Leben und Werk
BearbeitenHermann Diestelhorst (geboren am 10.12.1924 in Varenholz, Lippe, gestorben am 11.12.2001 in Kirchdornberg, Bielefeld) war ein deutscher Maler, Grafiker, Kunsterzieher, Schulleiter und Buchautor.
Er wurde 1924 als eines von sechs Kindern auf einem kleinen Bauernhof in Varenholz, heute: Gemeinde Kalletal im Kreis Lippe, geboren. Im Internat in Detmold sollte er das Abitur erlangen. 1942 wurde er allerdings zur Wehrmacht eingezogen. Als Rekrut war er zunächst in Quedlingburg stationiert. Danach wurde er Funker in der Luftwaffe in Lyon (Frankreich). Den Schluss des Krieges erlebte er an der Ostfront in Ostpreußen. Von dort gelang es ihm, durchs Durchschwimmen der Elbe der russischen Gefangenschaft zu entgehen und zu den Amerikanern zu kommen.
Nach amerikanischer Lagerhaft holte er das Abitur in Rinteln nach. Bevor er mit dem Studium starten konnte, arbeitete er als Gärtner bei der Ufa-Filmgesellschaft, die nach ihrer Ausbombung in Berlin-Babelsberg im Schloss Varenholz von 1945 bis 1951 eine neue Unterkunft gefunden hatte. Anschließend begann er 1946 ein Lehramtsstudium an der Pädagogischen Akademie (heute: Universität) Bielefeld. Seine Fächer waren Deutsch und Kunst. Sein damaliger Professor im Kunstseminar war Willi Pramann, durch den er einen tieferen Kontakt zu damals vorherrschenden künstlerischen Strömungen bekam. Der Kontakt mit Pramann wurde für seine Sichtweise von Kunst prägend. War er zunächst noch von künstlerischen Vorstellungen im Dritten Reich beeinflusst, änderte sich das nun. Von damaligen Arbeiten (Zeichnungen, Malereien, Aquarelle, wenige Holzschnitte) existieren noch heute einige wenige.
Noch ist ein eigener Stil nicht zu erkennen. Den konnte Hermann Diestelhorst bei einer Fortsetzung seines Kunststudiums 1951/1952 an der Landeskunstschule Hamburg bei Professor Willem Grimm entwickeln. Diesen Wechsel beeinflusste Elisabeth Diestelhorst, geborene Althoff, die er 1951 geheiratet hatte. In Hamburg war er mit Grafikspezialisten wie Horst Janssen und Paul Wunderlich zusammen, die prägenden Einfluss auf ihn hatten. Der Holzschnitt wurde nun sein bevorzugtes Metier. Zunächst noch wie die „Brücke-Künstler“, entwickelte Diestelhorst nun einen eigenen Weg. Er sah sich im Nachgang des Expressionismus und der neuen Sachlichkeit. Ein Großteil der Arbeiten waren Holzschnitte. Ab Ende der 60er Jahre kamen Radierungen hinzu, allerdings gab es auch Phasen mit Malerei und Keramik.
Neben der Kunst übte er die Arbeit als Lehrer aus. Erste Lehrerstelle war von 1949 bis 1955 in Schwelentrup im Lipperland. Ab 1955 wechselte er nach Dornberg bei Bielefeld. In Kirchdornberg baute er für sich und seine Familie – Gattin Elisabeth sowie die Söhne Tore und Arnd – ein Haus. Bis zu seiner Pensionierung 1987, mittlerweile zum Schulleiter der Grundschule Dornberg aufgestiegen, wurde seine künstlerische Produktivität durch den Beruf gedrosselt. Wobei in diesen Jahren auch mehrere hundert Arbeiten entstanden sind, hauptsächlich Grafik: Holzschnitte und Radierungen.
Ab 1987 folgte ein Produktionsschub. Ab Ende der 90-er Jahre war seine Bewegungsfähigkeit durch einen Schlaganfall eingeschränkt, so dass er sich noch mehr der Abstraktion zuwandte. Bis zu seinem Tod konnte er noch 200 Bilder in diesem Stil erschaffen. Sein Nachlass umfasst einige hundert Arbeiten aus den Jahren von 1948 bis Mitte 2001, hauptsächlich Landschaften, Stillleben, aber auch Tierportraits, sehr viele Seebilder, soziale Themen aus den 90-er Jahren, Architekturbilder, davon viele Kirchen. Eigene Ausstellungen - soweit bekannt - hatte er unter anderen im Hexenbürgermeisterhaus Lemgo (1963), im Kunstverein Bielefeld (1995, 2001), im Kulturamt Bielefeld („Mein freier Blick über Gärten und Felder“, 2015), im Haus des Gastes Rödinghausen (2017), in seinem Geburtsort Varenholz (2018), im Kloster Möllenbeck (2019, 2024 als Retrospektive unter dem Titel „100 Jahre Hermann Diestelhorst).
Folgende Ausstellungsbeteiligungen gab es: Im Osthaus Museum Hagen (1952), in der städtischen Kunsthalle Recklinghausen (Westdeutsche Grafik, 1952), im Landesmuseum Münster (Westfälische Kunstausstellung 1952 und 1954), in Lemgo (1962) sowie im Historischen Museum Bielefeld („Ansichtssache“, 2022).
Ehrenamtliche Tätigkeit
BearbeitenHermann Diestelhorst war rund 30 Jahre im Kunstverein Bielefeld aktiv. Nach vielen Jahren im Beirat folgten zehn Jahre im Vorstand. Er organisierte Ausstellungen und baute die Arthotek des Kunstvereins auf, die er lange Zeit gepflegt hat. Der Kunstverein würdigte Hermann Diestelhorst in einem Nachruf so: „Sein ganzes Leben hat er der Kunst gewidmet als deren kenntnisreicher Vermittler und als ausübender Künstler. Mit seiner bescheidenen, vorn warmherzigen Zuwendung und weisem Humor gezeichneten Art hat er viele Freunde für die Sache der Kunst gewonnen. Wir haben unserem Ehrenmitglied und aufrichtigem Freund Hermann Diestelhorst viel zu verdanken.“
Hermann Diestelhorst liebte Literatur und insbesondere Gedichte. Er sang im Chor seiner Kirchengemeinde mit. Hermann Diestelhorst hat nach seiner Pensionierung die Erzählung „Verschwundene Welt“ verfasst, in der er seine Kindheit in Varenholz anschaulich darstellt. Diese Schrift ist 2019 als Buch erschienen. Hermann Diestelhorst hat 1998 auch Holzschnitte zum Buch „Akupunktur mit spitzer Feder“ (Aphorismen und Epigramme) von Karl Seidel beigesteuert. Er war also auch als Buchautor und Illustrator. Seiner Schwester Emilie Lutter gehörte in den 50-er Jahren Gut Rothensande in Malente. Es wurde berühmt durch die drei Immenhof-Filme.
Vier Bilder aus dem umfangreichen Nachlass
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Basler Fastnacht (1963)
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Watvögel (1973) Farbholzschnitt
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Landschaft (1994) Farbholzschnitt
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Abstrakt (2001)