Aus , und gleichseitig folgt (rot) gleichtseitig, wird auch als äußeres Napoleondreieck bezeichnet

Der Satz von Napoleon, benannt nach Napoleon Bonaparte, ist eine Aussage aus der Elementargeometrie. In der Literatur wird er gelegentlich Napoleon zugeschrieben, es gibt jedoch bisher keinen konkreten Nachweis darauf, dass er wirklich auf Napoleon zurückgeht. Errichtet man über den Seiten eines beliebigen Dreiecks jeweils nach außen gerichtete gleichseitige Dreiecke, dann besagt der Satz, dass deren Mittelpunkte ein gleichseitiges Dreieck bilden. Eine analoge Aussage für Parallelogramme ist der Satz von Thébault-Yaglom, beide Sätze lassen sich zum Satz von Napoleon-Barlotti für Vielecke verallgemeinern. Eine weitere Verallgemeinerung des Satzes von Napoleon ist der Satz von Petr–Douglas–Neumann.

Wenn man über den Seiten eines beliebigen Dreiecks Sei   nach außen gerichtete gleichseitige Dreiecken  ,   und   errichtet, dann bilden deren Mittelpunkte   ein gleichseitiges Dreieck. Dieses Dreieck   wird als (äußeres) Napoleon-Dreieck bezeichnet.[1]

Erweiterungen und verwandte Aussagen

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inneres und äußeres Napoleon-Dreieck

Sind die über den Seiten des Dreiecks   errichteten gleichseitigen Dreiecke nach innen anstatt nach außen gerichtet, so bilden deren Mittelpunkte   ebenfalls ein gleichseitiges Dreieck. Dieses wird auch als inneres Napoleon-Dreieck bezeichnet und für die Flächen des äußeren Napoleon-Dreiecks, des inneren Napoleon-Dreiecks und des Ausgangsdreieck   besteht dabei die folgende Beziehung:[2][1]

 

Eine zum Satz von Napoleon analoge Aussage für Parallelogramme liefert der Satz von Thébault-Yaglom, hier bilden die Mittelpunkte der über den Seiten eines Parallelogramms errichteten Quadrate ebenfalls ein Quadrat. Beide Sätze verallgemeinern sich zum Satz von Napoleon-Barlotti, der beschreibt unter welchen Bedingungen die Mittelpunkte der über den Seiten eines n-Ecks errichteten regulären n-Ecke ebenfalls ein reguläres n-Eck bilden.[3]

 
Satz von Napoleon für Trapeze
 ,  

Eine ähnliche Aussage zum Satz von Napoleon lässt sich jedoch nicht nur für Parallelogramme formulieren, sondern auch für Trapeze, wobei hier jedoch über den beiden parallelen Seiten keine Quadrate sondern Rechtecke errichten werden, deren Seitenlängen denen der parallelen Seiten entsprechen. Auch in diesem Fall bilden die Mittelpunkte der beiden Rechtecke und Quadrate über den Seiten des Trapezes ein Quadrat. Ist das Trapez zudem ein Parallelogramm, so werden die beiden Rechtecke zu Quadraten und man erhält wieder den Satz von Thébault-Yaglom. Analog zum Satz von Napoleon erhält man auch ein Quadrat, wenn die die beiden Rechtecke und Quadrate nach innen anstatt nach außen gerichtet sind.[4]

 
allgemeinere Aussage über ähnliche Dreiecke, gleichfarbene Winkel sind gleich groß,  

Der Satz von Napoleon ist auch ein Spezialfall einer allgemeineren Aussage über Dreiecke. Errichtet man über den Seiten eines beliebigen Dreiecks   nach außen gerichtete ähnliche Dreiecke  ,  und  , so dass die Summe der Winkel in  ,   und     ergibt, dann bilden die Umkreismittelpunkte dieser Dreiecke ein Dreieck, das zu diesen ähnlich ist.[2]

