Geoffrey Harding; 06 August 1948 – 14 September 2019 war ein Englischer Physiker und Erfinder. Er erfand eine Vielzahl von Röntgen-Komponenten und -methoden, wie monochromatische Röntgenfluorescence-Quellen, Röntgen-Rückstreutechniken für die Materialprüfung, Flüssigmetall-Röntgenquellen(LIMAX), Röntgen-Fluorescence Tomographie, Coherent Scatter Computed Tomography (CSCT) und X-ray Diffraction Imaging (XDi).
Seine herausragendste Leistung war die Erfindung einer Röntgendiffraktions-Technologie für die automtische Identifikation von versteckten Sprengstoffen in Fluggepäck. Seine Arbeiten zur Compton-Rückstreuung wurde 1995 mit der Verleihung der Röntgen-Plakette geehrt.
Geoffrey Harding hatte über 140 Patente und über 80 wissenschaftliche Beiträge verfasst.
Leben und wissenschaflicher Werdegang
BearbeitenGeoffrey Harding wurde am 6. August 1948 in Gillingham, Kent, UK, geboren und starb am 14 September 2019 in Hamburg, Deutschland.
Nach seinem Diplom in Physik von der University of Kent in Canterbury (1969), erhielt er 1974 seinen Dokortitel in Physik für seine Arbeit mit dem Titel 'Studies associated with the foil-excited beam spectroscopic source'. Anschließend arbeitete er als Post-Doc an der Newcastle University UK (1974 - 1976), wo er an kohärenten optischen Prozessen in der Radiographie arbeitete.
Dr Harding war seit 1995 Visiting Professor am Physik-Institut der University of Surrey, U.K., ebenso seit 1995 an der University of Shenyang.
Professionelle Karriere
BearbeitenVon 1976 bis 2003 arbeitete Geoff Harding bei den Philips Fortschungslaboratorien in Hamburg, Germany, zuletzt in der Position eines 'Research Fellow'. He initiierte Forschungsprojekte zu 'X ray scatter imaging' and betreute verschiedene Projekte, die sich thematisch daraus ergaben. Dazu gehörten Compton Scatter Imaging (für industrielle Anwendungen und Verteidigung), Coherent Scatter Imaging (für Sicherheitstechnik, medizinische und industrielle Anwendungen) und Arbeiten an Röntgenquellen (monchromatische Quellen, Transmissions-Anoden, Micro-Fokus Quellen, sowie Flüssigmetall Anoden.
Von 2003 bis 2015 war er Chief Scientist bei der Morpho Detection Germany GmbH. In dieser Position erfand er wesentliche Aspekte der Geometrie von Morpho Detections (seit 2017 Smiths Detection) X-ray Diffraction Imaging (XDi) Technologie.
Viele Ideen und Ergebnisse von Geoffrey Harding hat er sowohl in Patenten als auch in wissenschaftlichen Veröffentlichungen publiziert.
In seinem Ruhestand ab 2015 hat er weiterhin für Morpho Detection als Berater gearbeitet, sowie mit der Universität Lübeck kooperiert[1].
Wesentliche Arbeiten
BearbeitenZu Beginn seiner Karriere führte er grundlegende Untersuchungen zu inelastischer Röntgenstreuung (Compton Streuung) und elastischer (Rayleigh) Streuung durch. Bildgebung wurde durch Nadelstrahl-Konfiguration in Verbindung mit Translationstischen erreicht. Dies wurde durch einen Rotationstisch erweitert, woraus sich ein Nadel-Strahl CT System ergab, welches aber nicht wie konventionelles CT die transmittierte Strahlung maß, sondern die Streustrahlung. Als Ergbnis konnten 2D-Schnitte der wellenvektorübertragsaufgelösten Streufunktion gezeigt werden. In den frühen 2000er Jahren untersuchte er dies in der deutlich effizienteren Fächerstrahlkonfiguration kombiniert mit energie-aufgelöster Detektion der Röntgenstrahlung. Dieses Verfahren wurde unter dem Begriff “Coherent Scatter CT” in der Literatur beschrieben[2].
