Benutzer:MYR67/Artikelwerkstatt Rolf Holtfort

Rolf Holtfort (geb. im März 1938[1], gest. 2009[2]) war ein deutscher Jurist. Er galt als „Nazi-Jäger“.

Lebensweg

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Holtfort war zunächst als Finanzbeamter tätig. 1962 holte er das Abitur nach und studierte anschließend Rechtswissenschaft. Während seines Studiums besuchte er mehrere Gerichtsverhandlungen gegen nationalsozialistische Straftäter. Holtfort erlebte dort, mit welcher Dreistigkeit sich manche Beschuldigten herauszureden versuchten.[1] Nach seinem zweiten juristischen Staatsexamen wurde Holtfort im Jahr 1973 Staatsanwalt und ließ sich alsbald an die im Jahr 1960 gegründete Kölner Zentralstelle für die Verfolgung nationalsozialistischer Massenverbrechen versetzen.

Das Verfahren gegen Kurt Lischka, Ernst Heinrichsohn und Herbert Hagen

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Zwischen dem 24. Oktober 1979 und dem 11. Februar 1980 standen in Köln wegen ihrer Beteiligung am Holocaust in Frankreich die drei ehemaligen SS-Führer Kurt Lischka, Ernst Heinrichsohn und Herbert Martin Hagen vor Gericht. Ihre Anklage hatte der Staatsanwalt Rolf Holtfort vorbereitet und verfasst. Die Kölner 15. Große Strafkammer[3] verurteilte die Angeklagten nach nur vier Monaten Verfahrensdauer wegen Beihilfe zum Mord an den aus Frankreich verschleppten Juden zu hohen Freiheitsstrafen. Der Vorsitzende Richter im „Lischka-Prozess“ war Heinz Fassbender.[4] Der frühere SS-Sturmbannführer Herbert Hagen wurde zu zwölf Jahren, der Ex-Obersturmbannführer Kurt Lischka zu zehn Jahren und der ehemalige SS-Unterscharführer Ernst Heinrichsohn zu sechs Jahren Haft verurteilt.[5]

Holtfort hatte jedoch nicht nur gegen Lischka, Heinrichsohn und Hagen ermittelt, sondern gegen insgesamt 200 Personen.[6]

Das Verfahren gegen Walter Nährich, Rudolf Bilfinger, Friedrich Merdsche, Heinrich Illers und Hans-Dietrich Ernst

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Zwölf dieser Beschuldigten wollte er in einem zweiten Prozess vor Gericht bringen.[6] Hauptangeklagter sollte der in Köln lebende Regierungsrat a.D. Walter Nährich sein. Neben ihm hätten sich unter anderem die Juristen Rudolf Bilfinger, Friedrich Merdsche, Heinrich Illers und Hans-Dietrich Ernst vor Gericht verantworten müssen. Illers war in Paris Stellvertreter des rechtskräftig verurteilten Kurt Lischka gewesen, während Bilfinger in Toulouse, Merdsche in Orléans und Ernst in Angers als Kommandanten des Sicherheitsdienstes für die Judendeportationen mitverantwortlich waren.[6]

Holtforts Vorgesetzter, der Staatsanwalt Werner Pfromm, wies Holtfort unmittelbar nach Abschluss des Lischka-Prozesses telefonisch an, nur gegen diejenigen mutmaßlichen Beteiligten an der Judenverfolgung in Frankreich weiter zu ermitteln, die im Raum Köln/Bonn lebten. Alle anderen Fälle habe Holfort an die örtlich zuständigen Staatsanwaltschaften abzugeben. Die Verfahren gegen Hans-Dietrich Ernst, inzwischen Rechtsanwalt und Notar, Friedrich Merdsche, inzwischen vorsitzender Richter einer Kammer für Handelssachen am Landgericht Frankfurt am Main, und Rudolf Bilfinger, inzwischen Oberverwaltungsgerichtsrat am Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg in Mannheim, wurden von den nun zuständigen Orts-Staatsanwaltschaften „aus Mangel an Beweisen“ eingestellt. Der Prozess gegen Heinrich Illers, inzwischen Senatspräsident am Landessozialgericht Niedersachsen in Celle, endete aufgrund seiner altersbedingten Verhandlungsunfähigkeit.[6] Das Verfahren gegen Nährich, der für die Deportation von 523 Juden verantwortlich gewesen sein soll, musste eingestellt werden, weil ihm ein Gutachten „irreversiblen Altersabbau“ bescheinigte.[7]

Das Verfahren gegen Modest Graf von Korff

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Im April 1985 begann der Prozess gegen den ehemaligen SS-Hauptsturmführer und pensionierten Ministerialrat im Bundeswirtschaftsminsterium Modest Graf von Korff vor dem Schwurgericht Bonn. Korff sollte ursprünglich zusammen mit dem bereits erwähnten ehemaligen SS-Hauptsturmführer und Regierungsrat a. D. Dr. Walter Nährich angeklagt werden, ferner mit Dr. Richard-Wilhelm Freise, ehemaliger SS-Hauptsturmführer und Landesverwaltungsrat, sowie mit Rolf Bilarz, ebenfalls ehemaliger SS-Hauptsturmführer und Journalist. Freise hatte jedoch bereits im August 1983 Suizid begangen und in seinem Abschiedsbrief seine Unschuld beteuert. Der damals 75jährige Bilarz, angeklagt wegen der Deportation von 388 Juden, starb einige Monate später.

Laut Anklageschrift waren unter der Regie des früheren SS-Kommandant Graf von Korff in den Jahren 1942 und 1943 220 Juden von Frankreich nach Auschwitz deportiert und dort vergast worden. Korff hatte in dem Gerichtsverfahren behauptet, in dem Glauben gehandelt zu haben, die französischen Juden würden im Osten bei Straßenbauarbeiten eingesetzt werden. Aus der Tatsache, dass von Korff auch Greise, Schwerkranke und Säuglinge deportieren ließ, folgerte Holtfort jedoch, dass der Angeklagte das wahre Ziel, nämlich die Vernichtung der Juden in Auschwitz, gekannt habe und damit der Beihilfe zum Mord überführt sei. Er forderte sechs Jahre Haft für von Korff. Das Bonner Schwurgericht unter dem Vorsitz des Richters Martin Lickfett sprach Korff jedoch frei. In der mündlichen Verhandlung stellte Lickfett klar: „Es ist nicht unsere Aufgabe, die Vergangenheit zu bewältigen, sondern die Schuld eines einzigen Angeklagten zu prüfen“, und eine Schuld des Angeklagten im Sinne der Anklage habe der Prozess nicht mit der für eine Verurteilung erforderlichen Sicherheit ergeben. Auch bei scheußlichen Verbrechen gelte der Grundsatz: Im Zweifel für den Angeklagten.[8]

Das Verfahren gegen Alois Brunner; Holtforts Versetzung

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Holtfort konnte auf Antrag Serge Klarsfelds am 10. Oktober 1984 einen Haftbefehl gegen Alois Brunner beim Amtsgericht Köln erwirken.[9] Brunner war SS-Hauptsturmführer und einer der wichtigsten Mitarbeiter Adolf Eichmanns bei der Vernichtung der europäischen Juden. Holtfort erreichte, dass die Bundesregierung in Damaskus (Syrien) einen förmlichen Auslieferungsantrag für Alois Brunner stellte.[10]

Weiter kam Holtfort in dem Verfahren gegen Alois Brunner jedoch nicht, denn Holtforts übernächster Vorgesetzter, der Generalstaatsanwalt Werner Pfromm, erwirkte, dass Holtfort nach 13 Jahren bei der Kölner Zentralstelle für die Bearbeitung von nationalsozialistischen Massenverbrechen in Konzentrationslagern innerhalb einer Woche an eine Jugendstrafkammer versetzt wurde.[11] Über seine Versetzung informiert hat Holtfort sein nächster Vorgesetzter, der Oberstaatsanwalt Rössler.[12]

Holtfort selbst vermutete, dass seine plötzliche Versetzung darauf zurückzuführen sein könnte, dass der NS-Verbrecher Alois Brunner als Informant des Bundesnachrichtendienstes (BND) unter dessen Schutz stand.[13] Die Bundesregierung bestritt, dass Brunner Mitarbeiter des BND war.[14] Unstrittig ist, dass der Bundesnachrichtendienst bereits Ende der 1950er Jahre Kenntnis vom Aufenthalt Alois Brunners in der syrischen Hauptstadt Damaskus hatte.[15]

Brunner Geheimdienstmitarbeiter ?

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„Brunners NS-Karriere endete, wie erwähnt, nicht auf irgendeiner Anklagebank, sondern vermutlich zuerst beim amerikanischen Geheimdienst. Das war kein Einzelfall. Erinnert sei an den „Schlächter von Lyon“, Klaus Barbie, der nach der Befreiung ebenfalls beim US-Geheimdienst unterkommen konnte. Ob Brunner später auch zu den ersten Mitarbeitern des Amtes Gehlen in Bonn gehört hat, ist ungeklärt und umstritten. Hier freilich könnte der Schlüssel zum Desinteresse Bonns liegen, Brunner in der Bundesrepublik vor Gericht zu stellen. Seine Verteidiger hätten es sich nämlich gewiß nicht nehmen lassen, die Nachkriegsbiographie ihres Mandanten aufzublättern.“[16]

„…der wird nach 13 Jahren bei der Zentralstelle innerhalb einer Woche in die Jugendstrafkammer versetzt. «Sie sind Brunner zu nahe gekommen», erklären Journalisten Holtfort dann, «Sie wissen doch, dass der BND solche Leute unter den Fittichen hat», und Holtfort ist sich auch heute noch sicher, dass dies der Grund für die Aufregung und für seine Versetzung gewesen ist.“[17]

Konrad Litschko, „Verfassungsschutz hielt NS-Akten zurück: Quellenschutz für NS-Schergen. Jahrzehntelang hielt der Verfassungsschutz eine Akte zum flüchtigen NS-Verbrecher Alois Brunner unter Verschluss. Der taz liegt sie nun vor.“, in: taz - die tageszeitung, 30. Juni 2023, https://taz.de/Verfassungsschutz-hielt-NS-Akten-zurueck/!5940446/

Aiko Kempen, „Untergetauchter NS-Verbrecher: Die Geheimdienst-Akten über Alois Brunner. Erst organisierte er den Holocaust mit, später lebte er unbehelligt im Exil. Wir veröffentlichen Akten des Bundesamts für Verfassungsschutz, die zeigen, wie früh Deutschlands Geheimdienst über den Aufenthaltsort des Kriegsverbrechers Bescheid wusste.“ in: Frag den Staat, 30. Juni 2023, https://fragdenstaat.de/blog/2023/06/30/alois-brunner-gehlen-akten-verfassungsschutz/

Das Verfahren gegen Klaus Barbie

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Im Juli 1987 wurde der ehemalige Gestapo-Chef Klaus Barbie, der sich über 30 Jahre lang in Bolivien versteckt hielt, in Lyon wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu lebenslanger Haft verurteilt. Bis zuletzt bestritt der frühere SS-Offizier Barbie, 1944 befohlen zu haben, dass ein jüdisches Kinderheim in Izieu, Département Ain, geräumt und die 44 dort lebenden Mädchen und Jungen in ein Konzentrationslager verschleppt werden. Holtfort, der bei dem französischen Gerichtsverfahren in Lyon als Zeuge aussagte, konnte nachweisen, dass es sich bei dem von Barbie unterschriebenen Dokument um ein authentisches Schriftstück und nicht – wie dessen Verteidigung behauptete – um eine Fälschung handelte.[1] Holtfort trug durch seine Zeugenaussage maßgelblich zur Überführung und Verurteilung Barbies bei.

Das Verfahren gegen Maurice Papon

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1998 wurde Holtfort als Zeuge im Prozess in Bordeaux gegen den französischen Ex-Politiker Maurice Papon geladen. Papon, ein Funktionär des mit den Nazis kollaborierenden Vichy-Regimes, half von 1942 bis 1944, Juden aus Frankreich nach Auschwitz zu deportieren. Mit Hilfe des deutschen Staatsanwalts Holtfort sollte dem Papon mehr als 50 Jahre später nachgewiesen werden, dass er wusste, was den Juden dort drohte.

Erkenntnisse über die Beteiligung von Franzosen an Nazi-Verbrechen waren in Frankreich jedoch nur bedingt erwünscht, weil sie das Wunschbild einer im Widerstand gegen Hitler geeinten französischen Nation störten. Am Morgen vor Holtforts geplanter Zeugenaussage wurde ein Zettel unter Holtforts Hotelzimmertür durchgeschoben: „Vichy ist am Leben. Keine deutschen Zeugen. Wenn Sie reden, ist das der Tod.“ Holtfort nahm die Drohung ernst und reiste nach Deutschland zurück, ohne gegen Papon ausgesagt zu haben.[18]

Zwei Wochen danach wollte Holtfort erneut nach Bordeaux zu dem Pozess gegen Papon fliegen. Daran hindert ihn jedoch ein Fahrradunfall seines Sohnes Christian, damals 26 Jahre alt und Assistent an der Uni Kaiserslautern, der mit seinem Mountainbike so schwer gestürzt war, dass er zwei Tage darauf an seinen Kopfverletzungen starb. Am Mountainbike von Christian Holtfort hatte sich während der Fahrt das Vorderrad gelöst. Wie ein Gutachter später feststellt, waren sowohl Vorder- als auch Hinterrad nicht ordnungsgemäß befestigt. Es ist wurde jedoch nicht abschließend geklärt, ob der Christian Holtfort, der das Rad kurz zuvor gekauft und zusammengebaut hat, den Montagefehler selbst verursachte hatte. Sein Vater Rolf Holtfort glaubte nicht daran; er ging davon aus, dass Anhänger von Papon das Fahrrad seines Sohnes manipuliert hätten, um seine, Rolf Holtforts, belastende Zeugenaussage gegen Papon zu verhindern.[1] Papon wurde ungeachtet dessen wegen Beihilfe zu Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu zehn Jahren Haft verurteilt, von denen er drei Jahre tatsächlich verbüßte.

