Seemannsleben

Heuermaat

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Der Heuermaat lebte grundsätzlich an Land. Meist waren es altgediente Seeleute, die nicht mehr für den Dienst an Bord eines Schiffes taugten oder körperlich nicht mehr dazu fähig waren. Sie arbeiteten häufig mit den Kapitänen zusammen. Ihre Aufgabe war die Anwerbung freier Seeleute zum Dienst auf einem Schiff. Korruption spielte hierbei ein große Rolle. Kapitäne von „verrufenen“ Schiffen bedienten sich der Heuermaate, um an Schiffspersonal zu kommen. Dieses Gebaren war bis 1912 gang und gäbe.

Die Heuer

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Seeleute erhielten ihre Heuer stets nachdem der heimatliche Hafen wieder angelaufen wurde. Damit wurde gewährleistet, dass die üblicherweise aus der ärmeren Schicht kommenden Seeleute nicht desertierten. Die Höhe der Heuer bemaß sich nach Seetagen und wurde in der Hamburger Seemannsrolle seit dem 15. Jahrhundert festgelegt. Der Schiffer lebte selbstverständlich von den Einkünften seines Schiffes, sofern er nicht einem Reeder diente. Die ihm unterstellten Offiziere und Maate bekamen meist eine deutlich bessere Heuer als die Matrosen.

Die Mannschaft

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Seeleute des 18. und 19. Jahrhunderts rekrutierten sich stets aus der ärmeren Schicht der Landbevölkerung. Ihre Berufe, die sie möglicherweise im zivilen Leben erlernt hatten, sei es Schreiner, Tischler oder vielleicht Schmied waren auch an Bord von Segelschiffen von elementarer Bedeutung. Beinahe alle Seeleute verstanden sich wenigstens etwas auf das Handwerk der Schneiderkunst. Da die Mannschaften arm waren, hatten sie auch wenig Bekleidung. So gab es an manchen Donnerstagen, dem Seemannssonntag, wahre Nähorgien, sofern es der Dienst erlaubte. Die Verlockungen einer geregelten Heuer lockten die einfachen Menschen an, die meist keine berufliche Perspektive in ihrer Umgebung sahen. Manchmal war es auch einfach Abenteuerlust, die aber bei vielen Seeleuten auf Langreiseseglern bald umschlug und zur Routine mutierte.

Eingesetzt wurde die Mannschaft, wenn der Schiffer ein guter Mann war, nach ihrem Können. Handwerkliches Geschick gab dabei den Ausschlag. Eines aber war gewiss, neben den spezielleren Tätigkeiten hatte jeder Seemann auch allgemeine Aufgaben, etwa Segel setzen oder Anker fieren und lichten, um nur zwei zu nennen. Auf kleineren Segelschiffen mit kleiner Besatzung gab es eine solche Unterteilung nicht.

Unteroffiziere und Offiziere

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Die Unteroffiziere, also Maate, rekrutierten sich aus verdienten Mitgliedern einer Schiffsbesatzung. Sie blieben meist an Bord von Schiffen, heuerten also nicht ab. Ihre Aufgabe war es, kleinere Gruppen von Seeleuten zu kommandieren und anzuleiten. Gleichzeitig sollten sie für Disziplin unter der Besatzung sorgen. Sie erfüllten dabei aber auch meist alle Aufgaben, die ein normaler Seemann ausführen musste.

Die Offiziere waren meist Angehörige der mittleren und höheren Bürgerschicht, die aus Abenteuerlust oder anderen Beweggründen zur See fuhren. Viele erträumten sich ein eigenes Patent und ein eigenes Schiff, die meisten jedoch blieben Offiziere. Sie stellten neben dem Kapitän das nautische Personal, setzten disziplinarische Maßnahmen durch, etwa eine Auspeitschung. Es gab Decksoffiziere, die für einzelne Decks zuständig waren, den Segelmeister, der das korrekte Setzen der Segel überwachte, sowie die Wachoffiziere, wie den 1. und 2. Offizier. Der 1. Offizier war gleichzeitig Stellvertreter des Kapitäns.

