Vier Bücher vom wahren Christentum


Die vier Bücher vom wahren Christentum des lutherischen Predigers Johann Arndt (1555–1621) sind ein Klassiker der christlichen Erbauungsliteratur.

Inhalt und Entstehung

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Das Werk entstand in den Jahren 1605–1610, wurde posthum um weitere Schriften auf sechs Bücher vom wahren Christentum erweitert und später um das Paradiesgärtlein voller christlicher Tugenden aus dem Jahr 1612 ergänzt. In dieser Form ist es noch heute erhältlich.

Vier Bücher vom wahren Christentum

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  • Von wahrem Christenthumb, Buch 1. Frankfurt am Main 1605.
  • Vier Bücher vom wahren Christentum. Magdeburg 1610.

Sein Hauptwerk „Die vier (sechs) Bücher vom wahren Christenthum“ hat seine eigene Litterargeschichte. Das erste Buch, entstanden Wochenpredigten, die der Verfasser in Braunschweig gehalten, somit aus dem praktischen Bedürfniß des pastoralen Berufs und aus dem lebendigen Contact mit der Gemeinde herausgewachsen, erschien zuerst allein 1605 in Frankfurt; dann in zweiter, nach des Jenenser Theologen Piscator Rath mehrfach veränderter Ausgabe 1607; die vier Bücher zusammen zuerst Magdeburg 1610 (eine editio princeps von 1609 wird vermuthet, aber nicht nachgewiesen).

Die vier ursprünglichen Bücher tragen die besonderen Titel „Liber scripturae, vitae, conscientiae, naturae“: die drei ersten sollen, wie A. selbst sagt, die drei Stadien des christlichen Lebens, Kindheit, Mannheit, Alter, oder die drei Stufen des mystischen Processes, Buße, Erleuchtung, Vereinigung mit Gott durch die Liebe darstellen, das vierte soll hinweisen auf die tieferen Zusammenhänge zwischen dem Reich der Schöpfung und Erlösung, damit man sehe, wie Schrift, Christus, Mensch, Welt übereinstimmen und wie Alles in Gott [551]selbst seinen Ursprung habe und sein Ziel.

Fünftes und sechstes Buch

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Die späteren Ausgaben seit der Lüneburger von 1695 haben meist ein fünftes und sechstes Buch aufgenommen, bestehend aus einigen kleineren, selbständigen Tractaten Arndt’s: „Vom wahren Glauben und heiligen Leben,“ „Von der Vereinigung der Gläubigen mit Christo Jesu,“ „Von der heil. Dreifaltigkeit,“ sowie der „Wiederholung und Verantwortung des wahren Christenthums“ von 1620 u. A.

Paradiesgärtlein

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  • Paradiesgärtlein voller christlicher Tugenden, wie solche zur Übung des wahren Christentums durch andächtige, lehrhafte und trostreiche Gebete in die Seele zu pflanzen. Magdeburg 1612.

Fast eben so große Verbreitung als Arndt’s „Wahres Christenthum“ fand sein zweites Hauptwerk „Das Paradisgärtlein voll christlicher Tugenden,“ eine Sammlung von Gebeten und Gebetsliedern in fünf Theilen (1. Tugendgebetlein. 2. Danksagungsgebete für die Wohlthaten Gottes. 3. Kreuz- und Trostgebete. 4. Amtsgebete. 5. Lob- und Freudengebete), zuerst 1612 zu Leipzig erschienen, dann in zahllosen neuen Auflagen gedruckt, meist mit einem Anhange von 14 Wundergeschichten, welche sich mit diesem Büchlein begeben. (Zur Charakteristik vgl. Theremin’s „Abendstunden“ S. 446, Tholuck’s „Lebenszeugen“ S. 278 ff.).

Einflüsse

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Wie diese Disposition, die freilich keineswegs klar und fest durchgeführt ist, an die bekannte Gedankenwelt älterer katholischer wie protestantischer Mystiker erinnert, so sind auch im Einzelnen vielfach die Schriften derselben benutzt, besonders Tauler, die „Deutsche Theologie“, Thomas von Kempen, Angela von Fuligno, Staupitz, für das vierte Buch, wie es scheint, Raimund von Sabunde; dem zweiten Buch ist ein Abschnitt aus einer damals noch ungedruckten Schrift des lutherischen Mystikers und Theosophen V. Weigel einverleibt – eben dies ein Hauptgrund der Angriffe, die von Seiten der lutherischen Orthodoxie gegen das Werk erhoben wurden.