Der Satz von Petr–Douglas–Neumann beschreibt ein iteriertes Verfahren bei dem man durch mehrfaches Errichten von ähnlichen gleichschenkligen Dreiecken über den Seiten eines beliebigen n-Ecks schließlich bei einem regulären n-Eck landet. Wendet man das Verfahren auf ein Dreieck an, so entspricht es im Wesentlichen dem Satz von Napoleon, wobei man allerdings nicht gleichseitige Dreiecke über den Seiten des Ausgangsdreieck errichtet sondern ähnliche gleichschenklige Dreiecke mit einem Spitzenwinkel von  . Die Spitzen dieser Dreiecke entsprechen damit den Mittelpunkten der gleichseitigen Dreiecke aus dem Satz von Napoleon.[5][6]

Geschichte

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Obwohl die Aussage des Satzes für Dreiecke in der Literatur gelegentlich Napoleon zugeschrieben wird und oft nach ihm benannt ist, gibt es keinen konkreten Hinweis darauf, dass das Resultat wirklich auf Napoleon zurückgeht.[7][8]

Als erste bekannte Veröffentlichung galt lange eine von einem W. Rutherford gestellte Frage, die 1825 in der Rubrik „New Mathematical Questions“ der Zeitschrift The Ladies' Diary erschien. Im darauffolgenden Jahr wurden dann mehrere Lösungen in The Ladies’ Diary von verschiedenen Autoren vorgestellt. Napoleon wird in diesen Publikationen nicht erwähnt.[7] Allerdings erschien die Aussage als Aufgabenstellung formuliert bereits in den 1823 publizierten Dublin problems, einer Aufgabensammlung aus mathematischen Examen in Dublin. Dort kommt sie als Aufgabe in einem Examen von 1820 vor.[9]

In den folgenden Jahrzehnten wurde die Aussage von verschiedenen Mathematikern wiederentdeckt und publiziert auch jeweils ohne irgendwelche Hinweise auf Napoleon. In der 1911 erschienenen 17-ten Ausgabe des Geometriebuchs Elementi di Geometria, ad uso Degli Istituti Tecnici (1◦ Biennio) e dei Licei des italienischen Mathematikers Aureliano Faifofer wurde sie jedoch Napoleon zugeschrieben. 1926 behaupteten dann mit L. Campedelli und G. Gobesso zwei weitere italienische Mathematiker, dass die Aussage auf Napoleon zurückginge und schrieben, Napoleon hätte sie Joseph-Louis Lagrange vorgestellt. Obwohl beiden Zuschreibungen zu Napoleon ohne jegliche Belege erfolgten, hat sich seitdem Napoleon dennoch als Name für diese und verwandte mathematischen Aussagen eingebürgert.[7]

Faifofers Geometriebuch wurde lange als die erste Erwähnung Napoleons angesehen,[7] jedoch war die Aussage bereits in der Chambers's Encyclopaedia von 1867 Napoleon zugeschrieben worden.[10]

Dier ersten beiden Beweise nutzen die Eigenschaften von Drehungen, um Winkelgrößen im Napoleon-Dreieck zu bestimmen oder Streckenlängen zu vergleichen. Der dritte Beweis hingegen berechnet mit Hilfe des Kosinussatzes und trigonometrischer Identitäten die Seitenlängen des Napoleon-Dreiecks direkt. Weitere Beweise erhält mit Hilfe komplexer Zahlen und deren geometrischer Deutung anhand der komplexen Zahlenebene oder auch durch die Herleitung allgemeinerer Aussagen, wie die analoge Aussage zu ähnlichen Dreiecken, die den Satz von Napoleon dann als Spezialfall enthalten.

Geometrischer Beweis

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Beweis

Gegegebenn ist ein beliebiges Dreieck   mit den über seinen Seiten errichteten gleichseitigen Dreiecken  ,   und  . Deren Mittelpunkte sind   und   ist das Napoleon-Dreieck.