Neuartige Röntgenbildgebung für die Medizin und industrielle Anwendungen waren das Ziel. Besonderes Augenmerk legte er auf Materialerkennung von z.B. Sprengstoffen mittels Comptonrückstreuung oder durch kohärente Streuung. In späteren Arbeiten verwendete er auch Röntgenfluoreszenz von z.B. Gd-basierten Kontrastmitteln, um quantitative, tomographische Bildgebung zu betreiben.
Ein herausragendes Ereignis in der Richtungsfindung von Hardings Detektionsmethoden spielte der terroristische Anschlag auf Pan Am Flug 103, der 1988 zum Absturz über Lockerbie, Schottland, führte. Er fokussierte sich auf die Anwendung der Röntgenstreuung zur automtischen Detektion von Sprengstoffen in Fluggepäck. Dieses Projekt begann am Philips Forschungslabor in Hamburg und führte schließlich zu Produkten, die an verschiedenen Flughäfen erfolgreich Materialidentifikation erreichen und so mit geringen Fehlalarmraten Koffer untersuchen. Das System XRD3500, zunächst von der Firma YXLON vertrieben, verwendet die patentierte Kegelmantelstrahlgeometrie. Unter Zuhilfenahme eines Translationsroboters, welcher eine Röntgenquelle und -detektor bewegt, können Koffer komplett untersucht werden. Das System arbeitet sehr genau, ist aber mechanisch komplex und arbeitet mit limitierter Geschwindigkeit. Die Technologie wurde deutlich verbessert durch die Erfindung und Realisierung der "Inverse Fan-beam geometry", wodurch die Bewegung der schweren Röntgenröhre und des Detektors nicht mehr erforderlich ist. Dadurch wird der Aufbau vereinfacht und die Koffermessung beschleunigt.
Neben den Untersuchungen von Prinzipien dder Röntgenbildgebung hatte Geoff Harding auch stets Verbesserungen der Röntgenröhre als Ziel, da diese wesentlichen Einfluß auf die Bildqualität hat und außerdem als enabler für neuartige Technologien grundsätzlich erforderlich sind. So erfordert seine Diffraktionstechnik stets high-power Röhren (~10kW) und die "inverse fan-beam Geometry" eine Multi-Fokus-Röntgenröhre. Zunächst erfand er eine quasi-monochromatische Röntgenröhre basierend auf Röntgenfluoreszenz von austauschbaren target-Materialien (named Fluor'X). Er untersuchte die Möglichkeiten, mit einer solchen Röhre die Patientendosis zu reduzieren. Über einige Jahre verfolgte er das Ziel, die üblicherweise aus festem Metall (z.B. wolfram) bestehende Anode durch ein Flüssigmetall zu ersetzen, welches neben der Bremsstrahlungs-Röntgenerzeugung auch als turbulenmt fließendes Kühlmedium diente. Dieses Konzept wurde als LIMAX (Liquid Metal Anode X-ray)-source abgekürzt.
Ehrungen und Preise
Bearbeiten- Seine Veröffentlichung X ray diffraction computed tomography erhielt 1988 den S Greenfield Award (für die beste Veröffentlichung in Medical Physics) von der Association of American Physicists in Medicine[3].
- Das von ihm erfundene ComScan System erhielt 1991 den Innovationspreis der deutschen Wirtschaft.
- Er erhielt 1995 die Röntgen-Plakette - im Jahre des 100. Jubiläums der Entdeckung der Röntgenstrahlung.
