Playing Wikipedia 2.0

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Die Wikipedia ist eine wunderbare Sache – aber nicht immer. Manchmal gibt es Artikel, die so gar nicht deine Meinung vertreten, sondern einfach nur in neutraler Weise informieren wollen. Schuld daran sind Regeln wie WP:Belege oder Wikipedia:Neutraler Standpunkt. Aber es gibt Abhilfe. Wie in jeder Matrix kann man die Regeln teils brechen, teils umgehen. Und das geht so:

1. Suche nach deiner Meinung im Internet

Mit ein bisschen Übung und Geschick bringt man jede Suchmaschine dazu tendenziöse „Quellen“ auszuspucken. Es ist nicht anders als im realen Leben: man filtert die Welt, wie man sie sehen möchte. Manchmal geht es sehr einfach, dann nimmt man einen Treffer mit mindestens noch akzeptabler „Glaubwürdigkeit“ und wertet ihn für den Artikel aus. Zur Not kann man auch mal einen Blog, eine Vereinshomepage, ein Wiki ohne Impressum oder irgendwelche Hobbyschreiberlinge nehmen, sie sollten nur irgendwas mit „Wissenschaft“ im Namen oder der Agenda führen.

2. Frisieren

Ist die Quelle noch zu neutral, dann muss man allerdings noch etwas improvisieren. Entweder lässt man bestimmte Informationen aus, oder man wählt sowieso nur die die Teile aus, die genau der eigenen Meinung entsprechen. Man kann Quellen geschickt interpretieren, verallgemeinern oder sogar neue Aussagen konstruieren. Der Kreativität sind hier keine Grenzen gesetzt. Kritiker mögen das manchmal „Quellenfälschung“ nennen, aber lasse dich nicht irritieren, darüber kann man endlos streiten. Manchmal hat man Glück und findet Literatur aus einer „zuverlässigen Publikation“, die man so interpretieren kann, dass sie anscheinend sogar teilweise die eigene Meinung vertritt. Der Nachteil ist dann oft, dass nur ein Satz oder weniger zum eigentlichen Thema im Buch steht und der Autor offensichtlich auch keine genaue Ahnung vom Thema hat. Aber egal, es geht uns ja nicht um „verlässliche“ Informationen.

3. Das System ist das Ziel

Wichtig ist es nun mehrere solche Quelleninterpretationen zu einem Komplex zu verbinden. Am besten in einem Abschnitt „Kritik“. Mit wiederum etwas Übung und Geschick bleiben so große Teile „unlöschbar“ und mit etwas Glück versuchen sogar „bekannte“ „Trolle“, „Vandalen“ und „POV-Krieger“ deine Artikelteile per WP:Edit-War zu löschen. Dann hast du den Moral-Jackpot gezogen und deine Artikelergänzungen gelten nun nicht mehr nur durch lange, harte und freiwillige „Arbeit“ als „belegt“, sondern auch noch als inhaltlich moralisch hochwertig.

4. Es geht immer weiter

So eine optimale Ausgangsposition kann man sich leider nicht immer schaffen. Der „worst case“ sind Autoren, die tatsächlich Ahnung vom Thema habe, die sie sich durch das monate- oder jahrelange Lesen von Fachbüchern erworben haben. In vielen Artikeln zu aktuellen politischen Themen und Personen, im Boulevard oder im netzaffinen Bereich ist das allerdings schwierig, weil es wenig oder gar keine seriöse „Quellen“ bzw. kein verlässliches Wissen dazu gibt. In einer seriösen Enzyklopädie würde man dann überhaupt keinen oder nur einen sehr kurzen und allgemein gehaltenen Artikel zum Thema haben, aber hier ist ja die Wikipedia.

Ein weiterer wichtiger Punkt zum Umgehen von Regel ist die sogenannte Vernetztheit. Interessanterweise gibt es dazu keine Wikipedia-Regel – höchstens vielleicht WP:Sockenpuppen. Anscheinend gilt die Zusammenarbeit von Accounts prinzipiell als positiv. Das ist aber ein weites Themenfeld, welches ein eigenes Kapitel wert ist. Ich habe lange überlegt, ob diese ironisch-sarkastische Form die richtige in diesem Fall ist. Aber sie ist dem subversiven Thema angemessen und die verwendeten Argumente habe ich schon oft verbreitet. Zusammengefasst sind das:

  • Die formalen Kriterien zur Auswahl von Quellen müssen (besonders in „umstrittenen“ Themen und Artikeln) deutlich verschärft werden. Gibt es keine Quellen, dann gibt es auch keine Artikel.
  • „Quellenfälschung“ ist eine Wiki-Straftat. Das ist schlimmer als „Sockenmissbrauch“ oder gar als persönliche Beleidigungen, weil sie die häufigsten Ursachen für spätere Eskalationen sind.
  • „VERLÄSSLICHES WISSEN“ ist der grundlegende Maßstab, an dem sich alles andere messen muss. Das findet man im Internet nur selten und dann meist in den wenigen guten Wikipediaartikeln.
  • Moral ist nicht das was die katholische Kirche immer predigt; große Teile der Wikipediadiskussionen triefen ständig davon und machen erst Themen „umstritten“. Besonders wenn dann noch „aufgeklärt“ werden soll, muss man immer genau hinsehen. Ga, 1.11.15