Dreht man diese Konfiguration um   um den Punkt   nach rechts und um   um den Punkt   nach links, dann wird das Dreieck   mit Mittelpunkt   bei beiden Drehungen auf das Dreiecke   mit Mittelpunkt   abgebildet. Aufgrund der Drehungen gilt   und  , damit sind die Dreiecke   und   kongruent, da sie sich zudem die Seite   teilen (Kongruenzsatz SSS). Somit gilt für die Winkel   und   und damit ist   ein gleichseitiges Dreieck.[11]

Vektorbeweis

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Seien   die Ortsvektoren der Eckpunkte eines beliebigen Dreiecks   und   die Ortsvektoren der Spitzen der gleichseitigen Dreiecke. Weiterhin   eine Drehmatrix, die um   nach links dreht. Dann gelten die folgenden Gleichungen:[1]

 

Da der Mittelpunkt bei einem gleichseitigen Dreieck mit seinem geometrischen Schwerpunkt, dem Schnitt der Seitenhalbierenden, übereinstimmt, lasen sich die drei Mittelpunkte der gleichseitigen Dreiecke wir folgt berechnen:

 

Um nachzuweisen, dass das Dreieck   gleichseitig ist, reicht es zu zeigen, dass   gilt. Denn diese Gleichung bedeutet, dass es sich um ein gleichschenkliges Dreieck mit einem  -Winkel handelt und damit auch um ein gleichseitiges Dreieck.

 

Trigonometrischer Beweis

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Beweis

Mit  ,   und   liefert der Kosinussatz im Dreieck  :

 

Da   und   Schnittpunkte von Seitenhalbierenden in den entsprechenden gleichseitigen Dreiecken sind, teilen sie diese im Verhältnis 2:1, was bedeutet, dass die Strecken     der Seitenhalbierenden betragen. Berücksichtigt man noch, dass die Seitenhalbierende in einen gleichseitigen Dreieck   der Seitenlänge des Dreiecks beträgt, erhält man:

 

Eingesetzt in den obigen Kosinussatz erhält man damit:

  (1)

Das Additionstheorem des Kosinus liefert unter der Berücksichtigung von   und  :

 

Eingesetzt in die obige Gleichhung (1) erhält man:

  (2)

Der Kosinussatz im Dreieck   liefert:

 

Zudem gilt für Fläche dieses Dreiecks:

 

Wendet man nun beides in der Gleichung (2) an, so erhält man schließlich:

 

Diese Formel für die Seite   ist nun symmetrisch bezogen auf die Seiten   des Ausgangsdreieck  . Dies bedeutet, dass eine entsprechende Berechnung der anderen beiden Seiten von   dieselbe Formel liefert und damit alle drei Seiten die gleiche Länge besitzen.[12]

Die obige Rechnung setzt allerdings voraus, dass   ist, was auch für die anderen Winkel des Dreiecks   gelten muss. Gilt nun   so beträgt der im Kosinussatz zur Berechnung von   verwendete Winkel  

 

Aufgrund der folgenden trigonometrischen Identität

 

führt dies jedoch zur selben Berechnung von   beziehungsweise   wie zuvor.

Beweis für das innere Napoleon-Dreieck

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Ersetzt man im obigen Vektorbeweis die rechtsdrehende Matrix durch eine linksdrehende so erhält man einen Beweis für die Gleichseitigkeit des inneren Napoleon-Dreiecks.

Literatur

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  • Wolfgang Zeuge: Nützliche und schöne Geometrie. Springer, 2018, ISBN 9783658228330, S. 85-88
  • Fritz Schmidt: 200 Jahre französische Revolution. Problem und Satz von Napoleon mit Variationen. In: Didaktik der Mathematik 18 (1990), S. 15-29 (Digitalisat)
  • Claudi Alsina, Roger B. Nelsen: Perlen der Mathematik: 20 geometrische Figuren als Ausgangspunkte für mathematische Erkundungsreisen. Springer, 2015, ISBN 978-3-662-45461-9, S. 90–91
  • K. Schütte: Neue Fassung einer Verallgemeinerung des Satzes von Napoleon. Elemente der Mathematik, Band 44, Heft 5, 1989 (Digitalisat)
  • Klaus Taschwer: Warum Napoleon auch als Mathematiker in die Geschichte einging. Der Standard, 21. Dezember 2023
  • Dominik Wrazidlo, Manuel Plate: Napoleon auf der Spur. Spitzendreiecke mit konstanen Innenwinkeln. Junge Wissenachaft, Band 89, 2011, S. 16-22 (Digitalisat)
  • Stan Dolan: Triangles around a given triangle. In: The Mathematical Gazette, Vol. 99, No. 546, November 2015, S. 432-443 (JSTOR)
  • Alfred S. Posamentier, Ingmar Lehmann: The Secrets of Triangles. Prometheus Books, 2012, Kapitel 7 Areas of and within triangles
  • Cristina Vacarescu: Napoleon's Theorem. In: Annals (Constanţa Maritime University). 2009, Band 10, Ausgabe 12, S. 465-470
  • John Baker: Geometry and vectors. In: Australian Senior Mathematics Journal, 2001, Band 15 Ausgabe 2, S. 19-28
  • Mirza Cvorak, Manuela Muzika Dizdarevic: Napoleon's Theoren from the ViewPoint of Gröbner Bases. In: Matematicki Vesnik. Dezember 2022, Band 74, Ausgabe 4, S. 289-300 (Digitalisat)
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Einzelnachweise

