Portraitzeichnung Talhoffers von 1467.

Hans Talhoffer, gelegentl. Hans Dalhover, Hans Thalhofer oder Hans Talhöfer, (* ca. 1420; † ca. 1490) war ein deutscher Lohnkämpfer, Schirmmeister (Fechtmeister) und Verfasser von Fechthandschriften.

Nach eigener Aussage (Thott 290 2°) stand Talhoffer oft selbst in den Schranken als Lohnkämpfer. Bekannt wurde er jedoch als einer der ersten Verfasser von Fechthandschriften (Fechtbücher). Fünf seiner illustrierten Manuskripte über die spätmittelalterliche Kampfkunst, insbesondere über den Gerichtskampf sind erhalten. Dabei stand er in gewissem Maße in der Tradition des Johannes Liechtenauer, entwickelte aber seinen eigenen Stil. So fehlen Hauptleger (Kampfstellung, Hut), Haupthäue und einige Hauptstücke Liechtenauers in den Bildkatalogen seiner Handschriften; andere Stücke sind uminterpretiert (z.B. Krumphau mit kurzer Schneide). Talhoffers Codices wurden in Werkstätten angefertigt. (Fechtbücher). Der inhaltliche Schwerpunkt in seinen Codices lag weniger im langen Schwert, denn bei den Waffengattungen für das gerichtliche Ordal und im Ringen. Talhoffers Codices wurden in Werkstätten angefertigt.


Einige Zeit stand Talhoffer im Dienst des schwäbischen Junkers Lutold III. (Liutold, Leuthold) von Königsegg . Dieser suchte ihn offenbar als Schirmmeister für ein Ordal auf und für die Erstellung des Königsegger Codex (Hs. XIX 17-3), dies taten einige Jahre zuvor ebenso die Gebrüder vom Stain zu Rechtenstein, David und Buppelin, die die Handschrift 78 A 15 in Auftrag gaben. Graf Eberhard V. von Württemberg - der spätere Herzog Eberhard I. von Württemberg - ließ von ihm die Handschrift Codex Icon. 394a anfertigen. 1454 hielt sich Talhoffer in Zürich auf. Dort erteilte er am Rathausplatz Fechtunterricht und trat in einigen Schaukämpfen auf.

Die Abbildungen der Kampftechniken (Stücke) in seinen Fechthandschriften belegen seine Kampfkraft. Seine Empfehlung in der Hs. XIX 17-3: "...und setzte deine ganze Kraft in rechtem Maße ein..." und sein Motto "Bedenke dich recht", die Aufschrift seines Wappens in Thott 290 2°, scheinen Zeugnis einer eher besonnenen Persönlichkeit zu sein.

Jung man

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Das Fechten mehr ist als sportive Unterhaltung oder die Kunst, einen Gegner zu besiegen, belegt Hans Talhoffer in dem Königsegger "Kampfbuch". Die Übersetzung von "Jung man" aus der Hs. XIX 17-3:

Junger Mann, nun lerne Gott zu lieben und die Frauen zu ehren. Sprich gut von den Frauen und sei tapfer, wie ein Mann es sein soll, und hüte dich vor Lug und Trug. Trachte nach Redlichkeit und befleißige dich in der Ritterschaft. Mit Freuden sollst du üben: Steinwerfen und Stangen drücken, Tanzen und Springen, Fechten und Ringen, Lanzenstechen und Turnierkampf, und dazu schönen Frauen zu hofieren. Sei aufgelegt zu Lust und Scherz: Fechten verlangt Herz.

Junger Mann: erschrickst du leicht, dann sollst du nicht das Fechten lernen. Die ganze Kunst wäre verloren, denn das Dröhnen des Schlages und die derben Streiche machen ein zaghaftes Herz bald weich.

Nun habe eines Mannes Mut, gegen jeden, der dir Unrecht tut. Willst du bei Ehren bleiben, so sollst du die Wahrheit üben. Hüte dich vor den Bösen, die keine Treue halten können. Hast du dies verstanden, so geselle dich zu den Guten [Frommen]. Wenn man dir einen Rat geben will, so überdenke diesen gut. Dann kannst du erkennen, ob er dir nützt oder schadet.

So spricht der Talhoffer!

