Condition Monitoring und Instandhaltungsmanagement ist ein übergeordnetes Konzept zur Sicherung der Verfügbarkeit und Zuverlässigkeit von Maschinen. Condition Monitoring CM (zu Deutsch Zustandsüberwachung) wird dabei in übergeordnete betriebswirtschaftliche Konzepte integriert und erhält damit praktisch eine neue Dimension.

Zugehörige Mess- und Analysesysteme werden unter der Kurzbezeichnung CMS (Condition Monitoring System) geführt.

Strategien der Instandhaltung

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Instandhaltung ist ein strategisches Konzept mit dem Ziel, die Verfügbarkeit von Maschinen, Komponenten oder von Assets sicherzustellen. Eine der schlagkräftigsten Strategien ist dabei die Überwachung des Maschinenzustands, allgemein geführt unter Condition Monitoring. Dazu wird eine Reihe von technischen oder physikalischen Parametern laufend auf Abweichungen vom Normalzustand kontrolliert.

Eine besondere Rolle spielen dabei die mechanischen Schwingungen. Natürlich werden neben den Schwingungen auch andere Größen überwacht wie Temperaturen, elektrischer Strom, Leistung oder Wirkungsgrad, die jedoch für Diagnostik und Prognostik weniger prägnant in Erscheinung treten. Eine wichtige Funktion kommt auch der Tribologie, also dem Schmiermittelmanagement zu, welches jedoch einer völlig unterschiedlichen Systematik unterliegt und daher in diesem Beitrag außen vor bleiben kann. Aus diesem Grund werden die weiteren Ausführungen auf Schwingungen fokussiert. Sofern zutreffend, können die meisten der grundsätzlichen Aussagen sinngemäß auch für andere Parameter übernommen werden.

Zustands- und Risikobeschreibung

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Bild 1. Risikomatrix mit 5x5 Klassen

Im Hinblick auf Schwingungen wird der Maschinenzustand über die Erfassung der dynamischen Bewegungen an funktionsrelevanten Stellen oder von sensiblen Komponenten beschrieben, zum Beispiel an Lagern, Rotoren oder am Fundament. Schon im Vorfeld, bei der Konzeption eines Überwachungssystems, sollte man untersuchen, welche Assets und welche Messgrößen in die Überwachung einzubeziehen und mit welcher Priorität sie zu bewerten sind. Dazu eignet sich als Grundlage eine Risikomatrix (Bild 1), in der die Fehler nach Auftretenswahrscheinlichkeit und Risikobewertung einzutragen sind. Das durch den jeweiligen Fehler auftretende Risiko wird dort als Farbskale indiziert, die Klassierungen entlang von Abszisse und Ordinate ergeben die genannte Matrix und ermöglichen die mathematische Weiterverarbeitung. Für die später folgenden Beurteilungen sind zusätzlich zur Matrix eindimensionale Klassierungen (in Bild 1 die Klassen A bis E) im Hinblick auf die Fehlerschwere von Vorteil, eine Einteilung in fünf Klassen, wie gezeigt, ist in diesem Zusammenhang zu empfehlen. Feinere Unterteilungen in mehr Klassen sind zwar denkbar, jedoch nicht sinnvoll, da sie eine höhere Konfidenz vortäuschen würden, als tatsächlich erzielt wird.

 
Bild 2. Ishikawadiagramm zum CM einer Windkraftanlage

Man kann in dieser Fragestellung bereits auf den ersten Blick die Beziehung zur FMEA erkennen. Einen beispielhaften Einblick gibt das Ishikawadiagramm in Bild 2, hier zum Condition Monitoring von Triebsträngen in Windenergieanlagen. Man erkennt dort zunächst die hierarchische Struktur der Gesamtanlage und ihrer Hauptkomponenten. In diesem Schema werden die möglichen Fehler und Fehlerursachen identifiziert. Die Fehlerbewertung erfolgt über eine Risiko-Prioritätszahl RPZ, die aus den Parametern Auftretenswahrscheinlichkeit A, Bedeutung B (Schwere) und Entdeckungswahrscheinlichkeit E abgeleitet wird. Standardmäßig liegt sie zwischen 1 und 1000 und ist ein direktes Maß für die Gefährdung, also das Fehlerrisiko.

