György Alexits (* 5. Januar 1899 in Budapest; † 14. Oktober 1978 ebenda) war ein ungarischer Mathematiker und Mitglied der ungarischen Akademie der Wissenschaften.

Studium, Zwischenkriegsjahre, Exil

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1917 legte er sein Abitur ab und schrieb sich an der damaligen Budapester königlichen wissenschaftlichen Hochschule (heute: Eötvös-Loránd-Universität Budapest) ein. Noch im selben Jahr wurde er zum Militärdienst eingezogen und zum Frontdienst abkommandiert.

Nach seiner Heimkehr im darauffolgenden Jahr am Ende des ersten Weltkrieges begann er sich in der jungen ungarischen kommunistisch/sozialistischen Bewegung zu engagieren, und zählte schließlich zu den Gründungsmitgliedern der am 24. November 1918 gegründeten leninistischen "Partei der Kommunisten in Ungarn" (KMP). Nach Zusammenbruch der Österreichisch-Ungarischen Monarchie und Ausrufung der föderativen ungarischen sozialistischen Räterepublik am 21. März 1919 wurde er ins regionale Direktorium der Stadt Nagyvárad (das heutige rumänische Oradea) berufen. Ab Mai desselben Jahres wurde er für den sozialistischen Studentenbund tätig. Mit Auflösung der Räterepublik am 1. August 1919 und Einsetzung des Reichsverwesers Miklós Horthy nach dem Ungarisch-Rumänischen Krieg, sah sich Alexits (angesichts zahlreicher Massaker im Rahmen des sog. „weißen Terrors“ durch die Truppen Horthys, dem innerhalb eines Jahres rund 5000 ehemalige Funktionäre, Anhänger und Sympathisanten des Rätesystems, aber auch zahllosen Unbeteiligte zum Opfer fielen) gezwungen das Land zu verlassen und floh nach Österreich. Da er in der Folge auch aus der Budapester Universität ausgeschlossen wurde, setzte er seine Studien an der Universität Graz fort. 1924 promovierte er dort mit einer Dissertation, in der er sich mit Problemen der Laplace-Gleichung auseinandersetzte.

Rückkehr und erste Lehrtätigkeit, Widerstand und Deportation

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Reisepass von György Alexits und seiner Ehefrau Erzsébet (geborene Sterstik) von 1928

1924 kehrte er nach Budapest zurück, wo ihm jedoch aufgrund seiner kommunistischen Haltung jegliche Lehrtätigkeit verboten wurde. Er war in dieser Zeit unter anderem am zentralen Statistikbüro Ungarns, für die Labor Arzneimittel Fabrik (ungar.: Labor Gyógyszervegyészeti Gyár) sowie die nationale Versicherungsanstalt als Mathematiker tätig.

Ab 1926 verließ er Ungarn erneut, um im rumänischen Giurgiu sowohl an einer Mittelschule zu unterrichten, als auch in der Position eines Assistenzlehrers an der Universität Bukarest erste Vorlesungen zu halten. Schließlich erhielt er ab 1928 die Erlaubnis auch in Ungarn Tätigkeiten im Schuldienst aufzunehmen. Zurück in Budapest begann er zunächst als Vertretungslehrer zu unterrichten, bis er 1930 als Mathematik- und Physiklehrer dem Kollegium der Váli úti polgári fiúiskola (Jungenschule in der Válistraße, heute Jozsef Attila Gymnasium) beitrat. Ab 1938 unterrichtete er parallel an zwei Gymnasien: Bis 1940 am Maria Római katholischen Mädchengymnasium sowie am Eötvös József Gymnasium bis 1943. Währenddessen erhält er 1941 am Lehrstuhl für Mathematik an der Technischen und Wirtschaftswissenschaftlichen Universität Budapest seinen ersten Lehrauftrag.

Im Jahr 1943 wurde Alexits als Veteran des ersten Weltkrieges durch das Horthy-Regime, unter dem das königlose Königreich Ungarn 1940 dem Dreimächtepakt der sogenannten Achsenmächte Deutschland, Italien und Japan beigetreten war, erneut zum Militärdienst einberufen, dem sich der 44-jährige Privatdozent jedoch entzog und stattdessen dem antifaschistischen Widerstand anschloss. 1944 wurde er gefasst und zunächst in Dachau, später in Spaichingen interniert.

