Jürg-Dieter Weis (*1946; † am 22. August 1988 in El Salvador), einer der bekanntesten Vertreter der Schweizer Solidaritätsbewegung der 1980er Jahre, Sekretär des Zentralamerika-Sekretariats, das die Aktivitäten der schweizerischen Solidaritätskomitees für El Salvador koordinierte, wurde am 22. August in El Salvador von den salvadorianischen Sicherheitskräften erschossen.

Aufgewachsen und zur Schule gegangen in …., Studium an der Evangelisch-Theologischen Fakultät der Uni Tübingen bei Prof. Ernst Bloch, mehrere Jahre berufstätig an der Ausländerschule ECAP in Basel[1]. Er war aktiv im Soldaten-Komitee und im Chile-Komitee in Basel[2]. Ab 1985 arbeitete er als Sekretär des Zentralamerikasekretariats in Zürich, wo er für die schweizerische Koordination und Solidaritätsarbeit mit El Salvador zuständig war.

Solidarität für El Salvador

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In den 1980er Jahren entstanden - beflügelt unter dem Eindruck der nicaraguanischen Revolution und dem Contra-Krieg in Nicaragua, aber auch im Lichte der Befreiungstheologie und des erstarkenden Fairen Handels, den die Bananenfrauen, die Erklärung von Bern, Hilfswerke und kirchennahe Kreise in der Schweiz aufbauten - schweizweit lokale Zentralamerikakomitees. Diese Komitees und viele Sympathisanten unterstützten Gewerkschaften, Hilfsorganisationen, Nicht-Regierungsorganisationen vor allem in Nicaragua, El Salvador und Guatemala im Bestreben, dem Imperialismus eine Alternative entgegenzusetzen, den unterdrückten Völkern zu Autonomie zu verhelfen, den internationalen Handel für die Produzenten in den damals so genannten Dritt-Welt-Ländern fairer zu gestalten, die Einhaltung der Menschenrechte, die Rechte von Arbeiterinnen und Arbeitern, Bauernfamilien zu stärken und die Aufklärung vieler Fälle von Entführungen, Verhaftungen und Morden aufzuklären und gerichtlich zu verfolgen. Jürg Weis arbeitete auf dem Zentralamerika-Sekretariat als Verantwortlicher für die Solidaritätsarbeit mit bedrohten, entrechteten Menschen in El Salvador. Er sprach an zahlreichen lokalen und nationalen Kundgebungen, um den Unterdrückten, Entrechteten und Bedrohten Menschen in Zentralamerika eine Stimme zu verleihen, dem Mainstream der schweizerischen Medien Fakten entgegenzuhalten und um die Solidarität mit den zentralamerikanischen Widerstandsbewegungen zu stärken. Zum Gedenken an die Ermordung von Yvan Leyvraz, Joël Fieux und Bernd Koberstein sowie zwei Nicaraguanern hielt er z.B. im Sommer 1986 in Freiburg i. B. eine kurze Rede.[3]
Im Sommer 1988 reiste Jürg zum wiederholten Mal nach El Salvador, um dort Informationen über die schwierige Situation der Vertriebenen, der Wiederansiedlungen und Zeugen für die Menschenrechtsverletzungen zusammenzutragen. Am 22. August 1988 wurde er zusammen mit zwei salvadorianischen Begleitern erschossen, und zwar nicht in einem Feuergefecht, wie die NZZ am 24. August eine dpa-Meldung publizierte[4] und wohl auch nicht, dass er bewaffnet war, was die NZZ ebenfalls von den Agenturmeldungen übernommen hatte, die sich auf die Pressemitteilungen der salvadorianischen Sicherheitskräfte stützten[5].
1986 begannen salvadorianische Vertriebene von San José Las Flores, Departement Chalatenango, sich in ihrem Dorf, aus dem sie durch Bombardierungen und andere Schickanen der Sicherheitskräfte vertrieben worden waren, wieder anzusiedeln und ihre eigenen Felder so gut es die Verhältnisse erlaubten wieder zu bewirtschaften. Diese sogenannte Rücksiedlung von San José las Flores wurde zum Politikum.[6] , weil sie nach Ansicht der Militärs der Guerilla als Unterschlupf dienen konnte. Dennoch setzten sich die Rücksiedlerfamilien wieder in San José Las Flores fest. 1987 fand anlässlich des 1. Jahrestages seit Beginn der Wiederansiedlung ein von den Behörden bewilligter Transport mehrerer Busse von der Hauptstadt nach San José Las Flores statt. Transportiert wurden Medikamente, Saatgut, Baustoffe und Angehörige, die ihre Flüchtlings- und Vertriebenenlager in der Grossregion der Hauptstadt verlassen und zu ihren Familien nach Hause kommen wollten. Dieser Konvoi wurde von kirchlichen Vertretern, Internationalisten aus den USA, GB, Deutschland, der Schweiz und anderen Staaten begleitet. Der erste Versuch wurde in der Provinzhauptstadt Chalatenango gestoppt. Eine Woche danach gelangte der Konvoi im zweiten Versuch ans Ziel. perativen / Flüchtlingslager, die von der kathol. Kirche unterstützt wurden. Politisches Spannungsfeld: Militär/Regierungs will Modelldörfer schaffen und die Vertriebenen in solchen Modelldörfern ansiedeln. Viele Vertriebene wollen sich nicht von dem Militär/der Regierung instrumentalisieren lassen und bestehen auf ihrem Recht, in ihre ursprünglichen Dörfer zurückkehren zu dürfen (San José las Flores). Jürg hatte viele offene Fragen im Zusammenhang mit der Situation in El Salvador (wie kann man aus der CH helfen?) und wollte der Desinformation der etablierten Medien (dem Mainstream) entgegenwirken mit verifizierten/verifizierbaren Fakten aus erster Hand.