Die FMEA wird oft schon in der Entwicklungsphase von Assets zur Vermeidung von Fehlern bereits im Vorfeld eingesetzt. Sie ist aber auch bei Serienprodukten ein unentbehrliches Werkzeug der Qualitätssicherung.

Bei der strategischen Planung eines CMS sollte man in einer äquivalenten Systematik denken und vorgehen. Ist im betrieblichen Umfeld eine FMEA bereits eingeführt, kann man sich damit arrangieren oder überhaupt das Condition Monitoring in diese integrieren. Damit wird außerdem eine übergreifende gemeinsame Kommunikationsbasis geschaffen.

Zielsetzung

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Ein besonders wichtiger Punkt in der Planung eines CMS ist die konkrete Zielsetzung. Was will man eigentlich erreichen? Die wichtigsten Ziele sind in der folgenden Tabelle zusammengestellt.

Möglichkeiten einer Zielsetzung
Zielsetzung Zielpunkt
Schutz vor unerwarteten Maschinenausfällen Maschinenüberwachung
Zustandsbasierte Wartungsplanung
Sicherung der Produktion Produktüberwachung
Prozessoptimierung und Lebensdauererhöhung
Qualitätskontrolle
Schallabstrahlung Umweltmonitoring

Bei den ersten zwei Punkten dieser Liste steht die überwachte Maschine selbst im Mittelpunkt (Maschinenüberwachung). Die weiteren Punkte fokussieren sich auf die Produktion bzw. auf das Produkt oder auf die Umwelt. Man kann sich leicht überlegen, dass die Zielsetzung erheblichen Einfluss auf die Strategie haben kann.

Beurteilung von Schwingungen

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Kenngrößen

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Schwingungen bilden ein starkes Energiepotenzial und können Ursache von Schäden sein. Zur Beurteilung werden geeignete Kenngrößen zunächst messtechnisch erfasst, das heißt, aus den erfassten Rohdaten werden Kennwerte als Basis für eine Bewertung abgeleitet.

Typische Kenngrößen für Schwingungen
Kenngröße Anmerkung Quelle
Effektivwert energieäquivalent DIN ISO 20816
Spitzenwert relevant für Stoßimpulse
Mittelwert Verlagerungen
Statistische Momente proprietäre Auswertungen

Methodik

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In der Regel beruht die Methodik des CM auf vergleichenden Verfahren. Ausgehend von einem Basiswert der Kenngröße, der in einem guten Maschinenzustand ermittelt werden muss, wird der zeitliche Trend beobachtet. Im fehlerfreien Maschinenzustand ist ein weitgehend konstanter zeitlicher Verlauf zu erwarten. Tendenzielle Veränderungen, überwiegend ein Anstieg der Werte, deuten auf Fehler hin. Aber auch Veränderungen in der Signatur der Schwingung (im Klang) können für bestimmte Fehler typisch sein.

Als Signatur bezeichnet man in der Akustik eine bestimmte hörbare, dem Objekt eindeutig zuzuordnende und kennzeichnende Eigenschaft oder, davon abgeleitet, bestimmte Erscheinungsformen im Schwingungsbild (z. B. im Spektrum): Die Signatur einer Geige, einer Stradivari, eines Dieselmotors, eines Wälzlagerfehlers etc.

Quantifizierung und Kritikalität

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Eine nicht unerhebliche Rolle in der praktischen Anwendung spielt die quantitative Beschreibung der Messwerte.