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  1. a b c Martin J. Erickson: Aha! Solutions. MAA, 2009, ISBN 9780883858295, S. 49-51
  2. a b Harold Scott MacDonald Coxeter, Samuel L. Greitzer: Geometry Revisited. Random House, New York 1967, S. 62–65
  3. Dietmar Herrmann: Die antike Mathematik: Eine Geschichte der griechischen Mathematik, ihrer Probleme und Lösungen. Springer, 2013, S. 420
  4. Stephan Berendonk: A Napoleonic Theorem for Trapezoids. In: The American Mathematical Monthly, Vol. 126, No. 4, April 2019, S. 367-369 (JSTOR)
  5. Stephen B. Gray: Generalizing the Petr-Douglas-Neumann Theorem on N-Gons. In: The American Mathematical Monthly, Band 110, Nr. 3, März 2003, S. 210-227 (JSTOR)
  6. Eric W. Weisstein: Petr-Neumann-DouglasTheorem. In: MathWorld (englisch). (abgerufen 21. Juni 2024)
  7. a b c d Branko Grünbaum: Is Napoleon’s Theorem Really Napoleon’s Theorem? In: The American Mathematical Monthly. Band 119, Nr. 6 (Juni‒Juli 2012), S. 495–501 (online, JSTOR)
  8. Christoph J. Scriba: Wie kommt 'Napoleons Satz' zu seinem namen? In: Historia Mathematica. Band 8, Nr. 4, 1981, S. 458–459, doi:10.1016/0315-0860(81)90054-9.
  9. Dublin problems: a collection of questions proposed to the candidates for the gold medal at the general examinations, from 1816 to 1822 inclusive. Which is succeeded by an account of the fellowship examination, in 1823. G. and W. B. Whittaker, London 1823 (online, 22,8 MB)
  10. Chambers’s Encyclopaedia. London 1867, Band IX, S. 538
  11. Claudi Alsina, Roger B. Nelsen: Perlen der Mathematik: 20 geometrische Figuren als Ausgangspunkte für mathematische Erkundungsreisen. Springer, 2015, ISBN 978-3-662-45461-9, S. 90–91
  12. Scott Brodie: Napoleon's Theorem, Two Simple Proofs - Proof #1 ("Hammer and Tongs" trigonometry) auf cut-the-knot.org (abgerufen 22. Juni 2024)


Einzelnachweise

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Beweis nach Euklid (Buch I, Poroposition 47)

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Beweis nach Euklid: schraffierte Dreiecke sind kongruent, gleich farbene Vierecke flächengleich

Euklid beschreibt den Satz des Pythagoras mit dem folgenden Beweis im ersten Buch seiner Elemente in der Proposition 47.[1] Dort beweist er zunächst den Kathetensatz mit Hilfe kongruenter Dreiecke, aus welchem dann unmittelbar der Satz des Pythagoras folgt. Der Beweis benutzt dabei nicht die Theorie der Proportionen, die erst im Buch 5 der Elemente entwickelt wird, sondern kommt allein mit den Sätzen des ersten Buches der Elemente aus und ist von konstruktiver Natur.

