Karl Julius Erich Tornow (* 11. Dezember 1900 in Wasserleben; † 12. Januar 1985 in Heusenstamm) war ein deutscher Sonderpädagoge.

Kindheit, Jugend und Ausbildung

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Karl Tornow wuchs als Sohn von Hedwig Tornow (geborene Gutkäß) und Karl Friedrich August Tornow auf. Seine Mutter kümmerte sich als Hausfrau um ihn und seine beiden Schwestern Gertrud und Hildegard. Sein Vater arbeitete als Oberbahnassistent bei der Preußischen Staatseisenbahn und stieg dort bis zum Oberkassenvorsteher auf. In Wasserleben ist er Bahnhofsvorsteher. Tornow besucht in Wasserleben die Dorfschule Lüttje Schaule und wechselt nach drei Jahren auf die Mittelschule in Osterwieck. Mit 14 Jahren schloss er diese ab. nicht interessiert an einem herkömmlichen Berufsleben, beschließt er Volksschullehrer zu werden. Dazu besucht er zunächst die Präparandenanstalt, einen Internatsbetrieb in Halberstadt und anschließend das dortige staatliche evangelische Lehrerseminar. Er war sehr erfolgreich und schloss dort seine Ausbildung zum Volksschullehrer ab. Seine erste Lehrerprüfung legte er am 4. März 1921 ab.[1]

Erste Berufsjahre (1921–1928)

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Trotz seiner mehrfachen Auszeichnung als Senior und Obersenior und eines Abschlusszeugnisses, das lediglich die Notenstufen „sehr gut“ und „gut“ enthielt, findet er anschließend keine Anstellung als Volksschullehrer. So beginnt er am 1. April 1921 zunächst als Erziehungsgehilfe in der Landeserziehungsanstalt Gut Lüben in Burg (bei Magdeburg), die um die 400 männliche Jugendliche beherbergte, die dort zwangsweise untergebracht sind. Ein Jahr später wird er mit der Beaufsichtigung des sogenannten „Festen Hauses“ betraut. Dabei handelte es sich um eine gefängnisartige Einrichtung innerhalb der Einrichtung, in der besonders schwererziehbare Jugendliche untergebracht sind.[2] Zu diesem Zeitpunkt sucht er Kontakt zum Bund Entschiedener Schulreformer. Seine reformerischen Ansätze blieben der Leitung nicht verborgen. Er wurde in das Landeswaisenheim bei Weißenfels versetzt, wo er vom 12. März 1923 bis zum 31. März 1928 tätig war. Dort wird Tornow auch erstmals als Lehrer in der dortigen Heimvolksschule eingesetzt. Er unterrichtete dort von der Unterstufe bis zur Oberstufe und ist auch als Erzieher in der Knabenschule tätig. Am 30. Juni 1925 besteht er die zweite Lehrerprüfung und kann nun endgültig als Volksschullehrer eingesetzt werden.

In dieser ersten Phase seines Berufslebens engagiert sich Tornow als Reformpädagoge, der sich gegen die repressive Praxis seiner Zeit wendet.[2]

Ausbildung zum Hilffschullehrer und Studium (1928–1932)

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Geänderte Ausbildungsbedingungen ermöglichten es Tornow an zwei Ausbildungskursen teilzunehmen, durch die er Hilfsschullehrer werden konnte. Die beiden Ausbildungskurse wurden von Martin Breithbart im Auftrag des Verbands der Hilfsschulen Deutschlands (heute Verband Sonderpädagogik) und sollten eine eigenständige Hilfsschullehrerausbildung zu Grunde legen. Am 14. November 1927 bestand Tornow die Hilfsschullehrerprüfung mit der Note „mit gutem Erfolge“. Am 1. April 1928 begann Tornow seinen Dienst in der Pestalozzi-Hilfsschule in Halle an der Saale, die von Breitbarth geleitet wird. Gleichzeitig schrieb er sich an der Universität Halle in den Fächern Philosophie und Pädagogik, als Nebenfächer belegt er Psychologie, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften. Insgesamt studierte er acht Semester. Zu seinen Professoren gehörte unter anderem der Herbartianer Paul Menzer, der als Liberalist gilt und ein für seine Zeit modernes Verständnis von Pädagogik vermittelt. Er wird schließlich auch Tornows Doktorvater. Tornows Dissertation trägt den Titel Der Lehr- und Bildungsplan der Hilfsschule. Nach einer „ausgezeichnet bestandenen“ Prüfung wurde er am 14. Februar 1932 zum Doktor der Philosophie ernannt.[3]