Rezeption

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Dreimal sind Arndt’s Schriften und Lehren Gegenstand von mehr oder minder leidenschaftlichen Angriffen und Streitigkeiten (lites Arndianae) geworden. Zuerst noch zu seinen Lebzeiten, gleich nach dem Erscheinen des ersten Buches des „Wahren Christenthums“ (1605 ff.) von Seiten seiner Braunschweiger Collegen, besonders eines Pastors Deneke, die ihn des Enthusiasmus und Synergismus, der Verleugnung des evangelischen Schriftprincips und der lutherischen Rechtfertigungslehre beschuldigten, dann von Seiten eines Danziger Predigers Rabe (Corvinus), der seit 1618 einige seiner Collegen, die Arndt’s Schriften empfohlen hatten, und diesen selbst in schamlosester Weise angriff, wogegen nicht blos zahlreiche einzelne Freunde Arndt’s unter Theologen und Laien, sondern auch die theologischen Facultäten von Wittenberg, Jena, Königsberg sich seiner annahmen. Umfassender noch und eingehender war der Angriff, der kurz nach seinem Tode 1624 von dem Tübinger Theologen Lucas Osiander zwar nicht gegen Arndt’s Person, aber gegen seine Schriften und Lehre erhoben wurde in einer ausführlichen Gegenschrift, worin nicht weniger als acht verschiedene Ketzereien (papistische, monarchistische, enthusiastische, pelagianische, calvinische, schwenkfeldische, flacianische, weigelianische) in dem „Wahren Christenthum“ nachgewiesen werden. Zum dritten Mal endlich wurde Arndt’s Orthodoxie Gegenstand einer Controverse am Anfang des 18. Jahrhunderts, im Zusammenhang mit den pietistischen Streitigkeiten, wo der Wittenberger Theolog [Gottlieb] Wernsdorf mit einer Kritik Arndt’s auftrat. Aber auch an litterarischen Vertheidigern und begeisterten Verehrern der Arndt’schen Schriften hat es nicht gefehlt. Gleich anfangs waren es besonders der Wittenberger Polykarp Leyser und der Jenenser Architheologus Johann Gerhard, die sich seiner annahmen und bald erhoben sich aus den verschiedensten Kreisen von Theologen und Laien, aus dem Norden und Süden Deutschlands und im Auslande beifällige Stimmen und laute Zeugnisse von dem aus seinen Schriften empfangenen Segen. Gegen Osiander’s Angriff lieferte die umfassendste Vertheidigung Arndt’s der Braunschweiger Prediger Heinrich Varenius in Hitzaker (1624), ferner die Nürnberger Prediger Saubert, Treu, Rachel, [552]Diekmann u. A. Ja bald wurde die Zahl der Theologen immer größer, die sich offen als Schüler, Anhänger, ja als begeisterte Verehrer Arndt’s bekannten, so der Schwabe J. V. Andrëä, der Gothaische General-Superintendent Glassius, der Dresdener Hofprediger Geier, der Straßburger Dannhauer, der Rostocker H. Müller u. A., besonders aber die Väter des Pietismus Ph. J. Spener und A. H. Francke, von denen der erstere eine Reihe von Predigten über Arndt’s Wahres Christenthum hielt und offen erklärte, daß er dieses den Werken Luther’s nahe stelle, ja daß ihm nach der heil. Schrift kaum ein anderes Buch so hoch im Werthe stehe, als Arndt’s Wahres Christenthum. Und mehr noch als unter den Theologen hat unter dem evangelischen Volk das alte „Arndtenbuch,“ d. h. das wahre Christenthum und Paradisgärtlein eine treue und begeisterte, mitunter fast abergläubische Verehrung gefunden und behalten bis herab in die Gegenwart: ein mildes, tröstliches und thatkräftiges Christenthum im deutschen Volke zu erhalten in der Verwilderung des dreißigjährigen Krieges, und durch die Aufklärungsperiode hindurch bis auf unsere Tage, dazu hat kaum ein anderes Buch so viel beigetragen als die seinen.

Und wenn auch späterhin eine kühlere und kritischere Zeit, und ein verfeinerter Geschmack mancherlei an seinen Schriften auszusetzen hatte – wenn der Eine dogmatische Correctheit, besonders entschiedenere Betonung der lutherischen Fundamentallehre von der Rechtfertigung, der Andere Originalität der Gedanken, Tiefe der mystischen Contemplation, Schärfe der theologischen Begriffe vermißt, wenn ein Dritter die Form zu einfach, zu schwung- und schmucklos, oder die Darstellung zu gedehnt, unmethodisch und wiederholend, mitunter auch die Bildersprache zu spielend gefunden hat: – darüber ist doch nur eine Stimme, daß unter allen Erbauungsschriften der evangelischen Kirche Arndt’s Wahres Christenthum die erste Stelle einnimmt in Hinsicht auf innere Gediegenheit wie auf Verbreitung und Einfluß, und auch in der Geschichte der deutschen Prosalitteratur gebührt ihm wegen seiner volksthümlichen, klaren, anmuthigen, oft wahrhaft poetischen Sprache und Darstellung wie wegen der weiten Verbreitung seiner deutschen Schriften nächst Luther’s Bibelübersetzung eine hervorragende Stelle.

Aktuelle Ausgabe

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  • Johann Arnd's sechs Bücher vom wahren Christentum nebst dessen Paradies-Gärtlein. St.-Johannis-Druckerei, 1996. ISBN 3501012934 (mit einer anonymen älteren Biografie)

Literatur

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