Zum Ende des 19. Jahrhunderts kam es zu zwei entscheidenden Entwicklungen: den Verlust des Frontier und Veränderungen in Kriegsführung, und Technologie die die nationale Sicherheit beeinflussen könnten. Besonders die preußischen Erfolge in den Kriegen von 1866 bis 1871, die zur Einigung Deutschlands führten, standen im Kontrast zu den blutigen Kämpfen des amerikanischen Bürgerkriegs. Maßgeblich von Lieutenant Colonel Emory Upton initiiert sollte die US-Armee nach europäischen, insbesondere deutschen, Vorbildern reformiert werden. Mit einem Generalstab sollte eine zentrale Kontrollstruktur geschaffen werden, weiter sollte ein professionell ausgebildeter Offizierskorps entwickelt und eine schnell mobilisierbare Reserveeinheit aufgebaut werden.

Zwei Hauptfaktoren erschwerten jedoch diese Reformen. Erstens war die amerikanische Öffentlichkeit traditionell skeptisch gegenüber regulären Armeen, die von zentralen Regierungen organisiert wurden, was auf negative Erfahrungen mit der britischen Armee während der Revolution beruhte. Während die Gründerväter die Notwendigkeit einer regulären Armee anerkannten, schufen sie gleichzeitig Schutzmaßnahmen, um zu verhindern, dass sie als Werkzeug der Despotie missbraucht wird.

Zudem hatten die amerikanischen Kolonisten bereits zwei Alternativen zur stehenden Armee entwickelt: die lokale Miliz, die aus bewaffneten Bürgern bestand, und ad-hoc-Freiwilligenverbände, die für spezifische militärische Einsätze gebildet wurden. Viele dieser Einheiten waren während der Revolution aktiv und spielten auch in späteren Konflikten, wie dem Mexikanisch-Amerikanischen Krieg und dem Bürgerkrieg, eine wichtige Rolle. Der Morrill Act von 1862 schuf ein System von staatlich geförderten Universitäten, in denen eine militärische Ausbildung angeboten, um die Schüler auf mögliche Führungsrollen in Freiwilligeneinheiten vorzubereiten. Weiterer Widerstand kam von konservativen Kräften innerhalb der Armee. Viele hochrangige Offiziere, die aus der Unionsarmee stammten, sahen in der Tatsache, dass die Unionsarmee siegreich gewesen war, keinen Bedarf für Reformen.

Upton, der die Ignoranz der Stabsoffiziere kritisierte und eine systematische militärische Ausbildung forderte, entwickelte zunächst neue und vereinfachte Infanterietaktiken für Freiwilligen-Soldaten, das zwei Jahre später angenommen wurde. 1875 überzeugte er General William T. Sherman, den damaligen Oberbefehlshaber der Armee, ihn nach Europa und Asien zu schicken, um dort militärische Systeme zu studieren. Nach seiner Rückkehr veröffentlichte er einen Bericht, in dem er die deutsche Militärorganisation lobte und eine Idee für eine auf Freiwilligen basierende Armee namens "National Volunteers" vorschlug, die von der regulären Armee ausgebildet werden sollte.



Trotz der Enttäuschungen über das National Defense Act wurde es in der Armee mit großem Enthusiasmus aufgenommen. Es bot Hoffnungen auf Stabilität und die Grundlage für den Wiederaufbau nach den demoralisierten Nachkriegsjahren. Besonders wichtig war, dass das Gesetz der Armee eine neue Mission gab: die Ausbildung der zivilen Komponenten einer neuen Bürgerarmee, was sowohl professionell befriedigend als auch öffentlich unterstützend schien.

Die ersten fünf Jahre der 1920er Jahre testeten jedoch diese Hoffnungen. Die Organisation der zivilen Komponenten und der Aufbau positiver Beziehungen zur Regierung und Öffentlichkeit dominierten diese Zeit. Die Erwartungen an breite Unterstützung wurden schnell enttäuscht und prägten die ersten zwei Jahre nach Verabschiedung des Gesetzes, die als eine der düstersten Perioden der Zwischenkriegsarmee gelten.

Ein zentrales Problem war der massive Wandel in der politischen und öffentlichen Landschaft nach dem Krieg, insbesondere zu Beginn des neuen Jahrzehnts. Der überwältigende Sieg der Republikaner bei der Wahl 1920 machte sie zur dominierenden Partei in Washington. Obwohl die Republikaner traditionell army-freundlicher waren, konzentrierten sie sich nun auf Effizienz und Steuerreduktion. Gleichzeitig wurde die Öffentlichkeit zunehmend isolationistisch und hatte wenig Interesse daran, eine Armee für einen weiteren internationalen Konflikt aufzubauen.

  • William J. Woolley: Creating the Modern Army. University Press of Kansas, Lawrence 2022, ISBN 978-0-7006-3302-9 (englisch).