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Drei „Grand Tourists“ mit ihrem Cicerone am Titusbogen in Rom. Bild von Bernardo Bellotto, 1742. Royal Collection, ursprünglich in der Sammlung von Joseph Smith
Der junge Bär mit seinem Cicerone James Hay. Radierung von Pier Leone Ghezzi (1725)
Goethe hatte 1787 in Rom nicht nur ciceroni um sich, sondern auch Porträtisten, hier Angelika Kaufmann
Touristen mit Hund und einem Cicerone in Pompei. Gemälde Hackert (1793)
Ciceroni warten auf ihren Einsatz. Gemälde Hackert (1794)
Touristen und Cicerone im Pompei. Fotografie von Giorgio Sommer (19. Jh.)
Touristen und Führer auf dem Vesuv. Fotografie von Giorgio Sommer (1883)

File:Franz Ludwig Catel - Crown Prince Ludwig in the Spanish Wine Tavern in Rome - WGA4567.jpg

Cicerone (Aussprache italienisch) ist eine in verschiedenen Sprachen gebräuchliche weitere Bezeichnung für einen Fremdenführer. Im deutschen Sprachgebrauch kam das Wort im 18. Jahrhundert auf und wurde bis ins 20. Jahrhundert gelegentlich verwendet. Für eine größere Verbreitung des Wortes bis in die Bücherschränke des deutschen Bildungsbürgertums sorgte der 1855 erstmals aufgelegte Kunstführer „Der Cicerone“ von Jacob Burckhardt. Der „Cicerone“ (in der Mehrzahl die „Ciceroni“) hat sich als Bezeichnung in der deutschen Sprache aber nicht durchgesetzt. Gegenwärtig führt die Klassik Stiftung Weimar ein Projekt, in welchem Schüler für die Fremdenführung Gleichaltriger durch Weimar ausgebildet werden sollen, als „Cicerone-Projekt“ [1] durch, darin wird darin Wert auf geisteswissenschaftliches Interesse der Führer (und damit der Geführten) gelegt. Zum Cicerone gehört also auch das Klientel des Cicerone.

Herleitung

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Die Bezeichnung „Cicerone“ geht auf den römischen Politiker, Redner und Schriftsteller Cicero zurück, der für seine Redekunst berühmt ist. Ein Anhänger seiner Redeweise, der in einem ciceronischen Stil redet oder schreibt, hieß im antiken Rom „Ciceronianus“, im Englischen „Ciceronian“[2] (deutsch: „Ciceronianer“).

Aus der geschliffenen, aber langatmigen und die Aufmerksamkeit des Zuhörers strapazierenden Redeweise hat sich im Italienischen die Charakterisierung einer Person als cicerone abgeleitet, deren Weitschweifigkeit in der Argumentation oder auch gekünstelte Redeführung dem Zuhörer mitunter lästig ist. Die Genese der spöttischen Konnotation des Wortes im Italienischen bleibt noch festzustellen[3]. Es gibt es auch die Ansicht, dass der positive Begriff des Cicerone über das Englische in das Italienische zurückgeflossen sei. So stellt der Artikel cicerone im Oxford English Dictionary fest, dass die Herleitung nicht feststellbar ist, dass es Beispiele seiner Verwendung im Englischen vor der Verwendung im Italienischen gibt, nämlich im „Dialogue on Medals“ von Joseph Addison, der um 1726 veröffentlicht wurde. Aus dem Italienischen oder Englischen ist der Cicerone auch in das Spanische[4] gewandert und hat sich eine zeitlang in der deutschen Sprache aufgehalten. Da die Person dessen, der die Führung der Fremden übernahm, an keinen speziellen Beruf gebunden war, waren unter den ersten Ciceroni Buch- oder Antiquitätenhändler, sowie Angehörige der Freien Berufe (New English Dictionary, 1762). Das Englische kennt auch die Tätigkeit des cicerone (Verb) (he ciceroned us).

Ciceroni auf Goethes Italienreise

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Goethes Italienische Reise von 1786 bis 1788 war an das Muster der Grand Tour angelehnt, auf der vornehmlich junge englische Adlige seit dem Anfang des 18. Jahrhunderts zu einer Bildungsreise auf den Kontinent aufbrachen, deren Höhepunkt die antiken Stätten Italiens waren und ein weltlich motivierter Romaufenthalt.

Goethes Vater hatte 1739/1740 seine „Grand Tour“ in Italien und warnte in seinem fünfundzwanzig Jahre später [5], auf italienisch geschriebenen, enzyklopädischen Erlebnisbericht „Viaggio in l'Italia“[6] vor den falschen Ciceroni: „So bieten sie etwa mit einer bescheidenen und unschuldigen Miene ihre Hilfe an, wenn ein Reisender ein Denkmal besichtigen will; sie überhäufen ihn dann mit allen möglichen Übertreibungen von dieser oder jener Ruine, Inschrift oder was sonst Wertschätzung genießt, und führen ihn fast gegen seinen Willen überall herum. Wenn dann die Runde beendet ist, verlangen sie ein ebenso gutes Trinkgeld, als wenn sie bestellte Ciceroni gewesen wären.“[7]