Der Kapitän

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Der Kapitän oder Schiffer war der uneingeschränkte Alleinherrscher an Bord eines Seglers. Auf sein Geheiß hin fuhr das Schiff den von ihm befohlenen Kurs. Der Kapitän sollte die Mannschaft disziplinieren, führen, versorgen und schützen. Meist nahm er nur die ersteren zwei Aufgaben wirklich war. Körperliche Strafen wurden grundsätzlich durch den Kapitän verhängt, im Logbuch vermerkt und auf seinen Befehl hin durchgeführt. Der gesamte Komplex der Versorgung oblag dem Kapitän. Hier kristallisierte sich die Qualität des Kapitäns heraus. Sorgte er für genügend Nahrung, war er ein guter Kapitän. Dies schlug sich auch in der Führung der Besatzung nieder.

Zwei gesonderte Mitglieder der Mannschaft

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Der Smutje

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Wichtig an Bord, gerade bei Langreiseseglern war selbstverständlich der Schiffskoch. Bezeichnend sind die verschiedenen mundartlichen Namen für den Schiffskoch: Smut“, „Smutje“, „Smeer“, „Smeerlapp“. Sie alle bezeichnen Schmutz im weitesten Sinne des Wortes.[1] Der Smutje war meist ein älterer Seemann, der die harte Arbeit an Bord eines Segelschiffes nicht mehr bewältigen konnte und als Koch weiter zur See fuhr. Häufig übernahmen auch verletzte Matrosen diesen wenig beliebten Dienst. Nicht umsonst ist beispielsweise Flint der Smutje im Buch „Die Schatzinsel“ mit Holzbein dargestellt. Im Prinzip saß der Smutje zwischen den Stühlen: Einerseits musste er das Logis mit dem Essen beliefern, das die Speiserolle vorschrieb, andererseits erwartete die Kabine ebenfalls das ihr zustehende Essen. Da ein Smutje kein gelernter Koch war, kam es nicht selten vor, dass die Gerichte, die er kredenzte alles andere als genießbar waren. Es konnte vorkommen, dass mancher Koch, der nichts von seinem Handwerk verstand, den Unmut der Besatzung zu spüren bekam. Das konnte soweit gehen, dass er über Bord geworfen wurde. Meist aber reichte auch schon eine Tracht Prügel, die häufig von den Offizieren toleriert wurde, denn deren Nahrung war ja ebenfalls ungenießbar, obwohl sie meist besseres Essen bekamen.

Der Schiffsjunge

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Da viele Seeleute ihr Handwerk schon immer als Schiffsjungen begannen, ist es nicht verwunderlich, dass auf dem Großteil der Segelschiffe meist ein, manchmal aber auch mehrere Schiffsjungen tätig waren. Neben den üblichen Aufgaben der Matrosen hatten sie den Auftrag, die lebend mitgeführten Tiere (siehe dazu Abschnitt Essen) zu versorgen und dem Kapitän und den Offizieren zu dienen. Gleichzeitig versorgten sie das Logis, reinigten es etc.

Das Logis

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Als Logis bezeichnet man die Unterkunft der Mannschaften auf Segelschiffen. Dies war meist ein Raum unter Deck, in dem die Mannschaften in Hängematten schliefen. Bei kleineren Schiffen konnte es aber auch nur ein Verschlag auf dem Oberdeck sein, da der Rumpf als Ladeplatz genutzt werden musste.

Die Kabine

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In dem, was die Seeleute „Kabine“ nannten, war die Unterkunft der Offiziere, des Kapitäns und falls vorhanden der Passagiere. Die Kabine genoss die Vorzüge der weit besseren Verpflegung. Die Räumlichkeiten wurden durch die Schiffsjungen sauber gehalten. Der große Unterschied zwischen den beiden Lebensräumen an Bord war die drückende Enge im Logis auf der einen, beinahe luxuriöse Größe der Kabine auf der anderen Seite. Das Essen war meist besser und von höherer Qualität als im Logis. Gleichzeitig diente die Kabine auch als Besprechungsraum der Offiziere und war im Prinzip die Operationszentrale des Schiffes.

