Gutenberg im Museum

Vor drei Wochen war die Reihe GLAM on Tour zu Gast im Gutenberg Museum in Freiburg im Üechtland. Das Museum, das nach dem Erfinder des modernen Buchdrucks benannt ist, bildete nach dem Kirchner Museum in Davos die zweite Station in der Schweiz. Knapp 20 Teilnehmer haben sich angemeldet. Für die Veranstaltung an der deutsch-französischen Sprachgrenze sah WMCH vor, dass sie erstmals zweisprachig abgehalten werden sollte. Dies konnte am Wochenende vor dem 1. Mai auch in die Tat umgesetzt werden, auch wenn es nicht ganz einfach war.

Direktor Stefan Ledergerber führte unsere Gruppe am Freitagabend durchs Museum und so auch durch die Druckgeschichte der letzten Jahrhundert. Er verdeutlichte beispielsweise, dass Schrift und Bild zu unterschiedlichen Drucktechniken geführt haben. Im obersten Stock warteten neben den Schweizer Banknotenserien eine Originalseite aus der Gutenberg-Bibel und ein Exemplar der Froschauer-Bibel, das vom Museum zur Digitalisierung während der Veranstaltung freigegeben wurde. Am folgenden Tag durften wir im Atelier im Untergeschoß einige Maschinen im Betrieb erleben und mit vorhandenen Lettern aus dem Setzkasten Bleibuchstaben gießen, die beim Bedrucken eines Souvenirs zum Einsatz kamen.

Bruno Jehle mit der Froschauer-Bibel

Währenddem baute Bruno Jehle, ein gelernte Lithograf und heutiger Digitalisierungsprofi, seine Digitalierungsstation im Museum auf, um das 500-seitige, reformatorische Werk aus dem 16. Jahrhundert Seite für Seite zu scannen. Damit für die ihm wichtige Qualität der Aufnahmen gesorgt war, boten ihm Wikipedianer etwas Unterstützung an.

In der Außenstelle der Kantons- und Universitätsbibliothek Freiburg wurde uns ein Arbeitsraum für das Schreiben an Wikipedia-Artikeln zur Verfügung gestellt. Angelegt wurde unter anderem eine Liste der Inkunabeldrucker, aber auch etliche Biografieartikel zu Männern und Frauen der Druck- und Kirchengeschichte. Einige davon wurden sodann in unserer mehrsprachigen Gruppe ins Französische oder gar ins Katalanische übersetzt. Zur Vertiefung des Themas hielt der Kirchenhistoriker Mariano Delgado am Samstag einen Vortrag über Petrus Canisius und die Anfänge des Freiburger Buchdrucks. Der niederländische Gelehrte aus dem Jesuitenorden liess viele geistliche Bücher, aber auch Berichte über Entdeckungen in fernen Ländern drucken. Ein wichtiger Buchdrucker vor Ort war in jener Zeit Abraham Gemperlin.

Im Sterbezimmer des Petrus Canisius

Am Sonntagnachmittag konnten wir uns auf der Stadtführung längere Zeit im von Petrus Canisisius errichteten Kollegium St. Michael und seiner barocken Kirche umschauen. Von dort ging es weiter zur Franziskanerkirche und zur Kathedrale. Die Gegenreformation vor über 400 Jahren hat die Stadt Freiburg zu einer Hochburg des Schweizer Katholizismus gemacht, was sie bis heute trotz Abstrichen durch die gesellschaftliche Säkularisierung geblieben ist: Neben der einst einzigen katholischen Universität der Schweiz gibt es in der Stadt noch viele Klöster, den Sitz der Bischofskonferenz und der katholischen Medienagentur und auch die Pilgerherberge am Jakobsweg, in der wir übernachtet haben, gehört dem Jesuitenorden. Selbst Pierre Kaelin, der musikalische Erfinder eines Playbackgeräts, auf dessen Werk wir in den Lagerräumen der Bibliothek stießen, war selbstverständlich ein Geistlicher.

Gruppenfoto

Die Stadtführung führte auch zu den Brücken über die Saane. So wie die mittelalterliche Bernbrücke an der Flussbiegung hat auch die anstelle einer gewaltigen Hängebrücke errichtete Zähringerbrücke weitgehend ausgedient. Der Autoverkehr rollt seit 2014 über die Poyabrücke weiter nördlich. An drei Tagen hat die GLAM on Tour nach Freiburg gleich verschiedene Brücken geschlagen: Es verband Wikipedia und zwei GLAM-Institutionen, Deutsch und Französisch, Katholizismus und Reformation, Schweiz und Deutschland, Männer und Frauen, Print und Online sowie Text- und Bildwelten. Pkh, 19.5.