Die Ermittlungen gegen Rolf Holtfort

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Ab dem 24. Oktober 2000 wurde gegen den Staatsanwalt Rolf Holtfort ermittelt. Diese Ermittlungen ausgelöst hatte die Anfrage die Mutter einer jungen Ladendiebin bei der Kölner Polizei. Holtfort hatte die Diebin und zwei ihrer Freundinnen aufgefordert, ihm je 100 Mark aushändigen, und zwar in bar und ohne Quittung, dann werde er die Strafverfahren gegen sie einstellen. Holtforts Büro wurde von mehreren Beamten der Kriminalpolizei durchsucht und er selbst kurz darauf vom Dienst suspendiert. Die Polizei sichtete im Auftrag der Bonner Staatsanwaltschaft Tausende Akten, die Holtfort in den vergangenen Jahren bearbeitet hatte, und vernahm Hunderte Jugendliche, die mit Holtfort Kontakt hatten, mehrere davon stundenlang.[1] Bald konnte belegt werden, dass Holtfort in mehr als 50 Fällen von jungen Delinquenten - etwa Kaufhausdieben, Verkehrssündern, Haschischrauchern - meist zwischen 100 und 300 Mark kassiert hatte. Im Gegenzug stellte er die Verfahren ein, laut Holtforts Akten angeblich „ohne Auflage“.[1] Nach Schätzung der Ermittler dürfte Holtfort auf diese Weise insgesamt zwischen 10.000 und 20.000 Mark eingenommen haben. Das unkorrekte Abkassieren der Jugendlichen gestand Holtfort ein, behauptete jedoch, die Beträge nicht für sich ausgegeben, sondern jeweils an karitative Einrichtungen überwiesen zu haben, jedoch anonym und ohne die Belege aufzuheben. Holtfort räumte zwar ein, damit einen großen Fehler begangene zu haben; erklären konnte - oder wollte - der Jurist sein illegales Verhalten jedoch nicht. Holtfort wurde unter Kürzung seiner Bezüge in den Ruhestand versetzt.[1]

Der herzkranke[1] Holtfort verstarb im Jahr 2009.[19]

Ermittlungen gegen den Gestapo-Chef von Annemasse

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Auf Holtforts Schreibtisch fand man eine bereits 1962 in Ludwigsburg angelegte Ermittlungsakte mit dem Betreff: „Tötung jüdischer Kinder in Annemasse“. Sie enthielt Unterlagen aus der Zentralen Stelle der Landesjustizverwaltungen Ludwigsburg zur Aufklärung nationalsozialistischer Verbrechen. Holtfort hätte diese Akte längst abgeben müssen, zumal die Ermittlungen in diesem Fall eingestellt worden waren. Holtfort konnte wissen, dass die Akte tatsächlich nicht die Tötung jüdischer Kinder betraf, denn die genannten Kinder waren zwar 1944 bei einem Fluchtversuch an der französisch-schweizerischen Grenze nahe Annemasse festgenommen worden, hatten aber überlebt. Die in Holtforts Nachlass vorgefundene Akte endet mit einem Vermerk, den Holtforts im Jahr 1976 nach Rücksprache mit seinem Vorgesetzten angelegt hatte und in dem es hieß: „Weitere Erkenntnisse über die Identität des ›Gestapo-Chef von Annemasse‹ Meyer haben sich auch nach der Vernehmung weiterer Zeugen durch das LKA nicht ergeben. Der Vorgang ist als abgeschlossen (ausermittelt) anzusehen.“ Möglich erscheint, dass Holtfort der unaufgeklärte Fall, mit dem er selber in den 1970er Jahren als Sachbearbeiter befasst gewesen war, keine Ruhe gelassen hatte.[20]

Zettelkasten

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  • geb. im März 1938[22]
  • 1962: Zunächst Finanzbeamter, bis Rolf Holtfort es 1962 satt hat, täglich über Bergen von Lohnsteuerakten zu brüten. Er holt das Abitur nach und schreibt sich an der Uni für Jura ein. Noch Student, besucht er, sooft er kann, Prozesse gegen ehemalige Nazi-Schergen, darunter ein Verfahren gegen frühere KZ-Aufseher. Der angehende Jurist registriert empört, mit welcher Chuzpe sich die Beschuldigten herauszureden versuchen. Die Eindrücke lassen ihn nicht mehr los.[23]
  • 1973: Kaum bei der Staatsanwaltschaft, lässt er sich 1973 zur Zentralstelle für die Verfolgung nationalsozialistischer Massenverbrechen in Köln versetzen.[24]
  • 1980: Als 1980 in Köln die ehemaligen SS-Leute Kurt Lischka, Ernst Heinrichsohn und Herbert Martin Hagen wegen Beihilfe zum Mord an den aus Frankreich verschleppten Juden zu hohen Freiheitsstrafen verurteilt werden, ist das Rolf Holtforts größter Erfolg. Er hat die Anklage vorbereitet und verfasst[25]
  • Zwischen dem 24. Oktober 1979 und dem 11. Februar 1980 standen in Köln drei ehemalige SS-Führer wegen des Holocaust in Frankreich vor Gericht. Die Kölner 15. Große Strafkammer brauchte nur sensationelle vier Monate für das auf Dokumenten basierende Verfahren. Dann wurden die Angeklagten zu hohen Freiheitsstrafen verurteilt. Vertreter der Anklage war Staatsanwalt Rolf Holtfort[26] Der Prozess gegen Lischka endete am 11. Februar 1980 mit seiner Verurteilung zu zehn Jahren Freiheitsstrafe.[27]
  • Schon Anfang 1985 ist Holtfort zu seinem Vorgesetzten zitiert worden: »Sie werden zur Jugendabteilung versetzt.« »Warum?« »Die Zentralstelle hat keine Arbeit mehr für Sie.« »Aber das ist doch lächerlich.« »Ich kann es nicht ändern. Anordnung vom Generalstaatsanwalt.« Vergebens verweist Holtfort auf unerledigte Fälle, auf schwebende Verfahren wie das gegen den flüchtigen SS-Führer Alois Brunner, auf nicht abgeschlossene Vernehmungen. Der NS-Fahnder ist, glaubt er selbst, seinen Vorgesetzten zu eigenmächtig geworden, zu engagiert, zu übereifrig - vielleicht aber auch zu erfolgreich. [...] Staatsanwalt Holtfort, ab 1985 nur mehr zuständig für ganz normale straffällig gewordene Jugendliche mit den Anfangsbuchstaben R, S und Sch, hält es kaum aus, dass er nicht mehr Verbrechen von historischer Dimension aufklären soll, sondern sich jetzt um Schwarzfahrer, Laden- und Fahrraddiebe kümmern muss.[28]
  • im Juli 1987 erlebt der Ermittler einen ähnlichen Triumph: Da wird in Lyon der ehemalige Gestapo-Chef Barbie, der sich über 30 Jahre lang in Bolivien versteckt hatte, wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu lebenslanger Haft verurteilt. Bis zuletzt bestreitet der frühere SS-Offizier Barbie, 1944 befohlen zu haben, dass ein jüdisches Kinderheim in Izieu-Ain geräumt und die 44 dort lebenden Mädchen und Jungen in ein KZ verschleppt werden sollten. Aktenkenner Holtfort, in Lyon als Zeuge geladen, weist jedoch nach, dass es sich bei dem von Barbie unterschriebenen Dokument nicht um eine Fälschung handelt, wie die Verteidigung behauptet, sondern um ein echtes Schriftstück.[29]
  • Den ersten Schuss vor den Bug des eifrigen Ermittlers Holtfort verpasste ihm der damalige Kölner Generalstaatsanwalt Walter Pfromm, ein ehemaliger NS-Führungsoffizier in Hitlers Wehrmacht und überzeugter Nazi. Er verbot Holtfort weitere Ermittlungen in Sachen NS-Verbrechen, was selbstverständlich auch für Alois Brunner galt. Danach dauerte es nicht mehr lange und Holtfort wurde versetzt - aus der Kölner Zentralen Stelle zur Aufklärung von NS-Verbrechen zur gewöhnlichen Kölner Staatsanwaltschaft.[30]
  • Ohne ihn [Holtfort] wären einige berüchtigte NS-Täter, darunter Klaus Barbie, der so genannte »Schlächter von Lyon«, wahrscheinlich nie verurteilt worden.[31]
  • Die über 100 Beschuldigten, die Holtfort im Lauf der Jahre wegen des Verdachts von NS-Verbrechen vernimmt[32]
  • 1998: Der Prozess gegen den französischen Ex-Politiker Maurice Papon in Bordeaux, zu dem er 1998 als Zeuge geladen wird, soll Holtforts letzter großer Auftritt als Nazi-Jäger werden. Papon, ein Funktionär des mit den Nazis kollaborierenden Vichy-Regimes, half von 1942 bis 1944, Juden nach Auschwitz zu deportieren. Mit Hilfe des deutschen Staatsanwalts soll dem Franzosen mehr als 50 Jahre danach nachgewiesen werden, dass er wusste, was die Juden dort erwartete. Für Holtfort eine heikle Mission: Erkenntnisse über die Beteiligung von Franzosen an Nazi-Verbrechen trüben das schöne Bild einer im Widerstand gegen Hitler geeinten Nation und sind deshalb nur bedingt erwünscht. Morgens, kurz vor seiner geplanten Aussage, wird ein Zettel unter Holtforts Hotelzimmertür durchgeschoben: »Vichy ist am Leben. Keine deutschen Zeugen. Wenn Sie reden, ist das der Tod.« Holtfort reist in Panik zurück nach Deutschland. Als er zwei Wochen danach erneut nach Bordeaux fliegen will, wo Papon später wegen Beihilfe zu Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu zehn Jahren Haft verurteilt wird, hindert Holtfort eine Schreckensbotschaft: Sohn Christian, 26 Jahre alt, Uni-Assistent in Kaiserslautern, ist mit seinem Mountainbike auf abschüssiger Strecke schwer gestürzt. Er stirbt zwei Tage danach an Schädelverletzungen. Vater Holtfort, vom Tod des Sohnes schwer getroffen, glaubt bis heute nicht an einen Unfall. Anhänger von Papon, dem der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte vorigen Donnerstag die Chance auf eine Neuauflage seines Prozesses eröffnete, hätten das Fahrrad des Sohnes manipuliert, um seine, Holtforts, belastende Aussage zu verhindern, glaubt Holtfort. Tatsache ist, dass sich am Mountainbike des Sohnes während der Fahrt das Vorderrad löste. Wie ein Gutachter später feststellt, waren sowohl Vorder- als auch Hinterrad nicht ordnungsgemäß befestigt. Es ist jedoch nicht endgültig zu klären, ob der junge Holtfort, der das Rad kurz zuvor gekauft und zusammengebaut hat, den Montagefehler selbst verursachte oder ob sich Dritte an dem Rad zu schaffen gemacht haben.[33]
  • Holtfort ist nach Deutschland zurückgekehrt, ohne im Papon-Prozess ausgesagt zu haben. Holtfort: »Die Justiz in Bordeaux prüft, ob sie mich im Wege der Rechtshilfe in Deutschland anhören soll. Das wird möglicherweise schon bald sein.«[34]
  • 24. Oktober 2000: Das Datum, an dem aus dem angesehenen Staatsanwalt Rolf Holtfort der Beschuldigte Holtfort wird, erfasst mit Aktenzeichen und einem ersten Protokoll, steht hingegen genau fest: Es ist der 24. Oktober 2000. An diesem Tag wendet sich die Mutter einer jungen Ladendiebin an die Kölner Polizei: Ihre Tochter solle heute, damit ihr Strafverfahren eingestellt werde, dem Staatsanwalt Holtfort 100 Mark aushändigen. Bar und ohne Quittung. Von zwei Freundinnen der Tochter sei genau das Gleiche verlangt worden. Ob das denn so in Ordnung sei? Die Aussage der Frau löst enorme Hektik aus: Holtforts Büro wird von mehreren Kripo-Beamten durchsucht, er selbst kurz darauf vom Dienst suspendiert. Die Polizei filzt im Auftrag der Bonner Staatsanwaltschaft Tausende Akten, die Holtfort in den vergangenen Jahren bearbeitet hat, verhört Hunderte Jugendliche, die mit ihm Kontakt hatten, viele davon stundenlang.[35]
  • In über 50 Fällen hat Holtfort von jungen Delinquenten - Kaufhausdieben, Verkehrssündern, Haschischrauchern - Bares kassiert, mal 100, mal 200, mal 300 Mark, selten mehr. Im Gegenzug stellt er die Verfahren ein. »Ohne Auflage«, schreibt der Staatsanwalt in die Akten - was somit nicht stimmt.[36]
  • Der alte Nazi-Jäger, inzwischen bei Kürzung der Bezüge in den Ruhestand versetzt[37]
  • Als der Kölner Staatsanwalt Rolf Holtfort im Jahr 2009 verstarb, ...[39]

