Die Declaratio de associationibus masonicis (Erklärung zu den freimaurerischen Vereinigungen) ist eine Erklärung der Glaubenskongregation vom 26. November 1983, dem Vortag der Inkraftsetzung des novellierten kanonischen Kirchenrechtes (Codex Iuris Canonici, CIC), der Codex war nach dem II. Vatikanischen Konzil überarbeitet worden. Die Erklärung enthält im Wesentlichen zwei Verbote: 1. Ein Katholik darf nicht Freimaurer sein. Ohne Begründung wird festgestellt, dass die Mitgliedschaft von Katholiken in einer freimaurerischen Vereinigung eine „schwere Sünde" bedeutet, was zur Unmöglichkeit der Teilnahme an der Eucharistie führt. 2. Kirchliche Autoritäten, z.B. Bischöfe, dürfen öffentlich keine hiervon abweichenden Meinungen äußern. Von Seiten der Freimaurer wird die Declaratio bedauert, unter katholischen Theologen ist sie umstritten. Unumstritten ist jedoch ihre Eigenschaft als kirchenamtliche Erklärung, als „Moralisches Gesetz" (Reinhold Sebott SJ) [1].
Vorgeschichte
BearbeitenKirche und Freimaurerei in Opposition (1738-1917-1962)
BearbeitenNach dem Zusammenschluss von vier englischen Logen zu einer Großloge in London (1717) breitete sich die Freimaurerei allmählich auch auf dem europäischen Festland aus. Logen wurden gegründet in Frankreich (1725), Spanien (1728), Italien/Florenz (1733), Portugal (1735), Schweiz (1736), Deutschland/Hamburg (1737), Österreich/Wien (1742). Die philosophische Grundlage der Freimaurerei war die (frühe) Aufklärung, die politische Grundlage die konstitutionelle Monarchie- Gegensatz zur absoluten Monarchie.[2]. Noch vor einer ersten Verurteilung durch die Kirche, 1738, hatten verschiedene weltliche Autoritäten die Freimaurerei verboten: 1735 Holland/Friesland und der Kanton Genf/Schweiz, 1737 Frankreich, 1737 der Senat von Hamburg und die Regierung Schwedens (bei Androhung der Todesstrafe)[3]. Vonseiten der katholischen Kirche wurde durch Papst Clemens XII. am 28. April 1738 die Freimaurerei erstmalig mit einer „Bulle" (In eminenti apostulatus specula) in scharfer Form verurteilt. Bei Strafe der Exkommunikation wird die Mitgliedschaft in Freimaurerlogen verboten, die Freimaurerei wird generell unter den Verdacht der Ketzerei gestellt, Bischöfe und Inquisitoren werden angewiesen, „dementsprechend gegen die Mitglieder der Logen vorzugehen"[4]. Kottmann urteilt: „Die Attraktivität der Freimaureridee auch für den politisch einflussreichen Adelsstand musste eine Reaktion Roms bewirken"[5]. Bis 1917 folgen weitere zwanzig Bullen, Dekrete, Enzykliken[6], die die Freimaurerei -inzwischen auf allen Kontinenten verbreitet- verurteilen, Einzelheiten in: Auflistung römischer Rechtsakte gegen die Freimaurerei. Herausragend ist die Enzyklika „Humanum Genus", 20. April 1884, "die bis dahin und seitdem an Schärfe nicht zu überbieten gewesen ist" [7]: Nach Einteilung der Welt in zwei Bereiche, das Reich Gottes und das Reich des Satans, wird festgestellt, „dass die, die es mit dem Bösen halten, sich unter der Führung der Freimaurer zusammengetan und verschworen haben, um unverhohlen zum Gotteshass aufzustacheln." Beklagt wird auch, dass die Freimaurer die Staatsverwaltungen mehrerer Nationen inzwischen unterwandert hätten, was sie in die Lage versetze, Einfluss auf die Staatsverfassungen zu nehmen [8]. Während der Amtszeit von Papst Benedikt XV. wurde 1917 der Codex Iuris canonici (CIC) erlassen, der in mehreren