Nun lerne die wahre Lehre: Du sollst dich sehr gut besinnen, wenn du fechten oder ringen willst. Achte darauf dem Fechten treu zu sein, denn der Brauch [des Fechtens] ist nicht neu; traue nicht jedermann. Steh fest wie ein Bär und gleite nicht hin und her [sei aufrichtig und nicht wankelmütig]. Das merke dir und verwende deine ganze Kraft im rechten Maße. Lerne gute Kunst und schaue oft in dein Fechtbuch, da findest du alles dargestellt.[1]

Die Fechthandschriften

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Eine Abbildung aus der Königsegger Fechthandschrift Hs. XIX 17-3 von Hans Talhoffer

Talhoffer behandelte in seinen Handschriften zumeist die Stücke, die benötigt wurden, um in einem gerichtlichen Zweikampf zu bestehen. Die Ringerkunst Meister Otts, gibt er als erster wieder, in seiner frühesten (Sammel-)Handschrift Chart. A 558. Diese beinhaltet die ebenso wichtige Liechtenauersche Fechtlehre. Aber auch metaphysische und magische Elemente werden beschrieben, so befindet sich in Chart. A 558 die Namenmantik des Johannes Hartlieb (ca. 1410 – 1468). Des Weiteren sind wie in Thott 290 2° (ebenfalls eine Sammelhandschrift) Exzerpte aus dem Bellifortis von Konrad Kyeser von 1405 aufgenommen. Alle Originale sind in Frühneuhochdeutsch verfasst. Die fünf - ob Talhoffer KK 5342 noch in Auftrag gab ist zweifelhaft, jedenfalls ist der Codex eine unvollständige Kopie der Königsegger Hs. XIX 17-3 - von ihm verfassten Handschriften weisen folgenden Inhalt auf:

Waffen und Kampfsysteme:

  • Das Lange Schwert
  • Kurzschwert mit Buckler
  • Das Lange Messer
  • Scheibendolch
  • Kriegshammer und andere Stangenwaffen
  • Stech- und Hakenschilde
  • Bauernkeule
  • Harnischkampf z. T. mit den oben genannten Waffen und dem Halbschwert
  • Der Kampf zu Pferde mit Lanze bzw. Spieß, Schwert, Armbrust, z. T. mit Ringertechniken
  • Ringen
  • Dreschflegel
  • Grubenkampf Frau gegen Mann

Des Weiteren:

  • Liechtenauersche Verse über „Die Kunst des Langen Schwertes“
  • Auszüge aus Konrad Kyesers Bellifortis: Beschreibung von Rüstzeug, Waffen und allgemeinem Kriegshandwerk z. T. mit Kriegsmaschinen (Bellifortis)
  • Anleitung zur Vorbereitung für den gerichtlichen Zweikampf
  • Gesellschaftliche Verhaltensregeln des Fechters.[2]

Kampfstil

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Talhoffers Abbildungen im Katalag seiner Fechthandschriften zeigen in der Regel Momentaufnahmen von Kämpfen; also keine Grundschule, bzw. Basisübungen von Stücken (Kampftechniken). Mag man den Zeichnern Glauben schenken, zeichnete sich sein Stil durch eine enorme Schnellkraft aus. Die Gelenke waren entsprechend eingedreht und er war so zu peitschenartigen Aktionen fähig, ähnlich einer Sprungfeder, die in Spiralen gedreht ist. Dadurch hatte er eine enorme Sprungkraft sowie eine maximale Schnellkraftübertragung in die Arme, die die jeweilige Waffe führten. Seine Ringkunst war sehr geschmeidig, die Bewegungen der Körper - besonders in der Handschrift XIX 17-3 - sind außerordentlich fließend und weich dargestellt. Somit konnte er in den Angriff des Gegners regelrecht hinein gleiten. Der ehemalige Bundestrainer im Ringen, Rainer Welle, bezeichnet die technische Fertigkeit Talhoffers im Ringen in seiner Dissertation ("... und wisse das alle höbischeit kompt von deme ringen", s.u.) als kaum zu übertreffen. Die Spiralkraft wird in den Tafeln bis in die Fingerglieder dargestellt. Damit sind entsprechend außerordentliche Positionierungen z.B. mit dem Schwert möglich. Mit dem Kriegshammer zeigt er z.B. in Cod. Icon. 394a offensichtlich schnelle Drehungen in den Rücken des Kontrahenten.

Die Haltung ist im Allgemeinen aufrecht, die Hüftarbeit in den Handschriften ausgeprägt, so dass diese die Spiralkraft verstärkt. Wenn nötig "schlupft" er aber auch unter dem Angriff des Gegners gebeugt durch, um ihn zu werfen oder seine Waffe in den Rücken des anderen zu bringen.