Nach seiner Rückkehr 1945 übernahm er bis 1947 als Rektor die Leitung des Gizella Mädchengymnasiums im II. Bezirk Budapest (die heutige László Kalmár informatische Sekundarschule).

Politischer Einfluss nach 1945, Verstaatlichung des wissenschaftlichen Betriebes in Ungarn

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György Alexits Ausweis als ordentliches Mitglied der Ungarischen Akademie der Wissenschaften von 1951

Ab 1946 wurde Alexits im Rang eines Staatssekretärs im damaligen Ministerium für Religion und öffentliche Bildung (abgekürzt VKM) tätig.

Im Juni 1948 verschmolzen auf Druck der Sowjetunion die nach den Wahlen von 1947 koalierende Sozialdemokratische Partei Ungarns (MSZDP) und die Kommunistische Partei Ungarns (MKP, welche Ende 1944 aus der seit der Machtübernahme Horthys verbotenen KMP hervorging und sich bereits im Frühjahr 1948 die Nationale Bauernpartei einverleibt hatte) zur Partei der Ungarischen Werktätigen (MDP), die somit - bis zum ungarischen Volksaufstand 1956 - zur unangefochten dominierenden Partei im ungarischen Parlament wurde. Auf der Gründungsversammlung der MDP wurde bereits festgelegt, dass "Die grundsätzliche Aufgabe des nun folgenden Abschnitts unserer Wissenschaftspolitik ist unseren wissenschaftlichen Apparat im Dienst der Planwirtschaft zu mobilisieren. Um dies zu erreichen muss dieser Apparat von der Wurzel her umgewandelt werden, seine Anarchie und Zerrissenheit in isolierte Einzelteile muss beendet werden und er muss einem durchdachten, mit den konkreten Bedürfnissen der Produktion in Verbindung stehenden, Arbeitsplan untergeordnet werden", was unter "Einbeziehung der besten wissenschaftlichen Kräfte" geschehen sollte.(Vgl. AMTT 11) Die neue Regierungspartei hielt dann auch an dem bereits im Mai 1948 innerhalb der MKP empfohlenen Verfahren fest, dass diese Aufgabe durch einen neu zu bildenden ungarischen Wissenschaftsrat (Magyar Tudományos Tanács, kurz: MTT) bewältigt werden sollte (Vgl. AMTT 10), welcher praktisch die Funktion eines Wissenschaftsministeriums in der jungen zweiten Ungarischen Republik einnehmen sollte.

Am 8. September 1948 wurde das 15 Paragraphen umfassende XXXVIII. Gesetz über die "Einrichtung des wissenschaftlichen Rates" verabschiedet (Vgl. AMTT 14), und am 11. Dezember 1948 wurden die 25 Mitglieder in den zunächst 3 Fachabteilungen des MTT durch den Präsidenten der Republik Zoltán Tildy ernannt, unter denen Alexits als ein Mitglied der Fachabteilung Naturwissenschaften genannt wurde.(Vgl. AMTT 16) Tatsächlich war Alexits aber bereits durch das wissenschaftliche Komitee der MKP (dem Gyula Kállai vorsaß, welcher seinerseits wie Alexits zuvor Mitglied der bis zum Sturz Horthys verbotenen KMP gewesen war) als Vorsitzender dieses Rates vorgesehen, und wurde wie zu erwarten dann auch zu dessen Generalsekretär bestimmt. (Vgl. AMTT 10). Nicht zuletzt diese politisch motivierte Besetzung, aber auch vielfältige inhaltliche und strategische Meinungsverschiedenheiten sorgten innerhalb des Rates für zahlreiche Konflikte - die keineswegs immer sachlich ausgefochten, sondern mitunter Formen verächtlicher persönlicher Angriffe annahmen: (Vgl. AMTT 153ff.)

