Titelseite der Schrift David Burdas: Das 13 capitel zun Römern

Bei dem handschriftlichen Traktat Das 13 capiteln zum Römern handelt es sich um eine um 1530 abgefasste Auslegung des neutestamentlichen Textes Römer 13 EU. Als Verfasser gilt der mährische Täuferlehrer David von Schweinitz[1] (auch David von Schweintz genannt, möglicherweise identisch mit David Burda; * Ende des 15. Jahrhunderts vermutlich in Schweinitz/Südböhmen; † 16. Jahrhundert). Er war einer der ersten Leiter der proto-hutterischen Gemeinde in Auspitz.[2]

Im Zentrum des Traktats stehen die Fragen, ob der habsburgische Kaiser als eine von Gott gesetzte Obrigkeit angesehen werden kann und ob Christen die von ihm erhobenen Kriegsabgaben, zum Beispiel die sogenannte Türkensteuer, leisten dürfen.

Geschichte des Traktats

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Der Traktat Das 13 capiteln zum Römern ist in zwei Fassungen (A und B) überliefert; sie waren ursprünglich Bestandteil einer gebundenen Kompilation mehrerer Schriften, die im Nürnberger Staatsarchiv unter dem Namen Ansbacher Religionsakten aufbewahrt werden und hier den Band 39 bilden. Bei der Zusammenstellung des Bandes, der neben den zwei Fassungen der Auslegung einen Begleitbrief David von Schweintz' und den genannten Brief Reublins an Marbeck enthält sowie eine Reihe weiterer Texte von Hans Schlaffer, Balthasar Hubmaier, Leonhard Schiemer, Thomas Müntzer und Hans Hut. Beigefügt sind notizartige Schriftstücke aus dem theologischen Umfeld Hans Huts. Die Kompilation, die aus verschiedenen Oktavheften unterschiedlicher Handschrift bestand, wurde bei der Einbindung in den 39. Band der Ansbacher Religionsakten wieder in ihre Einzelteile zerlegt.[3]

Zur Geschichte der Kompilation

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Am 2. April 1531 wurde die Ehefrau des Zürcher Täufers Julius Lober durch den brandenburgischen Amtmann Albrecht Gailing, der seinen Sitz auf Burg Hoheneck bei Ipsheim (Mittelfranken) hatte, verhaftet. Bei der Durchsuchung ihres Gepäcks wurden die zu einem Buch gebundenen Oktavhefte sowie der bereits mehrfach erwähnte Reublin-Brief entdeckt und konfisziert.[4] Die Schriftensammlung, die vermutlich aus dem Besitz ihres Mannes stammte, der wenige Tage später ebenfalls in Gewahrsam genommen wurde, kam offensichtlich aus Mähren, wo er vor Weihnachten 1530 bei Wilhelm Reublin zu Gast gewesen war. Der Empfang des Büchleins muss zwischen 26. Januar (Datum des Reublin-Briefes!) und etwa Ende März 1531 (Inhaftierung der Ehefrau am 2. April!) datiert werden. Damit lässt sich die Niederschrift der Texte David (Burda) von Schweintz' ebenfalls zeitlich einordnen; sie muss in den wenigen nach der Trennung von den Austerlitzern (8. Januar 1531) und vor der Absendung der Schriften an Lorber erfolgt sein.


David von Schweinitz, David von Schweintz, David Burda

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Da der Name David von Schweintz in zwei verschiedenen geographischen Zusammenhängen erwähnt wird, ist es nicht einfach, den Verfasser der Römerbrief-Auslegung eindeutig zu identifizieren. Andreas Johannes Friedrich Zieglschmid (1903–1950), Herausgeber des Geschichtbuch der Hutterischen Brüder von 1581, bezog den Hinweis „von Schweintz“ auf die nahe Budweis gelegene Kleinstadt Schweinitz, damals im Volksmund auch „Schweintz“ genannt. Der Kirchengeschichtler Werner O. Packull (1941–2018) deutete die Herkunftsbezeichnung auf das niederschlesische Schweidnitz (heute: Świdnica), das ebenfalls mundartlich als „Schweintz“ bezeichnet wurde. Dokumentiert wurde dort für die Jahre nach 1531 der Auftritt eines Täuferpredigers namens David, der von Mähren in seine niederschlesische Heimat zurückgekehrt war. Nach einigen Jahren ungestörter Missionstätigkeit war er bei den städtischen Behörden aktenkundig geworden.[5] Martin Rothkegel, der ursprünglich Packulls Sichtweise übernommen hatte, hält heute das südböhmische Schweinitz als Herkunftsort des Täufers David für wahrscheinlicher. Er begründet das unter anderem damit, dass David in den hutterischen Geschichtsbüchern[6] und auch von Wilhelm Reublin (* um 1484; †nach 1559) als „behemisch“ bezeichnet wird. Rothkegel bezieht noch eine weitere Mitteilung auf David von Schweinitz. Dort wird unter Bezugnahme auf eine verlorene Schrift Oswald Glaits von den zahlreichen Schismen unter den mährischen Täufern berichtet. Darin heißt es unter anderem, dass ein gewisser „David Burda auf Knieen betete, dass Feuer auf die Austerlitzer Wiedertäufer fallen und sie verbrennen möge (…).“[7] „Das“, so Rothkegel, „paßt durchaus zu dem, was wir über David von Schweinitz und seinen Konflikt mit den Austerlitzern wissen.“ Hinzukommt, dass der einzige David Burda, dessen Existenz in Böhmen und Mähren zwischen 1500 und 1550 belegt ist, aus Schweinitz in Südböhmen stammt.[8]