Parallel dazu war Tornow ab 1928 auch in der Hilfsschullehrerausbildung tätig. So gab er Kurse an der Pestalozzi-Hilfsschule für angehende Hilfsschullehrer in dem Fach Heimat- und Kulturkunde.[4]


Fachschaftsleiter, Schulrat, Mitarbeiter im Rassenpolitischen Amt (1933–1943)

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Gefördert von Breitbarth gelingt es Tonow neben seiner beruflichen Tätigkeit auch im Berufsverband Karriere zu machen. Er wird 1933 zunächst zweiter Schriftleiter, am 31. Mai 1934 erster Schriftleiter des Verbandsorgans „Die Hilfsschule“ (ab April 1934 „Die deutsche Sonderschule“). Daneben wird er stellvertretender Leiter der Fachschaft Sonderpädagogik. Ab 1939 wird er außerdem Reichsfachschaftsleiter sowie einer von vier Reichsfachgruppenleitern. Die beiden Ämter füllte er bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs aus. Als Behördenberater hatte Tornow hier eine große Machtstellung inne und war an der Verfassung zahlreicher für die Hilfsschule wichtiger amtlicher Dokumente federführend beteiligt.[5]

Tornow bemüht sich zwar zwischen 1934 und 1937 um einen Lehrstuhl an einer Pädagogischen Hochschule zur Zeit des Nationalsozialismus, scheitert jedoch in diesen Bemühungen. Er konnte diese berufliche Niederlage jedoch für sich nutzen und gab im späteren Entnazifizierungsverfahren an, aus politischen Gründen nicht eingestellt worden sein. Nach neuesten Erkenntnissen wurde jedoch sein Studienkollege Fritz Fleischer bevorzugt, da er über gleiche Qualifikationen verfügte und Tornow es versäumte rechtzeitig die für die Einstellung notwendigen Unterlagen vorzulegen.[4]

Ab dem 1. Juli 1937 wurde Tornow Rektor der Pestalozzi-Hilfsschule in Magdeburg. Ab dem 1. Oktober 1939 wurde er zudem zum nebenamtlichen Leiter der Zentral-Hilfsberufsschule Magdeburg ernannt.[6]

Ab dem 18. August 1938 wurde Tornow als nebenamtlicher Mitarbeiter des Rassenpolitischen Amts der NSDAP geführt. Dort war er als einer von mehreren Vertretern der Fachschaft Sonderpädagogik im Referat „Negative Schülerauslese und Sonderschulfragen“ tätig.[5]

Am 1. April 1942 wurde Tornow in die Reichshauptstadt Berlin berufen. Als Referent für Volks- und Sonderschulen ist er nun in der Behörde des Stadtratspräsidenten in der Abteilung für Volks- und Mittelschulen tätig. Zunächst kommissarisch ernannturde Tornow am 1. Dezember 1942 auch nunmehr offiziell zum Schulrat ernannt. In diesem Amt beerbt er Arno Fuchs. Er führte anschließend die Schulaufsicht über zwei Volksschulbezirke sowie sämtliche Hilfs- und Sonderschulen der Stadt Berlin. Gleichzeitig war er federführend an der Ausgestaltung der Lehrerausbildung im Sonderschulwesen beteiligt.[5] So sah er eine universitäte gemeinsame Ausbildung aller im Sonderschulwesen tätigen Lehrer vor, deren Grundsteine er bereits 1935 schriftlich verfasst hatte. Seine Bestrebungen scheitern jedoch an der Kriegslage im Zweiten Weltkrieg.[4]

