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Strohblumenmuster

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Das Strohblumenmuster ist ein weit verbreitetes Porzellandekor. Durch seine Anpassungsfähigkeit erfreut es sich seit seiner Erfindung 1740 bis zum heutigen Tage großer Beliebtheit.

Geschichte

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Das Strohblumenmuster wurde von der Porzellanmanufaktur Meissen entwickelt. Vorbilder des europäischen Porzellans waren anfangs Importe aus China und Japan, von wo sie über die →»Ostindische Compagnie« nach Europa gekommen sind. Die in europäischen Augen zunächst fremden Blumen aus dem Teil östlich von Indien wurden als “indianische Blumen” bezeichnet, ein Hinweis auf die spätere Bezeichnung → Indisch Blau. Die fleißigen Maler der Manufaktur Meissen kopierten Anfangs die Originale, fanden aber schon bald einen an diesen Stil angelehnten Dekor: Das weltbekannte Zwiebelmuster. Das Zwiebelmuster erscheint zunächst als "ordinäres Blau" in den Katalogen der Meissener Manufaktur. Erst später, um 1860 entschloß man sich dort, der im Volksmund verbreiteten Bezeichnung "Zwiebelmuster" nachzugeben. Etwa zeitgleich mit dem ebenso populären → Zwiebelmuster wurde um 1740 unter Verwendung ostasiatischer Vorbilder dort das Strohblumenmuster entworfen, das sie von Beginn an als Strohmodell bezeichneten. Von Anfang an entschied man sich, den Dekor vorwiegend auf die »gerippt«, später »gebrochener Stab« genannte Form aufzubringen. Diese Porzellanstücke waren gleichmäßig gerippt, aber nicht durchgehend, die Rippen wurden in gleichmäßigen Abständen unterbrochen und etwas versetzt weitergeführt.

Die blaue Farbe

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Kobaltblau wurde bereits früh in Persien zur Dekoration von Tonwaren genutzt, in China wurde es ab der Zeit der Tang-Dynastie (618–906 n. Chr.) in keramischen Glasuren verwendet. Die asiatischen Vorbilder waren jedoch aus einem weicheren Material, das bei niedrigeren Temperaturen bearbeitet werden konnte. August der Starke forderte daher die Manufaktur um 1715 auf, ihm endlich Porzellan mit “Rohadabläh” zumachen. Eine Erklärung des Wortes aus der Zeit vor der Rechtschreibung, in der man schrieb, was man sprach, wäre roi de bleu, Königsblau, sächsisch gesprochen. Die Schwierigkeit, die königliche Forderung auszuführen, war zunächst eine blaue Farbe zu finden, die den hohen Brenntemperaturen standhielt. Die Anzahl der Unterglasurfarben ist jedoch viel geringer als die der Aufglasurfarben, weil nur wenige Farbstoffe – allesamt Metalloxide – die sehr hohen Temperaturen (1300–1410 °C) des Glattbrandes bestehen. Bis ins 18. Jahrhundert war daher nur Kobaltblau als Unterglasurfarbe bekannt.

Das Muster

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Die Hauptblumen des Dekors waren ursprünglich eine Päonie (Pfingstrose), eine Chrysantheme und eine Lotosblüte. Bemalte Untertassen, wie auch Tassen und Kannen wiesen daher anfangs eine Einteilung in drei Felder der zu bemalenden Oberfläche auf, damit jede Hauptblume gesondert in einem Feld dargestellt werden konnte. Weitere Gestaltungselemente des Dekors sind Ranken, Grasbüchel, Schuppen und Palmwedel.

