Hermann Blomeier (*19. Mai 1907 in Gelsenkirchen; † 8. August 1982 in Konstanz) war ein deutscher Architekt.

Hermann Blomeier wuchs in Gelsenkirchen auf. 1924 erhielt er die Mittlere Reife an der Oberrealschule in Hamm, 1927 machte er die Gesellenprüfung als Maurer bei der Kunstgewerbeschule Dortmund. Danach besuchte er die Landesbaugewerbeschule in Holzminden, die er 1930 abschloss. Während dieser Ausbildung absolvierte er zwei Praktika als Bauzeichner in Dortmund und in Gera.

Vom Oktober 1930 an studierte er am Bauhaus in Dessau Bau und Ausbau. Er konnte wegen seiner Vorbildung mit dem vierten Semester beginnen und besuchte Seminare bei Ludwig Mies van der Rohe, Wassily Kandinsky und Ludwig Hilberseimer sowie einen Gastkurs über Architektur bei Richard Neutra. Blomeier erhielt im Juli 1932 eines der letzten Diplome des Bauhauses (Nr. 79), dessen Schließung bereits von der NSDAP im Dessauer Gemeinderat beschlossen worden war. Laut seinem Diplomzeugnis[1] entwarf er unter Hilberseimer eine Siedlung und fertigte Studien über Planhäuser, zwei- und mehrstöckige Miethäuser und Laubenganghäuser an, unter Mies van der Rohe entwarf er Einfamilienhäuser, ein Wohnhaus und ein Hotel-Restaurant. Als Diplomarbeit entwarf er eine Jugendherberge für die Insel Wangerooge.

Sein Studienabschluss fiel in die Zeit der Weltwirtschaftskrise, zudem war der am Bauhaus gelehrte Stil im damaligen Deutschland verpönt, weshalb er nicht sofort Arbeit fand. Er unternahm 1932/33 verschiedene Studienreisen in Deutschland, Italien und in der Schweiz. Dort erhielt er über einen Freund seinen ersten Bauauftrag über ein Einfamilienhaus in Zürich-Höngg. Er konnte aber nicht in Zürich wohnen, weshalb er seinen Wohnsitz in die Grenzstadt Konstanz verlegte. Dort fand er im Architekturbüro Ganter Arbeit als Bauzeichner, er zeichnete dort viele Einfamilienhäuser. 1937 wurde er Teilhaber dieses Büros.

Im Zweiten Weltkrieg wurde er ab 1940 als Unteroffizier der Wehrmacht im Luftgaukommando Wiesbaden eingesetzt, er fertigte dort Pläne für militärische Zwecke an. Gegen Ende des Krieges wurde er beim Wehrmeldeamt Überlingen eingesetzt.

Nach Kriegsende setzte Blomeier seine Tätigkeit im Büro Ganter in Konstanz fort, ab 1949 übernahm er dessen Leitung. Neben dieser Tätigkeit übernahm er ab 1947 die Schriftleitung der Architekturzeitschrift 'Bauen und Wohnen', die seit Juli 1946 im Otto Maier Verlag, Ravensburg erschien.[2] Außerdem war er Gründungsmitglied des Südbadischen Werkbundes. 1953 wurde er Mitglied beim Bund Deutscher Architekten sowie der Architektenkammer – dies als Ehrenmitglied der Ausschüsse für Erziehungswesen und Ausbildung. Er beteiligte sich an Wettbewerben und war Mitglied bei Preisgerichten. Lehrangebote lehnte er aber ab, um seine Arbeitskraft voll in seinem Beruf zu stecken.

1971 erhielt Hermann Blomeier für sein Werk das Bundesverdienstkreuz erster Klasse. 1975 traten sein Sohn Christoph und der Architekt Ferry Müller in das Büro ein. Am 8. August 1982 starb Blomeier, er konnte die Fertigstellung seines letzten Projekts, des Tropicariums und des Palmengartens in Frankfurt am Main nicht mehr erleben.

