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Am gleichen Tag wurde eine anfangs wenig beachtete Urkunde unterzeichnet. Es ist der Vertrag über die Einrichtung eines groß angelegten Münzkonsortiums. Vertragspartner waren einerseits die kaiserliche Hofkammer zu Wien, zuständig für alle finanziellen Dinge des Hofes, und andererseits der Prager Bankier niederländischer Herkunft Hans de Witte als Vertreter und Hauptgeschäftsführer des Konsortiums. Die weiteren Beteiligten wurden in dem Dokument nicht namentlich aufgeführt, aber in anderen Dokumenten erwähnt. Neben de Witte waren dies u. a. der kaiserliche Hofbankier Jacob Bassevi von Treuenberg, als Initiator Fürst Karl von Liechtenstein, der Sekretär der böhmischen Kammer Paul Michna von Vacínov und Wallenstein. Dem Konsortium wurde für die Dauer von einem Jahr gegen die Zahlung von sechs Millionen Gulden das Münzprägerecht in Böhmen, Mähren und Niederösterreich verpachtet, beginnend mit dem 1. Februar 1622, was mit zum Höhepunkt der Kipper- und Wipperzeit führte.
Bereits zu Zeiten der Herrschaft des „Winterkönigs“ war der Silbergehalt der Münzen verringert worden, um damit Geld für die Finanzierung des Krieges zu erhalten – die sogenannte „Münzverschlechterung“ streckte die Edelmetallvorräte der Münzprägestätten. Damit fuhr man nach dem Sieg des Kaisers auf der Gegenseite fort. Liechtenstein erhöhte die Silberproduktion stark und ließ mit Bassevi Silberbruch einschmelzen, um eine größere Menge an Silbermünzen prägen zu können, eine Praxis, die mit dem Münzkonsortium aufs Maximale ausgedehnt wurde. Silberhändler Bassevis und de Wittes reisten durch Mitteleuropa, um gegen mit Kupfer gestreckte Silbermünze vollwertiges Silber von der Bevölkerung in großem Stil aufzukaufen. Das erhöhte Geldaufkommen löste eine galoppierende Inflation aus, so dass die Geldprobleme des Kaisers damit nicht gelöst werden konnten, zumal man kaum Vorstellungen darüber hatte, wie eine Inflation entsteht und welche Auswirkungen eine solche auf die Wirtschaft eines Landes hat. Später fing Liechtenstein auch an, die Silbermenge pro Münze zu senken, gleichzeitig die Nominalwerte zu erhöhen. Diese Münzen wurden „lange Münzen“ genannt. Die Gewinnmöglichkeit für den Fiskus lag darin, dass der Preis des Silbers nicht so schnell stieg, wie die Münzen verschlechtert werden konnten. Für die Verpachtung der Prägerechte erhielt der Kaiser im Gegenzug wöchentlich garantierte Zahlungen von Seiten des Konsortiums. Das Geld wurde dringend für die Fortsetzung des Krieges im Reich benötigt. Das Kippen und Wippen der Kipper- und Wipperzeit wurde ab sofort gewissermaßen von Staats wegen betrieben und finanzierte den Krieg.
Der Pachtvertrag enthielt detaillierte Festlegungen, ohne die das Vorhaben nicht funktioniert hätte. Umlauf und Ausfuhr fremder Münzen wurde unter Androhung harter Strafen verboten. Alte hochwertige Münzen mussten zu einem festgelegten Preis beim Konsortium abgeliefert werden. Das Konsortium erhielt ein Monopol auf den Ankauf von Silber, egal ob aus Bergwerken oder Bruchsilber, zu festgelegten Preisen. Pro Mark Silber (ca. 230 g) sollten 79 Gulden geprägt werden. Ursprünglich waren pro Mark noch 19 Gulden geschlagen worden. Die Mitglieder wurden mit „langen Münzen“ aus der eigenen Produktion bezahlt. Aber entsprechend den tatsächlichen Machtverhältnissen und dem sozialen Status des Einliefernden war eine Mark eingeliefertes Silber nicht gleich viel wert. So erhielt Wallenstein für seine 5000 Mark eingelieferten Silbers jeweils 123 Gulden, Fürst Liechtenstein jedoch 569 Gulden pro Mark. Den weitaus größten Teil des Silbers lieferte der calvinistische Bankier Hans de Witte mit 402.652 Mark ein, wofür er nur 78 Gulden pro Mark erhielt. Wallenstein war also nicht die treibende Kraft hinter dem Münzkonsortium, konnte aber viele für die spätere Zeit wichtige Geschäftskontakte knüpfen und profitierte auch von der Inflation. Insgesamt wurden 42 Millionen Gulden geprägt, wovon 30 Millionen in den ersten beiden Monaten ausgegeben wurden, was für die bereits durch den Krieg zerrütteten Wirtschaften faktisch den Ruin bedeutete.