In einem solchen Feld windet sich eine gebogene Ranke von links im Uhrzeigersinn um eine zentrale Blüte (Hauptblume). An der höchsten Stelle des Zweigbogens befindet sich eine kleine Blüte (Zenitblume). An der gebogenen Ranke sitzen Blätter, die ursprünglich wie richtige Palmwedel aussahen, durch die Modernisierung des Dekors aber zusehends stilisiert, nur noch mit Strichen und Punkten (Palmetten), dargestellt wurden. Jedes Feld schließt am Tellerrand mit einem Körbchen oder Schuppen und zur Mitte des Tellers hin, mit einem Grasbüchel ab. Eine solche Mustereinheit wird durch einteilende Striche von den anderen getrennt. In der Mitte eines Tellers, dem Spiegel, befindet sich zudem eine weitere große Blüte (Zentrumsblume).

Bei größeren Tellern, Platten, Schüsseln usw. finden sich vier Felder, die an einen inneren Kreis und einen äußeren Rand grenzen. Diese klar aufgeteilten Felder vereinfachen das übertragen des Dekors auf gebogene Flächen, wie Tassen und Kannen. Die klassische Vierteilung des Musters wird verlassen, wenn es sich um sehr große oder besonders kleine Objekte handelt. Außerdem gibt es sehr ähnliche Dekore und " Spardekore", die z.B. zum Export bestimmt waren. Hier wurden nur drei statt vier Felder gemalt. Küchengeräte bemalte man häufig mit einer Schauseite, während die Rückseite weiß blieb. Auch Puppengeschirr wurde selten vollständig dekoriert.

Verbreitung

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Das Strohblumenmuster wurde später von anderen Fabriken übernommen, so auch von zahlreichen Thüringer Porzellanmanufakturen. Das Meissener Strohmodell war zwar nicht ganz so beliebt wie das Zwiebelmuster, schlug aber alle anderen Blaumuster. Das war ein Anreiz, besonders für die thüringischen Porzellanfabriken, diesen Dekor ebenfalls nachzuahmen, selbstverständlich auch auf gerippten Stücken.

 
Kaffeekanne mit Strohhalmdekor

Seit 1785 stellte auch die Ilmenauer Porzellanfabrik (gegr. 1777) Strohblumenmuster mit einer vereinfachten Malerei her, das man dann als »Ilmenauer Strohblumenmuster« oder phantasievoll gar als »Ilmenauer Zwiebelmuster« anbot. Fabriken in Volkstedt (gegr. 1762), Wallendorf (gegr. 1764), Großbreitenbach (gegr. 1778), Gera (gegr. 1779) und Rauenstein (gegr. 1783) folgten.

 
Teller mit Blau Modell (Rauenstein)

Jede Manufaktur veränderte das in Meissen erdachte Muster, varierte es, ohne sich dabei allzuweit vom Original zu entfernen. Die Konkurrenz untereinander zwang sie jedoch, ständig billiger zu produzieren. Sie reduzierten daher die Malerei immer weiter, bis zu einer Minimalfassung, die nur noch aus geschwungenen Linien und angedeuteten Blüten und Blättern bestand. In der Manufaktur Ilmenau veränderte man das schon stark vereinfachte Original zu einem neuen Design. Aus Blüten und Ranken wurden Kreise und Kreissegmente. Die Blüten blieben unausgefüllt, weiß. Das verringerte den Malaufwand, die Anzahl der Pinselansätze und Werkzeugwechsel. Es wurde unter vielen anderen Bezeichnungen auch als Stohhalmdekor benannt. Um sich in der Vielfalt der Bezeichnungen klar abzugrenzen, kam später auch die Bezeichnung: „ausgetuschtes Strohblumenmuster“ auf. In der Porzellanmanufaktur Rauenstein hatte das ausgetuschte Strohblumenmuster die Bezeichnung Blau Modell.