Methoden der Quantifizierung
Dezibel (dB) durchgehende Proportionalität
Physikalische Einheit hohe Anschaulichkeit
Kritikalität neuwertig – gut – auffällig – kritisch – unzulässig
KPI (Key Performance Indikator) Kritikalität 1 bis 5

Der hier eingeführte Begriff der Kritikalität unterscheidet sich allerdings von dem in der Kerntechnik üblichen Terminus. Zur Fehlerbewertung wird die Kritikalität nach VDI 4550-3 als Maß für die Schwere eines Fehlers mit der (erwarteten) Eintrittshäufigkeit definiert.

Das Dezibel ist eine logarithmische Skalierung, es drückt Änderungen als Faktor aus. Es ist eine systemweit durchgehend identische Größe. Sie wäre aus physikalischer Sicht eigentlich relevant für die Schwere des Fehlers und ist auch unabhängig von der Auswahl des Messpunkts – aber völlig abstrakt, also unanschaulich. Physikalische Einheiten sind für den Praktiker verständlich und gut interpretierbar. Kritikalitäten (wie sie schon in der Risikomatrix eingetragen wurden) liefern eine direkte Fehleraussage. Die Bewertung wird dabei gestuft mit entsprechend aussagekräftigen verbalen Angaben. Diese können auch am Dashboard angezeigt und vom Bedienungspersonal direkt interpretiert oder, im Fall von Anweisungen, ausgeführt werden. Noch einen Schritt weiter kann die Kritikalität durch einen KPI-Wert numerisch und damit statistisch auswertbar ergänzt werden.

Der Key Performance Indicator KPI ist in der Betriebswirtschaftslehre eine universelle Kennzahl, mit der Fortschritt oder Erfüllungsgrad hinsichtlich wichtiger Zielsetzungen oder kritischer Erfolgsfaktoren innerhalb einer Organisation ermittelt oder gemessen wird. Im Maschinenbetrieb hat sich dafür ein Bereich zwischen 1 (= sehr gut) und 5 (= Ausfall) etabliert, wie auch in der Tabelle ausgewiesen. Zur Fehlerbeurteilung lässt er sich direkt mit der Kritikalität (als verbale Aussage) verknüpfen. Vor allem in automatischen Überwachungssystemen gewinnt eine Ausgabe in Kritikalitäten zunehmend an Bedeutung.

Eine unzulässige Überschreitung von 12 dB kann schnell angezweifelt werden, ein KPI 4 nicht so ohne weiteres.

Selektivität

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Die Beurteilung von Schwingungen anhand der Schwingstärke, kann im Wesentlich nach zwei Gesichtspunkten erfolgen, vom messtechnischen Standpunkt aus:

  • Breitbandige Verfahren
  • Schwingungsanalysen (spezifische Verfahren)

Unmittelbar nach Verfügbarkeit leistungsfähiger Frequenzanalysatoren war man anfangs der Meinung, breitbandige Verfahren wären wenig aussagekräftig und daher überholt, der Blick war ausschließlich auf Schwingungsanalyse und zustandsabhängige Wartung gerichtet. Eine Fehleinschätzung, wie die Erfahrung sehr bald gezeigt hat, denn:

  • Der Betrieb von Maschinen ist immer, auch im Bestzustand, mit Schwingungen verbunden.
  • Schwingungen werden intuitiv oft sogar als positives Phänomen empfunden (dieser leise Staubsauger – der saugt ja gar nicht).
  • … und sind oft sogar erwünscht (sportlicher Sound).

De facto – Schwingungen sind nicht ausschließlich nur schädlich, es gibt auch gute Schwingungen.

Eine spezifische Beurteilung zielt immer auf bestimmte Fehlerarten. Zur Beurteilung guter Schwingungen nutzt man besser die unspezifische, breitbandige Überwachung. Sie liefert brauchbare Hinweise auf die einwirkende Gesamtenergie und das mögliche Schadenspotenzial. Bewährte Verfahren sind Inhalt der internationalen Normenreihe DIN ISO 20816.

