Karl Alfred von Rodt (* 10. September 1843 in Bern; † 4. Juli 1905) war seit April 1877 Pächter und Unterpräfekt (Subdelegado) der zu Chile gehörenden Robinson-Crusoe-Insel.
Familie
BearbeitenDie Reiseschriftstellerin und Photographin Cäcilie von Rodt war eine Cousine, ihr Bruder, der Architekt und Historiker Eduard von Rodt (1849–1926), ein Cousin von Alfred von Rodt.
Rohstoffe
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Persistenter Link https://dx.doi.org/10.5169/seals-697734 https://www.e-periodica.ch/digbib/view?pid=fsj-004%3A2011%3A38%3A%3A86&referrer=search#86 Rolf Burgermeister, Aus der Geschichte der Berner Partizierfamile von Rodt Kap.: 17. Inselkönig (ab S. 76) in: Schweizerische Gesellschaft für Familienforschung (SGFF), Jahrbuch 2011 »Karl Alfred, später nur noch Alfred genannt ... am 10. September 1843 kam er zur Welt«
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»Seit 28 Jahren lebt dort ein Berner, der mein Vetter ist: Karl Alfred von Rodt. „Inselkönig" nennt man ihn scherzweise auf dem Festlande und ein solcher war er namentlich in den ersten 20 Jahren. Neben der Gerichtsbarkeit fiel ihm die Aufgabe zu des Taufens, Trauens und Einsegnens im Tode. Nun waltet ein Zivilstandsbeamter auf der Insel und zwar seit 1898, da sie zur Kolonie gemacht worden ist. Im Jahre 1896 ernannte die Regierung von Chile meinen Vetter zum Gouverneur.« S. 73 Schmid, P.A. / Rodt, Cäcilie von Ein Besuch auf der Robinson-Insel (Juan Fernandez) Persistenter Link https://dx.doi.org/10.5169/seals-663239 Am häuslichen Herd : schweizerische illustrierte Monatsschrift Pestalozzigesellschaft Zürich (Herausgeber) Band 10 (1906-1907) Heft 3, S. 73 https://www.e-periodica.ch/cntmng?pid=ahh-001%3A1906%3A10%3A%3A648
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Tod F. Stuessy: Environmental History of Oceanic Islands: Natural and Human Impacts on the Vegetation of the Juan Fernández (Robinson Crusoe) Archipelago. In: Springer Nature, Juli 2020, S. 182 https://books.google.de/books?id=kOPuDwAAQBAJ&pg=PA182
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17. Inselkönig Karl Alfred (26), später nur noch Alfred genannt, war der Sohn des Predigers Karl Samuel aus erster Ehe. Über ihn wurden Bücher geschrieben. Am 10. September 1843 kamer zur Welt. Als er drei Rolf Burgermeister 77 Jahre alt war, verstarb seine geliebte Mutter an der Geburt seines Bruders Franz. Zwei Jahre nach dem Tod seiner Frau heiratete sein Vater wie-der. Dieser Ehe entsprangen eine Tochter und zwei Söhne. Die Tochter Maria kam 1850 zur Welt und starb, als sie 18 Jahre alt war. Die beiden Söhne, Gottfried und Heinrich, kamen 1852 bzw. 1854 zur Welt. Seine Halbbrüder waren also 9 und 11 Jahre jünger als Alfred. Mit ihnen verstand er sich ausgezeichnet, nicht so mit seiner Stiefmutter; ganz selten lässt er sie in seinen Briefen grüssen. Sein Cousin Eduard schrieb später: „H/reJwzzrJeznJenstrengre/igiösenHnsc/zannngenseiner£7-ternerzogen,er/zie/tseinenersten[/zztezrzc/ztJzzrc/z//ans/e/zrer,mitJenimg/eic/zen//awseanJer//ezrezzgassewo/zzzezzJezzSo/zzzezzJerFamz7zevonJFJttenwy/. Später heszzc/zteerJie/zö/zerenSc/zzz/ezzJerStaJtinForazzssic/zt,sic/zeinemtec/zzzzsc/zezzBern/wz'Jmenzwwo/-/en." Als Alfred 18 Jahre alt war, verschied sein Vater. Onkel Eduard wurde nun sein Vormund. Alfred schloss sein Studium der Forst-Wirtschaft an der Polytechnischen Schule in Zürich nicht ab, sondern verliess als 18-jähriger die Schweiz bei Nacht und Nebel, ohne sei-nem Vormund, Onkel Eduard, eine Nachricht zu hinterlassen. Was er allerdings hinterliess, war ein Berg von Schulden. Dadurch