Der Begriff Schattenfamilie (ˈʃatn̩faˌmiːli̯ə) bezeichnet

  1. einen Teil einer Familie, der vor anderen geheim gehalten wird, unbekannt oder verstorben ist, wie eine zweite Familie oder uneheliche Kinder
  2. eine Familie, die aufgrund der Ansteckungsgefahr eines Pathogens und der gravierenden gesundheitlichen Konsequenzen im Falle einer Ansteckung für behinderte oder chronisch kranke Familienmitglieder Infektionsrisiken konsequent minimiert

Schattenfamilie: Entstehung und Bedeutung

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In dieser Bedeutung wurde der Begriff Schattenfamilie im Kontext der Verbreitung von SARS-CoV-2 geprägt und erlangte z. B. dadurch größere Bekanntheit, dass Jasmina Kuhnke ihn auf Twitter verwendete. Sie erläutert, dass es sich um Familien handelt, die „im Schatten der Politik stehen“, die „die Bedürfnisse von vorerkrankten und behinderten Menschen nicht sieht".[1]

In Schattenfamilien ist mindestens ein Familienmitglied aufgrund von chronischen Erkrankungen, genetischen Dispositionen, Immunsuppression oder anderen Behinderungen mit Blick auf COVID besonders vulnerabel. Insbesondere für Menschen aus diesen Familien stellt das Virus nach wie vor eine gravierende gesundheitliche und potentiell lebensbedrohliche Gefahr dar, weshalb eine Infektion unbedingt vermieden werden muss.[2] Es handelt sich bei COVID um eine multisystemische Erkrankung mit unkalkulierbaren vaskulären, immunologischen, neurologischen und organischen Schäden[3][4][5][6][7][8][9], die gerade für Menschen mit vorgeschädigtem Immun-, Gefäß- und Organsystem, auch Kinder[10][11], trotz Impfungen und selbst bei leichtem Akutverlau [11] nach wie vor schwerwiegende Folgen haben kann.

Da sich da Virus in Kindergärten und Grundschulen schnell verbreitet[12][13] und die Kinder die Infektionen in die Familien tragen, ohne es zu wollen, ist insbesondere die an den an den Aufenthalt in einem geschlossenen Gebäude gebundene Schulpflicht für Schattenfamilien ein großes Problem.[14]

Sie beklagen Ableismus, die fehlende Vertretung ihrer Interessen in der Gesundheits- und Schulpolitik, Sozialdarwinismus[15] und mangelnde gesellschaftliche Solidarität[16]. Initiativen wie Bildung Aber Sicher[17] klären auf[18] und fordern, wie Anina Pommerenke für den NDR zusammenfasst, „mehr Aufmerksamkeit für die Situation der Schattenfamilien und mehr Schutz. Zum Beispiel durch eine konsequente Einhaltung der Hygieneregeln, eine strengere Maskenpflicht, eine einfachere Befreiung von der Präsenzpflicht und Unterstützung für sozial schwache Familien“.[19]

Ein weiteres Ziel ist es, die Distanz- und Onlinebeschulung zu ermöglichen,[20] damit sowohl dem Recht auf Gesundheitsschutz als auch dem Recht auf Bildung Rechnung getragen wird. Die Landeselternkonferenz NRW stellt klar, dass der fehlende Schutz vulnerabler Kinder und Familien „im Widerspruch zur UN-Behindertenkonvention [steht], die allen Kindern, die eine Behinderung haben oder von Behinderung bedroht sind, das Recht auf Bildung und Teilhabe zusichert“.[21]

Einzelnachweise

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  1. https://twitter.com/ebonyplusirony/status/1492064819708665862, 11. Februar 2022
  2. Giselle Ucar: https://www1.wdr.de/nachrichten/themen/coronavirus/schattenfamilien-corona-100.html Selbstisolation aus Angst vor Corona: Das Leid der Schattenfamilien. In: wdr.de.
  3. C. Sharma, J. Bayry: High risk of autoimmune diseases after COVID-19. Nat Rev Rheumatol (2023).
  4. Rahul Kumar et al. Potential long-term effects of SARS-CoV-2 infection on the pulmonary vasculature: Multilayered cross-talks in the setting of coinfections and comorbidities. PLOS Pathogens 19. 1 (2023)
  5. Chansavath Phetsouphanh et al. "Immunological dysfunction persists for 8 months following initial mild-to-moderate SARS-CoV-2 infection" Nature Immunology volume 23, pages 210–216 (2022)
  6. Barak Mizrahi et al.: Long covid outcomes at one year after mild SARS-CoV-2 infection: nationwide cohort study. BMJ 2023; 380 :e072529 doi:10.1136/bmj-2022-072529
  7. Feargal J. Ryan et al.: Long-term perturbation of the peripheral immune system months after SARS-CoV-2 infection. BMC Medicine, volume 20, Artikelnummer: 26 (2022)
  8. Covid and the brain: A neurological health crisis. Hunni Media for Knowable Magazine, 25. Mai 2022.
  9. European Society of Cardiology: COVID-19 patients retain elevated risk of death for at least 18 months after infection. ESC Press Office, 1.23.
  10. Mary Van Beusekom: COVID-19 neuro complications, long-term symptoms in kids. CIDRAP News, University of Minnesota,11. August 2022.
  11. a b Saima May Sidik: Heart-disease risk soars after COVID – even with a mild case. nature 10. Februar 2022.
  12. Frauke Suhr: Hohes Corona-Risiko in der Kinderbetreuung. In: statista, 13. April 2023.
  13. Torben Heinsohn et al.: Infection and transmission risks of COVID-19 in schools and their contribution to population infections in Germany: A retrospective observational study using nationwide and regional health and education agency notification data. PLOS Medicine, 20. Dezember 2022.
  14. Familien mit vorerkrankten Angehörigen: Wenn der Präsenzunterricht zur Lebensgefahr wird. News for Teachers, 31. Mai 2021.
  15. Colette M. Schmidt: Familien im Schatten der Corona-Politik. Der Standard 15.Februar 2022.
  16. Julia Jannaschk: „Wir haben keine Energie mehr übrig – wir versuchen, irgendwie zu überleben“: Eltern von Kindern mit Behinderung und chronischer Erkrankung fühlen sich von der Politik vergessen. In: Watson. 7. November 2021, abgerufen am 14. Februar 2022.
  17. Homepage Bildung Aber Sicher, abgerufen am 16.04.2023.
  18. Eltern-Info-Sars-CoV-2 Bildung Aber Sicher.
  19. Anina Pommerenke: Schattenfamilien: Rückzug ins Private wegen Corona. In: ndr.de. 20. Januar 2022, abgerufen am 14. Februar 2022.
  20. Forderungen Bildung Aber Sicher, Stand 10. Februar 2022, abgerufen am 16. April 2023.
  21. LEK NRW: Pressemitteilung – Neue Schulmail zum Auslaufen der Corona-Verordnungen wirft Fragen auf – Fehlende Gleichbehandlung – Missachtung des Bundesteilhabegesetzes und der UN-Behindertenrechtskonvention, 15. Januar 2023.

Kategorie:Familie