Rohstoffe, Quellen

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Lichtenstein, in: Endstation rechts, 22.04.1999, über Alois Brunner

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Heiner Lichtenstein Ein ungeklärter Fall Frankreich hat angekündigt, dem untergetauchten NS-Verbrecher Alois Brunner wegen Verbrechens gegen die Menschlichkeit in Abwesenheit den Prozeß zu machen. In Deutschland wurde für die Ergreifung Brunners - nach jahrzehntelangem Verschleppen - ein Kopfgeld in Höhe von 500.000 Mark ausgesetzt. in: Endstation rechts, 22. April 1999, https://www.endstation-rechts.de/news/ein-ungeklarter-fall

Es schien längst Gras darüber gewachsen zu sein. Im Auswärtigen Amt tat man zwar so, als betreibe man seine Auslieferung. Tatsächlich wuchs die Staubschicht auf den Akten Millimeter um Millimeter - in Bonn und bei der Justiz in Frankfurt am Main. Man hoffte, die Sache werde sich von selbst erledigen. Da pretschte in Köln ein Staatsanwalt vor und sorgte nach jahrzehntelangem Schweigen endlich für Schlagzeilen. „Kölner Behörde sucht SS-Mann - Belohnung im ‘Fall Brunner’ ausgesetzt“ titelte der „Kölner Stadt-Anzeiger“ im Februar vor drei Jahren [d.h.: 1996].

Dies war geschehen: Zwischen dem 24. Oktober 1979 und dem 11. Februar 1980 standen in Köln drei ehemalige SS-Führer wegen des Holocaust in Frankreich vor Gericht. Die Kölner 15. Große Strafkammer brauchte nur sensationelle vier Monate für das auf Dokumenten basierende Verfahren. Dann wurden die Angeklagten zu hohen Freiheitsstrafen verurteilt. Vertreter der Anklage war Staatsanwalt Rolf Holtfort, Jahrgang 1938, ein bis dahin weitgehend unbekannter Jurist. Nun aber, nach jenem Strafverfahren, wurde man auf ihn aufmerksam. Der ungewöhnlich aktive Verfolger von mutmaßlichen NS-Verbrechern war darauf gestoßen, daß der Hauptverantwortliche für die „Endlösung“ in Frankreich offenbar gesund und munter in Damaskus lebte: SS-Hauptsturmführer Alois Brunner. Weil Holtfort nunmehr zum Experten für den Holocaust in Frankreich geworden war, bat er darum, sich auch um Brunner kümmern zu dürfen. Dafür war bis dahin die Justiz Frankfurt am Main zuständig gewesen. Holtforts Antrag wurde genehmigt. Er stürzte sich in die Arbeit und setzte die Prämie von 500.000 DM für die Ergreifung Brunners durch. Das Geld stammte von der Kölner und der Frankfurter Staatsanwaltschaft, die freilich in den zurückliegenden Jahrzehnten nie auf eine solche Idee gekommen waren, sondern auf die Gnade des Aktenstaubs gesetzt hatten. Der begann nun aufzuwirbeln, weil Holtfort heftig blies. Offenbar zu heftig. Den ersten Schuß vor den Bug des eifrigen Ermittlers Holtfort verpaßte ihm der damalige Kölner Generalstaatsanwalt Walter Pfromm, ein ehemaliger NS-Führungsoffizier in Hitlers Wehrmacht und überzeugter Nazi. Er verbot Holtfort weitere Ermittlungen in Sachen NS-Verbrechen, was selbstverständlich auch für Alois Brunner galt. Danach dauerte es nicht mehr lange und Holtfort wurde versetzt - aus der Kölner Zentralen Stelle zur Aufklärung von NS-Verbrechen zur gewöhnlichen Kölner Staatsanwaltschaft. Wer für diese Degradierung, denn um eine solche handelte es sich, schließlich die Verantwortung trug, ist noch nicht geklärt. Erst viele Jahre später versprach der damalige Justizminister von Nordrhein-Westfalen, Fritz Behrens, der Angelegenheit nachzugehen. Das lohnt nicht zuletzt deshalb, weil Brunner zu den schlimmsten NS-Verbrechern gehört und auf Simon Wiesenthals Fahndungsliste seit Jahrzehnten auf Platz Nummer eins steht. Aus gutem Grund.

Desinteresse der Bundesrepublik

Alois Brunner, geboren 1912 im österreichischen Burgenland, trat 1931 im 19 Jahren in die NSDAP und 1938 nach dem „Anschluß“ Österreichs in die SS ein. Er half dem Chef der „Zentralstelle für Jüdische Auswanderung“ in Wien, Adolf Eichmann, bei der „Erfassung“ der Wiener Juden und Ende 1939 nach der Unterwerfung Polens bei deren Deportation in die Nähe der ostpolnischen Großstadt Lublin. Dort wollen die Nazis ursprünglich ein „Judenreservat“ einrichten. Als Eichmann Wien verließ, wurde Brunner Chef der „Auswanderungsstelle“. In dieser Funktion organisierte er im März 1941 die Deportation der Wiener Juden in die Vernichtungslager. Nach diesen ersten „erfolgreichen“ und „reibungslosen“ Aktionen holte Eichmann seinen Mann nach Berlin, wo er mit den Berliner Juden das tat, was er in Wien erprobt hatte. Das qualifizierte ihn aus der Sicht Eichmanns für weitere „Endlösungen“. Sein nächstes Versuchsgelände war Griechenland, wo er im Februar 1943 fast 44.000 Mitglieder der jüdischen Gemeinde von Saloniki nach Auschwitz deportieren ließ, die fast ausnahmslos sofort in die Gaskammern getrieben wurden. Im Juni desselben Jahres baute er bei Paris das Durchgangslager Drancy als Zwischenstation der französischen Juden nach Auschwitz auf und im September 1943 nach dem Sturz des italienischen Diktators Mussolini organisierte er die Judentransporte aus Nizza und Umgebung ebenfalls nach Auschwitz. Ende September 1944 schließlich kam Brunner nach Pressburg, um die Judendeportation der inzwischen deutsch besetzten Slowakei abzuschließen. Außer als Organisator soll er auch zahlreiche Juden selbst ermordet haben.

Brunners NS-Karriere endete, wie erwähnt, nicht auf irgendeiner Anklagebank, sondern vermutlich zuerst beim amerikanischen Geheimdienst. Das war kein Einzelfall. Erinnert sei an den „Schlächter von Lyon“, Klaus Barbie, der nach der Befreiung ebenfalls beim US-Geheimdienst unterkommen konnte. Ob Brunner später auch zu den ersten Mitarbeitern des Amtes Gehlen in Bonn gehört hat, ist ungeklärt und umstritten. Hier freilich könnte der Schlüssel zum Desinteresse Bonns liegen, Brunner in der Bundesrepublik vor Gericht zu stellen. Seine Verteidiger hätten es sich nämlich gewiß nicht nehmen lassen, die Nachkriegsbiographie ihres Mandanten aufzublättern. 1954, das steht fest, setzte Brunner sich aus dem Ruhrgebiet nach Damaskus ab; er wohnte in der Rue Georges Haddad und nannte sich mal George Fisher, mal Georg Fischer. Ende vergangenen Jahres hat die ARD in einer 60minütigen vorzüglichen Dokumentation erneut auf den ungeklärten „Fall Brunner“ aufmerksam gemacht.

Wie die Nachrichtenagentur AP Anfang April bekanntgab, droht Brunner nun - in Abwesenheit - noch in diesem Jahr wegen Verbrechens gegen die Menschlichkeit ein Prozeß in Frankreich. Dort war er bereits 1954 in Abwesenheit zum Tode verurteilt worden.

Endstation rechts, https://www.endstation-rechts.de/news/ein-ungeklarter-fall

Schrep, „Der gejagte Jäger“, Der Spiegel Nr. 31/2002, 28.07.2002

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Bruno Schrep Justiz: Der gejagte Jäger Einem Staatsanwalt, der einst zu den bekanntesten Verfolgern von NS-Verbrechern zählte, droht nun womöglich selbst eine Anklage. Er soll Akten manipuliert und Geld behalten haben, das er von Beschuldigten für die Einstellung ihrer Verfahren kassierte. Von Bruno Schrep in: Der Spiegel Nr. 31/2002, 28.07.2002, https://www.spiegel.de/politik/der-gejagte-jaeger-a-a76f75d7-0002-0001-0000-000023685476

Was zeichnet einen wirklich guten Staatsanwalt aus? Der grauhaarige Herr, er heißt Rolf Holtfort und wird im März nächsten Jahres [d.h.: 2003] 65, denkt eine Weile nach. »Dass er die richtigen Fragen stellt«, antwortet er dann.

Hunderte Male hat Rolf Holtfort die richtigen Fragen gestellt. Kurz, präzise, genau im richtigen Moment. Als Staatsanwalt hat er damit viele Beschuldigte in große Bedrängnis oder gar ins Gefängnis gebracht.

Holtfort war einer der bekanntesten Nazi-Jäger Deutschlands, gefürchtet, geachtet, manchmal bekämpft. Ohne ihn wären einige berüchtigte NS-Täter, darunter Klaus Barbie, der so genannte »Schlächter von Lyon«, wahrscheinlich nie verurteilt worden.

Doch jetzt, nach fast 30 Dienstjahren, muss der gewiefte Fragesteller selbst unangenehme Fragen beantworten. Kollegen beschuldigen ihn, Gelder veruntreut, Akten manipuliert, ja sogar das Recht gebeugt zu haben - viel Schlimmeres kann man einem Strafverfolger kaum vorwerfen.

Die Antworten, die der Beamte Holtfort zu seiner Verteidigung gibt, haben seine Berufskollegen bislang nicht überzeugt. Die Bonner Staatsanwaltschaft bereitet gegen ihn eine Anklage vor - bitteres Ende einer von Erfolgen, Rückschlägen und Schicksalsschlägen geprägten deutschen Karriere.

Die beginnt, als der junge Finanzbeamte Rolf Holtfort es 1962 satt hat, täglich über Bergen von Lohnsteuerakten zu brüten. Er holt das Abitur nach und schreibt sich an der Uni für Jura ein.

Noch Student, besucht er, sooft er kann, Prozesse gegen ehemalige Nazi-Schergen, darunter ein Verfahren gegen frühere KZ-Aufseher. Der angehende Jurist registriert empört, mit welcher Chuzpe sich die Beschuldigten herauszureden versuchen. Die Eindrücke lassen ihn nicht mehr los.

Kaum bei der Staatsanwaltschaft, lässt er sich 1973 zur Zentralstelle für die Verfolgung nationalsozialistischer Massenverbrechen in Köln versetzen. Der Krieg ist zwar fast 30 Jahre vorbei, in den Registraturen vieler Behörden schmoren jedoch noch immer Tausende unerledigter NS-Akten - gleichsam als Symbol mangelnder Kraft und mangelnden politischen Willens, eine verbrecherische, unangenehme Vergangenheit juristisch zu bewältigen.

Der neue Mann wühlt sich in einen speziellen Komplex hinein: die Verschleppung von 73 853 Juden aus Frankreich in deutsche Konzentrationslager. Nur 2600 überlebten, die anderen wurden vergast, erschossen, zu Tode gefoltert. Das jüngste Opfer war zwei Jahre alt.

Akribisch verfolgt Staatsanwalt Holtfort die einzelnen Befehlsstränge im besetzten Frankreich. Anhand von Originalakten studiert er zerfledderte Erlasse, prüft jeden Stempel, jeden Vermerk, vergleicht Unterschriften, sortiert Hunderte verschiedener Aktenzeichen, prägt sich Dienstgrade und Beförderungen ein.

Wer war wann wo stationiert? Wer hat diesen oder jenen Transport angeordnet? Wer besorgte die Fahrzeuge? Wer unterschrieb den Marschbefehl?

So vorbereitet, erkennt der Ermittler schnell, wenn ein Beschuldigter bei seinen Befragungen lügt, Erinnerungslücken vortäuscht, Unwissen simuliert. »Erzählen Sie mir nicht, Sie waren in der fraglichen Zeit krank oder in Urlaub«, beginnt er oft seine Vernehmungen. »Ich kenne Ihre Akten.«

Die über 100 Beschuldigten, die Holtfort im Lauf der Jahre wegen des Verdachts von NS-Verbrechen vernimmt, haben häufig Angst vor den Fragen dieses scheinbar allwissenden Fahnders - darauf ist der Staatsanwalt bis heute stolz. Den Kampf um die Wahrheit hat er stets auch als intellektuelle Herausforderung verstanden.