Als Sonderpädagoge für Hirnverletzte (1943–1950)

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Bereits kurz nach der Ernennung zum Schulrat wurde Tornow am 1. März 1943 als Soldat eingezogen. Er erhielt eine Ausbildung bei den Landesschützen in Hildesheim und wurde zunächst mit Schreibdienst betrat. Am 10. September 1943 wurde er in das Luftwaffenlazarett für Hirn-, Rückenmark- und Nervenverletzte in Berlin-Reinickendorf verlegt. Dort war er unter der Leitung von Wilhelm Tönnis als Psychologe und Heilpädagoge tätig. Vom 16. Februar bis zum 6. Juni 1944 wird das Lazarett nach Königsberg in Ostpreußen verlegt. Anschließend kommt es zur erneuten Verlegung nach Bad Ischl. Für weitere zwei Wochen kommt das gesamte Lazarett nach [Isny]] ins Allgäu. Dort gerät Tornow in Kriegsgefangenenschaft und setzte seine Tätigkeit unter französischer besetzung und zur Behandlung französischer Soldaten bis zum 30. April 1946 fort. Das Luftwaffenlazarett wurde schließlich in ein Versorgungskrankenhaus umgewandelt und mehrfach verlegt. Ab dem 1. Oktober 1947 ist Tornow damit für das Landeskrankenhaus für Hirn-, Rückenmark- und Nervenverletzte in Alzey tätig. Er absolvierte das Entnazifizierungsverfahren ohne Probleme und blieb bis 1950 im Krankenhaus tätig.[7]

Erziehungsberatungsstelle und in freier Praxis

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Nach dem Krieg begann Tornow im „Psychotherapeutischem Institut und Erziehungsberatungsstelle für das Land Niedersachsen“ in Hannover zu arbeiten. Das von Ministerialrat Hans Alfken geleitete Institut ist eine multiprofessionelle Einrichtung im Stile der US-amerikanischen Child Guidance Clinic nach Lydia Sicher. Psychotherapie und Beratung folgen Alfred Adlers individualpsychologischem Ansatz. Tornow wurde am 17. November 1953 zum Regierungsrat und drei Jahre später zum Beamten auf Lebenszeit ernannt. Offiziell wurde er im Landesjugendamt in Hannover und später im Landesversorgungsamt als Mitarbeiter geführt, allerdings war er beurlaubt und mit voller Stelle an das Institut abgeordnet. Diese Konstellation hatte er Alfken zu verdanken, der sich für eine Verbeamtung Tornows stark machte.[8] ab.

Tornow versuchte wiederum seinen Traum von einer Professur in der Lehrerausbildung zu verwirklichen. Er unterhält Kontakte in die Schweiz, wo die sonderpädagogische universitäre Ausbildung bereits weiter ist als in Deutschland. Er pocht dortr auf die Unterstützung von Heinrich Hanselmann und Paul Moor, die beide an der Universität Zürich lehrten. In Deutschland schreibt er mit Erich Beschel, dem Leiter des sonderpädagogischen Instituts an der Universität Dortmund und Kurt Prautzsch, der an der Universität Halle lehrt. Diese Bemühungen scheitern jedoch, insbesondere da Beschel befürchtete eine Einstellung Tornows würde seine eigene NSDAP-Mitgliedschaft in den Fokus rücken.[4] Tornows Lebenstraum sollte damit keine Verwirklichung finden. Aber Tornow engagierte sich dennoch in der Hilfsschullehrerausbildung. Berufsbegleitend ließ er sich zum Psychotherapeuten ausbilden und schloss diese Ausbildung am 30. Mai 1956 ab. Zudem engagierte er sich in der Psychagogenausbildung, die für Hilfsschullehrer ein zweites Standbein wurde, Die Ausbildung ist eine Spezialisierung auf therapeutische und pädagogische Einzelfallhilfe und legt den Fokus auf Prävention und Beratung. Tornow lehrte im Institut von Hannover die „Geschichte der Sonderpädagogik“.[4]

