Smilodectes

Skelett von Smilodectes gracilis
im Smithsonian National Museum of Natural History

Zeitliches Auftreten
Ypresium bis Lutetium
50,3 bis 46,2 Mio. Jahre
Systematik
Säugetiere (Mammalia)
Primaten (Primates)
Feuchtnasenprimaten (Strepsirrhini)
Adapiformes
Notharctidae
Smilodectes
Wissenschaftlicher Name
Smilodectes
Wortman, 1903

Smilodectes ist eine Gattung der Primaten aus der ausgestorbenen Gruppe der Adapiformes. Sie gehörte zu den Notharctidae, die im frühen bis mittleren Eozän in Nordamerika lebten. Die ersten rund 50 Millionen Jahre alten fossilen Überreste der Gattung wurden von dem amerikanischen Paläontologen Othniel Charles Marsh 1870 im heutigen Wyoming gefunden, allerdings noch nicht den Primaten zugeordnet. Die Gattung Smilodectes etablierte Jacob L. Wortman 1903, nachdem er die Sammlung von Marsh wissenschaftlich nachbearbeitete. Heute werden in der Gattung drei oder vier Arten unterschieden.

Merkmale

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Notharctidae waren kleine lemurenähnliche Primaten, die auf das Leben in Bäumen angepasst waren und sich wahrscheinlich von Blättern oder Insekten ernährten. Die Smilodectes-Arten waren den nahe verwandten Gattungen Copelemur und Notharctus, die ebenfalls in Nordamerika lebten, sehr ähnlich und die fossilen Funde werden vor allem durch spezifische Zahnmerkmale unterschieden.[1][2][3] Die Tiere hatten einen schlanken Körperbau mit langem Schwanz und kleinen, schmalen Schädel. Das Große Hinterhauptsloch (Foramen magnum) am Hinterhauptbein mit dem Ansatz zur Wirbelsäule befand sich auf der Rückseite des Schädels und nicht unterhalb von diesem.

 
Oberkiefer von Smilodectes gracilis
 
Smilodectes gracilis, Skelettrekonstruktion

Smilodectes hatte insgesamt 40 Zähne, davon in jeder Unter- und Oberkieferhälfte je zwei Scheidezähne (Incisivi), einen Eckzahn (Caninus), vier Prämolaren und drei Molaren. Die Zahnformel von lautet entsprechend  .

Die Notharctidae werden aufgrund der Gliedmaßenproportionen regelmäßig als vertikale Klammer- und Sprungtiere beschrieben. Das Becken besitzt ein sowohl nach distal als auch nach dorsal verlängertes Sitzbein (Ischium), was darauf hindeutet, dass diese Arten wahrscheinlich in der Lage waren, sowohl von horizontalen als auch von vertikalen Strukturen zu springen.[4] Darüber hinaus deuten die Belege für die Kniesehnenansätze am Schienbein (Tibia) darauf hin, dass keine der Notharctidae einen oberen, proximalen, Ansatz für die Kniesehnen am Schienbein hatten und einen unteren, distalen, Ansatz aufweisen, der eher für baumlaufende Läufer charakteristisch ist.[4] Die Handwurzel- und Mittelhandstruktur bei Smilodectes ist im Vergleich zu anderen fossilen und heute lebenden, rezenten, Primaten vergleichsweise generalisiert und enthält vor allem ursprüngliche Merkmale der Primaten ohne besondere Spezialisierung.[5] Funktionell war das Handgelenk von Smilodectes wahrscheinlich weniger beweglich als das von Adapis, den Lemuren und anderen späteren Arten, insbesondere bei den Bewegungen der Mittelhandgelenke.[5]

Fundorte

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Smilodectes war in Teilen Nordamerikas im Bereich des heutigen Wyoming verbreitet, von woher alle Funde der bekannten Arten stammen. Der von Marsh 1871 beschriebene Typus wurde in Grizzly Butts im Greater Green River Basin im Südwesten von Wyoming gefunden, spätere Funde der Art und auch anderer Arten der Gattung kommen aus der Washakie Formation und dem Uinta Basin in Wyoming und dem angrenzenden Utah.[3]

Die Funde werden auf das frühe bis mittlere Eozän datiert und haben entsprechend ein Alter von etwa 50 Millionen Jahren.[3]

Systematik

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Smilodectes gracilis, Typusmaterial von Marsh 1971