 
Teller mit Strohblumenmuster (Meißen)

Daher trägt diese Art der Bemalung heute viele Namen und ist schon lange über die Grenzen des Landes und des Kontinents zu einer weltweiten Bekanntheit gelangt. Um die Dekore von einander zu unterscheiden, spricht man in Ergänzung zum bekannten Zwiebelmuster jedenfalls in Berlin, von einem Petersilien- und einem Knoblauchmuster. In Großbritannien heißt der Dekor „Immortelle“. Im Dänischen sprich man von „Musselmoster“, Der Begriff Muschelmuster, ist dort wahrscheinlich auf die häufig gerippte Oberfläche (gebrochener Stab) des bemalten Porzellans zurückzuführen. Sie erinnert an die Schale einer Kammmuschel. Das Strohblumenmuster heißt auf französisch „bleu cannelé“. Seit 1775 wird Strohblumenmuster noch in reiner Handarbeit in der Königlichen Porzellanfabrik in Kopenhagen (Royal Copenhagen) hergestellt. Von dort entwickelte es sich, seit dem Beginn der Produktion dieses Dekors in den späten siebziger Jahren des 18. Jahrhunderts, zu einem beliebten und in viele Länder exportierten Artikel. Strohblumenmuster wird inzwischen auch wieder in der Meißener Porzellanmanufaktur von Hand bemalt gefertigt.

Dekorarten

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Die erste Art der Dekorierung war die mit dem Pinsel. Auf den vorgebrannten →Porzellanscherben, der saugfähig, wie etwa ein Tonblumentopf ist, wird dabei mit einer kobalthaltigen Farbe gemalt. Jeder Pinselstrich ist bleibend, läßt sich nicht rückgängig machen. Dennoch waren die Blaumaler in der Hierachie der Maler im Ansehen unten angesiedelt. Malten sie doch im Gegensatz zu den übrigen Porzellanmalern nur mit einer Farbe. Das unterglasurblaue Dekor konnte jedoch mit roter Aufglasurfarbe und zusätzlichen Goldstaffagen „ gehöht “(aufgewertet) werden.

In Manufakturen und Fabriken, die das Muster nach Meissener Porzellan© ebenfalls herstellten, wurden später auch andere Techniken eingesetzt. Teile des Musters wurden mit einem Gummistempel aufgebracht und dann mit handgemalten Linien komplettiert. Um 1900 wird es möglich, das Muster im Kupfertiefdruck auf eine Trägerfolie zu bringen, von der man es auf das Geschirr überträgt. Jeder Schritt der Rationalisierung führte zu einer Vereinheitlichung des Produkts. Die Indivualität des Geschirrteils ist mit der Einführung eines reproduzierbaren Industrieprodukts verschwunden. Dafür ist das gleichbleibende, massenhafte erzeugen möglich.

Literatur

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• Robert E. Röntgen: Blaumalerei auf Meissener Porzellan, Edition Leipzig, ISBN 3-361-00556-6

• Ludwig Danckert: Handbuch des Europäischen Porzellans, Seite 241/242, Illmenauer Strohblumenmuster, Neuausgabe 1992, Prestel-Verlag, München, ISBN 3-7913-1173-5

• Bernhard von Barsewisch: Keramos Heft 121, Unterglasurblaue Malerei, Rasch Druckerei u. Verlag GmbH & Co.KG, Bramsche 1988, ISSN 0453-7580.

• Georgine Margaretha Witta: Sammler Journal, Heft 12, Dezember 1989, Der Strohblumendekor, Seite 1806-1809, Journal-Verlag Schwend GmbH, Schwäbisch-Hall 1989, ISSN 0342-7684.

• Ellen Mey: Die Porzellanfabrik Moschendorf 1878-1957, Strohhalmdekor, Seite 66-69, Nordoberfränkischer Verein für Natur-, Geschichts- und Landeskunde, Hof 1996, ISBN 3-928626-26-4.

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Auf dieser Seite des Schloßmuseums Jever finden Sie eine Auswahl handgemalter Geschirre und einen kurzen, zusammenfassenden Beitrag zum Thema Strohblumenmuster [1]

Unter[2] kann man eine mit Fleiß zusammengetragene Sammlung der Verwendung das Musters und seinen Variationen bei den verschiedenen Herstellern vergleichen.

Die Seite vergleicht ähnliche Dekore mit den dazugehörigen Namen.[[3]]

Sehr persönlich auf die Brüder Grimm bezogen können Sie auf Seite 21 über einen Fund im Steinauer Amtshaus lesen.[4]