Nichtsdestotrotz war Alexits an dieser Stelle maßgeblich an der Neuordnung der Forschungslandschaft und Hochschulpolitik Ungarns beteiligt: Nach seiner Auffassung befassten sich "[...] bis auf wenige Ausnahmen, die einzelnen Institute nur mit den Problemen die in ihrer engen Sichtweise eben zufällig in ihr Blickfeld geraten. Die Forscher selbst sehen aufgrund ihrer ausschließlich fachlichen Interessen wissenschaftliche Probleme stets aus der Froschperspektive und erkennen nur in den seltensten Fällen die enge Verknüpfung dieser [wissenschaftlichen Probleme] mit den allgemeinen Phänomenen des Lebens. Ursache dieses Zustandes ist, dass die wissenschaftlich Forschenden heute noch unter dem Einfluss der alles verarbeitenden [sic!] kapitalistischen Ideologie stehen. Für sie ist ihr eigener Beruf zu einem fetischisierten Selbstzweck geworden, und selbst wenn die Fortschrittlichsten das Wesen des historischen Materialismus kennen, sind sie nicht in der Lage, seine Anwendung auf ihre eigene Wissenschaft zu verstehen. Infolgedessen haben sich in der wissenschaftlichen Forschung selbst die primitivsten Formen der Organisation nicht entwickelt." (Vgl. AMTT 19) Nach der Doktrin des Rates unter Alexits Vorsitz sollten die wissenschaftlichen Forschungseinrichtungen also von nun an (wie alle profanen Produktionsstätten auch) nach sowjetischem Vorbild zu großen Einheiten zusammengeschlossen werden, auf Grundlage von Jahresplänen ihre inhaltlichen Zielsetzungen verfolgen und entsprechend wirtschaften, sowie der Nachwuchs an wissenschaftlichen Fachkräften durch das Konzept der "Aspiranzen" und Kaderklassen gesteuert werden.

Schon bei der konstituierenden Sitzung des MTT wurde außerdem kaum verschleiert, dass die bisherige wissenschaftliche Autorität im Lande (die ursprüngliche im Aristokratischen Mäzenatentum des frühen 19. Jahrhunderts verwurzelte Akademie der Wissenschaften), wenn zwar nicht vollständig abgelöst, so doch zumindest tiefgreifend umgeformt werden sollte. Mit der Ausrufung der Volksrepublik Ungarn 1949 und der damit einhergehenden tatsächlichen Verstaatlichung aller Güter des Landes (die zuvor offiziell nur politische Agenda gewesen ist), wurde nun auch die Akademie der Wissenschaften selbst vollständig als Institution, mit ihrem Sitz und mit ihrem Namen zum Gegenstand der Reformierung nach kommunistischem Modell durch den MTT: Praktisch übernahm der MTT die Akademie als Hülle, während er sich selbst formell auflöste. Alexits wurde 1949 Generalsekretär der "neuen" staatlichen Akademie der Wissenschaften.



Forschung und Hochschullehre

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1.

Publikationen

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Auszeichnungen

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  • Kossuth-Preis (1951)
  • Staatspreis der Volksrepublik Ungarn (1970)
  • Tibor Szele Gedenkmedaille (1976)

Rezeption

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Zu seinem Gedenken verleiht die ungarische Akademie der Wissenschaften seit 1984 jährlich den György Alexits-Preis (ungar.: Alexits György-dij) für herausragende Forschungsleistungen auf dem Gebiet der Analysis.