Rechtsprechung auf See

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Meutereien wie die Meuterei auf der Bounty sind gemeinhin bekannt, ebenso das Schicksal des Protagonisten Christian Fletcher. Meutereien waren aber nicht an der Tagesordnung, sondern eher eine Seltenheit. Anlässe zu Bestrafungen gab es indes viele. Die meisten „Vergehen“ wurden durch die Bootsmänner meist sofort geahndet. Einiges musste jedoch zwangsläufig der Kapitän entscheiden. An Bord von Schiffen ist der Kapitän auch heute noch die letzte Rechtsinstanz (Bordgewalt). Natürlich muss sich ein heutiger Kapitän in allen seinen Vorgehensweisen an die bestehenden Gesetze halten. Das war zur Hochzeit der Segelschifffahrt ab dem 14. Jahrhundert vollkommen anders. An Bord von Seglern hatte der Kapitän die uneingeschränkte Macht. Er wurde nicht belangt, wenn er einen Matrosen wegen Insubordination erschoss, bis zur Bewusstlosigkeit auspeitschen oder gar kielholen ließ. Rechtsprechung an Bord von Seglern oblag allein dem Kapitän und alles lag in seinem Ermessen. Gesetzesregelungen kamen erst im ausgehenden 19. Jahrhundert auf. Häufigste Ursache für Strafen war Diebstahl (meist im Zusammenhang mit Lebensmitteln, s.u.). Schlägereien unter Matrosen führten fast immer zur Bestrafung beider Beteiligten, auch wenn einer nachweislich in Notwehr handelte. Ebenso ungebührliches Verhalten den Offizieren im Besonderen, Passagieren im Einzelnen, gegenüber.

Verpflegung

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Das Essen auf den Trampdampfern des 18.–19. Jahrhunderts ist mit dem heutigen kaum zu vergleichen. Was damals als Speise völlig normal war, ruft heute Ungläubigkeit oder gar Ekel hervor.

Die Lebensmittel

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Bevor auf die Besonderheiten der Verköstigung an Bord eingegangen werden kann, sollte man zuerst einen Blick auf die Lebensmittel werfen, die an Bord von Seglern und Trampdampfern seit dem Mittelalter mitgeführt wurde.

Frische Lebensmittel

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Heute ist die Situation an Bord von Schiffen, was Lebensmittel betrifft, denkbar leicht. Verderbliche Waren werden in Kühlräumen gelagert, die Reise beispielsweise von Hamburg nach Chile dauert nicht allzu lange und in Chile selbst können problemlos frische Nahrungsmittel ergänzt werden. Auf einem Langreisesegler des 18. oder 19. Jahrhunderts war das eine andere Sache. Kühlmöglichkeiten waren nicht vorhanden. Erst mit der Dampfschifffahrt und der Erfindung der Eisbox war es möglich, frische Lebensmittel länger haltbar zu machen. Zu Beginn wurde diese Möglichkeit selten genutzt und schon gar nicht auf den Trampdampfern, die in der Bestückung am ehesten noch an Segelschiffe erinnerten. Obwohl man bereits seit dem Mittelalter wusste, das Mangelerkrankungen wie etwa Skorbut oder Beri-Beri auf den Mangel an frischem Gemüse zurückzuführen war, ließ sich das kaum ändern. Selbst Zwiebeln und Kartoffeln, die als frische Lebensmittel recht lange haltbar waren, waren nach spätestens drei Wochen verdorben. Ein Segelschifftörn nach Chile dauerte allerdings sechs Monate. Frisches Fleisch wurde zwar mitgeführt, musste aber bereits in der ersten Woche verbraucht sein. Viele Kapitäne griffen daraufhin zu:

Lebender Proviant

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Nicht selten führten Langreisesegler lebende Schweine, Hühner oder Ziegen mit sich. In seltenen Fällen, abhängig von der Besatzungsstärke, auch mal eine Kuh. Die Tiere ernährten sich von den Abfällen an Bord, die allerdings für die Tiere rationiert waren. Zudem gab es nur wenig bis keine Abfälle. Hühner lebten nur so lange, wie sie Eier legten. Schweine wurden geschlachtet, wenn sie zu schwach waren. Eine Schlachtung an Bord ist jedoch kaum mit einer Schlachtung nach heutigen Maßstäben zu vergleichen. Die Tiere wurden brutal geschlachtet, denn kaum einer der Matrosen war Metzger oder hatte eine vergleichbare Vorbildung, so dass es immer ein sehr blutiges Spektakel war.

