Benutzer:Hotti4/Deutschsprachige Bevölkerung der Böhmischen Länder

Deutsches Sprachgebiet in den Böhmischen Ländern (Stand: 30er Jahre des 20. Jahrhunderts)

Auf dem Gebiet der heutigen Tschechischen Republik, den historischen Böhmischen Ländern, leben seit dem frühen Mittelalter im unterschiedlichen Umfang Angehörige deutschsprachiger Bevölkerungsgruppen. Teilweise sind diese seit vielen Generationen in diesem Gebiet ansässig. In den verschiedenen historischen Phasen und politischen Zusammenhängen waren für diese Personen unterschiedliche Begriffe gebräuchlich.

Begriffe

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Sprach man früher häufig schlicht von den Deutschen in Böhmen, Mähren oder Schlesien, verwendete man später eher den Begriff Deutschböhmen und Deutschmährer. Im Rahmen des Nationalitätenkonfliktes des 20. Jahrhunderts und der anschließenden Vertreibung wurde für die deutschsprachige Minderheit der Ersten Tschechoslowakischen Republik die Bezeichnung Sudetendeutsche gebräuchlich, wobei einige der hiermit bezeichneten diesen Begriff ablehnen, um sich von Institutionen wie der Sudetendeutschen Landsmannschaft oder der Politik der Sudetendeutschen Partei abzugrenzen.

Mundarten

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Es existierten auf dem Gebiet Böhmens, Mährens und Schlesiens mehrere, räumlich voneinander getrennte deutschsprachige Gebiete, die meistens direkt an benachbarte deutschsprachige Gebiete in Deutschland und Österreich angrenzten, und in denen die gleichen Dialekte gesprochen wurden. Daneben existierten mehrere Sprachinseln innerhalb tschechischsprachiger Gebiete und gemischtsprachige Bereiche wie beispielsweise einige Stadtviertel der Stadt Prag.

Im äußersten Nordosten an der Grenze zum preußischen Schlesien wurde Schlesisch gesprochen. Im Einzelnen handelte es sich in Ostböhmen um den Glätzischen Dialekt und in Nordmähren um Gebirgsschlesisch. In Nordböhmen entlang der sächsischen Grenze sprach man Thüringisch-Obersächsisch. In der Iglauer Sprachinsel wurde ein Mischdialekt mit dem Nordbairischen gesprochen. Im böhmischen Bereich des Erzgebirges und im daran anschließenden Saazer Land verwendete man wie im angrenzenden sächsischen Erzgebirge den Ostfränkischen Dialekt, der auch in Sprachenklaven im Schönhengstgau und in Nordmähren gesprochen wurde. In West- und Südböhmen sowie in Südmähren wurden Dialekte des Bairischen gesprochen, die ebenfalls den angrenzenden Dialekten der Oberpfalz, Niederbayerns, Ober- und Niederösterreichs ähnelten. Mittelbairisch sprach man auch im Schönhengstgau, in Budweis, Wischau, Brünn und Olmütz, Nordbairisch wurde in der Iglauer Sprachinsel gesprochen[1].

Um die örtlichen Dialekte, die heute nur noch in der Diaspora gesprochen werden, zu dokumentieren, werden das Sudetendeutsche Wörterbuch und der Atlas der historischen deutschen Mundarten auf dem Gebiet der Tschechischen Republik herausgegeben.

 
Tracht aus der Schönhengster Sprachinsel zwischen Böhmen und Mähren

Geschichte

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Mittelalter und frühe Neuzeit

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Gastmahl der Generale Wallensteins in Pilsen