Nach einem Jahr fand eine Währungsreform statt. Dies zeigt nach Ansicht von Golo Mann, wie stark während der Zeit des Konsortiums der Feingehalt des Guldens insgeheim verschlechtert worden war. Dies wurde notwendig, da dem Fiskus die wöchentlichen Zahlungen nicht mehr ausreichten und er nach weiteren Anleihen von de Witte verlangte. Zudem lief der Silberpreis der Inflation voraus und betrug am Ende 85 Gulden pro Mark und mehr. Rechnet man die Kosten und die Gewinne hinzu, so kann man erahnen, wie viele Gulden pro Mark geprägt werden mussten.
Nach einem Jahr übernahm Kaiser Ferdinand II. das Münzwesen wieder. Ab Sommer 1623 wurden Münzen mit dem alten Feingehalt ausgegeben, da die neuen fast keinerlei Wert mehr hatten, trotz Androhung der Todesstrafe von Händlern und Handwerkern nicht angenommen wurden und zu Meutereien unter den Söldnern geführt hatten, deren Lohn faktisch nichts wert war. Außerdem litt die böhmische Bevölkerung deswegen Hunger. Die „langen (= verlängerten) Münzen“ sollten zum Kurs von 8:1 gegen neues, nach altem Münzfuß geprägtes Geld getauscht werden. Über 40 Jahre dauerte die Nachgeschichte des Konsortiums, z. B. gab es heftige Streitigkeiten darüber, ob Darlehen, die mit dem Inflationsgeld aufgenommen wurden, auch wieder in voller Höhe mit dem neuen Gulden zurückzuzahlen seien.
Golo Mann schätzt den Gewinn Wallensteins auf insgesamt 20.000 Gulden. Die Mitgliedschaft im Konsortium ist also nicht die Quelle für den riesigen Reichtum Wallensteins. Eher dürfte ihm seine neue Bekanntschaft mit einem der wichtigsten Bankiers des Kaisers, Hans de Witte, und weitere Kreditaufnahmen ermöglicht haben, das zu kaufen, was ihn zu einem Landesherrn, zu einem Fürsten machen würde: Großgrundbesitz, der aufgrund der Konfiszierungen der Grundherrschaften der protestantischen böhmischen Stände ab Herbst 1622 sowie aufgrund der entstandenen Inflation in großer Menge weit unter Wert zum Verkauf stand. Ein langjähriger Gegner Wallensteins am Wiener und Prager Hof, sein Vetter Wilhelm Slavata, verfasste bereits 1624 eine 42 Punkte umfassende Anklageschrift gegen ihn, welche die Spekulationen um die Währungsreform zum Gegenstand hatte.
Der Artikelteil verwendet Referenzierungen zur Literatur von Steffen Leins und Golo Mann
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(1) ab Seite 86 - 15 Namen (Seite 95)
Mitglieder des Münzkonsortiums waren :
Liechtenstein
Gundacker Freiherr von Polheim
Hans Christoph Teuffel von Zeilberg,
Vinzenz Muschinger von Gumpendorf,
Hans Unterholzer von Kranichberg
Leonard Helfried Freiherr von Meggau
Hans Matthias von Glauchau
UNTERSCHRIFTEN : Hans de Witte, Hofkammerräte Hans Christoph Teuffel von Zeilberg, Vinzenz Muschinger von Gumpendorf, Hans Unterholzer von Kranichberg (Seite 95)
- ↑ Anton Ernstberger: Hans der Witte, Finanzmann Wallensteins. In: Hermann Aubin (Hrsg.): Vierteljahresschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte-Beihefte-. 1. Auflage. Nr. 38. Franz Steiner Verlag, Wiesbaden 1954.
- ↑ Steffen Lemm: Das Prager Münzkonsortium von 1622/1623 , Über Möglichkeiten und Grenzen der Kriegsfinanzierung durch eine "Kapitalgesellschaft" im 17. Jahrhundert. In: Matthias Asche, Horst Carl, Marian Füssel, Bernhard Kroener, Stefan Kroll, Markus Meumann, Ute Planert, Ralf Pröwe (Hrsg.): Herrschaft und soziale System in der frühen Neuzeit. 1. Auflage. Band 13. LIT.Verlag Dr. W.Hopf, Berlin 2021, ISBN 978-3-643-10108-2, 2 : Märkte, Geschäftmodelle, Netzwerke.