»Da waren richtige Kaliber dabei«, sagt Holtfort heute. »Akademiker, Doktoren, Wissenschaftler« - und Juristen, die es in der Hierarchie weiter gebracht hatten als ihr Befrager. »Da spürt man dann, wie sich ein Vorsitzender Richter vor einem kleinen Staatsanwalt zu fürchten beginnt.«

Als 1980 in Köln die ehemaligen SS-Leute Kurt Lischka, Ernst Heinrichsohn und Herbert Martin Hagen wegen Beihilfe zum Mord an den aus Frankreich verschleppten Juden zu hohen Freiheitsstrafen verurteilt werden, ist das Rolf Holtforts größter Erfolg. Er hat die Anklage vorbereitet und verfasst, er hat im Prozess zum richtigen Zeitpunkt die richtigen Fragen gestellt.

Nur noch einmal, im Juli 1987, erlebt der Ermittler einen ähnlichen Triumph: Da wird in Lyon der ehemalige Gestapo-Chef Barbie, der sich über 30 Jahre lang in Bolivien versteckt hatte, wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu lebenslanger Haft verurteilt.

Bis zuletzt bestreitet der frühere SS-Offizier Barbie, 1944 befohlen zu haben, dass ein jüdisches Kinderheim in Izieu-Ain geräumt und die 44 dort lebenden Mädchen und Jungen in ein KZ verschleppt werden sollten. Aktenkenner Holtfort, in Lyon als Zeuge geladen, weist jedoch nach, dass es sich bei dem von Barbie unterschriebenen Dokument nicht um eine Fälschung handelt, wie die Verteidigung behauptet, sondern um ein echtes Schriftstück.

Der israelische Botschafter gratuliert, auch aus Frankreich kommt viel Lob. Doch die Karriere des ehrgeizigen Staatsanwalts hat zu diesem Zeitpunkt längst einen Knick.

Schon Anfang 1985 ist er zu seinem Chef zitiert worden: »Sie werden zur Jugendabteilung versetzt.« »Warum?« »Die Zentralstelle hat keine Arbeit mehr für Sie.« »Aber das ist doch lächerlich.« »Ich kann es nicht ändern. Anordnung vom Generalstaatsanwalt.«

Vergebens verweist Holtfort auf unerledigte Fälle, auf schwebende Verfahren wie das gegen den flüchtigen SS-Führer Alois Brunner, auf nicht abgeschlossene Vernehmungen. Der NS-Fahnder ist, glaubt er selbst, seinen Vorgesetzten zu eigenmächtig geworden, zu engagiert, zu übereifrig - vielleicht aber auch zu erfolgreich.

Zudem scheinen Nazi-Verfahren nicht mehr so recht in die Zeit zu passen: Prozesse platzen, da Beschuldigte zuvor sterben oder mittendrin verhandlungsunfähig werden. Weil sich viele Zeugen nach Jahrzehnten nicht mehr so genau erinnern können oder wollen, werden auch immer wieder Angeklagte freigesprochen - was schon mal Argwohn im In- und Ausland auslöst.

Staatsanwalt Holtfort, ab 1985 nur mehr zuständig für ganz normale straffällig gewordene Jugendliche mit den Anfangsbuchstaben R, S und Sch, hält es kaum aus, dass er nicht mehr Verbrechen von historischer Dimension aufklären soll, sondern sich jetzt um Schwarzfahrer, Laden- und Fahrraddiebe kümmern muss.

Die Degradierung macht ihn krank, er bekommt Herzattacken. Kollegen und Vorgesetzte verärgert er mit Vorträgen und Interviews, in denen er die seiner Ansicht nach zu lasche Verfolgung von NS-Tätern durch die Justiz anprangert. Abfinden kann er sich mit seiner Versetzung nicht.

Der Prozess gegen den französischen Ex-Politiker Maurice Papon in Bordeaux, zu dem er 1998 als Zeuge geladen wird, soll Holtforts letzter großer Auftritt als Nazi-Jäger werden. Papon, ein Funktionär des mit den Nazis kollaborierenden Vichy-Regimes, half von 1942 bis 1944, Juden nach Auschwitz zu deportieren. Mit Hilfe des deutschen Staatsanwalts soll dem Franzosen mehr als 50 Jahre danach nachgewiesen werden, dass er wusste, was die Juden dort erwartete. Für Holtfort eine heikle Mission: Erkenntnisse über die Beteiligung von Franzosen an Nazi-Verbrechen trüben das schöne Bild einer im Widerstand gegen Hitler geeinten Nation und sind deshalb nur bedingt erwünscht.

Morgens, kurz vor seiner geplanten Aussage, wird ein Zettel unter Holtforts Hotelzimmertür durchgeschoben: »Vichy ist am Leben. Keine deutschen Zeugen. Wenn Sie reden, ist das der Tod.« Holtfort reist in Panik zurück nach Deutschland.

Als er zwei Wochen danach erneut nach Bordeaux fliegen will, wo Papon später wegen Beihilfe zu Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu zehn Jahren Haft verurteilt wird, hindert Holtfort eine Schreckensbotschaft: Sohn Christian, 26 Jahre alt, Uni-Assistent in Kaiserslautern, ist mit seinem Mountainbike auf abschüssiger Strecke schwer gestürzt. Er stirbt zwei Tage danach an Schädelverletzungen.

Vater Holtfort, vom Tod des Sohnes schwer getroffen, glaubt bis heute nicht an einen Unfall. Anhänger von Papon, dem der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte vorigen Donnerstag die Chance auf eine Neuauflage seines Prozesses eröffnete, hätten das Fahrrad des Sohnes manipuliert, um seine, Holtforts, belastende Aussage zu verhindern, glaubt Holtfort.

Tatsache ist, dass sich am Mountainbike des Sohnes während der Fahrt das Vorderrad löste. Wie ein Gutachter später feststellt, waren sowohl Vorder- als auch Hinterrad nicht ordnungsgemäß befestigt. Es ist jedoch nicht endgültig zu klären, ob der junge Holtfort, der das Rad kurz zuvor gekauft und zusammengebaut hat, den Montagefehler selbst verursachte oder ob sich Dritte an dem Rad zu schaffen gemacht haben.

Ob und wann einschneidende Ereignisse im Leben eines Menschen auch bestimmte, für Dritte unbegreifliche Handlungsweisen auslösen, ist hinterher oft schwer festzustellen. Meistens wissen es die Betroffenen selbst nicht.

Das Datum, an dem aus dem angesehenen Staatsanwalt Rolf Holtfort der Beschuldigte Holtfort wird, erfasst mit Aktenzeichen und einem ersten Protokoll, steht hingegen genau fest: Es ist der 24. Oktober 2000.

An diesem Tag wendet sich die Mutter einer jungen Ladendiebin an die Kölner Polizei: Ihre Tochter solle heute, damit ihr Strafverfahren eingestellt werde, dem Staatsanwalt Holtfort 100 Mark aushändigen. Bar und ohne Quittung. Von zwei Freundinnen der Tochter sei genau das Gleiche verlangt worden. Ob das denn so in Ordnung sei?

Die Aussage der Frau löst enorme Hektik aus: Holtforts Büro wird von mehreren Kripo-Beamten durchsucht, er selbst kurz darauf vom Dienst suspendiert. Die Polizei filzt im Auftrag der Bonner Staatsanwaltschaft Tausende Akten, die Holtfort in den vergangenen Jahren bearbeitet hat, verhört Hunderte Jugendliche, die mit ihm Kontakt hatten, viele davon stundenlang.

»Ein Aufwand wie bei einem Kapitalverbrechen«, konstatiert Holtforts Verteidiger Christian Richter II, der argwöhnt, hier solle womöglich auch ein eckiger, widerspenstiger Staatsdiener für unbotmäßiges Verhalten abgestraft werden. Allerdings - das Rechercheergebnis der Fahnder kann auch der Verteidiger nicht bestreiten: In über 50 Fällen hat Holtfort von jungen Delinquenten - Kaufhausdieben, Verkehrssündern, Haschischrauchern - Bares kassiert, mal 100, mal 200, mal 300 Mark, selten mehr. Im Gegenzug stellt er die Verfahren ein. »Ohne Auflage«, schreibt der Staatsanwalt in die Akten - was somit nicht stimmt.

Den Jugendlichen ist das egal: »Ich war doch heilfroh, dass dieser Mist aus der Welt war«, erinnert sich Michael O., heute 19, damals 17 Jahre alt.

Der junge Mann, der sich nach einem Dorffest mit Polizisten geprügelt hatte, dann ganz kleinlaut zur Vorladung erschien, wird von Holtfort vor die Wahl gestellt: »Wollen Sie lieber eine Arbeitsauflage oder eine Geldbuße?« Erleichtert zahlt der Jugendliche 200 Mark, die er sich von seiner Mutter pumpt.

Was hat Holtfort mit dem Geld gemacht? »Keine Mark hab ich für mich verbraucht«, sagt er unter Tränen, »nicht mal einen Pfennig.« Der alte Nazi-Jäger, inzwischen bei Kürzung der Bezüge in den Ruhestand versetzt, fühlt sich einer Verfolgungsjagd seiner ehemaligen Kollegen ausgesetzt. »Die wollen mich wohl vernichten.«

Das unkorrekte Abkassieren der Jugendlichen gibt Holtfort durchaus zu. Doch die Beträge, so seine Version, habe er jeweils an karitative Vereine überwiesen, anonym allerdings und ohne die Belege aufzuheben. Insgesamt, schätzen die Ermittler, dürften das zwischen 10 000 und 20 000 Mark gewesen sein. Einmal, auf dem Kölner Wallrafplatz, sei er auch von einer armselig aussehenden Frau mit mehreren kleinen Kindern um Geld angegangen worden, erzählt Holtfort. Aus Mitleid habe er ihr mehrere hundert Mark geschenkt.

Glaubhaft? Unglaubwürdig? Die Bonner Staatsanwaltschaft hat die Aussagen gar nicht erst zu überprüfen versucht. »Wenn mir ein Beschuldigter erzählt, er habe seine Beute in der Sahara versteckt, suche ich ja auch nicht in der Wüste«, sagt Oberstaatsanwalt Fred Apostel vielsagend.

Selbst wenn Holtforts Angaben stimmen, bleiben Rätsel. Warum agiert ein Ermittler, der als pingelig gilt, als detailbesessener Perfektionist, so lax an Vorschriften vorbei, immer wieder, jahrelang? Aus Protest gegen eine Justiz, die ihm zu lasch im Umgang mit den Verbrechen des Dritten Reiches vorkommt? Aus Wut gegen seine Versetzung von 1985? Oder hat er einfach nur Geld gebraucht, das er ausgeben konnte, ohne sich - vor wem auch immer - dafür rechtfertigen zu müssen?

Erklären kann - oder will - der Jurist all das selbst nicht. »Es war ein ganz großer Fehler«, räumt er nur ein.

Dass er deshalb auf eine Anklagebank soll, wie die Staatsanwaltschaft plant, will sein Verteidiger unbedingt verhindern. Der Anwalt kämpft darum, dass das Verfahren wegen des schlechten Gesundheitszustandes seines Mandanten eingestellt wird, dass notfalls auch Holtforts große Verdienste als Nazi-Verfolger berücksichtigt werden.

Andernfalls, glaubt der Verteidiger, drohe dem seit langem schwer herzkranken Juristen, der täglich viele Tabletten schlucken muss, sogar der Tod. »Ein Prozess«, so Anwalt Richter, »wäre für Herrn Holtfort lebensgefährdend.«

  • Nach der Urteilsverkündung gegen Kurt Lischka, ErnstHeinrichsohn und Herbert Martin Hagen am 11. Februar 1980.* Am 19. Mai 1987 mit dem Leiter der LudwigsburgerZentralstelle zur Aufklärung von NS-Verbrechen, Alfred Streim.

https://www.spiegel.de/politik/der-gejagte-jaeger-a-a76f75d7-0002-0001-0000-000023685476

https://magazin.spiegel.de/EpubDelivery/spiegel/pdf/23685476

Siebert, „Ermittlungen gezielt ins Leere geleitet“

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[...] Einer, der versucht hat, NS-Verbrechen aufzuarbeiten, ist Staatsanwalt Rolf Holtfort. Bis 1984 arbeitete er an der Kölner Zentralstelle für die Verfolgung von NS-Verbrechen. In seinen Ermittlungsbereich fielen alle Verfahren, die sich mit der „Endlösung der Judenfrage“ im besetzten Frankreich beschäftigten. [...] In Deutschland hatten sie bis zur Ratifizierung des Deutsch-Französischen Zusatzabkommens von 1975 nichts zu befürchten, denn Frankreich behielt sich bis zu diesem Zeitpunkt die alleinige Verfolgung dieser NS-Täter vor. Nach der Ratifizierung des Vertrages begann 1979 in Köln der erste Prozeß in Deutschland, in dem drei ehemalige SS-Offiziere wegen ihrer Mitwirkung bei der Deportation der französischen Juden vor Gericht standen. Staatsanwalt Holtfort konnte dem Hauptangeklagten Kurt Lischka anhand von Dokumenten nachweisen, daß er von Paris aus die Transporte in die Vernichtungslager organisiert hatte.