Smilodectes ist eine ausgestorbene Gattung der Primaten, die den Feuchtnasenprimaten (Strepsirrhini) und darin den Adapiformes zugeordnet wird. Die Gattung wurde von Jacob L. Wortman im Jahr 1903 wissenschaftlich beschrieben[1], als Typus nutzte er den bereits 1870 von Othniel Charles Marsh gefundenen und ein Jahr später in einer Kurznotiz beschriebenen Fund von eine Unterkieferteil mit einigen Zähnen, den dieser als Hypsodus gracilis benannte.[6] Wortman nutzte die Originalsammlung von Marsh, die er wissenschaftlich untersuchte, und beschrieb Smilodectes als eigenständige Gattung.[1] Der Fund wurde 1902 von Henry Fairfield Osborn der Gattung Sacrolemur zugeordnet, Wortman konnte weitere zugehörige Fossilien identifizieren und verglich diese mit Funden von Microsyops, Nothargus und Limnotherium. Wie Osborn vor ihm diskutierte er aufgrund der nagetierähnlichen Zähne die Zugehörigkeit dieser Gattungen zu den Nagetieren, im Vergleich mit dem Fingertier oder Aye-Aye (Daubentonia madagascariensis) kam er jedoch zu dem Schluß, dass es sich wie bei diesem um lemurenähnliche Primaten handeln kann.[1]

Innerhalb der Gattung wurden die folgenden Arten beschrieben:

  • S. gracilis (Marsh, 1871)
  • S. gingerichi Beard, 1988[7]
  • S. mcgrewi Gingerich, 1979[8]
  • S. sororis Gunnell, 2002[3]
Mögliche Verwandtschaftsbeziehungen innerhalb der Notharctinae nach Gunnell 2002[3]
  Notharctinae  

 Teilhardina


   

 Polycodus


   

 Notharctus


   

 Cantius


   

 Copelemur


   

 Smilolectes







Vorlage:Klade/Wartung/Style

Innerhalb der Notharctidae wird Smilolectes in die nahe Verwandtschaft der Gattungen Copelemur, Cantius und Notharctus gestellt, wobei Copelemur als die Schwestergattung von Smilolectes betrachtet wird. Die Position von Cantius ist noch unklar, sie könnte als Schwestertaxon zu Copelemur und Smilolectes betrachtet werden oder auch eine eigene Klade mit Notharctus bilden, sehr wahrscheinlich handelt es sich jedoch um eine paraphyletische Gattung mit Revisionsbedarf.[3]

Der evolutive Ursprung von Smilodectes ist noch nicht vollständig geklärt und die Ergebnisse der Verwandtschaftsanalysen können für verschiedene Hypothesen genutzt werden. Durch das Schwestergruppenverhältnis von Smilodectes und Copelemur liegt es nahe, dass Smilodectes von einem frühen Vertreter von Copelemur abstammt, etwa C. praetutus. Gleichzeitig weisen alle bekannten Arten von Copelemur zahlreiche abgeleitete Merkmale (Apomophien) auf, die diese Hypothese nicht stützen. Alternativ könnten sich beide Gattungen von einer Cantius-Art ableiten, beispielsweise C. trigonodus. Als dritte Option besteht die Möglichkeit, dass sich beide Taxa von einer noch unbekannten Stammform im südlicheren Amerika ableiten und parallel in ihr späteres Verbreitungsgebiet eingewandert sind.[3]

  1. a b c d J. L. Wortman: Studies of Eocene Mammalia in the Marsh Collection, Peabody Museum. In: American Journal of Science. s4-16, Nr. 95, 1. November 1903, ISSN 0002-9599, S. 345–368, doi:10.2475/ajs.s4-16.95.345.
  2. Herbert H. Covert: Phylogenetic Relationships Among the Notharctinae of North America. American Journal of Physical Anthropology 81, 1990, S. 381–397. doi:10.1002/ajpa.1330810308
  3. a b c d e f g Gregg F. Gunnell: Notharctine primates (Adapiformes) from the early to middle Eocene(Wasatchian–Bridgerian) of Wyoming: transitional species and the origins of Notharctus and Smilodectes. Journal of Human Evolution 43 (3), September 2002, S. 353-380. doi:10.1006/jhev.2002.0582
  4. a b John G. Fleagle, Daniel E. Lieberman: Major Transformations in the Evolution of Primate Locomotion. In: Kenneth P. Dial, Neil Shubin, Elizabeth L. Brainerd: Great Transformations in Vertebrate Evolution. University of Chicago Press, , S. 257–287. doi:10.7208/9780226268392-016, Volltext.
  5. a b K. Christopher Beard, Marc Godinot: Carpal anatomy of Smilodectes gracilis (Adapiformes, Notharctinae) and its significance for lemuriform phylogeny. Journal of Human Evolution 17 (1–2), 1988, S. 71-92. doi:10.1016/0047-2484(88)90050-4
  6. O.C. Marsh: Notice of some new fossil mammals from the Tertiary Formation. American Journal of Science 1871, S. 35–45.
  7. K. Christopher Beard: New notharctine primate fossils from the early Eocene of New Mexico and southern Wyoming and the phylogeny of Notharctinae. American Journal of Science 1871, S. 35–45. doi:10.1002/ajpa.1330750403
  8. P. D. Gingerich: Phylogeny of middle Eocene Adapidae (Mammalia, Primates) in North America: Smilodectes and Notharctus. Journal of Paleontology 53, 1979, S. 153–163.
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