Lutherstraße 1910
Rückseite der Lutherstraße mit Seeke (1910)


Im Jahr 1863 wurden die Bewohner der sogenannten Burgfreiheit, des Schlosses und und des Schossgartens mit gewissen Einschränkungen in den Stadtverband Schwerins aufgenommen, ohne dass diese Gebietsteile zur Stadt gehörten. Das damalige Dorf Ostorf gehörte jedoch nicht dazu. Das Bedürfnis freier Villenbauten war zu jener Zeit sehr groß. In den 1860er Jahren hatte schon der Maler Suhrland ein Landhaus in diesem Bereich errichtet. Im Jahr 1888 begann man auf dem Gelände zwischen Jägerhof und Artilleriekaserne das Gelände für Bauplätze zu ebnen und seit den 1890er Jahren umfangreich zu bebauen. 1900 waren die Luther- und die Regentenstraße, sowie das Slüter Ufer vollendet.[1]


Der Denkmalbereich zeigt ein geschlossenes Bild von Variationen der typisch historistischen Bebauung. Die gut erhaltene Originalsubstanz der Gebäude, die im Äußeren geringfügige Überformungen durch Sanierungen und/oder Umbauten aufweist, hat in ihrer Gesamtheit einen dokumentarischen Charakter für die Stilvielfalt der historistischen Baukunst am Ende des 19. Jahrhunderts. Die Gebäude sind als baukünstlerischer Ausdruck überwiegend gekennzeichnet durch: - Individualisierte historistische Reihenbebauung mit einer Entstehungszeit zwischen 1889 und 1897. Ausbildung mindestens einer Schaufassade mit bauplastischer Schmuckgliederung wie Rustikaquaderung, profilierten Fensterrahmungen und –bekrönungen, Pilaster- und Lisenengliederung, Gesimsen, Zahnschnittfriesen oder ausladenden Kranzgesimsen; Dekorelemente, die auf die tektonisch zweckmäßige Kernform aufgesetzt werden und als typische Baumerkmale der historistischen Architektur in diesem Gebiet angesprochen werden können. Die Fassade ist hierbei meist ziegelsichtig (roter Ziegel) oder im Erdgeschoss ausnahmsweise verputzt und im Obergeschoss ziegelsichtig. Wobei die Putzelemente immer eine farbige Fassung erhalten, die als Originalfarbigkeit durch Freiliegung bei Sanierungen durch eine geeignete Fachfirma oder ein Bauforschungsbüro zu ermitteln ist. - Räumlich ausladende und repräsentative Wirkung der Gebäude durch Erker und Balkone, Mittelrisalite und Frontispize. - Flache Satteldächer mit Attikageschossen zur Straße und Pappdeckung, in Ausnahmefällen heute Ziegeleindeckung. - Quer zur Hauptfirstrichtung verlaufen Satteldächer über Risalite oder Frontispize. [2]


Die Lutherstraße entstand im Zusammenhang mit dem städtebaulichen Wachstum der damals eigenständigen Gemeinde Ostorf in der Zeit zwischen 1889 und 1897. Durch die geografische Lage sowie die Gemeindegrenzen, den anschließenden großherzoglichen Besitz und den nahen Ostorfer See waren die städtebaulichen Erweiterungsmöglichkeiten eingeschränkt. Auf Grund dieser begrenzten Flächen konnten die Baumaßnahmen durch die privaten Investoren Brunnengräber (ab 1889) und Nieske (ab 1894) relativ zügig zu Ende geführt werden. Brunnengräber hatte den ehemaligen Garten Nr. 4 vom Großherzoglichen Militärdepartement und Nieske den ehemaligen Garten Nr. 5 vom Kunstsammler Suhrlandt erworben, jeweils zum Zwecke der Bebauung mit Stadtvillen. Diese sollten das in Schwerin knappe Angebot an Villengrundstücken ergänzen, insgesamt entstanden über 50 Bauplätze in diesem Gebiet.[2]

Ebenfalls zum Denkmalbereich gehört das Gebäude Johannes-Stelling-Straße 1, welches zeitgleich zum Projekt Nieske erbaut wurde, jedoch auf einen einzelnen, eigenständigen Bauherrn, den Freiherrn von Stenglin, zurückgeht. Das Gebäude nimmt in seiner Lage und teilweise in seiner Gestaltung die Vorgaben der anderen Bauten auf. Auch das schon 1867 errichtete und 1880 sowie 1904 umgebaute Gebäude Lutherstraße 12, das ehemalige Gartenhaus des Malers Suhrlandt, ist auf Grund seiner gründerzeitlichen Architektur Bestandteil des Denkmalbereich. An vergleichbaren Projekten für Stadtvillen gab es innerhalb der eigentlichen Stadtgrenzen Schwerins nur die Bebauung der westlichen Paulsstadt.[2]

