Hinweis: Ich schreibe bis Februar meine Masterarbeit zu Selbstläufern im Fach Kommunikationsdesign, 
und da ich ohnehin über Produktsemantik recherchier, fange ich diesen Artikel an.

Der Begriff ist an der Hochschule für Gestaltung Ulm entstanden.

hfg ulm zurückverfolgen, wo sich einerseits Klaus Krippendorf in den frühen 60er Jahren mit Fragen der auf Produktdesign angewandten Semiotik beschäftigte,

Jochen Gros, der - nach Auflösung der hfG Ulm - bis 1972 an der Nachfolgeinstitution IUP (Institut für Umweltplanung) studierte: „Erweiterter Funktionalismus und Empirische Ästhetik“ (Offenbacher Ansatz; mit Richard Fischer und Dieter Mankau, aber auch Bernhard E. Bürdek und Dagmar Steffen)

Jochen Gros hatte in seiner Diplomarbeit „Erweiterter Funktionalismus und empirische Ästhetik“2 versucht, aus der Funktionalismuskritik von Adorno3, Mitscherlich4 und Lorenzer5, die sich vor allem auf Städtebau und Architektur bezog, Ansatzpunkte für die Gestaltung industrieller Produkte abzuleiten. Im Mittelpunkt stand die Forderung, nicht-materielle emotionale Funktionen wie Geborgenheit, Selbstdarstellung, Gefühlsbindung sowie kognitive Bedürfnisse stärker in die Gestaltung einzubeziehen und bei der Entwurfsarbeit zu berücksichtigen.


  • Gottfried Semper, ein früher Funktionalist der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts, spricht von “archetypischen künstlerischen Motiven”, welche die funktionale Idee ausdrücken.
  • Hermann Muthesius, wichtiger Mitbegründer des Deutschen Werkbundes, sagte in seiner berümten Rede anlässlich der Werkbundgründung 1907, dass die Architektur und die Gestaltung von Produkten nach dem “Typischen” streben sollte, weil nur dort sie Vollkommenheit fänden.
  • die ideelle Seite der Gegenstände
  • Herbert Read in seinem klassischen Buch “Art and Industry”, wenn er von von drei bestimmenden Elementen spricht, (three constituent elements) die er so beschreibt:
    • formale Elemente der Dimension und Proportion, die unsere Wahrnehmung ansprechen,
    • Elemente emotionalen oder intellektuellen Ausdrucks, welche mit formalen Elementen kombiniert sein können,
    • Elemente, von intuitivem oder unterbewussten Charakter.
  • Ökonomisches Denken und eine rationalistische Einstellung zur Produktwelt haben uns in der Vergangenheit daran gehindert, darüber nachzudenken, was das Produkt für den Konsumenten bedeutet und welche emotionalen Werte er mit dem Produkt verbindet. Wir haben angenommen, dass die Einstellung zum Produkt eine Sache der Vernunft ist und haben die emotionalen Bedürfnisse des Konsumenten sträflicherweise ignoriert.
  • Die Postmoderne hat intuitiv darauf reagiert, spricht von Emotionalität, Sinnlichkeit, Ausdruck und Expression. Sie hat die Subkultur entdeckt, das Gewöhnliche, wendet sich gegen Vernunft und Tradition, gegen die Vermarktung, reklamiert ihren kulturellen Anspruch und meint, ihn mit Positionen der Kunst belegen zu müssen.
  • Die Geschichte des Nachkriegsdesign in Deutschland kann man als einen permanenten Versuch des Designers ansehen, auf das gesellschaftliche Umfeld zu reagieren und sich als Profession zu profilieren.
  • Aus dieser Sicht kann man auch das betrachten, was sich gegenwärtig abzeichnet. Man spricht von emotionalen Eigenschaften, von Sinnlichkeit, Symbolik und Anmutungen. Man meint, dass die Ästhetik den Benutzer leiten müsse, wie man das Produkt praktisch und geistig zu benutzen habe. Man spekuliert darüber, wie das Produkt auf den Menschen wirkt.
  • Das Produkt kann etwas über den kulturellen Stand seiner Zeit ausdrücken, indem es etwas über den sozialen Fortschritt, über zivilisatorische Errungenschaften oder etwas über den Stand der Technik aussagt. Das Produkt kann Botschafter seiner Zeit sein, auf geschichtliche Wurzeln verweisen, kulturelle Inhalte vermitteln oder eine nationale oder regionale Identität ausdrücken.
    • (Eine japanische Teekanne ist nicht nur das Produkt einer langen keramischen Tradition, sondern auch das Ergebnis einer gesellschaftlich entwickelten Form des Teetrinkens).
    • (Eine Olivetti Schreibmaschine ist nicht nur ein Produkt moderner Technik, sondern auch die Manifestation einer Gestaltqualität, die nur aus der Tradition des klassischen italienischen Designs zu verstehen ist).
    • (Eine Marimekko-Tasche ist nicht nur ein praktischer Reisebegleiter, sondern auch Ausdruck für den unprätentiösen und bescheidenen Umgang mit den praktischen Dingen des täglichen Lebens, ein Ausdruck skandinavischer Lebensart).
    • (Ein BMW ist nicht nur ein schnelles, verlässliches und komfortables Auto, es verkörpert auch die Ansprüche, welche die deutschen Autofahrer von ihrem liebsten Kind erwarten.)
      • Das sind Ausdruckswerte mit symbolischem Charakter. Sie sind anspruchsvoll, schwierig oder vielleicht gar nicht bewusst zu gestalten. Sie sagen etwas über das Produkt und sein Umfeld aus, nämlich: wie die Gesellschaft sie bewertet und die Geschichte sie einordnet.
  • Das Produkt sagt etwas darüber aus, was es verkörpert, was typisch ist, was sein Wesen ausdrückt, was an unsere Wahrnehmungsmuster appelliert und uns vertraut ist. Es drückt etwas aus, das uns bewegt, ein Produkt zu lieben und zu bewahren.
    • (dass z.B. eine Kaffeekanne gemütlich und liebenswert wirkt, ein Toaster nicht zu einer Frühstücksmaschiene wird, eine Maschine sagt, was sie ist und der Computer mich nicht erschreckt sondern mir entgegenkommt.)
      • Das sind Ausdruckswerte, die Anmutungscharakter haben, die den Konsumenten ansprechen, also Qualitäten, die signalisieren