Eine schmalbandige Schwingungsanalyse – als Repräsentant sei hier die Frequenzanalyse (FFT) hervorgehoben – ist ein frequenzselektives Verfahren und bietet dadurch neben der Fehlererkennung zusätzlich umfangreiche Diagnosemöglichkeiten. Da man mit dieser Methode auch untergeordnete Anteile im Schwingungsspektrum identifizieren und bewerten kann, hat sie zusätzlich Möglichkeiten zur zielsicheren Fehlerdiagnose und Prognose der verfügbaren Restlaufzeit bis zur nächsten fälligen Instandhaltungsmaßnahme (Remaining Useful Lifetime RUL nach ISO 13381). Diese Verfahren sind spezifische Verfahren und zielen auf bestimmte Fehler. Eine kleine, jedoch sehr informative Auswahl von Fehlerbildern im Frequenzspektrum ist in der folgenden Tabelle, einer Diagnosekarte, eingetragen.

Diagnosekarte
Fehlerart Frequenz Beschreibung
Unwucht Drehfrequenz frot Ursache starker Maschinenschwingungen,

oft Grundursache von Wälzlagerschäden

Fluchtfehler Drehfrequenz

und Harmonische

Verbogene Welle
Wälzlagerschäden Überrollfrequenzen:

Außenring fAR

Innenring fIR

Wälzkörper fW


Körperschall

hochfrequent

(Ultraschall)

 
Bild 3. Überrollfrequenzen
Überrollfrequenzen der Pittings*

können aus der Lagerkinematik berechnet werden


* lokale Fehler in Laufflächen

elektromagnetisch

induzierte Schwingungen

Harmonische der Polpassierfrequenz,

Seitenbänder

Seitenbänder im Abstand von Drehfrequenz,

Polpassierfrequenz, Schlupffrequenz (bei Asynchronmaschinen)

Nachhaltige Instandhaltung

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Nach Auftreten eines Fehlers ist eine Wartung oder wenn nötig, eine Instandsetzung ist durchzuführen. Man verfolgt damit also ein zustandsabhängiges Instandhaltungskonzept. Ziel der Maßnahme kann jedoch nicht nur die Reparatur sein, die Maschine, oder allgemein das Asset muss danach wieder über einen kalkulierbaren Zeitraum zuverlässig funktionsfähig bleiben. Das wird durch eine Reihe weiterer Maßnahmen sichergestellt, wie

  • Analyse und Beseitigung der Grundursache (Root Cause Analysis RCA),
  • Festlegung und Berücksichtigung von Zeithorizonten sowie
  • proaktive Verbesserung.

Proaktiv – also vorausplanend. Man bringt seine Erfahrungen laufend ein, Grundursachen der Fehler werden beseitigt. Die Basis für kontinuierlichen Fortschritt.

Grundursache

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Hat man einen Fehler entdeckt oder präziser ausgedrückt, spricht man überhaupt von Fehler, dann ist der Ausfall wohl frühzeitig aufgetreten. Die Grundursache (Root Cause) des Fehlers ist oft nicht direkt im betroffenen Asset zu suchen.

Am Beispiel des Wälzlagers erläutert: Die wichtigsten Einflussgrößen auf die Betriebsbeanspruchung von Wälzlagern sind die im Allgemeinen die vorgegebenen Betriebsgrößen Drehzahl und Belastung. Diese Größen können jedoch von parasitären Anteilen überlagert sein – mit Tendenz in Richtung einer Zustandsverschlechterung. So kann die Grundursache eines Wälzlagerfehlers auch in einem schlechten Wuchtzustand des Rotors oder in einer Fehlausrichtung gekoppelter Rotoren liegen, was entsprechende Gegenmaßnahmen erforderlich macht (siehe Diagnosekarte). Oder anders betrachtet: Wuchtgüte und Wellenausrichtung sollten immer im Bestzustand gehalten werden, im Interesse der Lebensdauer des Lagers.