Salzfleisch und Salzfisch

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Hauptbestandteil der Ernährung auf See bei Seglern seit dem Mittelalter war Salzfleisch und Salzfisch oder Stockfisch. Das Haltbarmachen von Lebensmitteln in Salzlake ist ein Verfahren, das schon seit der Antike bekannt ist. Nachteilig ist, dass dem Fleisch durch die Lagerung in einer starken Salzlake beinahe sämtliche Nährstoffe entzogen wurden. Hinzu kam, dass manche Schiffer Fleisch von einlaufenden Seglern kauften. So war es gut möglich, dass Salzfleisch schon einmal den Äquator passiert hatte, bis es aufgebraucht wurde.

Graupen, Erbsen und Linsen

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Getrocknete Erbsen, Linsen und Graupen waren nach dem Verbrauch der frischen Gemüse meist die einzigen pflanzlichen Nahrungsmittel, die noch in essbarem Zustand an Bord eines Schiffes waren. Durch die Trocknung waren Erbsen, Linsen und Graupen sehr lange haltbar. Trotzdem verfügten sie nicht über den Nährgehalt frischen Gemüses und dienten zu 90 % nur der Sättigung. Wertvolle Vitamine hatten sie keine mehr oder in so geringen Mengen, dass es nicht weiter ins Gewicht fiel. Gegen Ende einer mehrmonatigen Reise waren sie meist das einzige noch verbliebene Lebensmittel an Bord von Seglern.

Mehl und Brot

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Natürlich nahmen Seeleute, sofern es möglich war, frisches Brot mit an Bord. Zumeist jedoch nur Mehl und Hartkekse, den so genannten Schiffszwieback. Dieser wurde aus „tweebacken Brodt“ hergestellt[2], also aus Brot, das zweimal ausgebacken wurde. Dadurch war dieses Brot extrem lange haltbar, jedoch nicht haltbar genug für viele Monate Schiffsreise. Immer wieder beschwerten sich Seeleute über Maden im Brot. Die Seemänner entwickelten ein einfaches, aber wirkungsvolles Verfahren, die Maden zu entfernen. Da der Keks sowieso im trockenen Zustand nicht essbar war wurde er erst ausgeklopft und anschließend im Kaffee aufgeweicht, bis die Maden herauskamen. Sodann wurden die Maden aus dem Kaffee geschöpft und der Keks war essbar. Mit an Bord gebrachtes Mehl diente eher selten zum Backen. Vielmehr wurde daraus ein Mehlkloß oder -pudding gemacht, den erstaunlicherweise die Seeleute sehr mochten, sofern er dem Smut gelang. Mehl musste aber ebenso regelmäßig vom Befall durch Schädlinge befreit werden, wie alle anderen Lebensmittel auch.