Wissenschaftliche Veröffentlichungen (Auswahl)
BearbeitenDual-energy Compton scatter tomography, G. Harding and R. Tischler, Physics in Medicine and Biology 31(5) 477-489 (1986), doi:10.1088/0031-9155/31/5/001
Compton scatter imaging: A tool for historical exploration, G. Harding and E. Harding, Applied Radiation and Isotopes Vol. 68(6):993-1005(2010), doi:10.1016/j.apradiso.2010.01.035
Elastic scatter computed tomography, G. Harding and J. Kosanetzky, Physics in Medicine and Biology 30(2):183-186(1985), doi:10.1088/0031-9155/30/2/008
X-ray diffraction computed tomography, G. Harding, J. Kosanetzky and U. Neitzel, Medical Physics 14(4):515-525(1987), doi:10.1118/1.596063
Energy-dispersive X-ray diffraction tomography, Physics in Medicine and Biology 35(1):33 (2000), G. Harding; M. Newton; J. Kosanetzky, doi:10.1088/0031-9155/35/1/004
Coherent scatter computed tomography: a novel medical imaging technique, J.P. Schlomka, A. Harding, U. van Stevendaal, M. Grass, G. Harding, Proceedings Volume 5030, Medical Imaging 2003: Physics of Medical Imaging; (2003), doi:10.1117/12.479949
Detection of burried landmines with x-ray backscatter technology, W. Niemann, S.Olesinski, T. Thiele, G. Martens and I.-C. Carlsen, NDT.net October 2002, Vol. 7(10), [[1]]
Automatic detection of explosives in airline baggage using elastic X-ray scatter, H. Strecker, Medicamundi Vol. 42 (2):30-33 (1998)
Investigation of externally activated x-ray fluorescence tomography for use in medical diagnostics, H. von Busch, G. Harding, G. Martens, J.P. Schlomka, B. Schweizer, Proceedings of SPIE Vol.5745 (2005, doi:10.1117/12.591663
A new fluorescent X-ray source for photon scattering investigations, G. Harding, B. Jordan and J. Kosanetzky, Physics in Medicine and Biology 36(12):1573 (2000), doi:10.1088/0031-9155/36/12/003
Dose reduction options by monochromatic X-rays, B. Schweizer, W. Eckenbach, G. Harding, G. Martens and J.P. Schlomka, Nuclear Science Syposium Conference Record, 2003 IEEE Vol. 4, doi:10.1109/NSSMIC.2003.1352516
Liquid Metal Anode X-Ray Tube, B. David, H. Barschdorf, V. Doormann, R. Eckart, G. Harding, J.P. Schlomka, A. Thran, P. Bachmann, and P. Flisikowski, , 2004, in: G.A. Kyrala, J.C.J Gauthier, C.A MacDonalds, A.M. Khounsary (Eds.), Laser-Generated and Other Laboratory X-Ray and EUV Sources, Optics, and Applications. SPIE vol. 5196, pp. 432-443, doi:/10.1117/12.504503
A power-voltage scaling law for liquid anode X-ray tubes, G.Harding, Radiation Physics and Chemistry 73 (2005), pp. 69-75, doi:/10.1016/j.radphyschem.2004.08.001
Patente (Auswahl)
BearbeitenMethod for the determination of the spatial distribution of the scattering cross-sections for elastically scattered X-ray radiation and arrangement for implementation of the method, Geoffrey Harding, Joseph Maria Kosanetzky and Ulrich Neitzel, Patent: US4754469 (1988)
Method and imaging system for imaging the spatial distribution of an X-ray fluorescence marker, Geoffrey Harding, Jens-Peter Schlomka and Gerhard Martens, Patents: US 7545910 B2, CN 100479753 C, JP 4558716 B2
Radiation source for generating essentially monochromatic x-rays, Geoffrey Harding, Patents US4903287A and EP0292055B1
Anode module for a liquid metal anode X-ray source, and X-ray emitter comprising an anode module, Geoffrey Harding, United States Patent US7515688
Compact multi-focus x-ray source, x-ray diffraction imaging system, and method for fabricating compact multi-focus x-ray source, United States Patent US7756249
Weblinks
Bearbeiten- ↑ Verleihung des 5. Gründerpreises der Sparkasse zu Lübeck AG 2016. Abgerufen am 27. September 2023.
- ↑ Jens-Peter Schlomka, Adrian Harding, Udo van Stevendaal, Michael Grass, Geoffrey L. Harding: Coherent scatter computed tomography: a novel medical imaging technique. 9. Juni 2003, S. 256, doi:10.1117/12.479949 (spiedigitallibrary.org [abgerufen am 27. September 2023]).
- ↑ AAPM Moses and Sylvia Greenfield Award Recipients. Abgerufen am 27. September 2023.