Patroklos
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„Ein sich beständig vermehrendes Proletariat erwacht zum Selbstbewußtsein und macht die Forderung der bürgerlichen Demokratie in Gestalt der sozialen Demokratie zu seiner eigenen. Selbständig in Parteien und Gewerkschaften organisiert, erzwingt es seine Beteilung an der rechtsstaatlichen Legislative. Dadurch wird diese Volkslegislative aber der Geist, den das Bürgertum gerufen hatte und nicht wieder bannen kann, wenn es ihn nicht von Grund auf verleugnen und mit Beelzebub Diktatur vertreiben will. Denn auf dem Umweg über die Politik wird das nunmehr juristisch-politisch gleichberechtigte Proletariat dem Bürgertum auch wirtschaftlich gefährlich. Der wirtschaftlich Schwache versucht mittels der Gesetzgebung, den wirtschaftlich Starken zu fesseln, ihn zu größeren sozialen Leistungen zu zwingen oder ihn gar aus dem Eigentum zu verdrängen. So hat der Kapitalismus das demokratische Prinzip zu Konsequenzen geführt, die dessen eigenen Schöpfer, das Bürgertum, in seiner Herrschaft bedrohen. Eine dauernde Verdrängung des Proletariats aus der Legislative erscheint auf rechtsstaatlichem Wege ausgeschlossen. Auch kann dem heutigen Bewußtsein eine Beschränkung der Demokratie auf Bildung und Besitz nicht mehr zugemutet werden, weil der Besitz sich in einer Zeit, da die Besitzverschiebung sich mit rasender Geschwindigkeit vollzieht, weder durch Bildung noch durch Tradition Respekt zu verschaffen vermag. Das Bürgertum beginnt am Rechtsstaatsideal zu verzweifeln und seine eigene geistige Welt zu verleugnen.“
Hermann Heller, Rechtsstaat oder Diktatur?, Tübingen 1930
Stefan George
"Komm in den totgesagten park und schau
Komm in den totgesagten park und schau:
Der schimmer ferner lächelnder gestade ·
Der reinen wolken unverhofftes blau
Erhellt die weiher und die bunten pfade.
Dort nimm das tiefe gelb · das weiche grau
Von birken und von buchs · der wind ist lau ·
Die späten rosen welkten noch nicht ganz ·
Erlese küsse sie und flicht den kranz ·
Vergiss auch diese lezten astern nicht ·
Den purpur um die ranken wilder reben
Und auch was übrig blieb von grünem leben
Verwinde leicht im herbstlichen gesicht."
Entstehungsjahr: 1895
Erscheinungsjahr: 1982
Stefan George, Sämtliche Werke in 18 Bänden, Bd. 4: Das Jahr der Seele/Nach der Lese, Klett-Cotta, Stuttgart, 1982 ff., S. 12