1960 wurde er außerdem als Lehranalytiker anerkannt. Auch nach seiner Pensionierung war er weiterhin am Institut tätig, bis er am 31. Juli 1967 dort ausschied. Anschließend hatte er eine eigene Praxis in seinem Wohnhaus und war von 1974 bis 1975 Leiter des Psychotherapeutischen Instituts in Heidelberg. Am 3. August 1981 wurde ihm das Verdienstkreuz am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland für seine Verdienste als Heilpädagoge und Psychotherapeut verliehen.[8]

Frühe Arbeiten

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1923 beginnt Tornows schriftstellerische Karriere. Zu seiner Zeit als Erziehungsgehilfe auf dem Gut Lüben verfasst er das Buch Schiffbrüchige des Lebens. Der bekannte Schulreformer und Vorsitzende des Bundes Entschiedener Schulreformer Paul Oestreich schrieb dazu das Vorwort. Tornow findet jedoch keinen Verleger und das Manuskript blieb unveröffentlicht. Während des Zweiten Weltkriegs wird es vernichtet. Teile seiner damaligen Aufzeichnungen verwendete Tornow für eine Artikelserie über die Situation des Fürsorgeanstalt in Lüben. Dabei zitiert er ein vorgebliches Tagebuch eines Erziehers von dort, in Wahrheit handelt es sich jedoch um sein eigenes.[2]

Während seiner zweiten Tätigkeit in Weißenfels schrieb er mit Seelenmenschen (unter dem Pseudonym „Poetzsch“) und „Christoph Buchems Traum“ zwei Theaterstücke. Letzteres wird im Leipziger Theaterverlag Arwed Strauch publiziert.[2]

Als Hilfsschullehrer

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Bereits Tornows Dissertation Der Lehr- und Bildungsplan der Hilfsschule von 1932 wurde rasch zum [Standardwerk]] der Hilfsschullehrerausbildung und erschien zunächst im renommierten Carl Marhold Verlag. Eine zweite Auflage erschien 1938 im Leipziger Armanen Verlag.[3]

Literatur

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  • Dagmar Hänsel: Karl Tornow als Wegbereiter der sonderpädagogischen Profession. Die Grundlegung des Bestehenden in der NS-Zeit. Julius Klinkhardt, Bad Heilbrunn 2008, ISBN 978-3-7815-1624-3.

Einzelnachweise

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  1. Dagmar Hänsel: Karl Tornow als Wegbereiter der sonderpädagogischen Profession. Die Grundlegung des Bestehenden in der NS-Zeit. Julius Klinkhardt, Bad Heilbrunn 2008, ISBN 978-3-7815-1624-3, S. 15 ff.
  2. a b c d Dagmar Hänsel: Karl Tornow als Wegbereiter der sonderpädagogischen Profession. Die Grundlegung des Bestehenden in der NS-Zeit. 2008, S. 18–20.
  3. a b Dagmar Hänsel: Karl Tornow als Wegbereiter der sonderpädagogischen Profession. Die Grundlegung des Bestehenden in der NS-Zeit. 2008, S. 20–23.
  4. a b c d e Dagmar Hänsel: Karl Tornow als Wegbereiter der sonderpädagogischen Profession. Die Grundlegung des Bestehenden in der NS-Zeit. 2008, S. 39 ff.
  5. a b c Dagmar Hänsel: Karl Tornow als Wegbereiter der sonderpädagogischen Profession. Die Grundlegung des Bestehenden in der NS-Zeit. 2008, S. 28 ff.
  6. Dagmar Hänsel: Karl Tornow als Wegbereiter der sonderpädagogischen Profession. Die Grundlegung des Bestehenden in der NS-Zeit. 2008, S. 27 f.
  7. Dagmar Hänsel: Karl Tornow als Wegbereiter der sonderpädagogischen Profession. Die Grundlegung des Bestehenden in der NS-Zeit. 2008, S. 34 f.
  8. a b Dagmar Hänsel: Karl Tornow als Wegbereiter der sonderpädagogischen Profession. Die Grundlegung des Bestehenden in der NS-Zeit. 2008, S. 35 ff.