Wenn die oben näher ausgeführte Gleichsetzung stimmen sollte, dann handelt es sich bei David von Schweinitz um den 1519 erwähnten Stadtrichter von Böhmisch Krumau, dem Zentrum des südböhmischen Silberbergbaus. Neben seinem Richteramt hielt er zwischen 1518 bis 1521 Anteile eines örtlichen Bergbauunternehmens. Ab 1525 wirkte er als Kanzler der Herren von Rosenberg. Sein Vorgänger in diesem Amt war Davids Bruder Daniel Burda, der von 1511 bis 1513 an der Wiener Universität studiert hatte[9] und von Kaiser Maximilian I. in den Ritterstand erhoben worden war. Als er 1521 verstarb, stand er als Kanzler in den Diensten Heinrichs VII. von Rosenberg. Sein Grab befindet sich in der Klosterkirche St. Aegidii in Třeboň; die Grabinschrift lautet: „nobilis vir Daniel Burdenus magnifici Henrici de Rosis cancellarius“.[10]

Welche Ausbildung beziehungsweise welches Studium David Burdau absolviert hat, ist bislang unbekannt. Wahrscheinlich war sein beruflicher Weg der Laufbahn Pilgram Marbecks vergleichbar. Der aus Rattenberg stammende ehemalige Bergbauunternehmer, Bürgermeister, Bergrichter und Täufer war in Begleitung seiner Ehefrau Anna nach Böhmisch Krumau gereist und hatte dort eine Täufergemeinde ins Leben gerufen. Im Sommer 1528 ordinierte ihn die benachbarte Austerlitzer Täufergemeinde als Ältesten und entsandte ihn anschließend mit einem Gemeindegründungsauftrag nach Straßburg.[11] Die Frage, auf welche Weise David Burda als Kanzler eines katholischen Adligen mit den Täufern in Verbindung kam, muss unbeantwortet bleiben.

David von Schweinitz und die Täufergemeinden in Austerlitz und Auspitz

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David (Burda) von Schweintz gehörte zur Austerlitzer Täufergemeinde. Gemeinsam mit Wilhelm Reublin und Georg Zaunring[12]bildete er innerhalb der Gemeinde ab 1530 eine oppositionelle Partei, die schließlich zum Schisma führte. Mit etwa 250 Anhängern trennten sich die Drei von ihrer Gemeinde; sie zogen nach Auspitz und gründeten dort eine neue Täufergemeinde. Die hutterischen Chroniken nennen als Ursache des Konflikts und als Grund für die Spaltung die Meinungsverschiedenheiten um die Praxis der Gütergemeinschaft sowie in die unmoralischen Verhaltensweisen der Austerlitzer Ältesten und Lehrer. Später erhoben die genannten Chroniken ähnlich Vorwürfe gegen die neue Gemeinschaft in Auspitz.[13]

Am 26. Januar 1531 schrieb Wilhelm Reublin einen Brief an Pilgram Marbeck, der – wie bereits erwähnt – als Sendbote der Austerlitzer Gemeinde nach Straßburg gezogen war. In diesem Schreiben zeigt sich eine andere Sichtweise auf den Konflikt, der zur Trennung der Auspitzer von der Austerlitzern führte. Reublin berichtete unter anderem, dass die Austerlitzer zwei Jahre nach ihrer Gründung wieder begonnen hätten, Kriegssteuern zu zahlen, ohne dass die Grundherrschaft dies gefordert hätte und dass David von Schweinitz sowie weitere Mitstreiter genau dagegen protestiert hätten. Kurz vor dem Schisma habe in diesem Zusammenhang noch eine Disputation stattgefunden. David und die Leitung der Austerlitzer Gemeinde seien daran beteiligt gewesen. Der Streit konnte nicht geschlichtet werden; im Gegenteil: er führte zum Schisma.[14]

Literatur

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  • Martin Rothkegel: Antihabsburgische Opposition und täuferischer Pazifismus. Die Auslegung von Römer 13 des David Burda aus Schweinitz 1530/31. In: Mennonitische Geschichtsblätter. 69. Jahrgang (2012). S. 7–43.

