Benutzer:Medizingeschichte/Prophylaktorium

Prophylaktorien wurden ab Mitte der 1920er Jahre in der gesamten Sowjetunion errichtet. Allein in Moskau bestanden 1930 fünf Prophylaktorien, in denen geschlechtskranke oder krankheitsverdächtige Frauen untergebracht wurden. [1] Mit Hilfe der Prophylaktorien sollten Geschlechtskrankheiten therapiert, die Insassen an Arbeit herangeführt und politisch erzogen werden. Die Prophylatorien dienten als Vorlage für die Fürsorgeheime für Geschlechtskranke in der SBZ/DDR. [2]

Funktion

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Frauen mit einer sexuell übertragbaren Krankheit, die sich prostituierten oder in prekären Verhältnissen lebten, sollten in einem Prophylaktorium medizinische, arbeitsbezogene sowie kulturelle und hygienepädagogische Hilfe erhalten. [2] Die Aufenthaltsdauer in einem Prophylaktorium betrug in der Regel ein Jahr. Ein Prophylaktorium verfügte über eine einfache stationäre Einrichtung mit getrennten Abteilungen für Syphilis- und Gonorrhoe-Kranke. Zudem wurden Werkstätten vorgehalten, in denen die Frauen arbeiteten, um eine Qualifikation zu erlangen. Ein Prophylaktorium wurde von einem Arzt geleitet, der die gesamte Verantwortung für die Verwaltung und Organisation der medizinischen Behandlungen, den Arbeitsablauf in den Werkstätten sowie die kulturelle und hygienische Aufklärung trug. Die Frauen wurden für ihre Arbeit bezahlt, abzüglich der Kosten für Unterkunft und Verpflegung. Sie wählten eine Leiterin, die für die Sauberkeit und Einhaltung der Hausordnung zu sorgen hatte. [3]

Die Frauen mussten um 6:30 Uhr aufstehen, sich waschen, ihre Zimmer aufräumen und frühstücken. Von 7:20 bis 16:40 Uhr mussten sie in einer Werkstatt arbeiteten. In den Werkstätten waren die Frauen damit beschäftigt, Kleidung und Wäsche für Krankenhäuser zu schneidern, oder sie übernahmen für ortsansässige Unternehmen leichte Fabrikarbeit – bspw. die Reparatur von Mehlsäcken. Nach der Arbeit aßen sie zu Abend und ruhten sich bis 18:00 Uhr aus. Es folgten zweistündige Pflichtkurse, darunter Kurse für Analphabetinnen, Nähzirkel sowie einen Gesundheitskurs, in dem es vor allem um Fragen der Körperhygiene ging. Ab 23 Uhr herrschte Nachtruhe. Streiten, Fluchen, Rauchen in den Zimmern, Spucken auf den Boden, Trinken und Aufbewahren von Alkohol, Essen aus derselben Schüssel waren verboten. [3]

Literatur

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  • Henry Ernest Sigerist: Socialised medicine in the Soviet Union. London 1937.
  • Heinz Müller-Dietz: Die Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten in der Sowjetunion und in der sowjetischen Besatzungszone Deutschlands. In: Berichte des Osteuropa-Instituts an der Freien Universität Berlin 25 (1956), S. 2–56.
  • Maximilian Schochow, Florian Steger: Women education in the Soviet prophylactoria and the care homes for sexually transmitted disease patients in the Soviet Occupation. In: Journal of the European Academy of Dermatology & Venereology (2023), doi:10.1111/jdv.19245.
  • Maximilian Schochow, Florian Steger: Medical Treatment, Duty to Work, and Political Education. Functions of Soviet “Prophylactoria” and “Care Homes for STD Patients” in Germany. In: Acta Medico-Historica Rigensia XVI (2024), doi:10.25143/amhr.2023.XVI.01.

Einzelnachweise

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[1] Heinz Müller-Dietz: Die Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten in der Sowjetunion und in der sowjetischen Besatzungszone Deutschlands. In: Berichte des Osteuropa-Instituts an der Freien Universität Berlin 25 (1956), S. 43.

[2] Maximilian Schochow, Florian Steger: Women education in the Soviet prophylactoria and the care homes for sexually transmitted disease patients in the Soviet Occupation. In: Journal of the European Academy of Dermatology & Venereology (2023), doi:10.1111/jdv.19245.

[3] Maximilian Schochow, Florian Steger: Medical Treatment, Duty to Work, and Political Education. Functions of Soviet “Prophylactoria” and “Care Homes for STD Patients” in Germany. In: Acta Medico-Historica Rigensia XVI (2024), S. 7–22, doi:10.25143/amhr.2023.XVI.01.

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