Canones Rechtsfolgen nicht nur für Freimaurer selbst festlegt, insbesondere Can. 2335, sondern auch für Katholiken z.B. allgemein verbietet, Bücher zu herauszugeben, zu lesen oder aufzubewahren, wenn sie über Freimaurerei handeln, Cann. 1398/1399[9]. Von zentraler Bedeutung ist Can. 2335: „Die, die der Freimaurerei oder einer anderen Vereinigung dieser Art beitreten, die gegen die Kirche oder die rechtmäßige staatliche Gewalt Böses unternehmen, ziehen sich die dem Apostolischen Stuhl vorbehaltene Tatstrafe der Exkommunikation zu (...contrahunt ipso factu excommunikationem...)"[10]. Weitere Rechtsfolgen dieser Tatstrafe: Unmöglichkeit des kirchlichen Begräbnisses, Unmöglichkeit der Aufnahme in das Noviziat, Unmöglichkeit der Übernahme des Tauf- und Firmpatenamtes, Ausschluss von der Teilnahme am Gottesdienst, Verbot, die Sakramente zu empfangen[11]. Die kirchliche Trauung ist verboten, Geistliche und Ordensleute, sofern sie Freimaurer sind, verlieren ihre Stellung und werden in besondere Strafen genommen (Can. 2336). Der Leichnam eines versehentlich kirchlich beerdigten Freimaurers soll wieder ausgegraben und an ungeweihter Stelle begraben werden, „sofern dies ohne große Nachteile möglich ist" (Can. 1242)[12]. Bis zum Beginn der Arbeiten der Vorbereitungskommission für das Zweite Vatikanische Konzil (1962-1965) wurde der CIC hinsichtlich der Freimaurerei nicht in Frage gestellt.
Annäherung nach dem II. Vatikanischen Konzil, ab 1965
BearbeitenDie Vorbereitungskommission des Zweiten Vatikanischen Konzils hatte hinsichtlich der Freimaurer-Thematik einige Vorschläge zur Diskussion gestellt, z.B.:
- Die Sekte der Freimaurer soll verurteilt werden
- Der Freimaurerorden soll als der katholischen Ordnung entgegenstehend bezeichnet werden
- Eine Veränderung der [Kirchen-]Strafen für Mitglieder in Freimaurerlogen soll geprüft werden.[13]
In mehreren Generalversammlungen sprachen einige Kardinäle und Bischöfe das Thema Freimaurerei an. Dabei wurde auch vorgetragen, dass die Freimaurerei in ihrem Ursprung nicht antichristlich sei[14]. Andrerseits wollte eine Gruppe von Bischöfen um Erzbischof Lefebvre erneut eine Verurteilung der Freimaurer[15]. Trotz der gestellten Anträge, sich mit der Haltung der katholischen Kirche gegenüber den Freimaurern zu befassen, hat sich das Konzil mit dieser Frage nicht förmlich beschäftigt[16], ein Beschluss für einen formalen Dialogbeginn mit der Freimaurerei ist den Abschlussdokumenten des Konzils nicht zu entnehmen.
Das II. Vatikanum hatte gleichwohl Nachwirkungen: Die vom Konzil deklarierte Humanität, die Toleranz und die geforderte Gewissens- und Religionsfreiheit waren der Boden, auf dem eine Annäherung zwischen der Kirche und der Freimaurerei versucht werden konnte[17]. Zuständig für einen Dialog mit den Freimaurern wurde das unter der Leitung des Wiener Kardinals König stehende „Römische Sekretariat für die Nichtglaubenden"[18]. Am 26. Februar 1968 wandte sich die Glaubenskongregation mit einem „Fragenkatalog hinsichtlich der Freimaurerei“ an viele Bischöfe weltweit. Danach gab es Gespräche zwischen Kardinal König und dem österreichischen deputierten Großmeister der Freimaurer, Kurt Baresch (23. März 1968)[19], und dem Großmeister der VGLvD, Theodor Vogel (14. Oktober 1968). Es folgten bis 1970 Dialoggespräche in Innsbruck, Augsburg, Kloster Einsiedeln (Schweiz) und letztlich in Lichtenau[20].
