Einleitung
BearbeitenSchon im kaiserzeitlichen Rom waren die sog. Kitharöden (Kithara-Sänger), die mit virtuosem Spiel auf der Kithara ihren Gesang begleiteten, hochbezahlte Stars. Im Frühmittelalter gehörte der Sänger, der von den großen Heldentaten der Vorfahren sang, zum germanischen Fürstenhof. Im Hochmittelalter ziehen fahrende Sänger, die ihre Lieder auf der Laute oder der Harfe selbst begleiteten oder einen Musiker bei sich haben, weit umher, und nur die Meister ihres Faches erhalten eine feste Stelle an einem Fürstenhof.
Die Vaganten
BearbeitenIm 12. Jhdt. erhöht sich die Zahl der Fahrenden rasch: Die 'clerici' -so heißen alle, die eine Dom- oder Klosterschule absolviert haben- strömen, um ihre Bildung zu vervollkommnen, in die neugegründeten Hochschulen: nach Bologna, um die Rechte, nach Salerno, um Medizin, nach Paris um Theologie zu studieren. Um die 30.000 Studenten sollen sich damals in Paris aufgehalten haben. Viele von ihnen bekommen nach Beendigung ihres Sudiums kein kirchliches Amt und ziehen nun zu den Bischofs- und Fürstenhöfen, um Unterkunft und Verpflegung zzu erbitten, welchee man leichter bekommt, wenn man mit selbstgedichteten oder entsprechend variierten Liedern unterhalten kann. Diese 'clerici vagantes' distanzieren sich zwar von den Spielleuten und Gauklern, die sich durch primitive Volksbelustigung ihr brot verdienen, sinken aber nicht selten auf deren soziales Niveau, wenn sie der Erfolg ihrer Lieder nicht davor bewahrt. man spricht von einem Gelehrtenproletariat. Wieviel von der meist anonym überlieferten Vagantendichtung von echten Vaganzen stammt ist umstritten. Fest steht, dass zu ihren Autoren noch zwei andere Gruppen gehören, nämlich (1.) Schüler und Studenten mit festem Studienort, die das, was sie in der Schule anhand von klassischen Autoren gelertn haben (Dichtkunst wurde als Unterricdhtsfach gelehrt) in schöperischer Variation anwenden, und (2.) geachtete Hofpoeten, Schulleiter, Professoren oder Staatsbeamte, deren Namen bzw. Künstlernamen wir kennen. Die beiden bedeutensten sind:
Hugo von Orléans (ca. 1095-1160)
BearbeitenEr studierte die weltlichen Wissenschaften und wurde Lehrer der Dichtkunst. Mit deien geistvoll bissigen Versen (Satieren gegen den Geiz des Klerus, Wein- und Spielliedern) wurde er rasch bekannt und nennt sich in seinen Gedichten selbstbewusst 'Primas', d.h. Erster (unter den Dichtern). Doch sein Jähzorn und die Aggresivität schufen ihm immmer wieder Feinde, sodass er noch im Alter auf die Mildtätigkeit eines Klosters angewiesen war, die er sich aber ebenfalls verscherzte. So blieb er trotz seines Ruhmes ein echter Vagant. Seien Mantelgedichte zeigen ihn als sozialen Außenseiter. Seine Sprache ist klar und dabei von großer formaleer Raffinesse: Er ist ein Meister der Assonanz, des Reims und des Wortspiels und versteht es, konkrete Situationen mit lebendigen Dialogen darzustellen.
Der Archipoeta (ca. 1130-1160)
BearbeitenOb das Pseudonym 'Archipoeta' (Erzpoet, Dichterfürst) ein von anderen verliehener Ehrentietel oder selbstbewusstes Eigenlob ist, wissen wir nicht. Vielleicht spielt es auch auf den Titel seines Gönners, des Erzkanzlers (archicancellarius) Kaiser Friedrich Barbarossas und Erzbischofs von Köln, Reinald von Dassel an. Die erhaltenen zehn Gedichte sind zwischen 1162 und 1167 entstanden und die einzige Quelle für seine Biographie: Er entstammte wahrscheinlich einem deutschen rittergeschlecht, studierte Theologie, fand keine Stelle, worauf er ein Medizinstudium in Salerno begann, dort erkrankte, nach Deutschland zurückkehrte und dank seiner dichterischen Begabung den schon genannten hohen Gönner fand. Trotzdem erhielt er sich seine Unabhängigkeit, blieb zumindest geistig ein Vagant, genoß die Freuden des Lebens und bekannte sich in seinen Gedichten dazu. dies fürte zu Spannungen und Intrigen gegen ihn, und als er 1163 Reinald auf einer Reise nach Pavia begleitete, trug er dort zu seiner Rechtfertigung die Beichte vor, das berühmteste lateinische Gedicht des Mittelalters und wohl eines der besten in der Weltliteratur, dessen poetische Brillanz aber nich dazu verleiten sollte, den autobiographischen Gehalt zu unterschätzen. Der Archipoeta starb wahrscheinlich 1167 in Rom an der Pest.
Inhalt
BearbeitenDie Vaganten schaffen in ihren Liedern eine Gegenwelt, die sie aufgrund ihrer Bildung mit Hilfe der antiken Mythologe darstellen. Venus, Amor und Bacchus, nach christlicher Deutung Dämonen, werden sie bei ihnen wieder zu Göttern, zu Symbolfiguren des Lebensgenusses, den sie verherrlichen, wobei ei unbändiges Selbstgefühl und humorvolle Selbstironie einander abwechseln. dazu kommt häufige Kritik am etablierten Klerus, die von Klagen über den geiz bis zu derbsten Spott reicht, aber nie die Kirche als Institution Angreift, sondern nur die, die sich ihres Amtes nicht würdig erwiesen haben.
Formen: Metrik und Rhytmik; Reim
BearbeitenDie äußere Form der Gedichte ist meist von vier Langzeilen, den sog. Vagantenzeilen geprägt. „Mit Paarreim ergeben sie die Vagantenstrophe“ (gem. Wilperts Definition).
Wichtige Sammlungen
BearbeitenCarmina Cantabrigiensia („Cambridger Liederhandschrift“) (um 1045) Carmina Burana (Anfang des 13. Jahrhunderts, Benediktbeuern) Hilarii Aurelianensis versus et ludi, epistolae, ludus Danielis Belovacensis (12. Jhd.) Eine Oxforder Handschrift mit 27 Gedichten von Hugo von Orléans Viele sind mit linienlosen Notenzeichen versehen (sog. Neumen), die nur die Melodieführung, aber nicht die Tonschritte erkenen lassen. Andere Handschriften mit anderen Noten erlauben jedoch eine annähernde Rekonstruktin der Musik.
Siehe auch
BearbeitenVagant Vagabunden
Quellen
Bearbeitenhttp://www.breu-seite.de/pdf/vagantendichtung.pdf http://www.wissen.de/wde/generator/wissen/ressorts/unterhaltung/buecher/index,page=1269312.html Brokhaus Enzyklopädie Von „http://de.wikipedia.org/wiki/Vagantendichtung“ Kategorien: Literarischer Begriff | Mittelalter (Literatur) | Literatur (Latein) | Lyrik