viereinhalb Jahre kürzer als Mönche.[13][14]

Siehe auch

Bearbeiten

Literatur

Bearbeiten
  • Alfred Wendehorst: Das Bistum Würzburg 1803-1957. Würzburg 1965, S. 85-88.

Einzelnachweise

Bearbeiten
  1. Pascal A.M. Schmitt: BOSSLET, Albert Johann. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Band 19, Bautz, Nordhausen 2001, ISBN 3-88309-089-1, Sp. 81–90.
  2. Nähere Informationen zur Geschichte der Abtei-Orgel
  3. Informationen zur Disposition der Abtei-Orgel (PDF; 195 kB)
  4. Zu den Glocken der Abteikirche
  5. http://www.abtei-muensterschwarzach.de/ams/mission/ueberuns/afrika.html Mission in Afrika
  6. http://www.abtei-muensterschwarzach.de/ams/mission/ueberuns/asien.html Mission in Asien
  7. http://www.abtei-muensterschwarzach.de/ams/mission/ueberuns/amerika.html Mission in Amerika
  8. http://www.abtei-muensterschwarzach.de/ams/mission/ueberuns/europa1.html Mission in Europa
  9. http://www.b-i-t-online.de/neues/news32.htm
  10. http://www.abtei-muensterschwarzach.de/ams/startseite/Nachrichten/index.html?f_action=show&f_newsitem_id=19176
  11. http://www.abtei-muensterschwarzach.de/ams/quicklinks/fsj.html
  12. Artikel: Solarpreis 2008 für Abtei Münsterschwarzach vom 23. Oktober 2008 auf Orden online abgerufen am 23. Oktober 2008
  13. Marc Luy: Warum Frauen länger leben. Erkenntnisse aus einem Vergleich von Kloster- und Allgemeinbevölkerung. In: Materialien zur Bevölkerungswissenschaft. Nr. 106. Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung, 2002, ISSN 0178-918X, DNB 965668789, S. 117 ff. (online [PDF; abgerufen am 1. Februar 2012] Zugl. Diplomarbeit 1998).
  14. Marc Luy: Geschlechterdifferenz – und kein Ende? Sozial- und geisteswissenschaftliche Beiträge zur Genderforschung. Hrsg.: H. Ehlers, H. Kahlert, G. Linke, D. Raffel, B. Rudlof, H. Trappe. 1. Auflage. Band 8. LIT Verlag, Berlin 2009, ISBN 978-3-8258-1647-6, 10 Jahre Klosterstudie – gewonnene Erkenntnisse und offene Fragen zu den Ursachen für die unterschiedliche Lebenserwartung von Frauen und Männern, S. 251–273 (online [abgerufen am 2. Februar 2012]).
Bearbeiten
Commons: Münsterschwarzach – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Koordinaten: 49° 48′ 19″ N, 10° 13′ 54″ O


[[Kategorie:Männerkloster]] [[Kategorie:Benediktinerkloster in Bayern]] [[Kategorie:Kloster (8. Jahrhundert)]] [[Kategorie:Baudenkmal in Schwarzach am Main]] [[Kategorie:Disposition einer Orgel|Münsterschwarzach]] [[Kategorie:Klosterbau in Bayern]] [[Kategorie:Bauwerk im Landkreis Kitzingen]]