Getränke

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Auf Langreiseseglern mussten die Kapitäne stets für ausreichend Trinkwasser sorgen, da das Meerwasser aufgrund des hohen Salzgehaltes dem Körper Flüssigkeit entzieht. Mitgeführt wurde aber nicht nur Trinkwasser, dass ebenfalls nach geraumer Zeit brackig und schlecht wurde. In diesem Fall wurde einfach Natron dem Wasser hinzugegeben und die sich ansammelnden Algen meist durch den Schiffsjungen abgeschöpft. Die Hamburger Speiserolle schrieb vor, das jedem Seemann pro Monat auch ein gewisses Maß an Bier zustand. Pro Monat hatte der Seemann Anrecht auf einen Oxhoft Bier, also etwa 50 Liter. Das Bier war allerdings so gut wie gar nicht mit heutigem Bier zu vergleichen. Der Alkoholgehalt lag bei etwa 2 - 2,5 %, war also sehr gering. Zudem wurde die Ausgabe streng rationiert. Das verbreitete Klischee vom „Branntwein saufenden Matrosen“ ist deutlich einer Fehlinterpretation zugrundeliegend. Natürlich schlugen viele Seeleute nach langen entbehrungsreichen Fahrten über die Stränge, wenn sie in Häfen Landurlaub bekamen. An Bord von Schiffen waren hochprozentige Getränke weitgehend tabu. Selbst die Seeleute beschwerten sich darüber. So beklagten die wismarer 95 Seeleute sich 1851 beim Wismarer Seeamt: „…Die Kapitäne sollten lieber Kaffee ausgeben als geistige Getränke.“ [3] In der Folge wurden starke alkoholische Getränke schließlich in den jeweiligen Seemannsordnungen verboten, so zum Beispiel 1854 in der revidierten Hamburgischen Seemannsrolle in der es heißt: „…niemand von der Mannschaft Branntwein und sonstige geistige Getränke … an Bord bringen darf“. Diese „…verfallen dann dem Schiff und des Eigner…“. Natürlich waren die Segler letztlich keine „trockenene Schiffe“. Weiterhin wurde Alkohol mitgeführt. Der Seemann Wossidlo konnte in seinem Tagebuch berichten, dass der erste Schnaps stets um sechs Uhr ausgegeben wurde, also zwei Stunden vor dem Frühstück. [4] Jedoch wurde die Ausgabe von Alkohol noch strenger kontrolliert und galt offiziell als medizinisches Mittel. Selbstverständlich bediente sich die Schiffsführung auch des Branntweins, wenn es darum ging, zu belohnen oder die Mannschaft zu beschwichtigen, wenn das Essen mal wieder schlechter Qualität war.

Purer Zufall und fremde Häfen

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Viele Seeleute hatten es erlebt, dass an Bord von Schiffen bald akuter Mangel an frischen Lebensmitteln herrschte. Man behalf sich, indem man, wie bereits dargestellt, lebende Nahrung an Bord nahm oder angelte. Gefangen haben die Seeleute fast alles, was im Meer schwamm, gegessen haben sie nicht jeden Fisch. Haie wurden häufig als Feinde der Seefahrt zerstückelt und wieder dem Meer übergeben. Tümmler und andere Delfine waren indes sehr beliebt. Niederbordige Segler konnten sich in den Tropen häufig an fliegenden Fischen erfreuen, die an Bord der Schiffe sprangen. An Bord von Kap-Hoorn-Seglern stand auch Albatros auf der Speisekarte, auch wenn der Vogel nicht den Ansprüchen der Seeleute entsprach, da er als tranig, zäh und geschmacklich schlecht empfunden wurde.

Die meisten Schiffer mussten am Ende der ersten Hälfte ihrer Reise den Proviant ergänzen. Das geschah dann im Verladehafen. Hier tauchten gerade bei Langreiseseglern häufig Probleme auf. Erstens war das Angebot an Nahrungsmitteln meist sehr begrenzt, man denke an die kleinen Salpeterhäfen in Chile, oder die angebotenen Lebensmittel waren unbekannt. Kaum einer der mitteleuropäischen Matrosen hatte jemals eine Papaya gesehen, wenn er das erste Mal auf einem Langreisesegler war.

Kapitän und Smutje legten die Speisefolge für die Woche fest. Entscheidend war nur, was die Speiserolle darüber aussagte. Lange Zeit gab es keinerlei Beschränkungen oder Gesetze. Erst im ausgehenden 17. und beginnenden 18. Jahrhundert änderte sich die Lage der Seeleute in diesem Punkt radikal. Schiffer konnten, was das Essen betraf, nicht mehr alles machen. Die Hamburger Speiserolle schrieb zum Beispiel vor, dass von sieben Wochentagen nur drei Fischtage sein durften, der Rest sollten Fleischtage sein. Gemüse wie Erbsen oder Graupen oder Bohnen sollten abwechselnd gereicht werden. Matrosen hatten das Recht, sich nach Ankunft im Hafen zu beschweren, wenn die Speiserolle nicht eingehalten wurde.