Holtfort hatte aber nicht nur gegen drei, sondern gegen insgesamt 200 Personen ermittelt. Zwölf dieser Beschuldigten wollte er in einem zweiten Prozeß vor Gericht bringen. Hauptangeklagter sollte der in Köln lebende Regierungsrat a.D. Walter Nehrich sein. Neben ihm hätten sich unter anderem die Juristen Rudolf Bilfinger, Friedrich Merdsche, Heinrich Illers und Hans-Dietrich Ernst vor Gericht verantworten müssen. Illers war Stellvertreter des rechtskräftig verurteilten Kurt Lischka in Paris gewesen, während Bilfinger in Toulouse, Merdsche in Orléans und Ernst in Angers als Kommandanten des Sicherheitsdienstes für den reibungslosen Ablauf der Judendeportationen sorgten.

Die Dienststellen, deren Leiter die Beschuldigten waren, arbeiteten Hand in Hand. Staatsanwalt Holtfort ging daher bei seinen Ermittlungen von dem juristischen Tatbestand des sogenannten „sachlichen Zusammenhangs“ aus. Auf dieser juristischen Grundlage plante er, alle Beschuldigten gemeinsam in einem zweiten großen Frankreich-Verfahren anzuklagen. Aber genau dies wurde verhindert, wie Holtfort gestern in einem Beitrag von „Report Baden-Baden“ sagte. Einen Tag nach Beendigung des Lischka-Verfahrens erhielt er von seinem damaligen Vorgesetzten Generalstaatsanwalt Pfromm die telefonische Anweisung, nur jene Fälle weiter zu bearbeiten, bei denen die Beschuldigten im Raum Köln/Bonn lebten. Alle anderen Fälle seien an die zuständigen Ortsstaatsanwaltschaften abzugeben. Formaljuristisch läßt sich diese Entscheidung des damaligen Generalstaatsanwalts genauso begründen wie Rolf Holtforts juristischer Ausgangspunkt des Sachzusammenhangs. Nur – während das letztere wahrscheinlich zu einem großen Prozeß und zu einer Verurteilung der Beschuldigten geführt hätte, wirkte sich die Zerschlagung von NS-Verfahren fast immer äußerst vorteilhaft für die Angeklagten aus. Nach Einschätzung von Rolf Holtfort griff Generalstaatsanwalt Werner Pfromm mit seiner Entscheidung eindeutig zugunsten der Beschuldigten in die Vorgänge ein. Möglicherweise spielte dabei eine Rolle, daß einige der Männer, gegen die Anklage erhoben werden sollte, nicht nur Juristen waren, sondern auch als Beamte im Justizdienst Karriere gemacht hatten. Heinrich Illers war bis zu seiner Pensionierung Senatspräsident am Landessozialgericht in Niedersachsen. Rudolf Bilfinger arbeitete am Verwaltungsgericht in Mannheim. Friedrich Merdsche, den die Franzosen dreimal in Abwesenheit zum Tode verurteilt hatten, war Landgerichtsrat in Frankfurt. Ein großer Prozeß hätte die Frage aufgeworfen, wie es möglich war, daß ehemalige SS-Offiziere als Juristen problemlos im bundesdeutschen Beamtenapparat aufsteigen konnten.

[...] Staatsanwalt Holtfort ist in Köln nicht mehr zuständig für die Verfolgung von NS-Verbrechen. Er wurde zum Jugendgericht versetzt. Die Begründung: Die Versetzung erfolge, da in seinem ursprünglichen Tätigkeitsbereich schließlich keine Arbeit mehr anfalle.

Barbara Siebert, „Ermittlungen gezielt ins Leere geleitet“. Anfang der 80er Jahre wollte Staatsanwalt Holtfort aus Köln ein Verfahren gegen mutmaßliche NS-Verbrecher in Frankreich einleiten. Sein Vorgesetzter verhinderte es. SS-Offiziere mußten sich nie verantworten. in: taz. die tageszeitung, 21. April 1998, S. 7, https://taz.de/!1348471/

Hochschule für Polizei und öffentliche Verwaltung Nordrhein-Westfalen, Historisches Fenster Februar/März 2015

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Dreieinhalb Jahre hatten die Kölner Staatsanwälte nun, von 1976 an, ermittelt, allen voran Rolf Holtfort, der seit 1973 als Staatsanwalt bei der Kölner Zentralen Stelle für die Aufklärung von NS-Verbrechen eingesetzt und für den „Frankreich-Komplex“ zuständig war, bevor der Prozess im Oktober 1979 beginnen konnte. [13] Unter anderem griffen die Staatsanwälte in Köln auch auf einen Bericht des Landeskriminalamtes NRW aus dem Jahr 1974 zurück. Hier, beim LKA, war eigens für die Ermittlungsarbeit im „Frankreich-Komplex“ eine Sonderkommission gegründet worden [...]

Hochschule für Polizei und öffentliche Verwaltung Nordrhein-Westfalen, HSPV NRW Historisches Fenster Februar/März 2015 Kurt Lischka, Herbert Hagen und Ernst Heinrichsohn werden vom Landgericht Köln zu langjährigen Haftstrafen verurteilt, 26.02.2015, https://www.hspv.nrw.de/nachrichten/artikel/historisches-fenster-februar-maerz-2015

Mit Hinweis auf: Klein, Anne: Der Staatsanwalt Rolf Holtfort im Lischka-Prozess. In: Klein, Anne (Hg.) unter Mitarbeit von Judith Weißhaar: Der Lischka-Prozess. Eine jüdisch-französisch-deutsche Erinnerungsgeschichte. Berlin 2013. S. 92-95.

HaGalil, Himmlers Tochter

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Es gab auch gegenläufige Engagements: Bekannt ist das Beispiel des 1938 geborenen, engagierten Kölner Staatsanwalts Rolf Holtfort, der sich ab 1973 unermüdlich für die Aufspürung und Inhaftierung von hohen Naziverbrechern engagierte. Sowohl zur Verurteilung von Lischka, Heinrichsohn und Hagen in Köln – bei der ihn Peter Finkelgruen als Journalist hautnah erlebte – als auch zur Verurteilung von Klaus Barbie sowie bei der Verfolgung von Alois Brunner trug Holtfort maßgeblich bei. Holtfort 26-jähriger Sohn kam, dies sei angemerkt, unter nicht eindeutig geklärten Gründen bei einer Radtour ums Leben.

1985 wurde Holtfort wegen seines Eifers auf stillem Wege beruflich degradiert: „Zunächst verbot ihm der Kölner Generalstaatsanwalt Walter Fromm, dessen Nazi-Vergangenheit erst Jahre später publik werden sollte, weitere Ermittlungen in Sachen NS-Verbrechen – und somit auch im Fall Brunner. Danach dauerte es nicht mehr lange und Holtfort wurde versetzt (…) Statt um Kriegsverbrecher kümmerte sich Holtfort fortan um Ladendiebe und Einbrecher.“ (Schröm & Röpke, S. 52; vgl. Kaufhold 2013)

HaGalil, Jüdisches Leben online, Himmlers Tochter oder: Die „Stille Hilfe“ für den Mörder in der Pullacher Seniorenresidenz, Von Roland Kaufhold, https://www.hagalil.com/stille-hilfe/

Schröm / Röpke, Stille Hilfe für braune Kameraden

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Stille Hilfe für braune Kameraden: das geheime Netzwerk der Alt- und Neonazis von Oliver Schröm, Andrea Röpke, https://books.google.de/books?id=bRob5-IjrrYC&pg=PA52&lpg=PA52&dq=%22Rolf+Holtfort%22&source=bl&ots=6HGsf58fDM&sig=ACfU3U3_2nBzH7NduEFhllM1M6w62EBvMA&hl=de&sa=X&ved=2ahUKEwj99qmG2-WAAxXrQ_EDHR5mBdgQ6AF6BAgoEAM#v=onepage&q=%22Rolf%20Holtfort%22&f=false

Bulletin des Fritz Bauer Instituts

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S. 21:

Als der Kölner Staatsanwalt Rolf Holtfort im Jahr 2009 verstarb, fand man auf seinem Schreibtisch eine alte Ermittlungsakte mit dem Betreff: »Tötung jüdischer Kinder in Annemasse«.1 Holtfort hatte sich seit den 1970er Jahren von Amts wegen intensiv mit der Aufklärung von NS-Gewaltverbrechen während der deutschen Besatzungszeit in Frankreich beschäftigt. Nicht zuletzt seinem Engagement war es zu verdanken, dass drei der Hauptverantwortlichen für die »Endlösung der Judenfrage« in Frankreich, die SS-Angehörigen Kurt Lischka, Herbert Hagen und Ernst Heinrichsohn, angeklagt und nach einem exemplarisch geführten Prozess vor dem Landgericht Köln 1980 wegen Beihilfe zum Mord verurteilt werden konnten. Ein von Holtfort vorbereitetes Sammelverfahren gegen die in Frankreich eingesetzten Kommandeure der Sicherheitspolizei und des SD kam nicht mehr zustande, weil man ihm die Zuständigkeit dafür entzogen und den Komplex durch »Austrennung« einzelner Fälle zerschlagen hatte. Was der pensionierte Staatsanwalt mit einer Akte wollte, die Unterlagen aus der Zentralen Stelle der Landesjustizverwaltungen Ludwigsburg enthielt und die er längst hätte abgeben müssen, zumal die Ermittlungen eingestellt worden waren, entzieht sich unserer Kenntnis. Vielleicht ließ ihm der unaufgeklärte Fall, um den es hier ging und mit dem er selber als Sachbearbeiter befasst gewesen war, keine Ruhe. Holtfort konnte wissen, dass die bereits 1962 in Ludwigsburg angelegte Akte tatsächlich nicht die Tötung jüdischer Kinder betraf, denn die genannten Kinder waren zwar 1944 bei einem

S. 22:

Fluchtversuch an der französisch-schweizerischen Grenze nahe Annemasse festgenommen worden, hatten aber überlebt.

S. 24:

Staatsanwalt Holtfort – damit endet die in seinem Nachlass vorgefundene Akte – legte nach Rücksprache mit seinem Vorgesetzten 1976 einen Vermerk an, in dem es hieß: »Weitere Erkenntnisse über die Identität des ›Gestapo-Chef von Annemasse‹ Meyer haben sich auch nach der Vernehmung weiterer Zeugen durch das LKA nicht ergeben. Der Vorgang ist als abgeschlossen (ausermittelt) anzusehen.«

Ahlrich Meyer, „Das Dossier Marianne Cohn. Geschichte einer gescheiterten Ermittlung“, S. 21–25, in: „Helfer, Widerständler, Nutznießer: Abweichendes Verhalten im Nationalsozialismus und seine Deutungen“ Mit Beiträgen von Susanna Schrafstetter, Ahlrich Meyer, Martin Sander und Jacob S. Eder in: Einsicht 17, Bulletin des Fritz Bauer Instituts, Frühjahr 2017, https://www.fritz-bauer-institut.de/fileadmin/editorial/publikationen/einsicht/einsicht-17.pdf

Prozess gegen Modest Graf Korff ab April 1985, im November 1988 Freispruch

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... 220 Opfer, die laut Anklage unter der Regie des angeklagten Modest Graf Korff in den Jahren 1942/43 von Frankreich nach Auschwitz deportiert und dort vergast wurden. ...

... Der Schwurgerichtsvorsitzende Martin Lickfett ...

In seinem Plädoyer hatte Staatsanwalt Rolf Holtfort dem 79jährigen Angeklagten vorgeworfen, bei den Deportationszügen auch Greise, Schwerkranke und Säuglinge verschickt zu haben – vorgeblich im Glauben, daß es sich um einen Einsatz bei Straßenbauarbeiten handelte. Die Unglaubwürdigkeit der Behauptung war Holtfort ein Beweis dafür, daß der Angeklagte das wahre Ziel, nämlich die Vernichtung in Auschwitz, gekannt hat und damit der Beihilfe zum Mord überführt sei. Er forderte sechs Jahre Haft.

Der Prozeß gegen den ehemaligen SS-Hauptsturmführer und pensionierten Ministerialrat im Bundeswirtschaftsminsterium Modest Graf Korff begann im April 1985. Mit Korff waren ursprünglich drei andere ehemalige SS-Angehörige angeklagt: Dr. Walter Nehrich (75), ehemaliger SS-Hauptsturmführer und Regierungsrat a. D., Dr. Richard Wilhelm Freise (73), ehemaliger SS-Hauptsturmführer und Landesverwaltungsrat, sowie Rolf Bilarz (75), ebenfalls ehemaliger SS-Hauptsturmführer und Journalist. Das Verfahren gegen Nehrich, der für die Deportation von 523 Juden verantwortlich sein soll, mußte eingestellt werden, weil ihm ein Gutachten "irreversiblen Altersabbau" bescheinigte. Freise hatte bereits im August 1983 Selbstmord begangen, in seinem Abschiedsbrief jedoch seine Unschuld beteuert. Bilarz, angeklagt wegen der Deportation von 388 Juden, starb einige Monate später. So blieb dem Gericht nur noch der frühere SS-Kommandant Graf Korff.