was sie für den individuellen Konsumenten bedeuten.

  • Das Produkt zeigt seine Bedienungsstruktur, ist dadurch einfacher zugänglich und macht neue Technologien akzeptierbar. Es geht dabei um die Strukturierung und Gestaltung von Information (soft ware), um die bedienungsfreundliche Schnittstelle zwischen Mensch und Maschine.
    • (dass z. B. ein Verkaufsautomat ein intelligenter Partner ist und nicht eine frustierende Erfahrung für den Benutzer, dass ein Knopf anzeigt, dass man ihn drücken und nicht drehen muss).
      • Das sind Anzeichenfunktionen, die darüber entscheiden:

ob der Umgang mit dem Produkt gefällig und sinnfällig ist.

  • Das Produkt sagt etwas über den Produzenten, was ein Unternehmen ist, was es will, was es für eine Identität hat, wie es sich von anderen unterscheiden will und welcheSprache es dafür einsetzt.
    • ( Dass z. B. ein Volvo wie ein Volvo aussieht und nicht wie ein Daimler Benz, dass die Firma Weleda in ihren Produkten und ihrem Marketing ihre anthroposophische Philosophie ausdrückt, dass die Energieversorgung Schwaben sich mit ihrem Erscheinungsbild als ein modernes Dienstleistungsunternehmen präsentiert ).
      • Das sind Ausdruckswerte, firmenspezifische Ikonographien, die sagen, wie Produzent und Handel sich verstanden wissen wollen.

5.1) Das Prinzip, dekodierbare mechanische Modelle als Zeichen zu benutzen.

5.2) Das Prinzip, menschliche oder tierische Gesten als Zeichen zu verwenden.

5.3) Das Prinzip, vertraute abstrakte Symbole zeichenhaft auf das Produkt zu übertragen.

5.4) Das Prinzip, Symbole der Technologie, die “master models”, als formale Metapher einzusetzen.

5.5) Das Prinzip, stylistische oder historische Metapher dem Produkt beizugeben. aus: http://klaus-lehmann.net/?p=104


Jochen Gross und andere: Funktionen eines Produktes, die sie in die praktischen Funktionen unterteilen, dann in die sinnlichen Funktionen, welche an unsere Wahrnehmung appelieren. Diese wiederum unterteilen sie in die formalästhetischen Funktionen, die Zeichenfunktionen und die symbolischen Funktionen. Es ist die Theorie eines erweiterten Funktionalismus, die nützlich ist zur Erklärung (explanativ) und brauchbar für die Praxis (generativ).


Die Produktsemantik hat durch den Wertewandel Anfang der achtziger Jahre eine neue Ausrichtung bekommen und sich von der einengenden Ideologie, die das Design bis dahin beherrschte, gelöst. Noch lange folgte sie der Maxime form follows function. Die Produktaussage war mehr an die technische Wirkungsweise als an die Bedeutung des Produktes gebunden. Dies ist im Begriff, sich zu ändern. Die Frage nach dem Sinn der Dinge ist heute wichtiger als die bloße Darstellung ihrer Arbeitsweise. Die Mikroelektronik brachte diese Entwicklung in Gang, da es unmöglich geworden war, die Funktion nach außen zu übertragen.


Klaus Krippendorf und Reinhard Butter, 1983: “the systematic inquiry into how artefacts acquire meanings for their (users or) stakeholders and, as a methodology for intervening in a cultural reality in which designers cannot specify the meaning that artefacts have for others but may support their emergence selectively.”

Sinn und Bedeutung Der Sinn eines Gegenstandes entsteht durch die Rolle, die er in einem bestimmten Kontext spielt. Ein Produkt kann eine Ware im Verkauf sein, ein Identifikationsobjekt, ein Geschenk oder auch ein Indiz bei einem Verbrechen

Die Aufgabenstellung soll nicht verstanden werden als ‚Entwerfen eines neuen Toasters’, sondern als ‚Entwerfen eines Gerätes um Weißbrotscheiben zu rösten’ 2. Krippendorf spricht auch von den „Produkten in kreiskausalen Beziehungen zwischen Erkennen und Handeln“

http://www.mentalermodellbaukasten.de/pages/4-design_theorie/2-produktsemantik_designsemiotik/2-kontexte_eines_produktes/