Geschichte

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Nach dem Jahr 1860 entstand ein erstes Wohnhaus an einem Gartenweg, der heute die Lutherstraße ist. Um 1890 kamen weitere Villen hinzu. Weil dort viele Pensionäre, also Rentiers wohnten, wurde diese Straße zusammen mit dem Jägerweg, der heutigen Lischstraße und dem Slüter Ufer von den Schweriner auch Neu Lappland genannt.

Zunächst hatten die Häuser in der Lutherstraße keine Nummern, sondern Namen: Villa Adele, Villa Menrepos, Villa Schwalbe... Der Briefträger wusste somit, wohin er die Post zustellen musste. Erst 1900 bekam die Straße den Namen Lutherstraße und auch Hausnummern mit blauer Schrift auf weißem Grund. Das aber widersprach den Forderungen einer städtischen Verordnung, die genau ein umgekehrtes Farbbild festlegte. Diese Aufmüpfigkeit konnte von der Stadt nicht geduldet werden. Und so verzögerte sie den Anschluss der Lutherstraße an die Kanalisation. Erst nachdem der Großherzog eingegriffen hatte, ging es voran.

Noch heute gibt es an drei Häusern die ursprünglichen „falschen“ Hausnummern. Und nach der Sanierung wurde an einigen Villen auch wieder die „Traditionshausnummernfarbgestaltung“, wie sie einst Oberbürgermeister Karl Tackert nannte, aufgenommen.[3]

Die Seeke

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Die Seeke verbindet den Ostorfer See mit dem Burgsee. Sie fließt in etwa unter der Goethestraße und biegt dann zur einstigen Grafenmühle ab. Die stand an der heutigen Ecke Schlossstraße/mecklenburgstraße. Auf ihren Fundamenten wurde das so genannte Skraffitohaus gebaut. An der Mühle vereint sich die Seeke mit dem vom Pfaffenteich kommenden Fließgraben und fließt dann gegenüber der Einmündung Geschwister-Scholl-Straße in den Burgsee.

Die Seeke ist längst verrohrt und nicht mehr sichtbar. Ältere Schweriner können sich aber noch erinnern, dass man am Platz der Jugend in dem Fließ baden konnte. Als die Seeke noch ein durchgehend offenes Gewässer war, nutzten sie die Schweriner als Abfall- und Fäkaliengrube. Vor allem die Bewohner der Lutherstraße ließen bis 1901 ihre Abwässer direkt in das Flüsschen laufen. Der Gestank soll bei bestimmten Wetterlagen und bei Niedrigwasser bis in die Wohnungen gedrungen und furchtbar gewesen sein.So steht es in alten Akten.

Mit der Stadterweiterung war die Seeke an einigen Stellen im Wege. Sie wurde daher verrohrt und es wurden Häuser auf ihr gebaut. In den Kellern dieser Gebäude gab es die strikte Anweisung: Holzhacken verboten. Denn durch die Erschütterungen hätten die Betonrohre Risse bekommen können. Mit fatalen Folgen für die Häuser. Auch eines der Berliner Torhäuser steht auf einem Nebenarm der Seeke. [4]


Einzelnachweise

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  1. Wilhelm Jesse: Geschichte der Stadt Schwerin. Bärensprungsche Hofdruckerei, Leipzig 1920, S. 601.
  2. a b c Verordnung über den Denkmalbereich Stadt Schwerin Lutherstraße. Stadt Schwerin, 2011, abgerufen am 2. März 2022.
  3. Gert Steinhagen: Kurioses und Außergewöhnliches in Schwerin – heute: Die Nummerierung in einigen Straßen hat besondere Hintergründe. Schweriner Volkszeitung, 11. Oktober 2017, abgerufen am 2. März 2022.
  4. Gert Steinhagen: Der Fluss unterm Torhaus. Schweriner Volkszeitung, 10. Oktober 2017, abgerufen am 2. März 2022.


Kategorie:Schwerin Kategorie:Ostorf Kategorie:Straße in Schwerin