Zeithorizont

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Bild 4. Lebenszykluskosten

Maschinen werden heutzutage nicht mehr für die Ewigkeit konzipiert.

Sowohl in der Auslegung wie in der Instandhaltung sind Zeithorizonte einzuführen und zu definieren. Darunter versteht man die Planung von Zeiträumen für die Wirksamkeit einer Maßnahme, vorwiegend eine Kostenplanung. Im letzten Fall spricht man vom Life Cycle Costing LCC.

In Bild 4 sind beispielhaft die Lebenszykluskosten von zwei Varianten eines Instandhaltungssystems gegenübergestellt. Die Kosten entstehen durch Anschaffung und Inbetriebnahme, laufende Betriebskosten und Entsorgung oder Obsoleszenzmanagement am Ende der Betriebsphase. Zur Bewertung sind die Kosten über einen passenden Diskontsatz auf einen einheitlichen Zeitpunkt zu diskontieren, üblicherweise den der Inbetriebnahme. Man erkennt in diesem Beispiel, dass die Variante im Bild links trotz niedriger Anschaffungskosten über den Lebenszyklus deutlich teurer ausfällt.

Ein Fehler, man kann geradezu sagen Standardfehler, ist die Kostenbetrachtung erst nach dem ersten Versagen. LCC gehört ins Vorfeld jeder Planung, soll sie erfolgreich sein!

Korrekturmaßnahmen

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Jede Korrektur soll einen zuverlässigen Anlagenbetrieb mit einem bestimmten, das heißt kalkulierten Zeithorizont sicherstellen. Das Stichwort für ein modernes, zeitgemäßes Konzept heißt RAMS und ist in der nachfolgenden Tabelle charakterisiert.

Das RAMS-Konzept
R Reliability Zuverlässigkeit
A Availability Verfügbarkeit
M Maintainability Instandhaltbarkeit
S Security Sicherheit

RAMS ist ein Akronym für die in der Tabelle aufgezählten Begriffe. RAMS wurde ursprünglich zum Instandhaltungsmanagement für das Europäische Bahnwesen entwickelt und ist auch in einer DIN EN Norm festgehalten. So wie schon bei der FMEA in der Planung, sollte man auch bei den Korrekturmaßnahmen nach diesen Gesichtspunkten vorgehen. Für die erforderliche Zuverlässigkeit sollten zum Beispiel nur Original-Ersatzteile oder gleichwertiges Material herangezogen werden. Hier kommen vor allem Dauerfestigkeitshypothesen zum Tragen. Verfügbarkeit kann durch redundante Auslegungen oder durch Ersatzkomponenten erreicht und erhöht werden, Instandhaltbarkeit ist eine Frage der Konstruktionsauslegung, sie erfordert natürlich ein entsprechendes Ersatzteilmanagement (→ LCC).

Generell ist zu erkennen, dass auch RAMS bereits im Entwurfsstadium durchaus sinnvoll sein kann.

Die oft diskutierte Reparaturmöglichkeit von Geräten fällt genau in diesen Bereich.

Proprietäre Verfahren

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Eine Fehlerdiagnose nach den zuvor beschriebenen Kennwerten kann bisweilen aufwändig und anspruchsvoll sein, wie man schon aus der kurzen Diagnosekarte erkennen kann. So wird oft so manches Symptom mehreren Fehlern gemeinsam sein. Für den praktischen Einsatz wurde eine Reihe von proprietären Verfahren entwickelt, die einem bestimmten Asset oder einer bestimmten Fehlerart zugeordnet sind. Auf dieser Basis wird auch eine Vielfalt von Diagnosegeräten angeboten. Geräte zur Wälzlagerdiagnose sind ein repräsentatives Beispiel.

Eine Zusammenstellung und Beschreibung solcher Verfahren findet man im Buch oder in der Richtlinie VDI 3832.