zeich-neten sich bereits zwei Eigenschaften ab, die ihn sein Leben lang 78 Rolf Burgermeister begleiten sollten. Er konnte nicht mit Geld umgehen, und er konnte seine Mitmenschen für sich gewinnen. Erst am 5. August 1865 schrieb Alfred seinem Onkel. Er entschuldigte sich und bat ihn, seinen Aufenthaltsort nicht aus-findig zu machen, da er sich „o/zne^rem-rfeSVwfzez'«af/eweiteJTe/f"stürzen wol-le. Onkel Eduard vermutete sofort, dass Alfred ins österreichische Militär eintre-ten könnte, und beauftragte den Wiener Hofrat und Telegraphendirektor Brunner, Cousin seiner Frau, Alfred aufzusuchen und ihm die Leviten zu lesen. Brunner traf Alfred, war aber von diesem dermas-sen beeindruckt, dass er ihm sogar seine guten Beziehungen zum dortigen Regi-ment anbot. Es war eine ungünstige Zeit, ins kai-serliche Heer einzutreten, erklärte doch Preussen am 19. Juni 1866 Österreich den Krieg. Am 3. Juli kam es bei Königgrätz zur entscheidenden Schlacht, welche die endgültige Niederlage Österreichs bedeutete. Alfred hatte Glück im Unglück, wurde er doch schon sechs Tage vorher bei einer Reiterattacke durch eine Kugel in den Unter-Schenkel getroffen. Schwerver-letzt verbrachte er die Nacht auf dem Schlachtfeld. Am andern Morgen trat eine Gruppe berittener Offiziere zu ihm, darunter Prinz Friedrich Karl von Preussen. Auch seine königliche Hoheit war offen-bar von diesem jungen,grossen, gutaussehenden und sprachge-wandten Schweizer beeindruckt und liess ihn auf Schloss Nachod bringen, wo er während Monaten gesundgepflegt wurde. Dass er den Humor nicht ganz verlor, be- Rolf Burgermeister 79 weist die Tatsache, dass er einen Brief mit «.£Ärwppe/" unter-schrieb. Onkel Eduard reiste zweimal unter schwierigsten Umständen nach Dresden, um seinem Mündel helfen zu können. Erst beim zweiten Versuch konnte er ihn auf Schloss Nachod treffen. Im Herbst 1867 konnte Alfred seine Reise nach Bern antreten. Sein Cousin Eduard schrieb später über diesen Besuch: „Ûèera//wwraferfermteressanteR/esszerfege/ezertwnrigewannriwrc/zseznèesc/zez-JeneszznJc/zeva/eresgwesHw/z'rez'e«a/tewnrineweErennrie." Nur von Heirat wollte Alfred nichts wissen, was seine Tante zur Bemer-kung veranlasste, Alfred gehe seinem Glück stets aus dem Wege. Aus der kaiserlichen Armee ehrenvoll ausgemustert, begab er sich auf Reisen durch Europa. 1870 war er in Paris, wieder ein un-glücklicher Zeitpunkt, belagerten doch die Preussen die Stadt wäh-rend des Deutsch-Französischen Krieges. Er nahm als Freiwilliger der ,Amis de France' am 28. November 1870 an einem erfolglosen Ausfall teil. Nach Friedensschluss setzte er seine Reisen fort und traf im Frühling 1876 nach mehreren Atlantiküberquerungen in Valpa-raiso ein, der grössten Hafenstadt Chiles. Dort vernahm er, dass die Regierung einen Pächter für die etwa 700 Kilometer vor der chilenischen Küste gelegenen Pazifikinseln Juan Fernandez suche. Alfred erhielt den Zuschlag für die Pacht und wurde zum ,Sub-delegado' von Juan Fernândez ernannt. Dass er sich wie ein König fühlte, geht aus einem Brief hervor, den er am 5. Juni 1877 seinen 80 Rolf Burgermeister Verwandten in Bern schrieb: „ßiw«««sehMo«at«achhewTTerrgoftw«dherFe/zw/z/zFCTzz'/e««ez«gesc/zrä«Ä7erGeè/eter«herdze7«se/«,mzïca.(50Fz>zvvo/z«er«,700MwcLFw/ze«,607^/erhe«,czrca7000Zzege«,sa«scompterdzeS"ee/z««de,77wmmerw«dFz'sc/ze,we/c/zemasse«/za/?vorkomme«.Mez«e[7«terta«ewhzera«/J«a«Fer«d«dezsz'«ddzerw/zz'gste«w«dgehorsamste«Fer/e,dzema«steh«wrde«Le«ha««." Die Juan Fernändez-Inselgruppe war nicht irgendeine Inselgrup-pe im Pazifik. Auf ihr lebte anfangs des 18. Jahrhundert während vielen Jahren mutterseelenallein Alexander Selkirk. Obschon dies heute angezweifelt wird, soll Selkirk Daniel Defoe als Vorlage für seinen Roman ,RobinsonCrusoe' gedient haben. Die grösste Insel der Gruppe wird denn heute auch ,Robinson-Insel' genannt. 