Von der Lichtenauer Erklärung 1970 zum Beschluss der deutschen Bischofskonferenz 1980
BearbeitenZur Reform des Kirchenrechtes
BearbeitenDie Declaratio
BearbeitenInhalt
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Die Erklärung ist unterzeichnet vom damaligen Kardinalpräfekten Joseph Kardinal Ratzinger, sie ist approbiert durch den damaligen Papst Johannes Paul II.
Kirchenrechtliche Analyse
BearbeitenRezeption in der Wissenschaft
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Der (Hamburger) Kirchenrechtler Klaus Kottmann urteilt unter „Gesamtergebnis des kirchenrechtlichen Befundes": „Ist er [der katholische Freimaurer] ohne schwere Schuld, das heißt im konkreten Fall, ist für den katholischen Freimaurer eine Unvereinbarkeit zwischen Freimaurerei und den katholischen Glaubenswahrheiten nicht zu erkennen und will er guten Glaubens beides nebeneinander praktizieren, kann seine Mitgliedschaft in der Freimaurerei kirchlicherseits wenigstens solange nicht sanktioniert werden, bis ein Richter die Erfüllung strafwürdiger Delikte nach Maßgabe des kirchlichen Strafrechts nachweist und deswegen eine Strafe verhängt[21]." An anderer Stelle weist Kottmann auf die Bedeutung der Gewissensentscheidung hinsichtlich der Teilnahme an der Kommunion hin: „Die Frage, ob die Voraussetzungen für den erlaubten Sakramentenempfang erfüllt sind, entscheidet sich im Gewissen des Betroffenen[22]."
Rezeption bei den Freimaurern
BearbeitenAbschliessende Bewertung
BearbeitenLiteratur
Bearbeiten- Klaus Kottmann: Die Freimaurer und die katholische Kirche, Frankfurt/Main 2009, 370 S., ISBN 978-3-631-58484-2 (Dissertation an der kath.-theol. Fakultät d. Ruhr-Universität Bochum)
- Eugen Lennhoff- Oskar Posner - Dieter Binder: Internationales Freimaurerlexikon, 5. überarb. und akt. Auflage, München 2006, 975 S., ISBN 978-3-7766-5007-5
- Harald Schrefler: Der Papst und die Freimaurer, Insbruck 2010, 352 S., ISBN 978-3-7065-4991-2 (Dissertation an der phil. Fakultät d. Universität Wien)
- Reinhold Sebott SJ: Freimaurer, Freiburg/Br. 2005 [1]
Einzelnachweise
Bearbeiten- ↑ Klaus Kottmann: Die Freimaurer und die katholische Kirche, Frankfurt/Main 2009, S. 296
- ↑ Kottmann, S. 45-111
- ↑ Kottmann, S.149
- ↑ Kottmann, S. 150/151
- ↑ Kottmann, S. 151
- ↑ Harald Schrefler: Der Papst und die Freimaurer, Innsbruck 2010, Anhang Seite 299-302
- ↑ Kottmann, S. 179
- ↑ Kottmann, S. 179/180
- ↑ Kottmann, S. 203
- ↑ Kottmann, S. 205
- ↑ Kottmann, S. 210/211
- ↑ Lennhoff-Posner-Binder: Internationales Freimaurerlexikon, München 2006, S. 184
- ↑ Kottmann, S. 217/218
- ↑ Kottmann, S. 219
- ↑ Schrefler, S. 98
- ↑ Kottmann, S. 221, Fussnote 757
- ↑ Kottmann, S. 220
- ↑ jetzt: „Päpstlicher Kulturrat" „Kulturrat“ in: Radio Vatikan, abgerufen am 12. Oktober 2010
- ↑ Schrefler, S. 114
- ↑ Schrefler, S. 117
- ↑ Kottmann, S. 299
- ↑ Kottmann, S. 286