„Blomeier leistet innerhalb eines breiten Spektrums an Bauaufgaben wegweisende Beiträge zur frühen Nachkriegsarchitektur, die auch in der Fachpresse regelmäßig Widerhall finden. Er [...] darf als einer der bedeutendsten Architekten der Nachkriegsmoderne im deutschen Südweseten bezeichnet werden.“

Frank Mienhardt, Untere Denkmalschutzbehörde Konstanz[3]

Blomeiers Werkverzeichnis[4] umfasst knapp 70 Positionen – Einfamilienhäuser, Schulbauten, Kirchen, aber auch Umbauten bestehender Gebäude. Viele seiner Gebäude sind heute eingetragene Kulturdenkmale.

Ländebauten Konstanz und Meersburg 1947–1951

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Die 1928 gegründete Autofähre Konstanz–Meersburg benötigte wegen des enorm angewachsenen Verkehrsaufkommens neue Häfen. Für den Hafen auf der Konstanzer Seite schuf Blomeier die Randbebauung, einen langgezogenen Riegel, der den neuen Hafen vom alten Fischerdorf abtrennt. Es handelt sich um eine Zeile, an der mehrere Funktionen – WCs, ursprünglich eine Milchbar, ein Warteraum und mehrere Geschäfte aufgereiht sind. Das schlanke Gebäude schließt zum See hin mit einem quer-ellipitischen Pavillon für ein Restaurant bzw. Café ab, von dessen Terrasse im Obergeschoss man einen schönen Blick auf das Treiben im Fährehafen hat. Das Gebäude ist als Stahlbetonskelettkonstruktion mit verputzten Feldern ausgeführt. Blomeier selbst meinte 1953 dazu, dass hier „eine zeitgemäße moderne Betonbauweise von einer Feingliedrigkeit gelungen sei, die man für fünf Jahren noch nicht für möglich gehalten hätte.“[5] Er beschrieb sein Projekt in einer Schweizer Architekturzeitschrift 1954.[6] Der Konstanzer Beauftragte für den Denkmalschutz meint dazu: „Der Architekt schafft aus Ort und Funktionen entwickeltes Gesamtkunstwerk der Nachkriegsmoderne, welches maritime Leichtigkeit vermittelt, gleich einem Schiff am Ufer liegt und damit symbolisch seine Funktion zum Ausdruck bringt.“[7][8] Nach einigen Jahren der Umnutzung und Verwahrlosung wurden die Konstanzer Ländebauten inzwischen restauriert, auch befindet sich wieder ein Restaurant im Fährepavillon.[9] Das Gebäude steht heute unter Denkmalschutz.

Auf der Meersburger Seite schaffte Blomeier den mit einer Rundung in den See hinausragenden Fährepavillon, dessen moderne Architektur den örtlichen Behörden derart missfiel, dass erst eine Verfügung des Innenministeriums den Bau ermöglichte.[10][11]

Landeskreditanstalt Karlsruhe 1954-1956

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In überaus prominenter Lage, genau gegenüber dem Karlsruher Schloss, durfte Blomeier nach einem gewonnenen geschlossenen Wettbewerb als Nachfolge eines im Krieg zerstörten Gebäudes von Friedrich Weinbrenner ein neues Gebäude für die Landeskreditanstalt (späeter: Landeskreditbank Baden-Württemberg, heute Teil der L-Bank) bauen. Sein Gebäude war das erste des inneren Zirkels um das Karlsruher Schloss. Er entwarf einen streng gerasterten Bau mit sichtbarer Stahlbeton-Skelettkonstruktion und einem Arkadengang im Erdgeschoss. Über jedem Arkadenbogen befinden sich zwei Fensterachsen. Auch dieses Gebäude war in seiner Entstehungszeit umstritten.[12]

Klubhaus des Rudervereins Neptun, Konstanz 1954/55

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Das Klubhaus des Rudervereins Neptun im September 2019 von der anderen Rheinseite her

Das Gebäude steht an prominenter Stelle direkt an der Konstanzer Rheinbrücke, gegenüber der Altstadt. Es handelt sich um eine zweigeschossige, modulare, leicht und luftig erscheinende Stahlskelettkonstruktion, die vollständg am Bau verschweißt wurde. Die geschlossenen Wandflächen aus hellen Klinkern sind sichtbar in diese Konstruktion eingefügt. Das strenge und reduzierte Stahlskelett bildet einen klaren Kontrast sowohl zur historischen Umgebung, als auch zu dem alten Baumbestand auf dem Grundstück.[13]

Der Bau erfuhr Veränderungen in den 1970er Jahren, wo mehr Raum benötigt wurde. Sämtliche Teile der Fassade zum Fluss, die heute mit Wänden geschlossen sind, waren ursprünglich offen, weshalb das Gebäude ursprünglich deutlich offener und leichter wirkte.

