Frankreichpolitik von 1918 bis 1933
BearbeitenDie Aussenpolitik und auch die Frankreich-Politik der Weimarer Republik war nach der selbst verschuldeten Niederlage im Ersten Weltkrieg auf den Ausgleich mit den Nachbarn und Aufhebung der Isolierung Deutschlands gerichtet.
Frankreichpolitik 1933-1945
BearbeitenIm Sommer 1933 hatte das in Paris durch Willi Münzenberg im Auftrag der KPD herausgegebene Braunbuch mit einer Geschichte Aufsehen erregt. Darin wurde ohne Quellennennung behauptet, Oberfohren sei ermordet worden, weil er sich geweigert habe, den Inhalt einer Denkschrift im Manchester Guardian von Ende April 1933 zu dementieren. Darin hatte ein Anonymos unter der Überschrift „Ein Bundesgenosse beschuldigt die Nazis der Brandstiftung“ die Nationalsozialisten beschuldigt, den Reichstag angezündet zu haben. Diese Denkschrift galt dem Braunbuch als der Beweis für die Täterschaft der Nazis bei der Reichstagsbrandstiftung.[1] Im Braunbuch wurde nun behauptet, Oberfohren sei der Autor dieser Denkschrift gewesen, wovon die Nazis erfahren hätten.
Diese Version der Ereignisse wurde von den meisten Historikern auch nach dem Ende des Dritten Reiches bis weit in die 1950er Jahre für glaubhaft gehalten. 1956 veröffentlichte Richard Wolff die Angaben aus einem Brief von Oberfohrens Witwe Ida Oberfohren, in dem es hieß, ihr Mann habe „aus tiefer Verzweiflung“ den Freitod gewählt.[2]. Fritz Tobias griff diese Angaben in seinem Buch Der Reichstagsbrand – Legende und Wirklichkeit auf, in dem er zu einer schon im Jahr 1959/60 in einer Serie des Des Spiegels vorveröffentlichten Neubewertung der Ursachen des Reichstagsbrandes kam. Er verwarf die Mordthese und wies nach, dass die sogenannte Oberfohrendenkschrift Entscheidungen und Diskussionen aus der Regierungskoalition der DNVP mit den Nationalsozialisten des Kabinetts Hitler völlig falsch wiedergab. Damit konnte Oberfohren nicht der Urheber der Denkschrift sein, denn er war als Fraktionsvorsitzender der DNVP in alle wichtigen Ereignisse der Koalition eingebunden.[3]Tobias beklagte an gleicher Stelle, dass zahlreiche Autoren von der Erklärung von Oberfohrens Tod als Freitod nicht überzeugt seien. Nach seiner Darstellung bezweifelten sie die Wahrheit der Erklärung von Ida Oberfohren und misstrauten den Untersuchung der Kieler Polizei, die einen Freitod festgestellt hatte. Sie hielten einen Mord trotz dieser Umstände für die wahrscheinlichere Lösung.
Peter Wulf verweist 1983 hingegen auf das große SA-Treffen, das am 6. und 7. Mai in Kiel stattfand und Oberfohren große Angst machte. In dieser Situation der absoluten Niederlage und des Scheiterns seines persönlichen und politischen Lebenswerkes sei ihm der Tod als der einzige Ausweg erschienen.[4] Wulf ist der Ansicht, dass der Freitod seit Tobias Feststellungen 1962 geklärt sei. Gleichwohl weist er auf Forscher hin, die den Selbstmord bezweifeln.[5]Das war vor allem eine Historikergruppe um den Schweizer Geschichtsprofessor Walther Hofer und den Journalisten Edouard Calic .[6] Deren Erkenntnisse wurden 1986 in einer Veröffentlichung um den Politikwissenschaftler Uwe Backes angezweifelt, die Calic und Hofer sogar Fälschung vorwarf.[7] So hätten die Autoren des Braunbuches und Hofer/Calic Gottfried Treviranus und anderen angeblichen Zeugen die Ermordung Oberfohrens in die Feder geschrieben. S. 212
Die Historiker Alexander Bahar und Wilfried Kugel vertraten 2001 wie auch schon zuvor Hofer und Calic 1972/1978 die Auffassung, dass es bei Oberfohrens Tod lediglich um einen als Suizid getarnten Mord gehandelt habe. Dabei stützen sie sich unter anderem auf die Memoiren des Gestapo-Chefs Rudolf Diels, wonach Oberfohrens Tod den Verdacht der Gestapo erweckt habe. Ermittlungen der Kieler Polizei hätten „zur Festnahme eines SA-Rollkommandos“ geführt, „das auf eigne Faust gehandelt“ habe.[8] Seit 1934 ist die Behauptung nachweisbar, dass ein solches Rollkommando unter Führung Paul Röhrbeins Oberfohren entweder erschossen oder zum Suizid gezwungen haben soll.[9] Der amerikanische Historiker Carter Hett hält 2016 trotz des Inhalts der Diels-Memoiren einen Mord für wenig wahrscheinlich.[10] Er geht davon aus, dass Oberfohren von den Nazis in den Freitod getrieben wurde. [11]