Besonderheiten

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  • Einziger Verfasser von Fechthandschriften, der in den Schranken stand.
  • Einer der ersten Verfasser von Fechthandschriften.
  • Ersteller von fünf Fechthandschriften.
  • Eine Vielzahl an Waffen, bzw. Kampfsystemen in den Handschriften.
  • Die erste Aufnahme der Ottschen Ringkunst in einer Handschrift.
  • Vielleicht der erste, bei dessen Sammelhandschrift der Liechtenauer Zedel (Fechtzettel, die Handschrift Hs 3227a) involviert ist. Hier ist die Datierung von Peter von Danzigs und Ringecks Handschriften noch zu untersuchen. Zur Zeit werden diese später datiert als Talhoffers Chart A 558.
  • Sehr dynamischer Stil. Auch spätere Handschriften anderer Meister weisen im Bildkatalog zumeist einen festeren Stand und weniger Beweglichkeit auf.
  • A 588 ist eine der ersten Fechthandschriften mit Bildkatalog.
  • Talhoffer war offensichtlich nicht arm, konnte er es sich doch leisten, die Handschriften A 558 und Thott 290 2° sein eigen zu nennen, beide beinhalten seinen Besitzeintrag.
  • Originale

Chart. A 558/ Gotha, Universitäts- und Forschungsbibliothek Erfurt - Zwischen 1443 und 1448

78 A 15/ Berlin, Kupferstichkabinett der Stiftung Preußischer Kulturbesitz - Um 1449- 1451 - Für: Gebrüder vom Stain zu Rechtenstein

Hs. XIX 17.3/ Königseggwald, Gräfliche Bibliothek- Zwischen 1455 und 1459 - Für Lutold III. von Königsegg (bzw. dessen Familie)

Thott 290 2° København, Kongelike Bibliotek - 1459 http://www.kb.dk/da/nb/materialer/haandskrifter/HA/e-mss/thalhofer/thalhofer.html

Cod. Icon. 394a (olim Gotha, Memb. I 114)/ München, Bayerische Staatsbibliothek - 1467 - Für Graf Eberhard V. von Württemberg http://mdz10.bib-bvb.de/~db/0002/bsb00020451/images/

  • Frühe Kopien

KK 5342 (bisher P 5342 B, olim Ambras 55) / Wien, Kunsthistorisches Museum, Hofjagd- und Rüstkammer - Ca. 1480–1500 - Kopie von Hs. XIX 17-3 (3 fehlende Zeichnungen); die Handschrift war ursprünglich zusammengebunden mit einem lat. Bellifortis (KK 5342 A).

Cod. I.6.2°.1 / Augsburg, Universitätsbibliothek - Ca. 1555–1560, vor 1561 - Kopie von Hs. XIX 17-3

Cod. Ser. n. 2978 / Ehem. Wien, Österreichische Nationalbibliothek, (jetzt Privatbesitz) - 16. Jh., eventuell jedoch noch jünger - Kopie von Codex Icon. 394a

  • Späte Kopien

Cod. Guelf. 125.16 / Wolfenbüttel, Herzog August-Bibliothek - 17. Jh. - Unvollständige Kopie aus Chart. A 558. (fast ausschließlich die Genrebilder der Versoseiten in präziser Nachahmung), Kopien aus Cod. Icon. 394a und KK 5342.

Inv. Nr. Hz. 14 / Coburg, Landesbibliothek - 2. Hälfte 17. Jh. - 21 kolorierte Federzeichnungen aus Chart. A 558 und Cod. Ser. n. 2978. In Sepia lavierte Federzeichnungen aus Cod. Icon. 394a.

Philos. 61 / Göttingen, Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek - Ende 17. Jh. - Kopien aus Chart. A 558 und Cod. Icon. 394a, angefertigt im Auftrag des hannoverschen Staatsmanns Joachim Heinrich Bülow (1650–1724).

Cod. Icon. 394 / München, Bayerische Staatsbibliothek - Um 1820 - Kopie aus Cod. Icon. 394a, angefertigt von dem Bibliothekar Julius Hamberger (Amtszeit 1775–1808) im Auftrag des ehemaligen Gothaer Bibliothekars und späteren Direktors der Münchener Hofbibliothek Adolf Heinrich Friedrich Schlichtegroll.

Cod. Icon. 395 / München, Bayerische Staatsbibliothek - Um 1820 - Kopie von Chart. A 558, angefertigt von dem Bibliothekar Julius Hamberger (Amtszeit 1775–1808) im Auftrag des ehemaligen Gothaer Bibliothekars und späteren Direktors der Münchener Hofbibliothek Adolf Heinrich Friedrich Schlichtegroll.

Einzelnachweise

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  1. André Schulze, Der Königsegger Codex, Philipp von Zabern, Mainz 2010, S. 22, 23
  2. Schulze, S. 33

Hs. XIX 17-3

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Der Codex Königsegg ist eine Fechthandschrift. Sie wurde von dem Schirmmeister (Fechtmeister) Hans Talhoffer (ca. 1420 - 1490) im Auftrag von Junker Lutold III. von Königsegg um ca. 1458 erstellt.

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