Zur Zeit des böhmischen Herrschergeschlechts der Přemysliden setzte erstmals eine geförderte Zuwanderung aus Gebieten des heutigen Deutschland nach Böhmen ein. Dies betraf hauptsächlich die dünn besiedelten oder unbesiedelten Grenzgebiete des Königreichs Böhmen, in denen wirtschaftlich vor allem Waldwirtschaft, Bergbau und Glasindustrie dominierten. Da das Königreich Böhmen im Zusammenhang mit dem Heiligen Römischen Reich enge Verbindungen zu deutschsprachigen Gebieten unterhielt, bestand zu diesen ein enger Austausch. Unter der Regentschaft Karl IV. als Kaiser des Heiligen Römischen Reiches und König von Böhmen wurde 1348 die Prager Karls-Universität gegründet. In Böhmen wurde von Johannes von Saaz eine der ersten deutschsprachigen Prosadichtungen, Der Ackermann aus Böhmen, geschrieben. Im Laufe der nach Verbrennung des Reformators Jan Hus folgenden Hussitenkriege kam es zwar auch zu Übergriffen gegen deutschsprachige Einwohner der Böhmischen Länder, in überwiegendem Maße lässt sich aber ein friedliches Zusammenleben der verschiedenen Sprachgruppen in Böhmen, Mähren und Schlesien festhalten. Sämtliche Bevölkerungsgruppen hatten in gleichem Maße unter dem Dreißigjährigen Krieg zu leiden, der die Einwohnerzahl Böhmens um zwei Drittel reduzierte[2][3]. Die Neubesiedlung des Landes erfolgte überwiegend aus benachbarten deutschsprachigen Gebieten. Nach dem Dreißigjährigen Krieg kam es zu einem durch die politischen Umstände im damaligen Habsburgerreich begünstigten Bedeutungszuwachs der deutschen Sprache gegenüber der tschechischen Sprache.

Von der französischen Revolution und den darauf folgenden Napoleonischen Kriegen inspiriert entstanden in Europa Nationalbewegungen. So kam es im 19. Jahrhundert zu einem zunehmenden Nationalbewusstsein der verschiedenen Sprachgruppen der böhmischen Länder, die sich gegeneinander abgrenzten. Während sich weite Teile der deutschsprachigen Bevölkerung an der deutschen Einigungsbewegung orientierte, lehnten tschechischsprachige Wortführer eine Teilnahme an dieser Bewegung ab. Sie hingen zumeist der Idee eines von Habsburg unabhängigen Königreiches Böhmen, dem Austroslawismus oder dem von Russland dominierten Panslawismus an. Im Gegensatz zu diesen Nationalbewegungen stand die Idee des Bohemismus, der von der Zugehörigkeit sämtlicher Einwohner der böhmischen Länder zu einem einzigen gemeinsamen, wenn auch zweisprachigen, Volk ausging.

Der Zeitraum von 1868 bis 1871 war von einem zunehmenden Konflikt der Sprachgruppen gekennzeichnet, der sich in Ausschreitungen und regionalen Diskriminierungen der jeweils anderen Sprachgruppe äußerte. 1900 wurde eine territoriale Aufteilung Böhmens unter ethnisch-sprachlichen Gesichtspunkten gefordert. Josef Titta bemühte sich im Rahmen der Gründung des Deutschen Volksrates um eine Einigung der deutschböhmischen Interessengruppen. Nach einer Aufteilung der böhmischen Wahlkreise unter ethnischen Gesichtspunkten 1907 plante der Volksrat ab 1909 eine vollständige Aufteilung Böhmens. Zur Umsetzung dieser Planungen kam es wegen des Ersten Weltkrieges und des Zerfalls der Donaumonarchie nicht mehr.

Erste Tschechoslowakische Republik

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Nach dem für Österreich-Ungarn verlorenen Ersten Weltkrieg wurde in Prag die Tschechoslowakische Republik ausgerufen. In den deutschsprachigen Landesteilen rief man unter Berufung auf das von Woodrow Wilson proklamierte Selbstbestimmungsrecht der Völker die Provinzen Deutschböhmen (Nordwestböhmen), Sudetenland (Nordostböhmen und Nordmähren) und „Einschlußgebiete“ mit den Sprachinseln um Iglau, Olmütz und Brünn aus, die ihrerseits den Anschluss an die Republik Deutschösterreich anstrebten. Unter Billigung der Alliierten besetzten tschechoslowakische Truppen diese wirtschaftlich bedeutsamen Gebiete im November 1918, die Zugehörigkeit der besetzten Gebiete zur Tschechoslowakei wurde im Rahmen des Vertrages von Saint Germain bestätigt. In dieser Zeit bürgerte sich der vorher nur sporadisch verwendete Begriff Sudetendeutsche als zusammenfassende Bezeichnung der deutschsprachigen Minderheit in der neugegründeten Tschechoslowakei ein. Nach Gründung der Tschechoslowakei siedelten zunehmend tschechischsprachige Staatsangestellte und Beamte in vormals deutschsprachigen Regionen.

