= Arktische Stauchmoräne =
== Einleitung, Definition ==
Arktische Stauchmoränen sind häufig vorkommende [[Moränen]] in den [[Permafrostboden|Permafrostgebieten]] der [[Hocharktis]]. In den nördlichsten Permafrostgebieten des [[kanadisch-arktischen Archipel]]s ist der Untergrund teilweise bis über 500 m tief gefroren und in den obersten 10-30 m oft sehr eisreich <ref>
Pollard, W.H.: Distribution and characterization of ground ice on Fosheim Peninsula, Ellesmere Island, Nunavut; In: Environmental Response to Climate Change in the Canadian High Arctic. - Geological Survey of Canada, Bulletin 529, S. 207-233, 2000. https://doi.org/10.4095/211959 </ref>
. Vorstoßende [[Gletscher]] können insbesondere in Flussebenen die Sedimente in großen gefrorenen Blöcken zu Stauchmoränen aufschieben. Das Material der meisten Arktischen Stauchmoränen besteht aus [[fluviatiles Sediment|fluviatilen]] oder [[marines Sediment|marinen Sedimenten]] <ref>
Lehmann, R.: The Significance of Permafrost in the Formation and Appearance of Push Moraines. - Proceedings of the VI International Conference on Permafrost, Beijing, China, Vol. 1, S. 374-379, 1993. </ref>
. In den aufgeschobenen, gefrorenen Blöcken ist häufig die fluviale Kreuzschichtung oder [[Schrägschichtung]] aufgeschlossen.
== Vorkommen ==
Die meisten Vorkommen sind aus den [[Königin-Elisabeth-Inseln]] bekannt, allein auf [[Axel Heiberg Island]] sind 19 Arktische Stauchmoränen vorhanden, auf [[Ellesmere Island]] weitere sechzehn <ref>
Kälin, M.: The active push moraine of the Thompson Glacier, Axel Heiberg Island, Canadian Arctic Archipelago. – Axel Heiberg Island Research Reports, McGill University, Montreal. Glaciology Nr. 4, 68 Seiten, 1971. </ref>
. Diese beiden gebirgigen Inseln liegen zwischen 76° und 83° nördlicher Breite und sind durch [[Fjord]]e stark gegliedert. Aber auch südlich davon kommen auf den stark vergletscherten Inseln [[Bylot Island]] und [[Baffin Island]] einige Arktische Stauchmoränen vor <ref>
Klassen, R.A.: Glaciotectonic thrust plates, Bylot Island, District of Franklin. – In: Current Research, Part A, Geological Survey of Canada, Paper 82-1A, S. 369-373, 1982. </ref>
. Auch diese Inseln sind Teil der [[Arktischen Kordillere]].
== charakteristische Formen ==
Arktische Stauchmoränen sind trotz ihres spektakulären Aussehens wenig untersucht worden, da sie meist in schwer zugänglichen Räumen liegen. Die genauesten Daten zur Dynamik Arktischer Stauchmoränen über einen längeren Zeitraum liegen vom Thompson Glacier vor, einem Outlet des [[Fritz Müller]] Icecap im Westen von Axel Heiberg Island <ref>
Lehmann, R.: Arctic push moraines, a case study of the Thompson Glacier Moraine, Axel Heiberg Island, N.W.T., Canada. - Zs. für Geomorphologie N.F., Suppl.-Bd. 86, S. 161-171, 1992. </ref>
. Die imposante Stauchmoräne aus gefrorenen Sedimentblöcken umgibt die Gletscherstirn über mehr als 2 km Länge und ist rund 700 m breit. An einigen Stellen ragen die aufgeschobenen, gefrorenen Sedimentblöcke mehr als 100 m über die Flussebene empor. Dabei hat sich durch die vorrückende Gletscherzunge dieser mächtige Moränenkomplex im Zeitraum 1960 bis 1988 als Ganzes um bis zu 500 m verschoben <ref>
King, L. und G. Hell: Photogrammetry and geomorphology of high arctic push moraines, examples from Ellesmere Island, Canadian Arctic and Spitsbergen, Svalbard Archipelago. - Zs. für Geomorphologie, N.F. Suppl.-band 92, S. 21-38, 1993. </ref>
.
== Dynamik ==
Die blockige Moränenstruktur bleibt auch nach dem Zurückschmelzen arktischer Gletscher erhalten, da der Dauerfrostboden mit Mächtigkeiten von z.T. über 100 Metern ein Abschmelzen verhindert. Im langen arktischen Winter mit tiefen Temperaturen ist das Meer in den Fjorden von Nord-Ellesmere Island während rund 10 Monaten gefroren, in manchen Jahren bleiben Fjorde ganzjährig mit einer Festeisdecke bedeckt <ref>
King, L.: Die Meereisentwicklung im Inneren des östlichen kanadischen Arktisarchipels und ihre Bedeutung für die Arbeiten der Heidelberg-Ellesmere Island-Expedition. - Heidelberger Geographische Arbeiten 69, S. 521-539, 1981. </ref>
. Bei küstennahen Stauchmoränen fehlt somit die erosive Kraft der [[Brandung]] und sie können selbst in Fjorden über Jahrzehnte hinweg erhalten bleiben <ref>
Hell, G.: Geodätische und photogrammetrische Arbeiten an der Oobloyah Bay, N-Ellesmere Island, N.W.T., Kanada, im Rahmen der “Heidelberg Ellesmere Island Expedition 1978. - Heidelberger Geographische Arbeiten 69, S. 35-46, 1981. ISBN 3-88570-069-7. </ref>
. Dies zeigt ein Vergleich der Luftaufnahmen von der Zunge eines Gletscher am Hare Fiord nördlich des [[Nansen Sound]] aus den Jahren 1958, 1978 und 1988 <ref>
Hell, G.: Veränderungen der Zungenlage eines Gletschers am Harefjord (NWT, Kanada) zwischen 1958 und 1978. – In: Fluctations of Glaciers, Band V, mit Kartenbeilage, 1988. </ref>
. Der Gletscher ist in diesem Zeitraum um 600 m bzw. 100 bis 200 m zurückgeschmolzen. Die Stauchmoräne hat über den gesamten Zeitraum ihre markante Form nicht wesentlich verändert.
Am rund 30 km südlich davon gelegenen [[Carl Troll]]-Gletscher (Einzugsgebiet Oobloyah Bay /Borup Fiord, nördlich von [[Eureka]]) zeigt ein Vergleich der Luftaufnahmen von 1978 und 1988, dass auch hier eine aktive Arktische Stauchmoräne vorliegt. Die frisch aufgeschobenen, Moränenblöcke aus gefrorenem Sand und Kies weisen eine Dicke von bis zu 20 m auf <ref>
Hell, G.: Die Verwendung einer Teilmesskammer auf der Kanarktis-2 Expedition. - Festschrift zum 60. Geburtstag von D. Barsch. - Heidelberger Geographische Arbeiten Band 104, S. 37-43, 1996. </ref>
.
Landschaftformen, die Arktischen Stauchmoränen entsprechen, sind während den quartären Eiszeiten durch das damals auch in Mitteleuropa herrschende arktische Klima als mächtige [[Endmoränen]] mit hoher [[Reliefenergie]] geschaffen worden (vgl. [[Saale-Komplex]]).
== Einzelnachweise ==
== Weblinks ==