  • AHRD: Huszár Tibor: A hatalom rejtett dimenziói: Magyar Tudományos Tanács, 1948–1949. (1995)
  • AMTT: Kónya Sándor: A Magyar Tudományos Tanács 1948–1949 (A MTAK közleményei 35. Budapest, 1998) (Link zur Onlineversion im Hungarian Cultural Heritage Portal)
  • ATFA: Pénzes Dávid: A tudományos fokozatzerzés átalakulása 1948–1953 között magyarországon (Link zur Onlineversion auf Repository of the Academy's Library)
  • Baumgartner: A budapesti I. kerületi M. Kir. Állami Verbőczy István Reálgimnázium (Főgimn.) összes tanárainak és irodalmi vagy művészeti tevékenységet kifejtő végzett növendékeinek lexikona. [Összeáll. Baumgartner Alajos]. Bp., 1927. Budai Könyvnyomda. 55 o.
  • Gulyás: Gulyás Pál: Magyar írók élete és munkái. Bp., Magyar Könyvtárosok és Levéltárosok Egyesülete, 1939-2002. 7. kötettől sajtó alá rend. Viczián János. 19 db.
  • KK: Ki kicsoda? Életrajzi lexikon magyar és külföldi személyiségekről, kortársainkról. Szerk. Fonó Györgyné, Kis Tamás. Bp., Kossuth, 1969. 617 o.
  • KLex: Kislexikon. Szerk. Ákos Károly. Bp., Akadémiai Kiadó, 1968. 941 o., 16 t., 4 térk.
  • KMKA: Keresztény magyar közéleti almanach I-II. [3. köt. Erdély. 4. köt. Délvidék.]. Fel. szerk. és kiadó Hortobágyi Jenő. Bp., 1940. 1292 o., 2 db.
  • MAÉL4: Magyar életrajzi lexikon. Főszerk. Kenyeres Ágnes. Bp., Akadémiai Kiadó, 1994. XV, 993 o., ill.
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  • MTAA: Magyar tudományos akadémiai almanach az . . . évre. Bp., Magyar Tudományos Akadémia, 1861-1918, 1921, 1924-1943. 77 db. - 1973, 1986, 1991, 1997, 2001.
  • MTAT: A Magyar Tudományos Akadémia tagjai 1825-1973. Összeáll. Fekete Gézáné. Bp., Magyar Tudományos Akadémia Könyvtára, 1975. XI, 609 o.
  • MTAT2: A Magyar Tudományos Akadémia tagjai 1825-2002. Szerzők: Markó László, Burucs Kornélia, Balogh Margit, Hay Diana. Bp., MTA Társadalomkutató Központ, 2003. 3 db.
  • MTTT3: Magyarok a természettudomány és technika történetében. Főszerk. Nagy Ferenc, Nagy Dénes. Bp., MVSZ-MTA-BME-MTESZ-Országos Műszaki Információs Központ és Könyvtár, 1986. 450 [1] o.
  • MTud: Magyar tudóslexikon. Főszerk. Nagy Ferenc. Bp., Better-MTESZ-OMIKK, 1997. 1024 o., ill.
  • MZSH: Don Péter: Magyar zsidó históriák. Anekdota lexikon. Szerk. és életrajzi lexikonnal kieg. Raj Tamás. Bp., Makkabi, 1997. 149 o.
  • PH: Prominent Hungarians home and abroad. Ed. by Márton Fekete [Sárközi Mátyás]. München, Aurora, 1966. 335 o.
  • PL: Pedagógiai lexikon. Főszerk. Nagy Sándor. Bp., Akadémiai Kiadó, 1976-1979. 4 db.
  • RÚL: Révai Új Lexikona. Főszerk. Kollega Tarsoly István. Szekszárd, Babits, 1996-. 16 db.
  • SAS: Péteri György: Születésnapi ajándék Sztálinnak. Vázlat az MTA államosításáról 1945–1950. (Századvég, 1989. 1–2. sz.)
  • TTL: Természettudományi lexikon. Főszerk. Erdey-Grúz Tibor. Szerk. biz. Bálint Andor [és mások]. Bp., Akadémiai Kiadó, 1964-1976. 7 db.
  • TP: Tudósportál - Alexits György (archive.org)
  • ÚIL: Új Idők lexikona. Bp., Singer és Wolfner, 1936-1942. 24 db. 6256 o. 640 t.
  • ÚMÉL: Új magyar életrajzi lexikon. Főszerk. Markó László. Bp., Magyar Könyvklub. I. köt. A-Cs. 2001; II. köt. D-Gy. 2002; III. köt. H-K. 2002.; IV. köt. L-Ő. 2003; V. köt. P-S. 2004.; VI. köt. Sz-Zs. 2007.
  • ÚML: Új magyar lexikon. Bp., Akadémiai Kiadó, 1959-1962. 6 db. Kieg. kötet, 1962-1980. 1972, 1981; Kieg. füzet. 1983.
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