Fehler-Symptomanalyse FMSA

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Wie man aus den bisherigen Ausführungen ersehen kann, zeigt sich ein Fehler im Allgemeinen durch eine ganze Reihe von spektralen und ähnlichen Erscheinungen. Man spricht dabei von Symptomen, Merkmalen oder Deskriptoren.

In der FMSA wird für jedes Symptom eine Tabelle erstellt, in der neben den Bewertungen auch Grundursachen und Folgefehler eingetragen sind – eine eigene Tabelle für jedes Symptom, jedes Grundursachensymptom und jedes Folgefehlersymptom. Ähnlich wie in der FMEA wird auch hier für jeden Fehler eine Monitoring-Prioritätszahl MPZ ermittelt. Man erstellt nach diesem Schema ein vollständiges Netzwerk aus Fehlertabellen. Im nächsten Schritt werden die Symptome in logischen Gruppen zusammengefasst, zum Beispiel Fehler am Rotor, Wälzlagerfehler, elektrische Fehler etc. Für jede dieser Gruppen sucht man nach Symptomen, die typisch und allen Gruppenelementen gemeinsam sind, sogenannte globale Symptome oder Makrosymptome. Vorwiegend diese werden routinemäßig überwacht. Sobald damit ein Fehler indiziert wird, erfolgt eine Tiefenanalyse über die gesamte Gruppe zur genauen Fehlerdiagnose. Weitere Details findet man z. B. in der Norm DIN ISO 13379-1.

Statistische Analysen

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Die Rolle der Statistik

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Verfahren der  Fehlererkennung und -diagnose basieren praktisch ausschließlich auf einer Vergleichsmethodik, sind also schon von diesem Gesichtspunkt als statistische Verfahren einzuordnen. Zusätzlich werden auch zur Symptombeschreibung statistische Parameter eingesetzt. Ein prominentes Beispiel ist die Spitzenhaltigkeit von Schwingungen an Wälzlagern, die zum Erkennen von Pittings (lokalen Schadstellen) in den Laufflächen und Wälzkörpern dient (siehe Bild 3). Ursprünglich wurde dafür eine gehörbasierte Detektion eingesetzt, bei der Geräusche oberhalb eines justierbaren Schwellwerts (Diskriminatorschwelle) durch Anhören über Kopfhörer auf Spitzenhaltigkeit (prasseln) beurteilt wurden. Heute zieht man dazu in einem messtechnischen Verfahren den Crestfaktor (Verhältnis von Spitzenwert zu Mittelwert) oder die Berechnung des entsprechenden statistischen Moments heran (4. Statistisches Moment, Kurtosis).

Grundsätzlich wird man immer die Aufgabe haben, aus einer Vielzahl von Symptomen oder besser gesagt Deskriptoren einen Rückschluss auf Gesamtzustand und Verfügbarkeit eines Assets abzuleiten. Wünschenswert ist eine quantitative Ausgangsgröße, möglichst als Einzahlenwert, also eine globale Beurteilungsgröße. Die nachfolgende Tabelle zeigt verschiedene, in der Praxis eingesetzte Varianten. Man spricht bei diesem Konzept von einem ganzheitlichen oder holistischen System, Methodik ist die Multivariate Statistik. In Anlehnung an Condition Monitoring wird diese Methodik in der Richtlinie VDI 4550-3 behandelt.

Globale Beurteilungsparameter
Performance 0 – 100%
Health Index 1 - 10
KPI 1 - 5

Condition Monitoring und Fehlerdiagnose zeigen sich hier in einer erhöhten Dimension – in mehrfacher Hinsicht, wie das kleine Beispiel in Bild 5 erläutern soll. Es werden zwei Merkmale, Unwucht einer kleinen Turbomaschine und die Raumtemperatur überwacht. Die zugehörigen Deskriptoren (Messwerte) werden in einem zweidimensionalen Merkmalraum aufgetragen. Im Bild bedeuten q1 die Schwingstärke infolge Unwucht, q2 die Raumtemperatur. Der aktuelle Gesamtzustand wird jeweils durch Punkt oder auch einen Merkmalvektor q = {q1, q2} repräsentiert.