Julia Faßbender, „NS-Prozeß: Nichts gewußt, alles vergessen. Graf Korff aus Mangel an Beweisen freigesprochen“, in: Die Zeit, 25. November 1988, https://www.zeit.de/1988/48/nichts-gewusst-alles-vergessen

Lichtenstein, „Vergangenheit vor Gericht“

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S. 160:

Im Prozess gegen Klaus Barbie, den »Schlächter von Lyon«, der einige Jahre später in Lyon geführt wurde, hat sich das überzeugend bewiesen. Einer der wichtigsten Sachverständigen war dort der Kölner Staatsanwalt Rolf Holtfort, der im Lischka-Prozess die Anklage vertreten hatte. In Lyon arbeitete er eng mit etlichen Nebenklägern zusammen, u. a. mit Rechtsanwalt Serge Klarsfeld. Auch das hat dazu geführt, dass das Gericht Barbie schuldig sprach und ihn lebenslang ins Gefängnis schickte.

Heiner Lichtenstein, „Im Namen des Rechts. Vergangenheit vor Gericht“, Tribüne-Verlag, S. 153–160, S. 160, Leseprobe, http://www.tribuene-verlag.de/TRI_153-160.pdf

Seeking Accountability for Nazi and War Crimes in East and Central Europe

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S. 400:

Seeking Accountability for Nazi and War Crimes in East and Central Europe: A ... herausgegeben von Eric Le Bourhis, Irina Tcherneva, Vanessa Voisin, https://books.google.de/books?id=qaKKEAAAQBAJ&pg=PA400&lpg=PA400&dq=%22Rolf+Holtfort%22&source=bl&ots=tA5y-qZjMN&sig=ACfU3U3iGqL-zMmtNITRraed25LECRmVvg&hl=de&sa=X&ved=2ahUKEwiu8bL23O2AAxVK_rsIHU44CE84FBDoAXoECB8QAw#v=onepage&q=%22Rolf%20Holtfort%22&f=false

Léon Gruenbaum

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S. 14:

Zur Eröffnung der Ausstellung war auch Beate Klarsfeld aus Paris nach Köln gekommen. Sie und ihr Ehemann Serge hatten über viele Jahre Dokumente gesucht und schließlich gefunden, die nach langem Warten 1979 endlich zur Hauptverhandlung führten. Die Vorgeschichte war eine Kette von Skandalen. Im Bundestag, in der Bundesregierung, aber auch auf französischer Seite gab es einflussreiche Leute, die das Verfahren verhindern wollten. Dass es dennoch zum Prozess gekommen ist, daran war das Ehepaar Klarsfeld maßgeblich beteiligt. Genannt werden sollten aber auch der Kölner Staatsanwalt Rolf Holtfort und Landgerichtsdirektor Heinz Fassbender, den Vorsitzenden Richter im „Lischka“-Prozess. Kein Richter vor und nach ihm hat ein so schwieriges Verfahren in so kurzer Zeit rechtskräftig beendet.

Der „Lischka-Prozess“ – so wird das Verfahren seit damals genannt – war deshalb so wichtig, weil es der erste und einzige geglückte Versuch war, die „Endlöser“ von Frankreich in der Bundesrepublik zur Rechenschaft zu ziehen. Holtfort wollte noch weitere deutsche Schreibtischtäter wegen der Verbrechen in Frankreich auf die Anklagebank bringen. Er scheiterte aber an seinem Vorgesetzten, dem Kölner Generalstaatsanwalt Werner Pfromm, einem ehemaligen NS-Führungsoffizier. Der hatte mit dem Lischka-Prozess genug. Er ließ Dokumente gegen andere Verdächtige an die zuständigen Staatsanwalten in anderen Städten weiterleiten. Die waren historisch überfordert und stellten die Ermittlungen ein.

Reader: Der vergessene Whistleblower Léon Gruenbaum, Material zum Symposium am 19. Oktober 2013 in Karlsruhe, Widerstand eines jüdischen Nuklearphysikers gegen die zweitmalige Nazi-Verfolgung durch einen Atom-Manager. Leon Gruenbaums Antwort, die geschichtswissenschaftliche Monographie „Genese der Plutonium-Gesellschaft“ (unveröffentlicht). Analysen, Zusammenhänge, Perspektiven. https://www.forum-ludwig-marum.de/site/assets/files/1012/reader.pdf

Hafner, Schapira, „Die Akte Alois Brunner“

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S. 153:

«Da die Transporte die ganze Nacht über gedauert hatten, legte ich mich anschliessend nach der Übergabe in einem Dienstzimmer des Lagers für einige Stunden zur Ruhe. Ich habe mich um das weitere Schicksal der Juden ... nicht mehr gekümmert»19, diktierte Bilharz 1975 einem Staatsanwalt in Stuttgart ungerührt in die Schreibmaschine, als er zum ersten Mal vernommen wurde. Von Auschwitz habe er erst sehr viel später erfahren, und erst dann sei ihm bewusst geworden, dass auch er «gezwungenermassen einen Beitrag zu dieser Aktion geleistet» habe. Als der Kölner Staatsanwalt Rolf Holtfort acht Jahre später den Versuch unternimmt, Bilharz doch noch vor Gericht zu bringen, räumt der ihm bei seiner Vernehmung ein, er habe sehr genau gewusst, «was mit den Juden im Osten passierte». Er sei der Einzige gewesen, der dies wenigstens zugegeben habe, erinnert sich Holtfort. Zu einem Prozess gegen Bilharz kam es dann, wie so oft, nicht mehr. Er starb wenige Tage nach der Anklageerhebung.

S. 305:

Nicht nur in Österreich, auch in Deutschland tut sich wenig. Das von Fritz Bauer 1961 angestossene Verfahren schleppt sich dahin. 1966 wird zwar im Zuge eines anderen Verfahrens bei der Staatsanwaltschaft Stuttgart auch gegen Brunner ermittelt, aber die Bemühungen werden 1980 eingestellt, da «sein Aufenthalt ... trotz umfangreicher Nachforschung nicht festgestellt»34 werden konnte. Ein kurzes Telefonat nach Österreich hätte Wunder bewirken können, aber es unterblieb, die Sache Brunner war wohl keine dringliche. Sie kommt erst wieder in Gang, als Rolf Holtfort, Staatsanwalt bei der Kölner Zentralstelle im Lande Nordrhein-Westfalen für die Bearbeitung von nationalsozialistischen Massenverbrechen in Konzentrationslagern 1979 vier Verfahren gegen Täter der höheren Laufbahn einleitet, die anders als die primitiven «Blut-

S. 306:

hunde» Volljuristen waren, «die am Schreibtisch gesessen und die mit einer einzigen Unterschrift viele Menschen auf einmal in den Tod geschickt haben», wie sich der Staatsanwalt heute erinnert, und die sich entsprechend grossspurig zur Wehr zu setzen wussten: Dr. Walter Nährich, Regierungsrat a.D., Modest Graf von Korff, Ministerialrat a.D., Richard Preise, Leitender Landesverwaltungsdirektor a. D., Rolf Bilharz, pensionierter Angestellter. Sie haben alle eines gemeinsam: Es waren Männer, die Brunner aus Frankreich gut kannten: Nährich war in Bordeaux, Graf von Korff in Châlons-sur-Marne, Freise in Poitiers und Paris, Bilharz in Nizza. Rolf Holtfort lebt immer noch in Köln, ist pensioniert und kann deshalb ungeniert reden [...]

Verständlich der Ärger, den sich Holtfort einhandelt, als er Dr. Nährich nun vor ein deutsches Gericht bringt. «Du mit deinen akademischen Nazis», heisst es im Kollegenkreis abschätzig. Rolf Holtfort erzählt weiter von Nährich, dem es gelingt, dass das Verfahren wegen Verhandlungsunfähigkeit eingestellt wird, der sich aber gleichzeitig dagegen verwahrte, sich einer Herzoperation zu unterziehen, «böswilligerweise», wie es in einem medizinischen Gutachten heisst. Erst nach Einstellung des Verfahrens lässt sich Nährich operieren und klagt dann auf eine nachträgliche Pension. Holtfort erzählt ungeniert: Von Freise, der sich seinem zu erwartenden Schuldspruch durch Selbstmord entzieht. Er nimmt E 605 und erhält seiner Familie so die Pension. «Geht Ihnen das

S. 307:

nicht nahe?», wurde Holtfort am nächsten Morgen von seinem Vorgesetzten zur Rede gestellt, und als er bejaht: «Aber weitermachen wollen Sie trotzdem?»

Richtig verärgert allerdings werden seine Vorgesetzten, als er anfängt, sich im Rahmen seines Verfahrens auch noch um Alois Brunner zu kümmern, gegen den er auf Antrag Serge Klarsfelds 1982 einen neuen Haftbefehl beim Amtsgericht erwirken konnte. «Das hätten sie schon bei den Verfahren gegen Lischka, Hagen und Heinrichsohn36 tun müssen», wundert sich Holtfort. Aber man hat es nicht getan. Als sein Vorgesetzter von der Eigenmächtigkeit erfährt, schnauzt er ihn an: «Das gibt Ärger.» Vor allem für Holtfort, denn der wird nach 13 Jahren bei der Zentralstelle innerhalb einer Woche in die Jugendstrafkammer versetzt. «Sie sind Brunner zu nahe gekommen», erklären Journalisten Holtfort dann, «Sie wissen doch, dass der BND solche Leute unter den Fittichen hat», und Holtfort ist sich auch heute noch sicher, dass dies der Grund für die Aufregung und für seine Versetzung gewesen ist. [...] Wie oft wurde er gefragt, ob das denn alles sein müsse, und er habe immer wieder gesagt, ja, es müsse sein. Bis er von seinem Job entbunden wurde. Bis der damalige Kölner Generalstaatsanwalt Walter Pfromm, selbst ein ehemaliger NS-Führungsoffizier, ihm weitere Ermittlungen verbot und er schliesslich abberufen wurde.37 Da die Akte Brunner aber nicht mehr ganz aus der Welt zu schaffen war, wurde ein anderer Staatsanwalt damit beauftragt, der sie abwickelte, indem nichts mehr mit ihr geschah. «Man war daran interessiert, dass das auf dem Rechtshilfeweg versickert», sagt Holtfort, und genau so geschah es. Zwar gibt es im Herbst 1984 einen ausführlich begründeten, interna-

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tionalen Haftbefehl der Kölner Staatsanwaltschaft38, dem sich kurz vor Weihnachten auch ein Auslieferungsantrag an Syrien anschliesst, aber damit war mehr der Pflicht als dem Recht genüge getan. Der aufsässige Staatsanwalt jedoch sollte später noch eine Schlüsselrolle im Verfahren gegen Brunner bekommen, denn zumindest in Frankreich galt Holtfort seitdem als ausgewiesener Experte für die dort von den Deutschen begangenen Kriegsverbrechen.

Eine Anklageschrift gegen Brunner wäre heute «innerhalb weniger Wochen fertig», meint Holtfort zum Abschluss, es gäbe keinen Fall, bei dem die Beweislage so eindeutig sei. Er sagt es mit Bedauern.

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Klarsfelds finden schliesslich auch tatsächlich in einer deutschen Behörde, die eigentlich von Amts wegen auf Brunners Fersen sein müsste, einen Mitstreiter, nämlich bei der

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Staatsanwaltschaft in Köln. Dort sitzt Rolf Holtfort. Er zieht die Akte Brunner an sich, was seine Vorgesetzten wie oben beschrieben allerdings nicht entzückt, sondern derart verärgert, dass sie ihn prompt versetzen. In Deutschland kalt gestellt, wird Holtfort jedoch in Frankreich bald ein viel gefragter Experte in NS-Verfahren und schliesslich eine wichtige Stütze in einem spektakulären Coup, den Klarsfelds 1988 planen. [...]