Für ein Dreieck   mit rechtem Winkel in   sind   und   die Quadrate über den Katheten und   der Fußpunkt der Höhe von   auf  . Des Weiteren sind   und   Rechtecke über der Hypotenuse   deren längere Seite   die Länge der Seite   besitzt. Nun sind die Dreiecke   und   nach dem zweiten Kongruenzsatz (SWS) kongruent, da  ,   und   gilt. Zudem gilt, dass die Fläche des Dreiecks   die Hälfte der Fläche des Rechtecks   beträgt, da dessen Grundseite   und die Rechteckseite   gleich lang sind und die Länge seiner Hohe von   der Länge der anderen Rechteckseite entspricht. Aufgrund eines entsprechenden Arguments folgt, dass die Fläche des Dreiecks   der Hälfte der Fläche des Kathetenquadrates   entspricht. Wegen der Kongruenz der Dreiecke   und   bedeutet dies aber, dass dann auch das Kathetenquadrat   flächengleich mit dem Rechteck   ist. Analog lässt sich mit Hilfe der kongruenten Dreiecke   und   zeigen, dass das zweite Kathetenquadrat   flächengleich mit dem Rechteck   ist. Damit hat man den Kathetensatz bewiesen. Der Satz des Pythagoras folgt dann sofort, da das Hypotenusenquadrat sich aus den Rechtecken   und   zusammensetzt.


[2]

[3] (stuhl ragen)


Der erste Beweis (I, 47) wird wegen der Form der Hilfslinien in der zugehörigen Figur im englischen Sprachraum gelegentlich auch windmill (Windmühle) genannt,[4][5] Arthur Schopenhauer nahm den ersten Beweis von Euklid als Beispiel für dessen in seiner Sicht willkürliche und wenig anschauliche Vorgehensweise („Oft werden, wie im Pythagoreischen Lehrsatze, Linien gezogen, ohne dass man weiss warum: hinterher zeigt sich,dass es Schlingen waren, die sich unerwartet zuziehen“, und so die Zustimmung Lernenden erzwingen, „der nun verwundert zugeben muß , was ihm seinem inneren Zusammenhang nach völlig unbegreiflich bleibt“)[6] Felix Klein verteidigte den Beweis dagegen in einer Erwiderung auf Schopenhauers Kritik als besonders anschaulich und demonstrierte dies in seiner Elementarmathematik vom höheren Standpunkt.[7]

Es gibt noch einen weiteren Beweis des Satzes von Pythagoras in den Elementen in Buch 6, Proposition 31.[8] Er benutzt statt Quadraten zueinander ähnliche Rechtecke auf den drei Seiten, ist formal einfacher als der Beweis im ersten Buch durch Verwendung der Theorie der Proportionen, die erst von Eudoxos von Knidos streng begründet wurde (siehe Abschnitt Beweis_mit_Ähnlichkeiten.) Pythagoras kann beide Beweise aller Wahrscheinlichkeit nach nicht gekannt haben, da sie einem fortgeschritteneren Verständnis der Geometrie entsprechen[9] Proklos schrieb die Beweise in seinem Kommentar zu den Elementen explizit Euklid zu und drückte seine Bewunderung für beide Beweise aus.

Euklid gibt in der letzten Proposition 48 von Buch 1 zusätzlich eine Umkehrung des Satzes von Pythagoras, indem er zeigt, dass aus der Gleichheit der Fläche des Hypothenusenquadrats mit der der Summe der Kathentenquadrate folgt, dass einer der Winkel des Dreiecks ein rechter Winkel ist (siehe Abschnitt Beweis der Umkehrung).[10]

Zerlegungsbeweise

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Zerlegungsbeweis von Perigal

Der folgende Zerlegungsbeweis wird in der neueren deutschsprachigen Literatur oft als "Stuhl der Braut" bezeichnet[11][12], was eventuell darauf zurückzuführen ist, dass er dem weiter dem zweiten weiter unten dargestellten indischen Zerlegungsbeweis ähnelt, der in der Sanskrit-Literatur als "Stuhl der Braut" oder "Figur der Braut" bezeichnet wird.[13] Der Beweis wurde 1873 von dem englischen Amateur-Mathematiker Henry Perigal veröffentlicht.[14]