1879 wurde die Schweizer Presse erstmals auf Alfred aufmerksam. Der Pazifische Krieg (Salpeterkrieg, 1879 bis 1884) war ausgebrochen, und Alfred befürchtete, dass die chi-lenische Regierung sein Schiff requi-rieren könnte. Er ersuchte deshalb den Schweizer Konsul, unter Schwei-zerflagge segeln zu können. Das konnte der Konsul nicht selber ent-scheiden, und so kam es zu einem Bundesratsentscheid, welcher in der Presse ein grosses Echo fand. Dem Gesuch wurde nicht stattgegeben, weil „die Eidgenossenschaft a/s5t«-«e«/a«d,imFa//eez«erKer/e/z««gez«es««terz'/zrerF/aggesege/«de«Sc/zzj/fes,«zc/ztz«derLagesei,zw/«tervenzere«oderFepressa/ze«z«w/ze«,dadieMac/zt««seresÄdezTzstaates«zc/ztbisz«mMeerrezc/zt". Alfred von Rodt war Soldat, Abenteurer, Umweltschützer der ersten Stunde, aber kein Unternehmer. Rückschläge brachten ihn an den Rand des Ruins. Er verlor nicht nur sein ganzes beträchtliches Vermögen; auch musste er von seiner Familie finanziell unterstützt werden. Pfarrer Grin aus Suchy besuchte 1887 die vielen weit verstreuten Schweizerkolonien in Chile. Er benützte die Gelegenheit, auch von Rodt auf Juan Fernandez einen Besuch abzustatten. In seinem Buch ,Unsere Landsleute in Chile' beschrieb Grin die dichten Wälder, die Rolf Burgermeister 81 schroffen Berge. "DerFzsc/z/angvomDorselz^nd7/zzmmeris/w«er-sc/zöp/7zc/z.Fo/z/zeM/znde/ma«masscM/za//,e/zensowz'/deZz'egeM«Md7/zzMde." Noch mehr als die Landschaft faszinierte ihn der Mann, den er dort antraf: „Diesez-ezzende7n.se/,sowiei/zre/Vac/z/zarzM,is/voneineznwnsererZ,aMds7ezz/e,T/erzmvomFod/awsSern,gepac/z/e/worr/en.Sei/ze/znJa/zreMwo/zm/erZzerez'/s/ziermm<7/za/sz'c/zsoandasFe/seMez7aMdgewö/zn/,dassernie/z/zzze/zransFor/ge/zendenÄ:/." Grin schloss dieses Kapitel mit der Bemerkung: „Fomdenza/z/-reic/zenFindrZzc&en,dieic/zvonmeinerFeisemi/genommen/za/ze, wird mir der Feszzc/zazz/derFoZzzMson-7n.se/zznddieNzzgenZz/zc&e,dieic/zinderGese//sc/za/Zi/zresFeszYzersverèrac/z/e,zznazzs/ösc/z-/ic/zzmGedäc/z/nzsZz/ezTzen." Fast zwei Jahre später, am 12. Februar 1889, hielt Grin vor der Geographischen Gesellschaft in Bern einen Vortrag über seine Ein-drücke. Alfreds Cousin Eduard benützte die Gelegenheit, ihm einige Fragen zu stellen, und er muss aus allen Wolken gefallen sein, als dieser ihm sagte, seinem Vetter und dessen Familie gehe es recht gut (Foto). Von der Familie wusste man in Bern nichts. Alfred lebte mit einer Frau zusammen, die ihm sechs Kinder schenkte. Dies teilte er allerdings seinen Verwandten in der Schweiz erst mit, als das jüngs-te Kind bereits sieben Jahre alt war. Es muss für die Familie in Bern ein Schock gewesen sein, floss doch auf einer Insel am Rande der Welt adeliges Bernerblut. 82 Rolf Burgermeister
- Alfredo 27.5.1883
- Carlos 7.8.1885
- Manuel Armando 11.7.1886
- Juan Fernando 14.6.1890
- Antonia Aida 2.5.1892'°; sie starb am 14.1.1901
- Louis Alberto 5.6.1895