Alois Brunner gibt ein Interview. Als Elliot Welles im Herbst 1985 die Reportage über Alois Brunner in der deutschen Illustrierten Bunte las, [...] Auch wir können nicht glauben, dass ein international gesuchter NS-Kriegsverbrecher einer deutschen Illustrierten ein Interview geben kann, ohne dass dies einen einzigen öffentlichen Aufschrei erzeugt hätte. Dr. D., der das Interview mit Brunner in Damaskus gemacht hat, blättert auf unsere Bitte in seinen Unterlagen. Wir wollen wissen, wann genau die Staatsanwaltschaft bei ihm war, um das Manuskript und die Fotos zu beschlagnahmen. Dr. D. findet ein freundliches Schreiben der Zentralstelle im Lande Nordrhein-Westfalen für die Bearbeitung von

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nationalsozialistischen Massenverbrechen in Konzentrationslagern in Köln, jener Behörde, die Staatsanwalt Holtfort 1982 verlassen musste, als er es gewagt hatte, den Fall Brunner dorthin zu holen: «Wie bei meinen Ermittlungen bekannt geworden ist, sollen Sie ... die Fotografien hergestellt haben ... deren Negative sich in Ihrem Besitz befinden», schreibt der nunmehr zuständige Oberstaatsanwalt Rössler höflich.6 Immerhin sieben Jahre nach dem Interview. Dr. D. weiss nicht mehr, warum er der Bitte des Oberstaatsanwaltes damals nicht nachgekommen ist, er habe es wahrscheinlich einfach vergessen, aber besonders dringlich könne es nicht gewesen sein, denn es habe sich anschliessend auch niemand mehr bei ihm gemeldet, bis heute nicht. Auch Herr Rössler nicht, was vielleicht damit zusammenhängt, dass er es war, der Staatsanwalt Holtfort mitteilte, er werde zur Jugendstrafkammer ver-

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setzt. Aber er ist in guter Gesellschaft, denn auch sein Kollege in Frankfurt, Oberstaatsanwalt Klein, meint 1997 anlässlich unseres Besuchs, man hätte damals wie heute nichts machen können, weshalb man eben auch nichts gemacht hat. Die Politik der ruhenden Hände ist allgemein verbreitet. Auch das Bundeskriminalamt wird erst sieben Jahre nach dem spektakulären Bunte-Interview tätig

Georg M. Hafner, Esther Schapira, „Die Akte Alois Brunner. Warum einer der grössten Naziverbrecher noch immer auf freiem Fuss ist“, Rowohlt Taschenbuch Verlag GmbH, Reinbek bei Hamburg, April 2002. Copyright © 2000 by Campus Verlag GmbH, Frankfurt am Main, https://ulis-buecherecke.ch/Neue%20Eintr%C3%A4ge%202021/die_akte_alois_brunner.pdf

Kellmann, „Dimensionen der Mittäterschaft“

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Unergiebig:

S. 117:

https://books.google.de/books?id=wC59EAAAQBAJ&pg=PT117&lpg=PT117&dq=%22Rolf+Holtfort%22&source=bl&ots=7lfruB_I78&sig=ACfU3U3FfXu_QNuvzzlGu33_VYToddFoSw&hl=de&sa=X&ved=2ahUKEwiu8bL23O2AAxVK_rsIHU44CE84FBDoAXoECCAQAw#v=onepage&q=%22Rolf%20Holtfort%22&f=false

Dimensionen der Mittäterschaft: Die europäische Kollaboration mit dem ... von Klaus Kellmann

Spiegel-Artikel, weniger ergiebig

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Der Kölner Staatsanwalt Rolf Holtfort, 58 [im Jahr 1996], ein erfahrener Nazi-Verfolger, hatte sich aus einem bei der Staatsanwaltschaft Frankfurt anhängigen Ermittlungsverfahren einen Brunner-Komplex herausgepickt - dessen Taten in Frankreich 1943/44. Nach einer internen Geschäftsverteilung innerhalb der deutschen Justiz sind die Kölner für NS-Verbrechen in dem Nachbarland zuständig. Holtfort erreichte, daß die Bundesregierung in Damaskus einen förmlichen Auslieferungsantrag stellte. Seiner Karriere war soviel Engagement nicht förderlich. Holtfort wurde gemaßregelt und in eine andere Abteilung abgeschoben.

NS-Verbrecher »Zweigestirn des Todes« Ein SS-Scherge zählt, 51 Jahre nach Kriegsende, noch immer zu den meistgesuchten Verbrechern der Welt: Alois Brunner, die rechte Hand von Adolf Eichmann. Hessen und Nordrhein-Westfalen haben eine halbe Million Mark Belohnung auf Brunners Ergreifung ausgesetzt, doch der steht offenbar unter dem Schutz einflußreicher Politiker in Nahost. in: Der Spiegel Nr. 49/1996, 01.12.1996, https://www.spiegel.de/politik/zweigestirn-des-todes-a-303e6e5f-0002-0001-0000-000009134300

++ ++ ++

Nur drei, aber die 1980 in Köln zu hohen Freiheitsstrafen

Der frühere SS-Sturmbannführer Herbert Hagen wurde zu zwölf Jahren, der Ex-Obersturmbannführer Kurt Lischka zu zehn Jahren und der ehemalige Unterscharführer Ernst Heinrichsohn zu sechs Jahren Haft verurteilt.

Georg Bönisch, „Holocaust: Beihilfe zum Mord. Der Kölner Staatsanwalt Rolf Holtfort, als einziger deutscher Zeuge im Papon-Prozeß geladen, über die Verstrickung der Franzosen in den Holocaust“, Interview in: Der Spiegel Nr. 2/1998, 04. Januar 1998, https://www.spiegel.de/politik/beihilfe-zum-mord-a-81ef7ec3-0002-0001-0000-000007132636

++ ++ ++

Georg Bönisch, „15 Jahre lang“ [Maurice Papon], in: Der Spiegel Nr. 2/1998, 04. Januar 1998, https://www.spiegel.de/politik/15-jahre-lang-a-5e11f595-0002-0001-0000-000007132649

Weblinks, Fotos etc.

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  • Nachlass Rolf Holtfort im Landesarchiv (LAV) Nordrhein-Westfalen (NRW), Abteilung Rheinland, Signatur: RW 716
  • Fotos von Rolf Holtfort: Bibliotheque Municipale de Lyon, Photographes en Rhone-Alpes, Holtfort, Rolf, https://numelyo.bm-lyon.fr/list?collection_pid=BML:BML_01ICO00101&query[0]=isubjectperson:%22Holtfort,%20Rolf,%201938-2009%22&hitTotal=66&query[]=isubjectperson:%22Holtfort,%20Rolf,%201938-2009%22