Einzelnachweise

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  1. Nicht zu verwechseln mit dem niederschlesischen Adligen David von Schweinitz, der gut 100 Jahre später geboren wurde!
  2. Martin Rothkegel: Institutionalisierte Rebellion. Aufsässige Praktiken der Hutterischen Täufer in Mähren. In: Armed Memory. Agency und Peasants Revolts in Central und Southern Europe (1450–1700) (Hrsg. Gabriella Erdélyi). Vandenhoek § Ruprecht: Göttingen, 2016. ISBN 9783525550977. S. 130
  3. Die dieses Abschnitts orientieren sich, sofern nicht anders angegeben, an Martin Rothkegel: Antihabsburgische Opposition und täuferischer Pazifismus. Die Auslegung von Römer 13 des David Burda aus Schweinitz 1530/31. In: Mennonitische Geschichtsblätter. 69. Jahrgang (2012). S. 23f.
  4. Gottfried Seebaß: Müntzers Erbe. Werk, Leben und Theologie Hans Huts (= Band 73 der Quellen und Forschungen zur Reformationsgeschichte); Hrsg. Irene Dingel). Gütersloher Verlagshaus: Gütersloh, 2002. ISBN 3-579-01758-6. S. 83f.
  5. Werner O. Packull: Hutterite Beginnings. Communitarian Experiments during the Reformation. Johns Hopkins University Press: Baltimore, 1999. ISBN 978-0-8018-6256-4. S. 101; 291f.
  6. Andreas J. F. Zieglschmid (Hrsg.): Die älteste Chronik der Hutterischen Brüder. Ein Sprachdenkmal aus frühneuhochdeutscher Zeit. Ithaka: New York, 1943. S. 93f; 99; 113; 118
  7. Zu den Habrovaner Brüdern, den Verfassern dieser Mitteilung, siehe Martin Rothkegel: Mährische Sakramentierer des zweiten Viertels des 16. Jahrhunderts: Matej Poustevník, Beneš Optát, Johann Zeising (Jan Cízek), Jan Dubcanský ze Zdenína und die Habrovaner (Lulcer) Brüder (= Bibliotheca dissidentium XXIV). 2005. ISBN 978-3-87320-708-0. S. 176.
  8. Martin Rothkegel: Antihabsburgische Opposition und täuferischer Pazifismus. Die Auslegung von Römer 13 des David Burda aus Schweinitz 1530/31. In: Mennonitische Geschichtsblätter. 69. Jahrgang (2012). S. 27f.
  9. Karl Schrauf: Die Matrikel der ungarischen Nation an der Universität Wien 1453–1630. Wien, 1902. S. 85 („Daniel Burdensis“); S. 170 („Daniel Burdenus de Schweintz“, „Daniel Burda de Schweintz“)
  10. Martin Rothkegel: Antihabsburgische Opposition und täuferischer Pazifismus. Die Auslegung von Römer 13 des David Burda aus Schweinitz 1530/31. In: Mennonitische Geschichtsblätter. 69. Jahrgang (2012). S. 27; zur Grabinschrift für Daniel Burda siehe Quellenangaben S. 42f (Anmerkung 60).
  11. Stephen B. Boyd: Pilgram Marpeck. His Life an Social Theology (= Veröffentlichungen des Instituts für europäische Geschichte Mainz - Abteilung Religionsgeschichte, Band 147). Verlag Philipp von Zabern: Mainz, 1992. ISBN 3-8053-1159-1. S. 52
  12. Zu Zaunring siehe den GAMEO-Artikel Robert Friedmann: Zaunring, Georg (d. 1531/38). (1959); eingesehen am 3. Mai 2023
  13. Martin Rothkegel: Antihabsburgische Opposition und täuferischer Pazifismus. Die Auslegung von Römer 13 des David Burda aus Schweinitz 1530/31. In: Mennonitische Geschichtsblätter. 69. Jahrgang (2012). S. 21
  14. Reublins Brief, der sich im Band 39 der sogenannten Ansbacher Religionsakten befindet, die im Nürnberger Staatsarchiv aufbewahrt werden, ist abgedruckt bei Carl Adolf Cornelius: Geschichte des Münsterschen Aufruhrs in drei Büchern (= Zweites Buch). Leipzig, 1860. S. 253–259. Die Nachricht über die „Kriegssteuer“: S. 257.

Kategorie:Person (Täuferbewegung) Kategorie:Pazifismus