Estnische Steinkisten (estnisch Kivikirstkalme) liegen einzeln oder auf Gräberfeldern; in der größten Gruppe in Hundikangrud, bei Muuksi sind es 85. Der Durchmesser der in Estland stets runden Steinkisten beträgt in der Bronzezeit in der Regel 8,0 bis 12,0 m, in seltenen Fällen 17,0 m, während manche Kindergräber nur 2,5 m messen. Sie bestehen aus einem oder mehreren Randsteinkreisen und den zentral gelegenen Kisten. Die Bestattungsform, die sich in der frühen Bronzezeit von Mittelschweden nach Finnland und nach Nord- und Westestland verbreitete, gilt als Vorbild der estnischen Steinkisten.
Die Kistenlänge betrug 2,0 bis 2,5 m, die Breite weniger als 1,0 m. Die Höhe der Anlagen über dem Bodenniveau beträgt 0,5 bis 1,0 m. Der Bereich zwischen dem Steinkreis und der Kiste ist mit Steinen, seltener mit Kies, angefüllt. Für den Bau wurde Eisen- und Kalkstein verwendet. In einigen Fällen liegt der Kalksteinkreis auf einem Eisensteinfundament.
Die oft mit Kalksteinfliesen bedeckten Kisten bestehen aus liegenden oder aufrecht stehenden Platten und waren im Allgemeinen Nord-Süd- oder Nordost-Südwest-orientiert.
In Estland sind mehr als 800 Steinkisten bekannt. Sie befinden sich hauptsächlich in der nördlichen Küstenzone; in der Nähe von Tapa (dt. Taps) und Kuusalu (dt. Kusal), weniger auf den Inseln, im Landesinneren und in Westestland. Die südlichsten liegen in der Nähe des Võrtsjärv (dt. Wirzsee).
Steingräber wurden vermutlich nur von einem kleinen Teil der Gesellschaft genutzt. Die Grabstätten der übrigen Menschen sind jedoch unbekannt.
In jedem Grab wurden in der Regel 2-3 Personen bestattet. Manchmal wurde im Kreis eine zusätzliche Kiste aufgebaut, aber oft wurden die Menschen zwischen dem Kiste und dem Steinkreis begraben. Die Zahl der auf einem Gräberfeld begrabenen Menschen schwankt zwischen einigen und einigen Dutzend. Im der zentralen Kiste wurde meist ein Mann bestattet, oft wurde neben ihm eine Frau oder ein Kind bestattet. Die häufigste Bestattungsmethode war die Körperbestattung. Der Kopf des Verstorbenen wurde im Norden platziert. In Estlands Steinkisten gibt es relativ wenige Grabbeigaben. In den Kisten fehlen sie meist, häufiger kommen sie bei Bestattungen außerhalb der Kiste vor. Bei den Grabbeigaben handelt es sich überwiegend um Knochenschmuck, seltener um Armbänder, Halsketten, Knöpfe und Nadeln aus Bronze, flachen, spiralförmigen und anderen Schmuck. Als Gebrauchsgegenstände wurden ein Eisenmesser, eine Pinzette und ein Rasiermesser aus Bronze gefunden. Nur in einem Grab wurden Waffen – ein Schwert frühlateinischen Typs – und möglicherweise als Waffe dienend, ein großes Hack- oder Kampfmesser gefunden. Da Keramiken meist nur als Fragmente gefunden werden, ist es schwierig zu beurteilen, ob es sich um Grabbeigaben oder Überreste von Ritualen handelte, die auf dem Gräberfeld stattfanden. Keramik findet man eher auf Gräberfeldern mit vielen Bestattungen, insbesondere bei Feuerbestattungen. Bei der wenigen in den Kisten entdeckten handelt es sich in der Regel um Lüganus-Keramik.
Auf der Grundlage der Datierungen, der Bestattungsmethode und der Funde werden estnische Steinkisten chronologisch in zwei Gruppen eingeteilt. Die frühen Gräber ohne Keramik stammen aus der Zeit um 1200-900/800 v. Chr. Auf den späten Gräberfeldern, deren Anlegung im 10.-9. Jahrhundert v. Chr. oder später begann sind Keramiken relativ wichtig und weisen meist Unstimmigkeiten auf. Das Enddatum der jüngeren Steinkisten ist ungewiss, wird aber basierend auf dem derzeit bekannten Material auf etwa 400 v. Chr. datiert. Allerdings konnten auch später noch neue Kisten in bestehende Gräber eingebaut werden.
Siehe auch
BearbeitenLiteratur
Bearbeiten- Aivar Kriiska, Andres Tvauri: Eesti muinasaeg. Tallinn: Avita kirjastus. (2002).
- Aivar Kriiska: Pronksiaja lõpu ja rauaaja alguse põllumehed. Peatükk raamatus: Eesti ajalugu, toimetaja Ursula Vent. Avita kirjastus. (2017)
- Valter Lang: Baltimaade pronksi- ja rauaaeg. Tartu Ülikooli Kirjastus. (2007).
- Valter Lang: Läänemeresoome tulemised. Muinasaja teadus 28. Tartu: Tartu Ülikooli Kirjastus. (2018).
- Lehti Saag: The prehistory of Estonia from a genetic perspective: new insights from ancient DNA. Tartu Ülikooli Kirjastus. (2019)
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