Sehr viel wert ist mir ein wohlüberlegter Zugang zum Artikelthema, der den Bedingungen einer Online-Enzyklopädie gerecht wird. Das beginnt beim Lemma: Unter welchem Artikelnamen lässt sich das ins Auge gefasste Wissen am besten packen und finden? Dazu kommt eine nachvollziehbare und sinnvolle Auswahl aus dem vorhandenen Material. Schließlich ist eine Konzeption, die das Thema für das recht breite Publikum der Wikipedia sinnvoll aufbereitet, ein bedeutender Pluspunkt. Natürlich kann ein sehr spezielles Thema nicht so aufbereitet werden, dass jeder alles versteht und der Inhalt gleichzeitig höchsten fachwissenschaftlichen Ansprüchen genügt. Wohl aber ist es häufig möglich, den Artikel so anzulegen, dass auch Laien verstehen, was an dem Thema interessant ist bzw. sein könnte.
Solche Zugänge können konventionellen Wegen folgen, aber auch unkonventionelle Richtungen beschreiten. Entscheidend ist für mich nicht, ob der Artikel sich an welche Konvention auch immer hält, sondern dass er als Text tatsächlich funktioniert.
Wichtig ist auch der konstruktive Umgang mit Wikipedia-Spezifika: zum Beispiel dem Erfordernis einer Einleitung, die bereits „für sich“ einen Überblick über das Artikelthema erlaubt; der Verlinkung, die weder leseverhindernd-ausufernd noch karg-netzfeindlich sein sollte; der Überschriftengliederung, die vor allem einen nachvollziehbaren Überblick über den Artikel ermöglichen sollte, usw.
Natürlich muss der Artikel fachlich-inhaltlich stimmen. Die maßgebliche Literatur (ob Print oder digital) soll verwendet worden sein und ausgewiesen werden. Zitate müssen korrekt nachgewiesen werden. Der Frage der Einzelnachweise stehe ich eher undogmatisch gegenüber: Es gibt Artikel, die zahlreiche Einzelnachweise benötigen; oft ist das aber weder möglich noch sinnvoll. Allerweltsaussagen brauchen keine 27 Belege.
Bei Personenartikeln aller Art kann auf eine Darstellung des (Lebens-)Werks nicht verzichtet werden, sonst kann der Artikel meines Erachtens nicht herausragend sein. Freies Phantasieren ist nicht erwünscht, ebenso wenig aber eine schlichte Aufzählung von Zitaten aus der Literatur. Vielmehr soll - aus Vertrautheit mit dem Werk begründet - eine nachvollziehbare Auswahl und Anordnung erfolgen. Dafür ist auch ein gewisser Mut erforderlich. Ohne eigene Überlegungen und Entscheidungen kann man nicht sinnvoll darstellen, was jemand geleistet hat. Diese müssen aber begründet und in der Literatur gestützt sein; der Artikel darf nicht als Anwalt eines bestimmten Standpunkts auftreten.
Ortografische etc. Kleinigkeiten finde ich nicht übermäßig wichtig, freue mich aber über einen konsistenten Umgang damit. Dagegen ist ein hohes Niveau an sprachlicher Durcharbeitung für einen ausgezeichneten Artikel unabdingbar. Die sprachliche Darstellung muss die logische Struktur des Textes möglichst gut herausarbeiten. Übermäßige Trockenheit ist nicht erforderlich, im Gegenteil kann eine lebendige Sprachgestaltung sehr dazu beitragen, einen guten Artikel zu einer befriedigenden Lektüre zu machen. Klischeehafte Ausdrücke sollten unterbleiben ("gilt als ..." ist ein Beispiel für derartige tote Floskeln, das gerade in der Wikipedia sehr häufig ist). Wenn der Artikel aber sonst sehr gut ist, will ich ihn diese Abneigung natürlich nicht entgelten lassen.
Weiteres zu meiner Review-Tätigkeit siehe unter Wikipedia:Kritik-Knigge.