Einzelnachweise

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  1. a b c d e f g h Bruno Schrep, „Justiz: Der gejagte Jäger“, in: Der Spiegel Nr. 31/2002, 28. Juli 2002, https://www.spiegel.de/politik/der-gejagte-jaeger-a-a76f75d7-0002-0001-0000-000023685476 : „Der grauhaarige Herr, er heißt Rolf Holtfort und wird im März nächsten Jahres [d.h.: 2003] 65, ...“; siehe auch: Heiner Lichtenstein, „Ein ungeklärter Fall“ [Alois Brunner], in: Endstation rechts, 22. April 1999, https://www.endstation-rechts.de/news/ein-ungeklarter-fall
  2. Ahlrich Meyer, „Das Dossier Marianne Cohn. Geschichte einer gescheiterten Ermittlung“, S. 21–25, S. 21, in: „Helfer, Widerständler, Nutznießer: Abweichendes Verhalten im Nationalsozialismus und seine Deutungen“, Mit Beiträgen von Susanna Schrafstetter, Ahlrich Meyer, Martin Sander und Jacob S. Eder, in: Einsicht 17, Bulletin des Fritz Bauer Instituts, Frühjahr 2017, https://www.fritz-bauer-institut.de/fileadmin/editorial/publikationen/einsicht/einsicht-17.pdf : „Als der Kölner Staatsanwalt Rolf Holtfort im Jahr 2009 verstarb, …“
  3. Bruno Schrep, „Justiz: Der gejagte Jäger“, in: Der Spiegel Nr. 31/2002, 28. Juli 2002, https://www.spiegel.de/politik/der-gejagte-jaeger-a-a76f75d7-0002-0001-0000-000023685476 und Heiner Lichtenstein, „Ein ungeklärter Fall“ [Alois Brunner], in: Endstation rechts, 22. April 1999, https://www.endstation-rechts.de/news/ein-ungeklarter-fall
  4. Reader: „Der vergessene Whistleblower Léon Gruenbaum“, Material zum Symposium am 19. Oktober 2013 in Karlsruhe, Forum Ludwig Marum, https://www.forum-ludwig-marum.de/site/assets/files/1012/reader.pdf
  5. Georg Bönisch, „Holocaust: Beihilfe zum Mord. Der Kölner Staatsanwalt Rolf Holtfort, als einziger deutscher Zeuge im Papon-Prozeß geladen, über die Verstrickung der Franzosen in den Holocaust“, Interview, in: Der Spiegel Nr. 2/1998, 04. Januar 1998, https://www.spiegel.de/politik/beihilfe-zum-mord-a-81ef7ec3-0002-0001-0000-000007132636
  6. a b c d Barbara Siebert, „Ermittlungen gezielt ins Leere geleitet. Anfang der 80er Jahre wollte Staatsanwalt Holtfort aus Köln ein Verfahren gegen mutmaßliche NS-Verbrecher in Frankreich einleiten. Sein Vorgesetzter verhinderte es. SS-Offiziere mußten sich nie verantworten“, in: taz. die tageszeitung, 21. April 1998, S. 7, https://taz.de/!1348471/
  7. Julia Faßbender, „NS-Prozeß: Nichts gewußt, alles vergessen. Graf Korff aus Mangel an Beweisen freigesprochen“, in: Die Zeit, 25. November 1988, https://www.zeit.de/1988/48/nichts-gewusst-alles-vergessen
  8. Julia Faßbender, „NS-Prozeß: Nichts gewußt, alles vergessen. Graf Korff aus Mangel an Beweisen freigesprochen“, in: Die Zeit, 25. November 1988, https://www.zeit.de/1988/48/nichts-gewusst-alles-vergessen
  9. Deutscher Bundestag, 18. Wahlperiode, Drucksache 18/3777, 20. Januar 2015, Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Jan Korte, Sevim Dağdelen, Ulla Jelpke, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundeskanzleramtes vom 16. Januar 2015 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext; Bundestags-Drucksache 18/3599, Suche nach dem Kriegsverbrecher Alois Brunner, https://fragdenstaat.de/dokumente/26996-suche-nach-dem-kriegsverbrecher-alois-brunner/. Siehe auch: Klaus Wiegrefe, „Holocaust: Justiz beendet Fahndung nach NS-Verbrecher Alois Brunner. Der SS-Hauptsturmführer Alois Brunner deportierte über 128.000 Juden in die Vernichtungslager. Zuletzt lebte er in Syrien. Die Kölner Justiz vermutet, er sei dort auch gestorben.“, in: Der Spiegel Nr. 29/2022, 15. Juli 2022, https://www.spiegel.de/panorama/justiz/alois-brunner-justiz-beendet-fahndung-nach-ns-verbrecher-a-2012a406-e3e2-47b9-a8dc-c34f5e5527a9 : „1961 erließ das Amtsgericht Frankfurt am Main einen Haftbefehl [gegen Alois Brunner], 1984 folgte ein weiterer Haftbefehl des Amtsgerichts Köln.“
  10. „NS-Verbrecher: »Zweigestirn des Todes«. Ein SS-Scherge zählt, 51 Jahre nach Kriegsende, noch immer zu den meistgesuchten Verbrechern der Welt: Alois Brunner, die rechte Hand von Adolf Eichmann. Hessen und Nordrhein-Westfalen haben eine halbe Million Mark Belohnung auf Brunners Ergreifung ausgesetzt, doch der steht offenbar unter dem Schutz einflußreicher Politiker in Nahost.“, in: Der Spiegel Nr. 49/1996, 01. Dezember 1996, https://www.spiegel.de/politik/zweigestirn-des-todes-a-303e6e5f-0002-0001-0000-000009134300
  11. Georg M. Hafner, Esther Schapira, „Die Akte Alois Brunner. Warum einer der größten Naziverbrecher noch immer auf freiem Fuß ist“, Rowohlt Taschenbuch Verlag GmbH, Reinbek bei Hamburg, April 2002. Copyright © 2000 by Campus Verlag GmbH, Frankfurt am Main, S. 307
  12. Georg M. Hafner, Esther Schapira, „Die Akte Alois Brunner. Warum einer der grössten Naziverbrecher noch immer auf freiem Fuss ist“, Rowohlt Taschenbuch Verlag GmbH, Reinbek bei Hamburg, April 2002. Copyright © 2000 by Campus Verlag GmbH, Frankfurt am Main, S. 320/321 : „…Herr Rössler …, was vielleicht damit zusammenhängt, dass er es war, der Staatsanwalt Holtfort mitteilte, er werde zur Jugendstrafkammer versetzt.“ Siehe auch: Bruno Schrep, „Justiz: Der gejagte Jäger. Einem Staatsanwalt, der einst zu den bekanntesten Verfolgern von NS-Verbrechern zählte, droht nun womöglich selbst eine Anklage. Er soll Akten manipuliert und Geld behalten haben, das er von Beschuldigten für die Einstellung ihrer Verfahren kassierte.“, in: Der Spiegel Nr. 31/2002, 28. Juli 2002, https://www.spiegel.de/politik/der-gejagte-jaeger-a-a76f75d7-0002-0001-0000-000023685476 : „Schon Anfang 1985 ist er zu seinem Chef zitiert worden: »Sie werden zur Jugendabteilung versetzt.« »Warum?« »Die Zentralstelle hat keine Arbeit mehr für Sie.« »Aber das ist doch lächerlich.« »Ich kann es nicht ändern. Anordnung vom Generalstaatsanwalt.«“
  13. Siehe: Heiner Lichtenstein, „Ein ungeklärter Fall. Frankreich hat angekündigt, dem untergetauchten NS-Verbrecher Alois Brunner wegen Verbrechens gegen die Menschlichkeit in Abwesenheit den Prozeß zu machen. In Deutschland wurde für die Ergreifung Brunners - nach jahrzehntelangem Verschleppen - ein Kopfgeld in Höhe von 500.000 Mark ausgesetzt.“ in: Endstation rechts, 22. April 1999, https://www.endstation-rechts.de/news/ein-ungeklarter-fall : „Brunners NS-Karriere endete, wie erwähnt, nicht auf irgendeiner Anklagebank, sondern vermutlich zuerst beim amerikanischen Geheimdienst. Das war kein Einzelfall. Erinnert sei an den „Schlächter von Lyon“, Klaus Barbie, der nach der Befreiung ebenfalls beim US-Geheimdienst unterkommen konnte. Ob Brunner später auch zu den ersten Mitarbeitern des Amtes Gehlen in Bonn gehört hat, ist ungeklärt und umstritten. Hier freilich könnte der Schlüssel zum Desinteresse Bonns liegen, Brunner in der Bundesrepublik vor Gericht zu stellen. Seine Verteidiger hätten es sich nämlich gewiß nicht nehmen lassen, die Nachkriegsbiographie ihres Mandanten aufzublättern.“ Siehe auch: Georg M. Hafner, Esther Schapira, „Die Akte Alois Brunner. Warum einer der grössten Naziverbrecher noch immer auf freiem Fuss ist“, Rowohlt Taschenbuch Verlag, Reinbek bei Hamburg, April 2002, Copyright © 2000 by Campus Verlag GmbH, Frankfurt am Main, S. 307 : Rolf Holtfort „… wird nach 13 Jahren bei der Zentralstelle innerhalb einer Woche in die Jugendstrafkammer versetzt. «Sie sind Brunner zu nahe gekommen», erklären Journalisten Holtfort dann, «Sie wissen doch, dass der BND solche Leute unter den Fittichen hat», und Holtfort ist sich auch heute noch sicher, dass dies der Grund für die Aufregung und für seine Versetzung gewesen ist.“
  14. Siehe: Deutscher Bundestag, 18. Wahlperiode, Drucksache 18/3777, 20. Januar 2015, Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Jan Korte, Sevim Dağdelen, Ulla Jelpke, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE (Bundestags-Drucksache 18/3599, „Suche nach dem Kriegsverbrecher Alois Brunner“), in: Frag den Staat, https://fragdenstaat.de/dokumente/26996-suche-nach-dem-kriegsverbrecher-alois-brunner/ , dort S. 2: „Der BND selbst unterhielt zu keiner Zeit direkte Verbindungen zu Alois Brunner.“ Siehe dort auch S. 6, Antwort auf Frage 16: „In den vorhandenen Unterlagen lassen sich keine direkten Kontakte von Mitarbeitern der Nachrichtendienste des Bundes zu Alois Brunner erkennen. Auch enthalten sie keine Hinweise auf entsprechende Arbeitsbeziehungen oder gar durch Nachrichtendienste des Bundes wahrgenommene Schutzfunktionen für Alois Brunner.“
  15. Deutscher Bundestag, 18. Wahlperiode, Drucksache 18/3777, 20. Januar 2015, Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Jan Korte, Sevim Dağdelen, Ulla Jelpke, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE (Bundestags-Drucksache 18/3599, „Suche nach dem Kriegsverbrecher Alois Brunner“), in: Frag den Staat, https://fragdenstaat.de/dokumente/26996-suche-nach-dem-kriegsverbrecher-alois-brunner/ , dort S. 2: „Der BND verfügte bis mindestens 1994 über Unterlagen, die fast ausschließlich aus den Jahren 1957 bis 1964 stammten. In diesen waren Informationen zu Alois Brunner, dessen persönlichem Umfeld und zu dessen Leben, Verbindungen und Geschäften in Damaskus enthalten, die der BND von Verbindungsleuten und Gesprächspartnern erhalten hatte.“ . Siehe auch: Konrad Litschko, „Verfassungsschutz hielt NS-Akten zurück: Quellenschutz für NS-Schergen. Jahrzehntelang hielt der Verfassungsschutz eine Akte zum flüchtigen NS-Verbrecher Alois Brunner unter Verschluss. Der taz liegt sie nun vor.“, in: taz - die tageszeitung, 30. Juni 2023, https://taz.de/Verfassungsschutz-hielt-NS-Akten-zurueck/!5940446/ . Siehe auch: Aiko Kempen, „Untergetauchter NS-Verbrecher: Die Geheimdienst-Akten über Alois Brunner. Erst organisierte er den Holocaust mit, später lebte er unbehelligt im Exil. Wir veröffentlichen Akten des Bundesamts für Verfassungsschutz, die zeigen, wie früh Deutschlands Geheimdienst über den Aufenthaltsort des Kriegsverbrechers Bescheid wusste.“ in: Frag den Staat, 30. Juni 2023, https://fragdenstaat.de/blog/2023/06/30/alois-brunner-gehlen-akten-verfassungsschutz/
  16. Heiner Lichtenstein, „Ein ungeklärter Fall. Frankreich hat angekündigt, dem untergetauchten NS-Verbrecher Alois Brunner wegen Verbrechens gegen die Menschlichkeit in Abwesenheit den Prozeß zu machen. In Deutschland wurde für die Ergreifung Brunners - nach jahrzehntelangem Verschleppen - ein Kopfgeld in Höhe von 500.000 Mark ausgesetzt.“ in: Endstation rechts, 22. April 1999, https://www.endstation-rechts.de/news/ein-ungeklarter-fall
  17. Georg M. Hafner, Esther Schapira, Die Akte Alois Brunner. Warum einer der grössten Naziverbrecher noch immer auf freiem Fuss ist, Rowohlt Taschenbuch Verlag, Reinbek bei Hamburg, April 2002, Copyright © 2000 by Campus Verlag GmbH, Frankfurt am Main, S. 307, https://ulis-buecherecke.ch/Neue%20Eintr%C3%A4ge%202021/die_akte_alois_brunner.pdf
  18. Bruno Schrep, „Justiz: Der gejagte Jäger“, in: Der Spiegel Nr. 31/2002, 28. Juli 2002, https://www.spiegel.de/politik/der-gejagte-jaeger-a-a76f75d7-0002-0001-0000-000023685476 . Siehe auch: „Papon-Prozess: »Sie spielen mit Ihrem Leben«“, in: Der Spiegel Nr. 9/1998, 22. Februar 1998, https://www.spiegel.de/politik/sie-spielen-mit-ihrem-leben-a-aad11dae-0002-0001-0000-000007225663 . Siehe auch: „Aktuelles“, „Deutscher sagt nicht im Papon-Prozeß aus“, in: taz. die tageszeitung, 17. Februar 1998, S. 4, https://taz.de/!1358464/
  19. Ahlrich Meyer, „Das Dossier Marianne Cohn. Geschichte einer gescheiterten Ermittlung“, S. 21–25, S. 21, in: „Helfer, Widerständler, Nutznießer: Abweichendes Verhalten im Nationalsozialismus und seine Deutungen“, Mit Beiträgen von Susanna Schrafstetter, Ahlrich Meyer, Martin Sander und Jacob S. Eder, in: Einsicht 17, Bulletin des Fritz Bauer Instituts, Frühjahr 2017, https://www.fritz-bauer-institut.de/fileadmin/editorial/publikationen/einsicht/einsicht-17.pdf
  20. Ahlrich Meyer, „Das Dossier Marianne Cohn. Geschichte einer gescheiterten Ermittlung“, S. 21–25, in: „Helfer, Widerständler, Nutznießer: Abweichendes Verhalten im Nationalsozialismus und seine Deutungen“; mit Beiträgen von Susanna Schrafstetter, Ahlrich Meyer, Martin Sander und Jacob S. Eder, in: Einsicht 17, Bulletin des Fritz Bauer Instituts, Frühjahr 2017, https://www.fritz-bauer-institut.de/fileadmin/editorial/publikationen/einsicht/einsicht-17.pdf
  21. Heiner Lichtenstein, „Ein ungeklärter Fall“ [Alois Brunner], in: Endstation rechts, 22. April 1999, https://www.endstation-rechts.de/news/ein-ungeklarter-fall
  22. Bruno Schrep, „Justiz: Der gejagte Jäger“, in: Der Spiegel Nr. 31/2002, 28.07.2002, https://www.spiegel.de/politik/der-gejagte-jaeger-a-a76f75d7-0002-0001-0000-000023685476
  23. Bruno Schrep, „Justiz: Der gejagte Jäger“, in: Der Spiegel Nr. 31/2002, 28.07.2002, https://www.spiegel.de/politik/der-gejagte-jaeger-a-a76f75d7-0002-0001-0000-000023685476
  24. Bruno Schrep, „Justiz: Der gejagte Jäger“, in: Der Spiegel Nr. 31/2002, 28.07.2002, https://www.spiegel.de/politik/der-gejagte-jaeger-a-a76f75d7-0002-0001-0000-000023685476
  25. Bruno Schrep, „Justiz: Der gejagte Jäger“, in: Der Spiegel Nr. 31/2002, 28.07.2002, https://www.spiegel.de/politik/der-gejagte-jaeger-a-a76f75d7-0002-0001-0000-000023685476
  26. Heiner Lichtenstein, „Ein ungeklärter Fall“ [Alois Brunner], in: Endstation rechts, 22. April 1999, https://www.endstation-rechts.de/news/ein-ungeklarter-fall
  27. Klaus Dahm, „Späte Strafe für den Täter aus der Nachbarschaft. Heute vor 25 Jahren wurde der frühere Kölner Gestapo-Chef Kurt Lischka wegen Beihilfe zum Mord an 73.000 französischen Juden verurteilt. Jahrelang hatte er unbehelligt in Köln gelebt. Bis Beate und Serge Klarsfeld auf den Täter aufmerksam machten. Nur widerwillig nahm die Justiz Ermittlungen auf“, in: taz. die tageszeitung, 11. Februar 2005, S. 4, https://taz.de/Spaete-Strafe-fuer-den-Taeter-aus-der-Nachbarschaft/!644326/
  28. Bruno Schrep, „Justiz: Der gejagte Jäger“, in: Der Spiegel Nr. 31/2002, 28.07.2002, https://www.spiegel.de/politik/der-gejagte-jaeger-a-a76f75d7-0002-0001-0000-000023685476
  29. Bruno Schrep, „Justiz: Der gejagte Jäger“, in: Der Spiegel Nr. 31/2002, 28.07.2002, https://www.spiegel.de/politik/der-gejagte-jaeger-a-a76f75d7-0002-0001-0000-000023685476
  30. Heiner Lichtenstein, „Ein ungeklärter Fall“ [Alois Brunner], in: Endstation rechts, 22. April 1999, https://www.endstation-rechts.de/news/ein-ungeklarter-fall
  31. Bruno Schrep, „Justiz: Der gejagte Jäger“, in: Der Spiegel Nr. 31/2002, 28.07.2002, https://www.spiegel.de/politik/der-gejagte-jaeger-a-a76f75d7-0002-0001-0000-000023685476
  32. Bruno Schrep, „Justiz: Der gejagte Jäger“, in: Der Spiegel Nr. 31/2002, 28.07.2002, https://www.spiegel.de/politik/der-gejagte-jaeger-a-a76f75d7-0002-0001-0000-000023685476
  33. Bruno Schrep, „Justiz: Der gejagte Jäger“, in: Der Spiegel Nr. 31/2002, 28.07.2002, https://www.spiegel.de/politik/der-gejagte-jaeger-a-a76f75d7-0002-0001-0000-000023685476
  34. Papon-Prozess: »Sie spielen mit Ihrem Leben«, in: Der Spiegel Nr. 9/1998, 22.02.1998, https://www.spiegel.de/politik/sie-spielen-mit-ihrem-leben-a-aad11dae-0002-0001-0000-000007225663
  35. Bruno Schrep, „Justiz: Der gejagte Jäger“, in: Der Spiegel Nr. 31/2002, 28.07.2002, https://www.spiegel.de/politik/der-gejagte-jaeger-a-a76f75d7-0002-0001-0000-000023685476
  36. Bruno Schrep, „Justiz: Der gejagte Jäger“, in: Der Spiegel Nr. 31/2002, 28.07.2002, https://www.spiegel.de/politik/der-gejagte-jaeger-a-a76f75d7-0002-0001-0000-000023685476
  37. Bruno Schrep, „Justiz: Der gejagte Jäger“, in: Der Spiegel Nr. 31/2002, 28.07.2002, https://www.spiegel.de/politik/der-gejagte-jaeger-a-a76f75d7-0002-0001-0000-000023685476
  38. Bruno Schrep, „Justiz: Der gejagte Jäger“, in: Der Spiegel Nr. 31/2002, 28.07.2002, https://www.spiegel.de/politik/der-gejagte-jaeger-a-a76f75d7-0002-0001-0000-000023685476
  39. Ahlrich Meyer, „Das Dossier Marianne Cohn. Geschichte einer gescheiterten Ermittlung“, S. 21–25, S. 21, in: „Helfer, Widerständler, Nutznießer: Abweichendes Verhalten im Nationalsozialismus und seine Deutungen“, Mit Beiträgen von Susanna Schrafstetter, Ahlrich Meyer, Martin Sander und Jacob S. Eder, in: Einsicht 17, Bulletin des Fritz Bauer Instituts, Frühjahr 2017, https://www.fritz-bauer-institut.de/fileadmin/editorial/publikationen/einsicht/einsicht-17.pdf