Alfred führte ein Tagebuch; alles wurde minutiös festgehalten: Windrichtung und -stärke, Wetter, Temperatur in Celsius und Fah-renheit und sogar der Barometerdruck. h'empo,muy poco vz'ento" ist einer der häufigsten Einträge. Ende Jahr rechnete er die monatliche Durchschnittstemperatur aus. Die Einträge sind an Knappheit nicht zu übertreffen. Selbst die Geburt eines Sohnes wurde äusserst kurz beschrieben.„Ate9P.MAratwgwzta«acef/zowtee),/>ocovzewto Um 21 Uhr gebar Antuquita (Übername seiner Frau) einen Knaben, wenig Wind. Ein Robinsonleben führte Alfred allerdings nicht. Namhafte Bo-taniker besuchten ihn, und drei amtierenden Präsidenten der Repub-lik Chile machten sich eine Ehre daraus, die Insel zu besuchen. An-lässlich seines längeren Aufenthaltes in Valparaiso wurde Alfred aufgefordert, sich beim Präsidenten zu melden. Wie so viele Leute vor ihm war auch der Präsident von Alfred beeindruckt. Kurze Zeit später wurde die Inselgruppe zur Kolonie erklärt und Alfred zu de-ren Gouverneur ernannt. 'Alfred heiratete am 28.10.1919 die 25-jährige Antonia Sotomayor. 'Er war Schreiner und verstarb am 2. März 1921 wegen „attaque cérébrale et de l'esto-maque".' Er war mit J. Lopez Elguita verheiratet. Am 27. Mai 1916 kam ihr Sohn Juan Fernandez zur Welt. In von Rodts Tagebuch steht der Eintrag unter Freitag, dem 11. Mai1 892 (s. Tagebuch). Rolf Burgermeister 83 Am meisten Freude dürften ihm aber die Besuche seines Halb-bruders Henri und später seiner Cousine Cäcilie gemacht haben. Henri war zwar von Kost und Unterkunft nicht sonderlich begeistert; die Landschaft aber hatte es dem Kunstmaler angetan. Eines Tages machten Alfred und Henri eine mehrtägige Exkursi-on zur anderen Seite der Insel. Die Wanderung war mühsam, denn Alfreds alte Kriegswunde begann wieder zu schmerzen. Am ersten Abend am Ziel angekommen, diente ihnen eine Höhle als Unter-schlupf. Kaum hatten sie ein paar Stunden geschlafen, wurden sie durch laute Rufe aufgeschreckt. Alfred müsse sofort zurückkehren, der Präsident der Republik sei angekommen und wolle ihn sehen. Bei Tagesanbruch wanderten sie zurück. Schon von weitem sahen sie das prachtvolle Schiff ,Esmeralda', einen Nachbau des im Pazi-fischen Krieg versunkenen Segelschiffes. Erst am nächsten Tag konnte Alfred den Präsidenten auf der ,Esmeralda' besuchen. Der Besuch seiner Cousine Cäcilie von Rodt freute Alf-red ungemein, war sie doch eine bemerkenswerte Frau. In ihren jungen Jahren machte sie ganz alleine eine Weltrei-se, zur damaligen Zeit etwas Ungeheuerliches. Ihre Aben-teuer hielt sie in einem 700-seitigen Buch, Reise einer Schweizerin um die Welt', welches 1903 erschien, fest. Als Cäcilie ihren Cousin frag-te, ob es ihm wohl gleich ergehen würde wie damals Alexander Selkirk, der sich in der Zivilisation nie mehr zurechtfand, antwortete er: "Ta,zc/zwürTe«z'ema/sTortwzeTer/eèen£ö««e«,zc/zbz«ez«FremTergeworTe«z«Ter//ezrnat.DasMeerersetztmz'rTzeH//zen,Tze/zzse/TzeSc/zwezz.FzVzes«zzr«zöc/ztezc/z«oc/zez««za//zöre«,««-seresc/zöne«a/te«Mü«sterg/ocÄ:e«.ITez>ze«/rez'/zc/zwärTezc/zwz'eez«DemesFznTDe/zTzrewzF7a«ge."Monsieuret Madame Gottfried de Rodt, Monsieur Henry de Rodt et la famille de Rodt à Berne ont l'honneur de fairepart à leurs ami set connais-sances de la perte douloureuse de leur cher frère, beau-frère et cousin Monsieur AIM de Rodt Gouverneur de l'île de Juan Fernandez en levé à leur affection le 4 Juillet dans sa 62""année. 84 Rolf Burgermeister Drei Monate später, am 4. Juli 1905, verstarb Alfred von Rodt. Er liegt auf der Insel begraben. Die von Rodts sind in der Schweiz ausgestorben. Alfreds Nachkommen hingegen leben heute noch in Chile, einige sogar auf Juan Fernandez. Im alle fünf Jahre erscheinenden Berner Bur-gerbuch, unter Eingeweihten besser bekannt als ,Toggelibi-bei', sind noch über 10 der chile-nischen Nachkommen aufge-führt. Am 27. Februar 2010 bebte in Chile die Erde. Eine Flutwelle hinterliess auf der Insel eine Spur der Verwüstung. Zwanzig Be-wohner starben. Der Friedhof, und damit das Grab von Alfred von Rodt, wurde weggeschwemmt.
https://www.e-periodica.ch/cntmng?pid=fsj-004%3A2011%3A38%3A%3A221