Von den Historikern, den Mord für wahrscheinlich halten, wird in diesem Zusammenhang meist angeführt, dass Oberfohren belastendes Material über den Reichstagsbrand gesammelt hätte, das eine nationalsozialistische Verantwortung für den Brand bewiesen oder angedeutet hätte. Als ein Beleg gilt die so genannte Oberfohren-Denkschrift. Eine Vorversion erschien Ende April 1933 anonym im Manchester Guardian, spätere Versionen, die in Willi Münzenbergs Braunbuch erschienen, nannte Oberfohren als Verfasser. Dieser Text gilt heute als Fälschung des kommunistischen Journalisten Albert Norden.[12] Das sieht auch der amerikanischen Historiker Benjamin Carter Hett so, aber seiner Meinung nach basierte der Inhalt der Veröffentlichung im Manchester Guardian auf Einschätzungen, die Oberfohren teilte. Dass Oberfohren von der Vorbereitung der Brandstiftung im Reichstag etwas wusste, hält er dagegen für ausgeschlossen.[13] Der Generalredaktor der Neuen Deutschen Biographie Franz Menges dagegen hält es für möglich, dass die Veröffentlichung im Manchester Guardian Oberfohren zugeschrieben wurde und zu seiner Ermordung führte.[14]
- ↑ Braunbuch über Reichstagsbrand und Hitlerterror. Mit einem Vorwort von Lord Marley, einem einflussreichen Labourpolitiker. Universum-Bücherei Basel , 1933, S. 109.
- ↑ Richard Wolff: Der Reichstagsbrand 1933. Ein Forschungsbericht, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, Bonn: Bundeszentrale für Politische Bildung, ISSN 0479-611X, Nr. B 3/56, 18. Januar 1956, S. 35.
- ↑ Fritz Tobias: Der Reichstagsbrand – Legende und Wirklichkeit. Grote, Rastatt 1962, S: 176.
- ↑ Peter Wulf: Ernst Oberfohren und die DNVP am Ende der Weimarer Republik....1983, S. 185 ff.
- ↑ Peter Wulf: Ernst Oberfohren und die DNVP am Ende der Weimarer Republik....1983, S. 166 f.
- ↑ Walther Hofer, Edouard Calic, Karl Stephan, Friedrich Zipfel (Hrsg.): Der Reichstagsbrand. Eine wissenschaftliche Dokumentation. 2 Bände. Arani, Berlin 1972/1978.
- ↑ Henning Köhler: Der dokumentarische Teil der >Dokumentation< – Fälschungen am laufenden Band. In Uwe Backes, Karl-Heinz Janßen, Eckhard Jesse, Henning Köhler, Hans Mommsen, Fritz Tobias (Hrsg.): Reichstagsbrand. Aufklärung einer historischen Legende. Piper, München u.a. 1986, ISBN 3-492-03027-0. S.
- ↑ Rudolf Diels: Lucifer ante portas: … es spricht der erste Chef der Gestapo. Deutsche Verlags Anstalt, Stuttgart 1950, S. 304.
- ↑ Alexander Bahar und Wilfried Kugel: Der Reichstagsbrand. Wie Geschichte gemacht wird. edition q, Berlin 2001, ISBN 3-86124-513-2, S. 634–637.
- ↑ Benjamin Carter Hett: Der Reichstagsbrand. Wiederaufnahme eines Verfahrens. Rowohlt, Reinbek (bei Hamburg) 2016, ISBN 978-3-498-03029-2, S. 219.
- ↑ Benjamin Carter Hett: Der Reichstagsbrand. Wiederaufnahme eines Verfahrens. Rowohlt, 2016, S. 211.
- ↑ Peter Wulf: Ernst Oberfohren und die DNVP am Ende der Weimarer Republik....1983, S. 166 f.; Franz Menges:"Oberfohren, Ernst" in: Neue Deutsche Biographie 19 (1999), S. 384 f. (online), Zugriff am 6. März 2018; Lars-Broder Keil und Sven Felix Kellerhoff: Deutsche Legenden. Vom ‚Dolchstoß‘ und anderen Mythen der Geschichte. Ch. Links Verlag, Berlin, 2002, S. 51 f.; Hermann Beck: The Fateful Alliance: German Conservatives and Nazis in 1933: The Machtergreifung in a New Light. Berghahn Books, Newyork 2013, ISBN 9780857454102, S. 168 + 227.
- ↑ Benjamin Carter Hett: Der Reichstagsbrand. Wiederaufnahme eines Verfahrens. Übersetzung aus dem Englischen von Karin Hielscher. Rowohlt, Reinbek (bei Hamburg), 2016, ISBN 978-3-498-03029-2, S. 221.
- ↑ Franz Menges: Oberfohren, Ernst in: Neue Deutsche Biographie 19 (1999), S. 384 f. (online), Zugriff am 6. März 2018