Derzeit geht ja im Rahmen des Adminwiederwahlmeinungsbildes einiges hoch her. Es ist nicht das erste mal, dass Admins ziemlich pauschal angegriffen werden und es ist nicht der einzige Ort wo das häufig passiert, wie etwa der gelegentliche Heiseforumsleser berichten kann.
Den wiederkehrenden Diskussionen sind einige Dinge gemeinsam: i) Sie sind unproduktiv, voll mit unhaltbaren Vorwürfen, die dem Anliegen derer, die bei der Adminstruktur Reformbedarf sehen, massiv schaden; ii) Sie sind voll mit hanebüchenen Anschuldigungen, bei denen es darum geht, dass Leute ihrer Ansicht nach Opfer von Willkür geworden sind und sich ungerecht behandelt fühlen, obwohl das nicht der Fall war und iii) Weniger oft, aber in meinen Augen mittlerweile doch zu oft gibt es Fälle, bei denen Leute tatsächlich Opfer von Willkür sind.
Was meine ich mit gefühlter Willkür? Gefühlte Willkür ist, wenn sich jemand ungerecht behandelt fühlt und dann auch nachträglich keine Rechtfertigung für das administrative Verhalten sieht. Oft geht es dabei um Leute, die gar nicht einsehen wollen, was sie falsch gemacht haben, denen ist nicht zu helfen. Ebenso oft sind es jedoch Leute, die die Wikipedia nicht verstehen.
Und echte Willkür? Zum einen sind viele Dinge in der WP nicht geregelt und an irgendeiner Stelle muss ein Admin entscheiden, nach eigenem Ermessen. Je nach Kontext ist das Ermessen groß oder weniger. Ein Beispiel wären die Löschprüfungen: der Ablauf dort ist im Wesentlichen nicht geregelt. Irgendwann kommt ein Admin und tut halt was, aufgrund der Natur der Seite oft genug das Gegenteil von dem, was ein anderer Admin vorher gemacht hatte. Ein anderes Beispiel sind Benutzersperren: die Dauer von Sperren ist nirgendswo geregelt. Benutzer:A wird von Admin:B wegen Aktion C für einen Tag gesperrt. Admin:D findet, die Sperre ist überzogen und hebt sie nach 2 Stunden wieder auf. Benutzer:M hat dasselbe gemacht wie Benutzer:A, er wird jedoch von Admin:E nur auf seiner Diskussionsseite angesprochen und Benutzer:N treibt völlig ungestört sein Unwesen. Noch ein klassisches Beispiel sind die Löschkandidaten: Artikel A fängt nen LA, wird gelöscht. Artikel B, der genauso aussieht wird übersehen. Nun schaut sich jemand den Artikel an und denkt: "Ahja, so macht man das also hier" und legt in Anlehnung daran Artikel C an, der gelöscht wird. Und kommt sich völlig zu Recht verarscht vor. Die Entscheidungen sind nämlich willkürlich, selbst wenn sie richtig sind.
Einige der Sachen sind systemimmanent und können nicht abgestellt werden. Sie sind nicht Schuld irgendeines Admins: dieser muss die Sache nur ausbaden. Insbesondere das Beispiel mit dem LA lässt sich nicht verhindern.
Andere Dinge sind unsere eigene Schuld. Ein Großteil der Vorgänge in der WP ist für Außenstehende komplett intransparent. Wer steigt denn schon durch Löschregeln, Löschprüfungen und das ganze drumherum durch, insbesondere wenn für jede noch so hanebüchene Argumentation auf den Löschkandidaten Unterstützer bereitstehen? Diese Intransparenz sehe ich als Hauptgrund der gefühlten Willkür an. Dazu kommt, dass trotz des mittlerweile sehr umfangreichen Regelwerks, viele Dinge zwar geregelt, aber unzureichend dokumentiert sind. Viele Admins handeln seit Jahren nach demselben Schema, ohne dass das je aufgeschrieben wurde, weil völlig klar war, dass das der sinnvolle Weg ist. Heutzutage gibt es hunderte Benutzer, die von dem Schema noch nie was gehört haben, aber irgendwo hat jemand was ähnliches, aber eben anderes aufgeschrieben und somit ist das Verhalten des Admins plötzlich intransparent. Einher geht das mit einer weitverbreiteten Abneigung gegen Regeln, insbesondere bei den alten Hasen. Diese ist wohlbegründet: wenn etwas geregelt ist, gibt es Regelfuchser die nicht nach dem Sinn, sondern nach dem Wortlaut handeln und sinnlose Diskussionen anzetteln, wenn jemand nach dem Sinn und nicht dem Wortlaut agiert. Sie übersieht, dass Neuhinzukommende die bestehenden Seiten tatsächlich lesen und danach handeln.
Ich weiß, Diskussionen um Regeln sind völlig öde. Aber, ich denke es zahlt sich aus, wenn an einigen Stellen Dinge besser dokumentiert und besser geregelt sind. Funktionieren kann das ganze übrigens nur, wenn sich die Leute auch tatsächlich dran halten - eine der größeren Herausforderungen, wenn WP:WWNI von einzelnen Admins ignoriert wird oder WP:KPA eben auch. Letzteres eben eine Form der tatsächlichen Willkür, dass wenn Saturn im dritten Haus steht, WP:RK anders ausgelegt werden kann. Ja, der vielgepriesene gesunde Menschenverstand tritt bei sowas in den Hintergrund.
Gewinnen kann man aber viel: weniger Diskussionen, weniger Stress zwischen Admins und Benutzern und damit ein besseres Klima zwischen Benutzern. Was kann man tun? So spontan fallen mir mehrere Punkte ein:
i) Es gibt keine Hierarchie von Regeln. Ist WP:WSIGA eine Regel? Wenn ja, ist es wichtiger als WP:Zufällige Regel? Ist WP:BNS eine Regel? Ist sie allgemein anerkannt? Die englische Wikipedia machts da vor, die haben eine gute Hierarchie.
ii) Die Löschprüfung braucht eine Anleitung für die Admins. Auf der einen Seite wird dort wenn es bequem ist, so getan als ginge es nur um Fehler des abarbeitenden Admins. Aber häufig genug, wenn es opportun erscheint, wird eben die Löschdiskussion ein zweites mal geführt. Dazu gehört aber auch, die Abarbeitung der LKs auf klarere Beine zu stellen. Die Begründung der Auswertung bei nichttrivialen Diskussionen sollte sich tendenziell auf irgendwelche Richtlinien beziehen, damit sie so klar wie möglich ist.
iii) Benutzersperrungen: Es gibt überhaupt keine Anleitung für Admins, für wie lange man denn Benutzer für was sperren soll. Das vollständig zu regeln ist natürlich völlig utopisch, aber es gibt da doch Dinge, die einen Konsens darstellen, etwa wie lange man eine dynamische IP sperrt oder dass dasselbe Vergehen bei Wiederholung eine längere Sperre rechtfertigt. Schreiben wirs auf!
iv) Regeln brauchen eine Präambel, bei dem der Geist des Ganzen dargestellt wird.