Johann Wolfgang von Goethe hatte neben den Ermahnungen seines Vater als Reiseführer die Historisch-kritischen Nachrichten von Italien [8] von Johann Jacob Volkmann dabei, der heute auch lobend als „Cicerone“ genannt wird. Goethe beschäftigte auf seiner Reise verschiedenes Personal, das er selbst auch als „Cicerone“ bezeichnete. Der eigentlichen Bedeutung am nächsten kam wohl in Agrigent ein „Don Michael Vella, Antiquar, wohnhaft bei Meister Gerio“ [9]. Auf der Fahrt dahin war Goethe über seinen „Vetturin“, den Kutscher seines Gefährts, voll des Lobes, da er „zugleich Stallknecht, Cicerone, Garde, Einkäufer, Koch und alles ist“[10], also konnte auch ein einfacher Bediensteter ein „Cicerone“ sein. Gleichwohl beklagte auch der Sohn die Abhängigkeit von den Dienstleuten in seinen Venezianische Epigrammen: „Vetturine trotzen mir nun, es schmeichelt der Kämm'rer, Und der Bediente vom Platz sinnet auf Lügen und Trug.“[11]. Diese Ciceroni allerdings schleppten den schwitzenden Goethe auch den Vesuv hinauf[12].

Sprachlich und gesellschaftlich einfacher hatte Goethe es in Rom, wo sich aus der Schar gut ausgebildeter „Aussteiger“ einer deutschen Kolonie insbesondere der Maler Johann Heinrich Meyer um den resignierenden Minister Goethe kümmerte. Deutsche Ciceroni in Rom waren Friedrich Bury und Aloys Hirt, Franz Ludwig Catel und Jakob Philipp Hackert. Hirt wurde anschließend „Fürstlich Weimarischer Rat“, Meyer Professor in Weimar. Als weiterer Cicerone während Goethes Rom-Aufenthalt galt der Kunstagent Johann Friedrich Reiffenstein, der auch den Cicerone bei der Italienreise Johann Gottfried Herders und dem Italienaufenthalt Anna-Amalias von Sachsen-Weimar spielte. Mit Goethe später überworfen hatte sich der Dichtermaler Friedrich Müller, der 1805 in Rom als Cicerone des bayerischen Kronprinzen Ludwig eine Verdienstmöglichkeit hatte, die ihm auch noch den Titel Hofmaler einbrachte. In Neapel „den Cicerone machen“ weigerte sich dagegen im Brief vom 6. Februar 1788 Heinses Malerheld im Briefroman „Fiormona“[13].

In Rom ansässige Engländer kümmerten sich gleicherweise um die englischsprachige Klientel, so der Antiquar James Byres, der seit 1758 in Rom wohnte, weiterhin James Stuart und Gavin Hamilton[14] . Auf der anderen Seite war der in Venedig lebende britische Kaufmann Joseph Smith zwar Anlaufstelle und Bankier der jungen Engländer auf der Grand Tour in Venedig und ihr Kunstagent, von ihm heißt es allerdings nicht, dass er ein „Cicerone“ gewesen sei. Möglicherweise war ein solcher Dienst unter der Würde eines emporstrebenden venezianischen Kaufmanns.

Die Landsleute wie die Einheimischen unter den Ciceroni hatten gleichermaßen eine anspruchsvolle, wenn nicht bornierte, Kundschaft, die ihren Reiseführer schon von zu Hause mitbrachten, vor Ort alles als Fälschung in Frage stellten und bereits 1845 plappernd durch die Kirchen spazierten, so beschwerte sich Charles Dickens in einem Brief über die Peinlichkeiten, die die hunderte britischer Touristen - ausgerüstet mit hunderten Exemplaren von John Murrays Handbook for Travellers in Central Italy und Mariana Starke's Travels in Europe[15] - den professionellen Ciceroni bereiten. Wieder zu Hause hatten sie dann allerdings „alles“ gesehen und dann war auch alles „echt“ [16].

Die englischsprachige Romanliteratur des 19. Jahrhunderts, weniger des 20. Jahrhunderts, kennt auch ciceroni[17], so bei Henry James, in Typee von Herman Melville, bei Mark Twain, Joseph Conrad und O. Henry, in Middlemarch von George Eliot und auch in The Time Machine von H. G. Wells, usf.

Der Cicerone

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Obwohl in Heyse's Fremdwörterbuch von 1844ff[18] auch auf den „halb spöttischen“ Beiklang des Fremdwortes „Cicerone“ hingewiesen wurde, sind im 19. Jahrhundert eine Reihe von Büchern und Schriften erschienen, die unter dem Signet „Cicerone“ dem Reisenden die Orientierung in einer Region erleichtern wollten[19], das ging von Barcelona über Neapel bis zur Magaretheninsel zwischen Buda und Pest.