Das Nahrungsangebot unterschied sich nicht so sehr vom Angebot an Land. Seeleute kammen meist aus armen und ärmsten Verhältnissen. Nach heutigem Ermessen ist ein belegtes Brot mit Butter beschmiert, dazu kommt Wurst oder Käse und vielleicht Salat oder Tomaten. Die Vorstellung im 19. Jahrhundert, Wurst und Butter gleichzeitig auf einer Scheibe Brot zu haben, war völlig undenkbar. Genauso verhielt es sich auf Schiffen. Ein weiteres Schmankerl ist die Zusammenstellung der Nahrungsmittel. Sicherlich waren die Hauptspeisen von der Region abhängig, aus der die jeweiligen Schiffe kamen, aber eines haben die meisten Speisen an Bord von Seglern gemein: Es war manchmal eine absonderliche Zusammenstellung. Da wurde Salzfleisch mit getrockneten Pflaumen gegessen, mit Honig oder Marmelade die Erbsensuppe verbessert und viele sonderbare Zusammenstellungen mehr. Am wichtigsten war für die meisten Seeleute der Donnerstag, der sogenannte „Seemannssonntag“. Da wurde häufig der berühmte Mehlkloß oder -pudding zubereitet, der mit Pflaumen und Honig gegessen wurde. Die Zubereitung dieser Klöße wurde meist von der gesamten Mannschaft zelebriert und war gar nicht so einfach, wie der Auswanderer Friedrich Gersteker im Jahre 1837 berichtete:

„Den ersten Sonntag hieß es plötzlich - Heute Mittag wird Pudding gemacht, jeder muß ihn sich selbst anrühren! - Da wurde Leben auf der Constitution, und alles rannte sich Säcke zu nähen selben noch in Hoffnung seienden Pudding hineinzuthun! Dann wurde Coyenweise d.h. immer für zehn Mann Mehl und Pflaumen sehr reichlich gefasst, selbige mit Butter angeknetet und etwas von unserem Rum dazu gegethan, und dann in Form einer halben Ell - lange und ungefähr 6 Zoll - 7 Zoll im Durchmesser haltende Wurst in den Kessel gethan! - Zu Mittag als wir nun unser Gebäcke auseinander Schnitten wozu wir - immer 10 Mann eine Flasche Syrup bekamen, war das inwendige noch weißer Brei! Das war aber kein Unglück, mit einem Löffel wurde die ungare Masse heraus genommen und in den Sack wieder gebunden, um noch einmal zu kochen“ [5].

Einzelnachweise

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  1. Jürgen Rath, "Schiffszwieback, Pökelfleisch und Koje",Koehlers Verlagsgesellschaft mbH, Hamburg, 2004 ISBN 3-7822-0892-7 S.261
  2. zitiert nach Hanserezess Nr. 345 § 28
  3. zitiert in Gersterberger/Welke 1996 S. 46 vollständig: „Als erstes und dringenstes sollten die Kapitäne lieber Kaffee als geistige Getränke ausgeben. und es muss gelten: daß alles Branntweintrinken an Bord der hiesigen Schiffe völlig abgeschafft werde. Es bedarf keiner Erörterung darüber, daß der gewöhnliche Genuß des Branntweins durchaus überflüssig ist. Um so mehr muß dieses Getränk entfernt werden, als die hauptsächliche Veranlassung der Differenzen zwischen dem Schiffsführer und seinen Leuten, der Grund der widrigsten und empörensten Vorgänge auf den Schiffen gewesen ist. Wir vermögen Grauen erregende Einzelheiten zu erzählen, schweigen aber an dieser Stelle…“
  4. Richard Wossidlo, "Reise, Quartier, in Gottesnaam", 1. Band, Rostock 1940
  5. zitiert in Klaus Volbehr, "Gesundheit an Bord. Kleine Geschichte der Hygiene und Arzneimittelversorgung auf Schiffen", Bremerhaven 1979
  • ↑ Jürgen Rath, "Schiffszwieback, Pökelfleisch und Koje", Koehlers Verlagsgesellschaft mbH, Hamburg, 2004, ISBN 3-7822-0892-7 S.261

Kategorie:Seeschifffahrt Kategorie:Berufsschifffahrt