 
Bild 6. Merkmalraum dreidimensional
 
Bild 5. Zweidimensionaler Merkmalraum

Verschiedene Fehlerzustände werden in diesem Beispiel durch begrenzte Gebiete, sogenannte Cluster charakterisiert, im Beispiel:

  • G fehlerfreier Grundzustand
  • S1 Unwucht nach Schaufelbruch
  • S2 Feuer im Raum
  • S3 Feuer nach (infolge) Schaufelbruch

Die Aufgabe besteht nun darin, den aktuellen Zustand einem Cluster zuzuordnen. Das Verfahren kann auf beliebig viele Dimensionen (Deskriptoren) ausgebaut werden, wie in Bild 6 schematisiert.

Als Einstieg in die Welt der Multivariaten Statistik möge dieser Gedankenanstoß genügen, die Zielsetzung ist daraus wohl schon klar zu erkennen.

Zur multivariaten Analyse gibt es eine ganze Reihe von Strategien, lediglich stichpunktartig erwähnt seien klassische Wahrscheinlichkeitsbetrachtungen, Clusteranalysen, Klassifikationstechniken und mathematische Analyseverfahren. Als Beispiele für letztere seien hier Neuronale Netze, Klassifikationsbäume (Fault Tree Analysis FTA), Random Forest Klassifikation (RF), Logistische Regression (LR) und Support Vector Machine (SVM) genannt.

Zertifizierung

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Für die Zustandsüberwachung wurde ein internationales Zertifizierungssystem aufgebaut, das zugrundeliegende Dokument betreffend Schwingungen ist die Norm DIN ISO 18436 Teil 2. Dort sind die Anforderungen in vier Qualifikationskategorien tabellarisch zusammengestellt. Entsprechende Schulungen werden von akkreditierten Schulungszentren angeboten, die dann meist auch die Zertifizierung organisieren.

Das gesamte Fachgebiet ist durch ein System internationaler Normen und Richtlinien praktisch lückenlos abgedeckt. Anfangs vielleicht als überzogen angesehen, ist es heute eine wirksame, oft geradezu unentbehrliche Basis für agile Unternehmensstrukturen und für eine Globalisierung.

Zusammenfassung

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Dieser Beitrag kann nur eine kompakte Zusammenfassung der Methodik und vor allem der rasant wachsenden Bedeutung eines Instandhaltungsmanagements liefern. Vor allem letzteres wird befruchtet durch die zunehmende Vernetzung und Automatisierung im Internet der Dinge (IoT und IIoT), Stichwort Industrie 4.0.

Ein Instandhaltungskonzept kann nicht früh genug aufsetzen, sollte eigentlich schon in die Entwurfsphase eines Assets einbezogen sein. Nie zu früh – aber nur allzu leicht zu spät!

Literatur

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Normen und Standards

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  • VDI 3832: Körperschallmessungen zur Zustandsbeurteilung von Wälzlagern in Maschinen und Anlagen. Beuth Verlag, Berlin, Ausgabe 2013-04.
  • VDI 4550 Blatt 3: Schwingungsanalysen - Verfahren und Darstellung der Ergebnisse - Multivariate Verfahren. Beuth Verlag, Berlin, Ausgabe 2021-01.
  • DIN ISO 13379-1: Zustandsüberwachung und -diagnostik von Maschinen - Verfahren zur Dateninterpretation und Diagnostik - Teil 1: Allgemeine Anleitungen. Beuth Verlag, Berlin, Ausgabe 2018-02.
  • ISO 13381: Zustandsüberwachung und -diagnostik von Maschinen - Prognose - Teil 1: Allgemeine Anleitungen. Beuth Verlag, Berlin, Ausgabe 2015-09.