In der Tschechoslowakei traten zwei politische Strömungen innerhalb der deutschsprachigen Bevölkerung in Erscheinung: Der Aktivismus, dessen Anhänger sich mit den neuen Verhältnissen arrangierten, und der Negativismus, dessen Anhänger sich verweigerten. Zu Vertretern der negativistischen Strömung gehörte beispielsweise die Deutsche Nationalsozialistische Arbeiterpartei (DNSAP) unter Hans Knirsch, die antikapitalistische, antikommunistische, völkische und antisemitische Züge aufwies[4]. Rudolf Lodgman von Auen war ebenfalls ein bekannter Vertreter dieser politischen Richtung. Er vertrat die negativistische Deutsche Nationalpartei. Vertreter einer aktivistischen Politik waren der Bund der Landwirte, die Deutsche Christlich-Soziale Volkspartei und die Deutsche Sozialdemokratische Partei. Diese Parteien beteiligten sich auch an Regierungen in Prag.

Die NSDAP aus Deutschland gewann zunehmend Einfluss auf die DNSAP, die ab 1932 auch eine uniformierte Parteigruppe mit der Bezeichnung „Volkssport“ unterhielt.[5] Nach Adolf Hitlers Machtübernahme wurde die DNSAP 1933 verboten, die DNP löste sich auf.

Konrad Henlein bot diesen politischen Kräften durch Gründung der Sudetendeutsche Heimatfront am 1. Oktober 1933 ein neues Sammelbecken. 1935 waren durch die Wirtschaftskrise 600.000 von 2,5 Millionen erwachsenen Sudetendeutschen arbeitslos,[6] wovon nur 30 % staatliche Unterstützung erhielten.[7] Diese Entwicklung stand im Gegensatz zur Situation des Arbeitsmarktes im Deutschen Reich, wo sich die Arbeitslosigkeit zwischen 1933 und 1935 halbierte.[8] 1935 errang die aus der Heimatfront hervorgegangene „Sudetendeutsche Partei“ (SdP) rund zwei Drittel aller Stimmen der deutschsprachigen Wahlberechtigten. Forderte die SdP zunächst eine stärkere Autonomie innerhalb der Tschechoslowakei, geriet sie zunehmend in Abhängigkeit der NSDAP und forderte nach Abbruch der Autonomieverhandlungen am 15. September 1938 unter dem Motto Heim ins Reich den Anschluss an das Deutsche Reich. Im September verübten Kräfte des Sudetendeutschen Freikorps während der Sudetenkrise Terroranschläge auf tschechoslowakische Staatsvertreter und auf Infrastruktur.

Anschluss des Sudetenlandes an das Großdeutsche Reich

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Vertreibung

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Hauptartikel: Vertreibung der Deutschen aus der Tschechoslowakei

Nachkriegszeit

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Neue Siedlungsgebiete der Vertriebenen

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Wirtschaft und Kultur nach der Vertreibung

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Einwohner der Grenzgebiete nach Vertreibung der deutschsprachigen Bevölkerung

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Gegenwart

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Vertriebene und deren Nachkommen in Deutschland und Österreich

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Heutige Deutsche Minderheit in Tschechien

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Gegenwärtige deutsch-tschechische Beziehungen

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Vertretungen

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Siehe auch

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Literatur

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Einzelnachweise

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  1. Karte der deutschen Mundarten in Böhmen, Mähren und Schlesien
  2. „Böhmen, das bei Beginn des Krieges etwa zwei Millionen Einwohner zählte, hatte bei Kriegsende nur mehr 600.000“ – zitiert nach Emil Franzel, Sudetendeutsche Geschichte, 2002, S. 150.
  3. „Bei der zwischen 1653 und 1655 durchgeführten Revision der Steuerkataste (Berní rula) wurde festgestellt, daß die Bevölkerungszahl in Böhmen auf unter eine Million Menschen abgesunken war; […] Rund ein Drittel der 1618 ansässigen Einwohner war durch die Vertreibung der Akatholiken, durch Kampfhandlungen, Hungersnöte und Seuchen dem Land verloren gegangen, wobei vor allem die mehrfach […] grassierende Pest zahllose Opfer forderte.“ – in: Jörg K. Hoensch, Geschichte Böhmens, C.H. Beck, 1997, S. 235.
  4. Peter Glotz: Die Vertreibung. Böhmen als Lehrstück. München 2003, S. 119.
  5. Peter Glotz: Die Vertreibung. Böhmen als Lehrstück. München 2003, S. 119.
  6. http://www.bpb.de/publikationen/T80IHC,1,0,Republik_unter_Druck.html
  7. Rede des Parlamentsabgeordneten Sandner vom 25. Juni 1935
  8. http://www.dhm.de/lemo/objekte/statistik/arbeits12/index.html
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