Kontroverse um die Todesursache

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Die bürgerlichen Medien meldeten anfänglich, dass Jürg in einem Feuergefecht ums Leben kam.[7]. Dabei übernahmen sie die Version der Pressestelle der salvadorianischen Sicherheitskräfte. Bereits zwei Tage später gab es Zweifel an dieser Version. Gemäss Informationen des Zentralamerika-Sekretariats in Zürich ist Jürg am Montagnachmittag gegen 15 Uhr mit mindestens zwei Einheimischen der Region Ilobasco im Departement Cabanas von der Nationalpolizei verhaftet worden. Nach Abklärungen der FMLN (Frente Farabundo Martí para la Liberacíon Nacional) sei Jürg Weis erst rund zwei Stunden nach seiner Verhaftung auf Befehl eines hohen Offiziers ermordet worden. Messerstiche in der Magengegend und ein entstelltes Gesicht wiesen auf Folterungen hin[8]. Ausserdem habe es sich bei den beiden getöteten Einheimischen nicht um Mitglieder der Guerilla gehandelt.[9] Aus den Reihen der Solidaritätsbewegung machte sich Unmut über die zögerliche Haltung der Schweizer Behörden breit[10] und in mehreren Schweizer Städten kam es zu Mahnwachen, um auf den verdeckten, von den USA unterstützten Krieg in El Salvador aufmerksam zu machen.

Auch beinah 30 Jahre nach seiner Ermordung ist Jürg Weis in El Salvador noch nicht vergessen[11]. Im Mai 2017 wurde die neu errichtete Abteilung für Frühgeburten im staatlichen Spital von Santa Ana (im Westen von El Salvador) nach dem Schweizer Aktivisten Jürg Weis benannt [12].

Bildmaterial (Arbeitsmaterialien zur Erstellg dieses Artikels)

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Einzelnachweise

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  1. Locher, Christian: Die spottende Freundlichkeit der Mörder. Persönliche Eindrücke eines Teilnehmers an der Delegation zur Aufklärung des Todes von Jürg Weis. In: Orientierung 2/1989, S.15-17
  2. Chile. Homenaje: Jürg Weiss, un militante suizo del MIR publicado el 7 de mayo de 2017
  3. Jürg Weis: «Den Widerstand internationalisieren». in: Widerspruch. Beiträge zu sozialistischer Politik (Sonderheft «Schuldenkrieg und CH-Finanzkapital», 2. Aufl. o.J.)
  4. "Schweizer Arzt in El Salvador erschossen". In: Neue Zürcher Zeitung vom 24.08.1988, Seite 1
  5. "Der Tod eines Schweizers in El Salvador". In: Neue Züricher Zeitung vom 25. August 1988, Seite 2
  6. San José Las Flores (Spanisch)
  7. "Schweizer Arzt in El Salvador erschossen". In: Neue Zürcher Zeitung vom 24. August 1988, Frontseite. - "Schweizer bei Feuergefecht in El Salvador erschossen". In: Tages Anzeiger, 24. August 1988, Frontseite
  8. "Zum Tod von Jürg Weis - auf der Suche nach der Wahrheit" von Ralf Leonhard in: TAZ vom 10.09.1988, Seite 16 (http://www.taz.de/Archiv-Suche/!1838520&s=&SuchRahmen=Print/)
  9. "Erschossener Schweizer vor seinem Tod gefoltert?". In: Neue Zürcher Zeitung, 27. August 1988, Seite 22. - "Weis von El Salvadors Polizei ermordet?" In: Basler Zeitung vom 25. August 1988, S. 2.
  10. "Jürg Weis - einer von über 70'000 Opfern. Solidarität mit Zentralamerika - auch in Freiburg." In: Freiburger Nachrichten vom 27.08.1988, S.
  11. elpaisc: "Inauguran Unidad de Cuidados Intensivos Neonatales «Jürg Weis»". En: El Pais [de El Salvador], 06 de Mayo de 2017.
  12. Toni Keppeler: "El Salvador ehrt Jürg Weis". In: Wochenzeitung, Nr. 20, 18. Mai 2017.