„Die Idee einer modularen Primärstruktur [...] nimmt bereits spätere Entwurfs- und Konstruktionsideen des 20. Jahrhunderts vorweg. ... Die wenigen realisierten Bauten nach solchen Konzepten entstehen jedoch erst wesentlich später, wie etwa 1972 das Centre Pompidou in Paris von Renzo Piano und Richard Rogers ...“

Frank Mienhardt, Untere Denkmalschutzbehörde Konstanz[14]

Seepumpwerk Sipplingen

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Die Bodensee-Wasserversorgung

Internatsschule Schloss Gaienhofen 1956–1964

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Kreuzkirche Konstanz-Allmannsdorf 1957

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Handelslehranstalten Konstanz 1966-1968

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Einer der charakteristischen Innenhöfe der heutigen Wessenbergschule, September 2019.

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Literatur

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Einzelnachweise

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  1. Das Zeugnis ist reproduziert in Mandy Löhrhoff, Julia Diesner: Das Architekturstudium am Bauhaus und an der Landesbauschule Holzminden. In: Schwarting: Konstanz und die Moderne, S. 51 ff. Auch mehrere seiner Studienentwürfe werden dort analysiert.
  2. Mathias Duffner, Christian Sauter: Blomeier als Schriftführer der Zeitschrift Bauen und Wohnen. In: Schwarting: Konstanz und die Moderne, 2015.
  3. Faltblatt der Unteren Denkmalbehörde Konstanz zum Tag des offenen Denkmals 2010
  4. Schwarting: Konstanz und die Moderne, 2015, S. 571 ff. Mehrere Autoren erläutern dort umfassend seine Werke.
  5. Südkurier / Südwestdeutsche Rundschau vom 18. Juli 1953, zitiert in: Alexander Marks, Phiip Ziegler: Bauten für Industrie, Gewerbe und Verkehr. In Schwarting: Konstanz und die Moderne, 2015, S. 462 ff.
  6. Hermann Blomeier: Randbebauung Fährenhafen Konstanz-Staad/Bodensee. In: Bauen + Wohnen Band 8 (1954), S. 209–212; enthält Pläne und Fotos. Online als e-periodicum bei der ETHzürich abrufbar. Abgerufen am 9. Septemter 2019
  7. Frank Mienhardt: Konstanzer Ländebauten. Faltblatt der Unteren Denkmalbehörde Konstanz zum Tag des offenen Denkmals 2010.
  8. Barbara Paul: Freiheit und Aufbruch - die Pavillons der Fährhäfen Konstanz und Meersburg Radiobeitrag, SWR2, 24. April 2019, abgerufen am 9. September 2019
  9. Josef Siebler: Vereinslokal mit Seeblick. In: Internationale Bodensee + Boot-Nachrichten vom 4. September 2007.
  10. Helio Stinka: Eine Perle am See – der Meersburger Fährepavillon. In: Margret Meier, Helio Stinka, Karsten Meyer: Ein Fährschiff macht Geschichten – 55 unterhaltsame, wissenswerte, kuriose Geschichten rund um Europas erste Binnensee-Automobilfähre. MarkOrPlan, Bonn 2018, ISBN 3-933356-92-X
  11. Petra Wichmann: Gläserne Wartehäuser ragen wie Schiffsbrücken in den See – Die Ländebauten der Fährehäfen in Meersburg und Konstanz-Staad. In: Denkmalpflege in Baden-Württemberg Bd. 33 Nr. 4 (2004).
  12. Geronimo Andura, Besart Uka: Banken, Sakralbauten, Sport und Freizeit. In: Schwarting: Konstanz und die Moderne, 2015, S. 498 ff.
  13. Geronimo Andura, Besart Uka: Banken, Sakralbauten, Sport und Freizeit. In: Schwarting: Konstanz und die Moderne, 2015, S. 533 ff. Im gleichen Werk findet sich ab S. 581 ein Aufmaß des Gebäudes.
  14. Faltblatt der Unteren Denkmalbehörde Konstanz zum Tag des offenen Denkmals 2016.