  • K. J. K. (Autor), Cicerone in und um Neapel : Nach Romanelli, Marzullo, del Re, Paolini, Vasi EC. Brünn 1828
  • Franz Selka, Wiener-Cicerone, Wien 1836
  • Franz Wilhelm Richter, Hesperien. Ein Cicerone für Italien, vornehmlich für Rom und Neapel, Quedlinburg und Leipzig 1838.
  • Wilhelm Lukas, Der Cicerone in den Weckelsdorfer Felsen, illustr. in 10 Ansichten. 2. Aufl. , Prag 1853 (Goethe war 1790 in der Adersbach-Weckelsdorfer Felsenstadt)
  • Antonio Bofarull y Broca, Guia-Cicerone de Barcelona, 1855
  • J. Heinrich, Der Kurzweilige Cicerone auf der Margarethen-Insel, Wien 1869

Burckhardt war also in der deutschen Sprache nicht der Wortschöpfer des „Cicerone“ als eines Genres für Reiseführer, möglicherweise hat er den Begriff auch nicht als erster für einen Kulturführer eingesetzt. Auch nach Burckhardt sind eine Reihe von Titeln in der Tradition der Gebietsführer ohne Bezug auf sein Buch entstanden, aber es haben sich auch Autoren mit kulturellen Ambitionen deutlich auf ihn bezogen, so Gustav Ebe 1897 mit dem Der deutsche Cicerone. Führer durch die Kunstschätze der Länder[20]. Ein Amorbacher Cicerone erschien erstmals 1948[21].

Burckhardt hatte 1846 bis 1848 seine Grand Tour und einen knapp einjährigen Italienaufenthalt. Seine Notizen Werk auch ein vorsichtig apostrophierten „Cicerone“ voran[22]

Eine mediale Anpassung des Cicerone hat heute der Audioführer in Form des Audiobooks, der seine letzte Form und technische Gestalt wohl noch nicht gefunden hat und möglicherweise einem „Cicerone on demand“ weichen wird.

siehe auch

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Literatur

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  • Jacob Burckhardt, Der Cicerone : Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens, Kröners Taschenausgabe Stuttgart 1986 ISBN 3-520-13404-7 zuerst 1855
  • Simpson, John A. [Hrsg.],the oxford english dictionary, Oxford : Clarendon Press , 1989
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Einzelnachweise

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  1. Cicerone-Projekt
  2. Eintrag „Ciceronian“ im Penguin English Dictionary
  3. fare il cicerone, Artikel cicerone in : Dizionario enciclopedico italiano, Roma  : Istituto della Enciclopedia Italiana , 1970, S. 195
  4. Beispiel für Fremdenführer : Cicerones de Buenos Aires
  5. Ariane Huml, Silben im Oleander, Wort im Akaziengrün: zum literarischen Italienbild [1] S.57
  6. Johann Caspar Goethe, Reise durch Italien im Jahre 1740
  7. unbelegtes Zitat bei Sebastian Januszewski, Das beste Surkrut in Rom. Die Reiseberichte der deutschen Literatur um 1800 als Reiseführer unserer Tage gelesen. In: Der Freitag. 11. Juli 2008 [2]
  8. Johann Jacob Volkmann, Historisch-kritische Nachrichten von Italien, 3 Bde., Leipzig 1770/71
  9. Goethe, Italienische Reise, Girgenti, Donnerstag, den 26. April 1787
  10. Goethe, Italienische Reise, 9. April 1787
  11. Venezianische Epigramme, 3
  12. Hartmut Böhme, Goethes Erde zwischen Natur und Geschichte. Erfahrungen von Zeit in der "Italienischen Reise", in: Goethe-Jahrbuch 110 (1993), S. 209–227.
  13. Wilhelm Heinse, Fiormona: oder, Briefe aus Italien. Mit dem Bildnisse der Fiormona, Kreuznach 1803, S. 10 [3]
  14. siehe englische Wikipedia:en:James Byres; en:James Stuart (1713–1788); en:Gavin Hamilton (artist)
  15. Mariana Starke, Information and Directions for Travellers on the Continent (1824; expanded and republished as Travels in Europe for the use of Travellers on the Continent and likewise in the Island of Sicily, to which is added an account of the Remains of Ancient Italy in 1832. siehe englische Wikipedia en:Mariana Starke
  16. Charles Dickens, Brief aus Rom an Graf D'Orsay, zitiert bei: Eleanor McNeesReluctant source: Murray's handbooks and pictures from Italy
  17. Stichwortsuche in thefreelibrary
  18. Dr. Joh. Christ. Aug. Heyse's allgemeines verdeutschendes und erklärendes Fremdwörterbuch mit Bezeichnung der Aussprache und Betonung der Wörter nebst genauer Angabe ihrer Abstammung und Bildung Hannover, Hahn'sche Hofbuchhandlung - 1865
  19. Bestand der Österreichische Nationalbibliothek mit dem Suchwort „Cicerone“
  20. Gustav Ebe, Der deutsche Cicerone. Führer durch die Kunstschätze der Länder Leipzig 1897-1901 4 Bände
  21. Walter Hotz,Amorbacher Cicerone. Kunstgeschichtlicher Wegweiser durch Abtei und Stadt... 5., neu bearbeitete und ergänzte Auflage, Amorbach 1976
  22. Einleitung, S.


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