Man platziert die Quadrate   und   mit Seitenlängen   und   (( ) so nebeneinander, dass ihre Unterseiten   und   die gemeinsame Strecke   bilden. Dann trägt man von der äußerenen unteren Ecke des größeren Quadrats   die Seitenlänge   des kleineren Quadrates ab, um den Punkt   zu erhalten. Nun zerschneidet man die von den beiden Quadraten geformte Figur   entlang der Strecken   und   und erhalt so die kongruenten rechtwinkligen Dreiecke  ,   mit Kathetenlöngen  ,   und Hypotenusenlänge   und das Fünfeck  . Nun platziert man die Dreiecke auf der anderen Seite des Fünfecks, z. B. durch eine Drehung von   um ihre Ecktpunkte   und  , und erhält so ein Quadrat der Seitenlänge  .[11]

 
Zerlegungsbeweis von Bhaskara

Der zweite sehr ähnliche Zerlegungsbeweis findet sich in dem Buch Bijaganita des indischen Mathematikers Bhaskara II. (1114-1185). Er beginnt mit derselben Ausgangsfigur der aneinander liegenden Quadrate, führt dann jedoch eine leicht abgewandelte Zerlegung durch.[14][13] Die beiden Quadrate mit Seitenlängen   und   werden nenbeneinander platziert, dann zerteilt man die so entstandene Figur in vier kongruente rechtwinklige Dreiecke mit Katheten der länge   und   und einer Hypotenuse der Länge  , sowie ein Quadrat der Seitenlänge  . Diese setzt man dann zur einem Qudrat der Seitenlänge   zusammen (siehe Zeichnung).[14]


[15]

[16] (stuhl ragen)

pythagoras

parabolic constant


Mittenpunkt und Fergonne-Punkt/Dreieck


Euler-Dreieck



Louise Pond

  1. Euclids Elements, Book 1, Proposition 47, David Joyce
  2. Claudi Alsina, Roger B. Nelsen: Perlen der Mathematik. Springer, 2015, S. 1-11
  3. J. M. Aarts: Plane and Solid Geometry. Springer, 2009, ISBN 9780387782416, S. 4
  4. John C. Sparks: The Pythagorean Theorem. Crown Jewel of Mathematics, AuthorHouse, Bloomington, Indiana 2008, S. 36
  5. Maor, The Pythagorean Theorem, Princeton UP, 2007, S. 45
  6. Schopenhauer, Die Welt als Wille und Vorstellung, Band 1, in Julius Frauenstädt (Hrsg.), Schopenhauers Sämtliche Werke, Band 2, Brockhaus, 2. Auflage 1877, S. 84
  7. Felix Klein, Elementarmathematik vom höheren Standpunkt, Band 2, Springer 1925, S. 258
  8. Euclids Elements, Book 6, Proposition 31, David Joyce
  9. Eli Maor: The Pythagorean Theorem. Princeton University Press 2007, S. 42
  10. Elemente, Buch 1, Proposition 48, David Joyce
  11. a b Wolfgang Zeuge: Nützliche und schöne Geometrie. Springer, 2018,ISBN 978-3-658-22832-3, S. 25
  12. Su8sanne Müller-Phillip, Hans-Joachim Gorski: Leitfaden Geometrie. Vieweg+Teubner Verlag, 5-te Auflage, 2011, S. 294-295
  13. a b Ivan Smadja: On two conjectures that shaped the historiography of indeterminate analysis: Strachey and Chasles on Sanskrit sources. In: Historia Mathematica, Volume 43, Issue 3, August 2016, Pages 241-287
  14. a b c Howard Eves: Great moments in mathematics (before 1650). MAA, 1983, ISBN 9780883853108, S.29-32
  15. Claudi Alsina, Roger B. Nelsen: Perlen der Mathematik. Springer, 2015, S. 1-11
  16. J. M. Aarts: Plane and Solid Geometry. Springer, 2009, ISBN 9780387782416, S. 4